Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zu unserer neuesten Ausgabe des Newsletters!
Natürlich haben wir wieder viele steuerliche und rechtliche Themen für Sie zusammengestellt, die für Ihre tägliche Praxis von Bedeutung sein könnten.
Themen dieses Newsletters sind u.a. die Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer, aktuelle BFH-Entscheidungen sowie zahlreiche weitere Entwicklungen und Neuerungen.
Bitte beachten Sie, dass unsere Kanzlei am 04.10.2024 aufgrund des Brückentages geschlossen ist.
Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre und stehen Ihnen für Fragen oder weiterführende Informationen jederzeit gerne zur Verfügung.
Viele Grüße
Ihr Team von SCHAUER HÄFFNER & PARTNER
Steuerzahlungstermine im September
| Fälligkeit | Zahlungsfrist bei Überweisung |
Lohn- /Kirchensteuer | 10.09. | 13.09. |
Umsatzsteuer | 10.09. | 13.09. |
Grundsteuer | 10.09. | 13.09. |
Gewerbesteuer | 10.09. | 13.09. |
Steuerzahlungstermine im Oktober
| Fälligkeit | Zahlungsfrist bei Überweisung |
Lohn- /Kirchensteuer | 10.10. | 14.10. |
Umsatzsteuer | 10.10. | 14.10. |
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Sonstige Termine
24.09. | Übermittlung Beitragsnachweise für September 2024 |
24.09. | Zusammenfassende Meldung August 2024 |
26.09. | Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld September 2024 zzgl. restliche Beitragsschuld August 2024 |
24.10. | Übermittlung Beitragsnachweise für Oktober 2024 |
24.10. | Zusammenfassende Meldung September 2024 |
28.10. | Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Oktober 2024 zzgl. restliche Beitragsschuld September 2024 |
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat einen Verordnungsentwurf zur Einführung und Zuteilung der sog. Wirtschafts-Identifikationsnummer vorgelegt. Die Wirtschafts-Identifikationsnummer soll am 30.9.2024 eingeführt werden, die Zuteilung ab dem 1.11.2024 erfolgen.
Hintergrund: Neben der Steuer-Identifikationsnummer, die jeder Steuerpflichtige bereits erhalten hat, sollen alle Unternehmer auch eine Wirtschafts-Identifikationsnummer erhalten, die die bisherige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ablösen soll. Die Wirtschafts-Identifikationsnummer ist zwar bereits vor geraumer Zeit vom Gesetzgeber eingeführt worden, der genaue Zeitpunkt der Einführung sollte jedoch vom BMF festgelegt werden und wurde immer wieder verschoben.
Wesentlicher Inhalt des Entwurfs:
Hinweis: Dieser Stichtag könnte der 1.11.2024 sein.
Hinweis:
In verschiedenen Gesetzen wird die Angabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer verlangt, sobald sie zugeteilt worden ist. So muss künftig etwa bei der Grunderwerbsteuer die Wirtschafts-Identifikationsnummer angegeben werden, wenn ein Unternehmer an einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang beteiligt ist. Auch umsatzsteuerlich wird die Wirtschafts-Identifikationsnummer die bisherige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ablösen.
Aktuell liegt nur der Verordnungsentwurf des BMF vor. Nachdem jahrelang nichts geschehen ist, scheint es nun mit der Einführung und Zuteilung der Wirtschafts-Identifikationsnummer loszugehen, auch wenn der Zeitpunkt angesichts des Entwurfscharakters noch nicht sicher ist
Altersfreizeitvereinbarungen wie z. B. die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage ab Vollendung des 60. Lebensjahres sind weit verbreitet. Der BFH billigt hierfür grundsätzlich die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten und wendet sich damit gegen die bisherige Verwaltungsauffassung.
Hintergrund
Den Arbeitnehmern der Klägerin – einer Personengesellschaft in der Rechtsform der OHG – stand nach dem einheitlichen Manteltarifvertrag zusätzliche bezahlte Freizeit von 2 Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit zu, soweit sie dem Betrieb mindestens 10 Jahre ununterbrochen zugehörig waren und das 60. Lebensjahr vollendet hatten.
Die Klägerin hat insoweit eine Rückstellung i. H. v. 337.900 EUR im Jahresabschluss zum 31.12.2016 (Steuerbilanz 2016) als Passivposten angesetzt.
Hingegen vertrat die Finanzverwaltung bei der steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht erfüllt seien. Insbesondere liege kein Erfüllungsrückstand seitens der Klägerin gegenüber ihren Arbeitnehmern vor, da diese keine Mehrleistungen erbracht hätten, wie beispielsweise in der Ansparphase im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung.
Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ließ das FG die gewinnmindernde Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung dem Grunde nach zu.
Entscheidung
Der BFH hält die Revision für unbegründet. Das FG habe zu Recht entschieden, dass für die Verpflichtung der Klägerin zur Gewährung von Altersfreizeit in der Steuerbilanz auf den 31.12.2016 eine – der Höhe nach unstreitige – Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren sei.
Dies begründete der BFH im Wesentlichen wie folgt:
Die Verbindlichkeit beruht auf der (bindenden) Regelung im Manteltarifvertrag; es besteht daher eine nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit auf Gewährung von Altersfreizeit.
Auch für eine erst in der Zukunft entstehende Verbindlichkeit ist eine Rückstellung zu bilden. Der Erfüllungsrückstand wird sukzessive mit jedem abgelaufenen Betriebszugehörigkeitsjahr aufgebaut. Die Rückstellungsbildung muss kontinuierlich aufgebaut werden.
Die Gewährung von Altersfreizeit ist dem Grunde nach hinreichend wahrscheinlich. Es sprechen laut BFH mehr Gründe für als gegen das Entstehen der Verbindlichkeit. Der Fluktuation der Belegschaft wird bei Bestimmung der Rückstellungshöhe Rechnung getragen.
Eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Positionen nach Abschluss des Veranlagungszeitraums genügt nicht der Aufzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 EStG. Dies gilt auch für sog. Bagatellfälle bei Freiberuflern.
Hintergrund
Im Streitfall ging es zunächst um die Frage, in welcher Höhe Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit als Betriebsausgaben abziehbar sind. Im finanzgerichtlichen Verfahren stellte sich dann jedoch die Frage, ob die Arbeitszimmerkosten überhaupt Betriebsausgaben darstellen. Denn ein Betriebsausgabenabzug ist ausgeschlossen, wenn die Kosten nicht fortlaufend und zeitnah gesondert aufgezeichnet werden.
Der Steuerpflichtige hatte im Laufe des Streitjahres die Belege für die im Zusammenhang mit den häuslichen Arbeitszimmern stehenden Aufwendungen gesammelt und diese im Zusammenhang mit der Erstellung seiner Steuererklärung in einer Aufstellung zusammengefasst. Neben den in der Kostenaufstellung genannten Positionen machte der Steuerpflichtige insbesondere AfA für den Gebäudeteil der häuslichen Arbeitszimmer geltend und hatte hierzu eine separate Aufstellung der nachträglichen Herstellungskosten erstellt. Die Übersicht für die Steuererklärung hatte er erst nach dem auf das Streitjahr folgenden Jahr angefertigt.
Entscheidung
Das FG wies die eingelegte Klage ab, mit der der Steuerpflichtige höhere Arbeitszimmerkosten als vom Finanzamt angesetzt geltend machte. Unabhängig von der Frage, ob dies berechtigt ist, begründete das FG seine Entscheidung mit § 4 Abs. 7 EStG, wonach ein Betriebsausgabenabzug nur zulässig ist, wenn fortlaufende und zeitnahe Aufzeichnungen vorgenommen werden. Eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Positionen nach Abschluss des Veranlagungszeitraums – wie vom Steuerpflichtigen vorgenommen – reicht insoweit nicht aus. Das FG wies außerdem darauf hin, dass die nicht fortlaufend und zeitnah erstellte Kostenaufstellung im Übrigen auch deshalb keine gesonderte Aufzeichnung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer darstellt, weil der Steuerpflichtige erkennbar nicht alle diese Betriebsausgaben lediglich auf einem Konto bzw. in einer Spalte zusammengefasst hat.
Hinsichtlich der Übersicht zu den angefallenen nachträglichen Herstellungskosten hatte der Steuerpflichtige selbst vorgetragen, er habe diese erst nach dem auf das Streitjahr folgenden Jahr angefertigt, sodass keine zeitnah erstellte Aufstellung vorlag.
Bei der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ein Einzelunternehmen ist die Übernahme des positiven Eigenkapitals bei der Berechnung von Überentnahmen des Einzelunternehmers als Einlage zu berücksichtigen.
Hintergrund
Der Kläger hat ein bilanzierendes Einzelunternehmen, auf das mit Wirkung zum 1.1.2006 die B GmbH verschmolzen wurde. Im Rahmen einer Betriebsprüfung hat der Prüfer zum 31.12.2014 einen Stand der Überentnahmen festgestellt.
Auf diesen Stand habe die Übernahme des positiven Eigenkapitals der B GmbH im Zuge der Verschmelzung auf das Einzelunternehmen keinen Einfluss nehmen können. Dementsprechend wurden dem Gewinn des Klägers nicht abziehbare Schuldzinsen hinzugerechnet.
Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewiesen, denn bei Kapitalgesellschaften seien Zahlungsvorgänge privater Natur nicht vorstellbar, da eine Kapitalgesellschaft über keine außerbetriebliche Privatsphäre verfüge.
Entscheidung
Die Klage ist nach dem Urteil des FG begründet. Die fehlende Berücksichtigung der Übernahme des (positiven) Eigenkapitals der früheren B-GmbH als Einlage ist rechtswidrig.
Als Einlagen legt das Gesetz alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter) fest, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres hinzugeführt hat. Demnach hat die im Zuge der Verschmelzung der B GmbH auf das Einzelunternehmen des Klägers verbundene Übernahme deren positiven Eigenkapitals als Einlage des Klägers zu gelten.
Ist der Verschmelzungsvorgang davon geprägt, dass natürliche Personen als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen, stellt sich strukturell die Lage ein, dass ein einzelner Steuerpflichtiger (von außen) Vermögenswerte in den Bereich seines Einzelunternehmens überführt hat.
Der vertragliche Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers als sonstige Kapitalforderung wird mit dem wirksamen Zustandekommen des Darlehensvertrags „begründet“.
Hintergrund
Die Kläger sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2018 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Vertrag vom 1.8.2006 verpachtete die Klägerin der Q Ltd. das ihr gehörende und mit einem Hotelgebäude bebaute Grundstück X-Straße 1 sowie einen Personenkraftwagen. Der Kläger war Direktor der Q Ltd. mit Sitz in London und Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2011 war der Kläger auch Alleingesellschafter der Q Ltd. Die Q Ltd. wurde im Jahr 2019 aufgelöst und die Zweigniederlassung aufgehoben.
Am 1.1.2008 gewährte die Klägerin der Q Ltd. ein Darlehen über max. 150.000 EUR, rückzahlbar zum Ende des Vertrags. Die Q Ltd. sollte berechtigt sein, das Darlehen jederzeit bis zur maximalen Höhe abzurufen oder zu tilgen.
Die Zinsen wurden jährlich ermittelt und am Ende des Jahres dem Darlehen zugeschlagen. Rückzahlungen sollten vorrangig auf die Zinsen verrechnet werden. Die Entwicklung des Darlehenskontos ergibt sich aus den Jahreskontoauszügen 2008 bis 2018.
Mit Auflösungsvereinbarung vom 31.12.2018 verzichtete die Klägerin zum 31.12.2018 vollständig auf die Rückzahlung des Darlehens. Das Darlehen valutierte am 31.12.2018 mit 111.865,11 EUR.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2018 machten die Kläger den Darlehensverzicht als der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Verlust in voller Höhe bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen geltend.
Das Finanzamt erkannte den Verlust aus dem Darlehensverzicht im Einkommensteuerbescheid nicht an. Die entsprechende Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG sei erstmals anwendbar auf Kapitalforderungen, die nach dem 31.12.2008 begründet worden seien. Die Kapitalforderung, auf die die Klägerin verzichtet habe, sei aber mit Abschluss des Darlehensvertrags am 1.1.2008 begründet worden.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich.
Entscheidung
Der BFH hat der Revision des Finanzamts stattgegeben und die Klage abgewiesen. Das FG hat den Verzicht auf die Darlehensrückzahlung zu Unrecht als steuerbar erachtet. Der Anwendungsbereich des Veräußerungstatbestands in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ist im Streitfall nicht eröffnet.
Der vertragliche Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers ist mit dem wirksamen Zustandekommen des Darlehensvertrags „begründet“.
Ob im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits von einer Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers gesprochen werden kann oder ob eine Rückzahlungsverpflichtung zivilrechtlich erst nach Auszahlung der Darlehenssumme entsteht, bedarf hier keiner Entscheidung.
Da es sich bei dem Darlehensrückzahlungsanspruch um einen vertraglichen Anspruch handelt, kommt es für den sachlichen Anwendungsbereich der Besteuerungsnorm auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an Zu diesem Zeitpunkt ist auch der „Erwerb“ des Rückzahlungsanspruchs erfolgt, denn der Darlehensnehmer verpflichtet sich bereits im Darlehensvertrag zur Rückzahlung des Darlehens.
Der Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und der Q Ltd. ist vor dem 1.1.2009 wirksam zustande gekommen ist. Damit ist der Rückzahlungsanspruch der Klägerin als Darlehensgeberin vor dem 1.1.2009 im Sinne des Übergangsrechts „begründet“ worden, weil sein Rechtsgrund zu diesem Zeitpunkt gelegt war.
Auf dieser Grundlage ist der Anspruch, auf den die Klägerin verzichtet hat, entgegen der Auffassung der Kläger, nicht erst 2014 (neu) entstanden. Der Rechtsgrund für den Anspruch ist der Vertrag vom 1.1.2008.
Ein Zuschuss des Arbeitgebers für den Kindergarten wird von den Mitarbeitenden als attraktiver Vorteil angesehen. Allerdings sind bestimmte Voraussetzungen zu beachten, damit dieser steuerfrei bleibt.
Kindergartenzuschüsse an Mitarbeitende sind steuerfrei, solange es sich um Leistungen handelt, die zusätzlich zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Eine Entgeltumwandlung ist also ausgeschlossen.
Welche Einrichtungen gefördert werden
Ob die Unterbringung und Betreuung in betrieblichen oder außerbetrieblichen Kindergärten erfolgen ist unerheblich. Barzuschüsse sind ebenso begünstigt wie der Betriebskindergarten. Vergleichbare Einrichtungen sind etwa
Die Einrichtung muss zur Unterbringung und Betreuung von Kindern geeignet sein – die Betreuung allein genügt nicht. Die Unterbringung beinhaltet auch Unterkunft und Verpflegung.
Welche Leistungen nicht gefördert werden
Ermöglichen Arbeitgeberleistungen auch den Unterricht eines Kindes, sind sie hingegen nicht steuerfrei. Das gleiche gilt für Leistungen, die nicht unmittelbar der Betreuung eines Kindes dienen, z. B. die Beförderung des Kindes zwischen Wohnung und Kindergarten.
Nur für nicht schulpflichtige Kinder
Steuerfreie Arbeitgeberleistungen sind nur möglich, sofern die Kinder nicht schulpflichtig sind. Von nicht schulpflichtigen Kindern kann ausgegangen werden, solange sie noch nicht eingeschult sind. Damit können in den Ländern mit „späten Sommerferien“ auch in den Monaten August und ggf. September (bis zum Tag der Einschulung) die Kindergartenzuschüsse ohne Weiteres steuerfrei ausgezahlt werden.
Arbeitgeber und Mitarbeiter haben Aufzeichnungs- und Nachweispflichten
Mitarbeitende müssen dem Arbeitgeber die Zahlungen an den Kindergarten mindestens in Höhe des Zuschusses nachweisen. Der Arbeitgeber muss den Originalbeleg zusammen mit den übrigen Lohnunterlagen aufbewahren. In Betracht kommt dafür der jährliche Bescheid über die Kindergartenbeiträge.
Kindergartenzuschuss ist betragsmäßig nicht begrenzt
Steuerfreie Kindergartenzuschüsse unterliegen aktuell keinen Höchstbeträgen. Zu beachten ist aber: Es können höchstens die tatsächlichen Aufwendungen der Arbeitnehmenden lohnsteuerfrei gezahlt werden. Überzahlungen sind steuerpflichtig.
Sozialversicherung
Sofern die Voraussetzungen vorliegen, dass der Zuschuss zum Kindergarten durch den Arbeitgeber lohnsteuerfrei ist, ist dieser auch nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen.
Für die Gewährung der Ehrenamtspauschale müssen Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit entweder im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer gemeinnützigen Körperschaft vorliegen. Im erstgenannten Fall muss die Tätigkeit z. B. für die Stadt ausgeübt werden; sie muss aber nicht gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke fördern.
Hintergrund
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2015 hauptberuflich Einkünfte als selbstständig tätiger Rechtsanwalt.
Nebenberuflich war er Mitglied des Aufsichtsrats der Q GmbH.
Er erhielt eine als Aufwandsentschädigung bezeichnete Zahlung i. H. v. 620 EUR.
Mehrheitsgesellschafterin der Q GmbH ist zu 90,5 % die Stadt D; die weiteren Gesellschaftsanteile halten die Stadt A sowie die Gemeinden B und C.
Die Q GmbH nimmt die kommunalen Pflichtaufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung für die beteiligten Kommunen wahr. Während 60 % der Erlöse auf die hoheitliche Tätigkeit im Abwasserentsorgungsbereich entfielen, waren 40 % der Erlöse nicht begünstigt und unterlagen dementsprechend der Umsatzsteuer.
Die Stadt D wird in der Gesellschafterversammlung der Q GmbH vom Oberbürgermeister vertreten.
Neben der Gesellschafterversammlung ist weiteres Organ der Q GmbH der Aufsichtsrat.
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt D bestellte den Kläger zum Mitglied des Aufsichtsrates der Q GmbH und entsandte ihn als ihren Vertreter in dieses Gremium.
Die Höhe des Entgelts, das der Kläger für die Tätigkeit erhielt, richtete sich nach der gemeindlichen Satzung der Stadt D und die Zahlung an den Kläger erfolgte aus dem Vermögen der Q GmbH.
Im Zusammenhang mit seiner Aufsichtsratstätigkeit entstanden dem Kläger im Streitjahr zudem Aufwendungen.
Die Tätigkeitsvergütungen für die nebenberufliche Aufsichtsratstätigkeit wurden als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit eingeordnet. Strittig war, ob für diese nebenberuflichen Tätigkeitsvergütungen die Steuerfreiheit für eine ehrenamtliche Tätigkeit zur Anwendung kommt.
Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Tätigkeit der Q-GmbH als Unternehmen des Privatrechts nicht gemeinnützig tätig sei.
Das FG lehnte die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung ab.
Entscheidung
Der BFH hat die Einnahmen aus der nebenberuflichen Tätigkeit als Aufsichtsrat der Q GmbH in voller Höhe steuerbefreit.
Zunächst hat der BFH die Auffassung bestätigt, dass aus der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielt werden. Eine Aufsichtsratstätigkeit ist das Recht und die Pflicht zur Kontrolle der Geschäftsführung.
Die Einnahmen aus der Aufsichtsratstätigkeit wurden nicht den freiberuflichen Einkünften aus der Anwaltstätigkeit zugeordnet, weil keine erheblichen Berührungspunkte und Überschneidungen zur Haupttätigkeit als Anwalt vorlagen. Somit blieben die Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit vollumfänglich steuerfrei.
Die unstrittig nebenberuflich ausgeübte Aufsichtsratstätigkeit hat der Kläger im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedsstaat der EU belegen ist, ausgeübt.
Die Stadt D hatte als Gesellschafterin der Q GmbH – entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Regelung – die Möglichkeit, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Durch die Entsendung des Klägers trat dieser nach außen als Vertreter der Stadt D auf, indem er an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilnahm.
Entsprechend dem Gesetzeswortlaut hält es der BFH für ausreichend, dass eine für die Stadt ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit vorliegt. Die Tätigkeit muss nicht zusätzlich der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke dienen.
Die Steuerfreiheit stellt nicht darauf ab, aus welchem Vermögen das Entgelt für die begünstigte Tätigkeit entrichtet wird. Der BFH stellte klar, dass diese Steuerfreiheit auch anwendbar ist, wenn das Entgelt nicht aus dem Vermögen der auftraggebenden juristischen Person des öffentlichen Rechts stammt.
Die Betriebseinnahmen von im Streitjahr 620 EUR bleiben nunmehr steuerfrei; die im unmittelbaren Zusammenhang hiermit angefallenen Betriebsausgaben sind nicht steuerwirksam abziehbar.
Bei einem elektronischen Fahrtenbuchprogramm ist kein Schutz vor jeglichem Hackangriff erforderlich. Es muss jedoch mit vertretbarem Aufwand auf seine materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein.
Hintergrund
Die Klägerin übersandte dem Finanzamt einen beispielhaften Ausdruck eines Fahrtenbuchs eines Mitarbeiters mit der Bitte um Erteilung einer verbindlichen Auskunft zu dessen Ordnungsmäßigkeit. Das Finanzamt entschied, dass die gewünschte Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit der geführten Fahrtenbücher nicht erteilt werden könne, da es sich bei dem verwendeten Programm nicht um ein speziell entwickeltes Fahrtenbuchprogramm handele, sondern um ein dokumentenorientiertes, verteiltes Datenbanksystem.
Die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit elektronischer Fahrtenbücher bleibe immer einer Einzelfallprüfung vorbehalten. Nach erfolglosem Einspruch beantragte die Klägerin mit ihrer Klage das Finanzamt zu verpflichten, eine verbindliche Auskunft zu erteilen, in der die vorgelegten Ausdrucke als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anerkannt würden.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da die erteilte Anrufungsauskunft des Finanzamts rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Neubescheidung des Antrags auf Erteilung einer Anrufungsauskunft mit dem von ihr beantragten Inhalt. Das FG entscheidet grundsätzlich auch über den Inhalt der Anrufungsauskunft. Allerdings beschränkt sich die inhaltliche Überprüfung einer Lohnsteueranrufungsauskunft durch das FG nur darauf, ob die gegenwärtige rechtliche Einordnung des zur Prüfung gestellten Sachverhalts in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist.
Ein Anspruch auf eine inhaltlich andere Auskunft steht der Klägerin nicht zu, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt zutreffend erfasst wurde und die darauf beruhende Auskunft des Finanzamts jedenfalls nicht evident rechtsfehlerhaft ist. In diesem Fall sei Rechtsschutz nur im Rahmen eines Einspruchs gegen lohn- oder einkommensteuerrechtliche Festsetzungen gegeben.
Die Erhöhung der Entfernungspauschale für die Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026 nur ab dem 21. Entfernungskilometer auf 0,38 EUR je Entfernungskilometer ist nicht verfassungswidrig.
Hintergrund
Der Kläger beantragte in seiner Steuererklärung für 2022, dass ihm für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die volle Entfernungspauschale von 0,38 EUR je Kilometer gewährt werde. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und gewährte die gesetzlich vorgesehene, reduzierte Pendlerpauschale von 0,30 EUR/km. Nach erfolglosem Einspruch trägt der Kläger im Klageverfahren vor, dass die Versagung der vollen Pendlerpauschale gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoße. Ein sachlich rechtfertigender Grund dafür, dass die volle Pendlerpauschale erst ab dem 20. Kilometer gewährt werde, sei nicht ersichtlich.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die erhöhte Entfernungspauschale durch
begründet sei.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des FG liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, auch das Leistungsfähigkeitsprinzip und das Folgerichtigkeitsprinzip seien nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe im Rahmen des Ansatzes von Pauschalen einen weiten Gestaltungsspielraum.
Nach wie vor könne der Steuerpflichtige vom ersten Kilometer an seine Kosten geltend machen, es finde lediglich eine Privilegierung für weitere Entfernungen statt. Diese habe auch einen sachlichen Grund. Denn bis zu einer Entfernung von 20 Kilometer sind die anfallenden Kosten natürlich begrenzter als bei weiteren darüber hinaus gehenden Entfernungen. In der Regel werden Entfernungen bis zu 20 Kilometer auch noch mit dem öffentlichen Personennahverkehr oder sogar mit dem Fahrrad zu bewältigen sein.
Aufwendungen für Auslandsadoptionen sind weder aus rechtlichen, sittlichen noch aus anderen tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Der Entschluss zur Adoption beruht nicht auf einer Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind anzunehmen.
Hintergrund
Die ungewollt kinderlos gebliebenen Kläger adoptierten im Jahr 2022 2 im Ausland geborene Mädchen. Die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Adoptionskosten hat das Finanzamt unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH nicht anerkannt. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wiesen die Kläger in ihrer Klage darauf hin, dass die vom Finanzamt zitierte Rechtsprechung überholt sei.
Seit dem 1.4.2021 sei das neue „Adoptionshilfe-Gesetz“ in Kraft getreten. Sämtliche Adoptionen – insbesondere Auslandsadoptionen – seien nunmehr an der neuen Rechtslage auszurichten. Außerdem trugen sie vor, dass Adoptionskosten ebenso wie Kosten einer künstlichen Befruchtung außergewöhnliche Belastungen seien. Die Adoption ziele ebenso wie die künstliche Befruchtung auf die Beseitigung der ungewollten Kinderlosigkeit ab. In beiden Fällen liege eine tatsächliche Zwangslage vor. Der Zustand der ungewollten Kinderlosigkeit werde in beiden Fällen überwunden.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Das FG ist der Auffassung, dass Adoptionen nicht mit Heilbehandlungen vergleichbar seien und keine medizinische Indikation hätten. Vielmehr seien Aufwendungen für Adoptionen rechtliche Maßnahmen zur Begründung von Verwandtschaftsverhältnissen und beruhten auf einer freiwilligen Entscheidung. Deswegen könnten sie nicht als zwangsläufig und folglich nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
Ein Pflegekind ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist. Dies ist in den ersten 12 Monaten, nachdem das Kind in den Haushalt aufgenommen worden ist und vorher noch keine familiär-häusliche Verbindung oder familienähnliche Umgänge bestanden haben, nicht gegeben.
Hintergrund
Die Klägerin beantragte Kindergeld für ein im Jahr 1974 geborenes Kind, welches bei ihr in Familienpflege wohne, da es aufgrund einer Behinderung außer Stande sei, sich selbst zu versorgen. Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag ab dem Monat Mai 2020 ab, da nach den vorliegenden Unterlagen das Pflegekind (P) durch eigene verfügbare finanzielle Mittel in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Mit ihrem Einspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sich P an den Kosten des Haushalts beteiligt habe. Die Klägerin hat Klage erhoben und führt zur Begründung aus, dass es sich bei P um einen schwer geistig, körperlich und seelisch behinderten Menschen handele, der in seiner geistigen Entwicklung einem Kind gleichstehe. Aufgrund der Schwere der Behinderung und des geistigen Zustands sei von einem typischen Entwicklungszustand einer noch minderjährigen Person auszugehen
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des FG besteht kein Pflegekindschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und P, da es an einer über einen längeren Zeitraum bestehenden ideellen Beziehung zu P fehle. Nach Würdigung der festgestellten Umstände sei die ideelle Beziehung zwischen der Klägerin und P somit allenfalls ab der am 22.4.2020 beginnenden Haushaltszugehörigkeit stetig „angewachsen“, eine bereits über einen längeren Zeitraum andauernde Bindung habe im Streitzeitraum hingegen nicht bestanden. Dass im weiteren Verlauf ein familienähnliches Band entstanden sei, reiche für eine Kindergeldberechtigung für den Zeitraum Mai 2020 bis April 2021 nicht aus.
Die Kindergeldberechnung für Staatsangehörige eines andern EU-Staats, die im Inland einen Wohnsitz begründen, ist taggenau vorzunehmen.
Hintergrund
Die Klägerin ist die Mutter einer im Jahr 2016 geborenen Tochter, welche beide bulgarische Staatsangehörige und seit dem 20.1.2022 mit unterschiedlichen Anschriften in Deutschland gemeldet sind. Den Kindergeldantrag lehnte die Familienkasse für den Monat März 2022 ab. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage eingelegt. Nach dem die Familienkasse im Klageverfahren dem Einspruch teilweise abgeholfen hat, blieb nur noch der Kindergeldanspruch für den Monat April 2022 streitig. Die Familienkasse beruft sich auf die Weisung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) vom 28.9.2022, wonach ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (nur) in den ersten 3 Kalendermonaten nach Begründung des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts im Inland bestehe. Die Weisung impliziere eine kalendermonatsbezogene Betrachtung, mit der Folge, dass eine tagbezogene Betrachtung des Zeitraums nicht möglich sei.
Entscheidung
Die zulässige Klage ist begründet. Das FG ist der Auffassung, dass die Familienkasse zu Unrecht davon ausgehe, dass nur für die ersten 3 Kalendermonate (hier Januar bis März 2022) ein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Die am 20.1.2022 eingereiste Klägerin und ihre Tochter seien in den ersten 3 Monaten nach ihrer Einreise zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt gewesen, ohne dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des FreizügG/EU angekommen wäre. Dabei sei der Zeitraum „von bis zu drei Monaten“ taggenau zu ermitteln, sodass er im vorliegenden Fall bis zum Ablauf des 20.4.2022 andauerte. Sollte der Zeitraum von bis zu 3 Monaten den Kalendermonat der Einreise und die beiden folgenden Kalendermonate umfassen, würde es einen wesentlichen Unterschied machen, ob die Einreise zu Beginn oder zum Ende eines Kalendermonats erfolge.
Der Steuerpflichtige kann eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen und damit eine höhere Abschreibung geltend machen, als sich nach der gesetzlichen Nutzungsdauer ergibt. Das Gutachten ist anzuerkennen, wenn es sich auf das konkrete Grundstück bezieht und zu den maßgeblichen Kriterien der Nutzungsdauer wie etwa zum technischen Verschleiß, der wirtschaftlichen Entwertung oder zu rechtlichen Nutzungsbeschränkungen Stellung nimmt.
Hintergrund: Gebäude, die vermietet oder betrieblich genutzt werden, können abgeschrieben werden. Die Abschreibung richtet sich nach der Nutzungsdauer des Gebäudes, die gesetzlich vermutet wird, z. B. 33,3 Jahre für betrieblich genutzte Gebäude, die nicht Wohnzwecken dienen oder – je nach Fertigstellungszeitpunkt – 50 oder 33,3 Jahre für vermietete Gebäude im Privatvermögen. Allerdings kann der Steuerpflichtige eine kürzere Nutzungsdauer nachweisen und dann eine höhere Abschreibung in Anspruch nehmen.
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im Jahr 2013 eine vermietete Grundstückshälfte, auf der sich zwei Gebäude befanden. Sie machte in ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Abschreibung von ca. 5,26 % auf Grundlage einer Restnutzungsdauer von 19 Jahren geltend; die gesetzliche Abschreibung hätte 2 % bei einer gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer von 50 Jahren betragen. Zur Ermittlung der Restnutzungsdauer legte die Klägerin ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vor, der die Restnutzungsdauer nach den einschlägigen immobilienrechtlichen Regeln bewertet und dabei berücksichtigt hatte, dass bis zum Erwerb durch die Klägerin keine Modernisierungsmaßnahmen erfolgt waren. Das Finanzamt erkannte lediglich eine Abschreibung von 2 % an.
Entscheidung: Der BFH gab der Klage statt und erkannte eine Restnutzungsdauer von 19 Jahren an:
Hinweis:
Der BFH macht deutlich, dass eine bestimmte Methode wie z. B. ein Bausubstanzgutachten oder ein bestimmtes Ermittlungsverfahren nicht erforderlich ist, um eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer nachzuweisen.
Die Finanzverwaltung stellt an die Gutachten höhere Anforderungen. Der BFH widerspricht der Finanzverwaltung, weil es für die von der Finanzverwaltung geforderten Anforderungen keine gesetzliche Grundlage gibt. So hält es der BFH für denkbar, dass die Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen übernommen wird.
Abschließend entscheiden muss nun das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang. Dort muss noch die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung ermittelt werden. Die Klägerin hatte zu Unrecht den Wert für einen Nießbrauch, der ihr an dem Grundstück zustand, als Anschaffungskosten geltend gemacht. Dafür könnten der Klägerin aber Anschaffungskosten aus der Übernahme von Verbindlichkeiten entstanden sein, die bislang noch nicht geprüft worden sind.
Nachdem der BFH in 2 inhaltsgleichen AdV-Beschlüssen zur neuen Grundsteuer im sog. Bundesmodell entschieden hatte, dass Steuerpflichtige im Einzelfall die Möglichkeit haben müssen, einen niedrigeren gemeinen Wert ihres Grundstücks nachzuweisen, hat die Finanzverwaltung nun mit koordinierten Ländererlassen reagiert.
BFH-Beschlüsse zur neuen Grundsteuer im Bundesmodell
Der BFH hat sich erstmals mit der „neuen“ Grundsteuer auseinandergesetzt. Die beiden Fälle kamen deshalb zum BFH, weil das FG Rheinland-Pfalz ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellung im sog. Bundesmodel geäußert und die Beschwerde u. a. wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hatte.
In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim FG Rheinland-Pfalz erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen.
Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage der Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts ergangen (sog. Bundesmodell), das in mehreren Bundesländern Anwendung findet. Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 1.1.2025 i. d. R. von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2025 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt.
Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften enthalten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.
Das FG hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung.
Der BFH hat die Beschwerden der Finanzverwaltung gegen die Beschlüsse des FG Rheinland-Pfalz als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe.
Der Gesetzgeber verfüge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteige.
In beiden Streitfällen kam der BFH zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten.
Da bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war vom BFH nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bezüglich der zugrundeliegenden Bewertungsregeln unterliegt.
Wichtig: Bei den Beschlüssen des BFH handelt es sich nur um Entscheidungen im Aussetzungsverfahren. Die Hauptsacheverfahren hinsichtlich verfassungsmäßiger Bedenken sind weiterhin vor dem FG Rheinland-Pfalz anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob das FG Rheinland-Pfalz in einem Hauptsacheverfahren dem BVerfG die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuer vorlegen wird.
Sollte das BVerfG entscheiden müssen, besteht theoretisch die Möglichkeit, dass es die neue Grundsteuer für nichtig erklärt. Dann müsste von Beginn an eine Neuregelung getroffen werden. Einer solchen Entscheidung stehen bei realistischer Betrachtung sowohl volkswirtschaftliche als auch politische Gründe entgegen. Das Gericht könnte daher – wie in der Vergangenheit bei Steuergesetzen häufig – auch nur die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz feststellen und festlegen, ab wann die Regelungen nicht mehr angewendet werden dürfen (sog. „pro-futuro-Rechtsprechung“).
Verwaltung folgt Auffassung des BFH
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben die Beschlüsse des BFH zum Anlass genommen, sog. koordinierte Ländererlasse herauszugeben. Sie weisen die Finanzämter in diesen Erlassen an, wie mit diesen Beschlüssen in der Praxis umzugehen ist.
Der BFH hat sich in seinen Beschlüssen ausschließlich mit der Grundsteuer im Bundesmodell befasst. Die Weisungen sind dementsprechend nur von den Ländern herausgegeben, in denen bei der Grundsteuer das Bundesmodell anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass die koordinierten Länderlasse vom 24.6.2024 keine Weisungen für die Finanzämter in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Hamburg darstellen.
Die koordinierten Ländererlasse enthalten zum Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer ab 1.1.2025 die nachfolgenden Regelungen:
Zur verfassungskonformen Anwendung der Bewertungsvorschriften zur Feststellung von Grundsteuerwerten ist ein für die gesamte wirtschaftliche Einheit nachgewiesener niedrigerer gemeiner Wert anzusetzen, wenn der ermittelte Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt um mindestens 40 % übersteigt.
Den Steuerpflichtigen trifft die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert und nicht eine bloße Darlegungslast. Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann
Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken gelten die obigen Grundsätze entsprechend.
Anwendung der Erlasse und Vorgehen bei Bestandskraft von Bescheiden
Die o. g. Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
In Fällen, in denen
ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung vorliegen. Bei Durchführung der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung ist die Wertfortschreibungsgrenze zu beachten. Danach wird der Grundsteuerwert neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der in EUR ermittelte und auf volle 100 EUR abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben oder unten um mehr als 15.000 EUR abweicht.
Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts
Im Hinblick auf die Beschlüsse des BFH ist ab sofort Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts zu entsprechen, wenn und soweit schlüssig dargelegt wird, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt.
Bei der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist – anders als in einem Einspruchsverfahren – die Vorlage eines Verkehrswertgutachtens noch nicht erforderlich. Substantiierten Angaben des Steuerpflichtigen zur Höhe des Verkehrswerts ist zu folgen. Es bestehen keine Bedenken, als Ergebnis der summarischen Prüfung vorbehaltlich anderweitiger Erkenntnisse 50 % des Grundsteuerwerts von der Vollziehung auszusetzen. Die Aussetzung der Vollziehung soll angemessen befristet und der Steuerpflichtige zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (z. B. durch Vorlage eines Gutachtens) innerhalb dieser Frist aufgefordert werden.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss entscheiden, ob für Nebenleistungen eines Hotels der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %, der auch für die Übernachtung gilt, oder aber der reguläre Steuersatz von 19 % anwendbar ist, so dass das Gesamtentgelt aufzuteilen ist in ein Entgelt für die Zimmerüberlassung (7 %) und in ein Entgelt für die Nebenleistungen (19 %). Der Bundesfinanzhof (BFH) ist zwar für eine Aufteilung, hält es allerdings für möglich, dass der EuGH das gesetzliche Aufteilungsgebot als europarechtswidrig ansieht.
Hintergrund: Hotelübernachtungen werden nach deutschem Recht mit lediglich 7 % Umsatzsteuer besteuert. Nach dem Gesetz gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen im Hotelpreis enthalten sind. Erforderlich ist danach eine Aufteilung des Entgelts, wenn der Hotelpreis auch Nebenleistungen umfasst. Die Aufteilung von Entgelten ist vom EuGH in der jüngeren Vergangenheit aber in anderem Zusammenhang abgelehnt worden.
Sachverhalt: Der BFH musste über drei Fälle entscheiden, die jeweils ein Hotel bzw. eine Pension betrafen. In dem ersten Fall bot das Hotel optional ein Frühstück zum Preis von 4,50 € an; im Hotelpreis war ein Parkplatz enthalten. Im zweiten Fall waren im Übernachtungspreis ebenfalls ein Parkplatz sowie das zur Verfügung gestellte WLAN und der Fitness- und Wellnessbereich enthalten. Im dritten Fall gehörte zur Übernachtung ein Frühstück, das nicht abgewählt werden konnte. Das Finanzamt wandte in allen Fällen den ermäßigten Umsatzsteuersatz nur für die eigentliche Übernachtung an und teilte den jeweiligen Zimmerpreis auf die eigentliche Übernachtungsleistung (7 %) und die Nebenleistung(en) (19 %) auf. Hiergegen wehrten sich die Hotel- bzw. Pensionsbetreiber.
Entscheidung: Der BFH hat dem EuGH die Streitfragen zur Entscheidung vorgelegt, soweit es um den anzuwendenden Steuersatz auf die im Hotelpreis enthaltenen Nebenleistungen geht:
Hinweis:
Der EuGH muss nun entscheiden, ob das deutsche Aufteilungsgebot gilt oder ob es wegen Verstoßes gegen das Europarecht nicht anwendbar ist.
Das Vorabentscheidungsersuchen hat Bedeutung für Nebenleistungen, die weder hinzugebucht noch abgewählt werden können. Kann die Leistung jedoch, wie z. B. das Frühstück im ersten Fall, zu- oder abgewählt werden, handelt es sich nicht um eine Nebenleistung, sondern um eine eigenständige Leistung, die in jedem Fall dem regulären Steuersatz von 19 % unterliegt.
Steuerbare und steuerpflichtige Vergütungen, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz heraus ergeben, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Aus dem Urheberrechtsgesetz leiten sich Zusatzvergütungen ab, wenn die bisherige Vergütung des Urhebers unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen des Dritten ist. Diese nachträgliche Vergütung als sog. Fairnessausgleich ist umsatzsteuerpflichtig, selbst wenn die Zahlung durch einen Dritten an den Urheber erfolgt.
Hintergrund
Der Kläger ist selbstständiger Drehbuchautor.
Er hatte u. a. die Drehbücher für eine Filmkomödie und einen TV-Zweiteiler verfasst.
Die Bearbeitungs-, Verfilmungs- und Auswertungsrechte hatte er jeweils gegen eine Pauschalvergütung an die Produktionsfirmen N und I übertragen, die ihrerseits Verträge mit den Fernsehsendern ProSieben und Sat. 1 geschlossen hatten.
Im Anschluss an eine Gesetzesänderung im UrhG schloss die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH am 3.6.2014 mit dem Verband Deutscher Drehbuchautoren e. V. eine gemeinsame Vergütungsregelung für fiktionale Prime-Time-Produktionen ab, die auch für Altfälle eine Zusatzvergütung für die Drehbuchautoren bei Erreichen einer bestimmten Beteiligungsreichweite vorsah.
Auf der Basis dieser Vereinbarung erhielt der Kläger in den Streitjahren 2014 und 2015 entsprechende Zahlungen.
In den Rechnungen über 46.000 EUR (2014) und 4.000 EUR (2015) wurde keine Umsatzsteuer ausgewiesen.
Der Kläger behandelte die betreffenden Zahlungen als nicht umsatzsteuerbaren Vorgang.
Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass es sich um ein steuerbares und steuerpflichtiges Entgelt von dritter Seite handelt, das allerdings einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegt.
Das FG behandelte den von den Fernsehsendern gezahlten „Fairnessausgleich“ als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt von dritter Seite, weil die ursprüngliche Leistung kausal für den „Fairnessausgleich“ war.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist die Revision des Klägers unbegründet. Die nachträglichen Zusatzvergütungen seien als Entgelt von dritter Seite für eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen.
Dies gelte unabhängig davon, auf welcher Grundlage die nachträglichen Zahlungen des Senders erfolgt seien.
Ob eine Gegenleistung vorliegt, ist aus der Perspektive des Leistenden zu ermitteln.
Die erfolgsabhängige Zusatzvergütung beruht auf der ursprünglichen Leistung des Klägers; auch die Zahlung durch einen Dritten stellt ein Entgelt für die ursprüngliche Leistung dar.
Dem steht auch die EuGH-Rechtsprechung nicht entgegen.
Die an schulpflichtige Kinder und Jugendliche an Schulen erbrachte Tätigkeit eines selbstständigen Präventions- und Persönlichkeitstrainers ist nach deutschem Recht nicht steuerfrei. Jedoch kann sich der Trainer ggf. auf die Steuerbefreiung nach europäischem Recht berufen.
Hintergrund
Der klagende Präventions- und Persönlichkeitstrainer ist Mitglied eines gemeinnützigen Vereins. Der Kläger tritt als „Teamleiter“ von 9 Kursleitern auf. Diese tätigen verschiedene Kinderbewegungsprogramme sowie Präventionstraining im Kindergarten, in der Grundschule und in weiterführenden Schulen. Bei den Kursen an Schulen finden Klassenprojekte und sog. „offene Kurse“ statt. Nur bei den Klassenprojekten fanden die Kurse während der Unterrichtszeiten statt und die Teilnahme war verpflichtend.
Entscheidung
Die an schulpflichtige Kinder und Jugendliche an Schulen erbrachte Tätigkeit eines selbstständigen Präventions- und Persönlichkeitstrainers ist für das Jahr 2010 nicht steuerfrei nach deutschem Recht. Jedoch greift die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL für „die Erziehung von Kindern und Jugendlichen“.
Eine Steuerbefreiung nach deutschem Recht ist nicht gegeben, weil
Zwar greift die Steuerbefreiung für den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht nicht, da der Unterricht vorliegend nicht von dem Kläger selbst als Privatlehrer durchgeführt wurde. Jedoch kann sich der Kläger auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Danach sind die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Dienstleistungen steuerbefreit, wenn sie durch mit solchen Aufgaben betrauten Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere Einrichtungen mit vom betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung erbracht werden.
Für Kaffeefahrten, also Busfahrten inkl. Verkaufsveranstaltungen, gilt die Margenbesteuerung. Diese führt selbst dann zum Vorsteuerausschluss von Reisevorleistungen, wenn sich eine negative Gesamtmarge ergibt.
Hintergrund
Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2000 u. a. Busfahrten mit dem Ziel des Warenabsatzes (sog. Kaffeefahrten). In diesem Zusammenhang bezog sie u. a. Eingangsleistungen eines Busunternehmens und eines Lieferanten von Nahrungsergänzungsmitteln.
Mittlerweile im zweiten Rechtsgang wurde „nur noch“ darüber gestritten, ob
Weitere Streitpunkte wurden bereits im erstinstanzlichen Urteil sowie in der Revisionsentscheidung des BFH beurteilt. Der BFH habe u. a. klargestellt, dass die Margenbesteuerung bei unentgeltlichen Reisen keine Anwendung findet. Dies war deshalb von Bedeutung, weil die Teilnehmer nicht bei jeder Fahrt ein Entgelt für die Fahrt als solche zu entrichten hatten. Schließlich kam es der Klägerin offenkundig in erster Linie auf die Verkaufsveranstaltungen an.
Entscheidung
Zunächst stellte das Gericht klar, dass die Einbeziehung der Reisevorleistungen in die Margenbesteuerung und der damit verbundene Ausschluss vom Vorsteuerabzug auch im Falle einer negativen Gesamtmarge gerechtfertigt ist.
Die Anwendung des Vorsteuerausschlusses scheidet nicht deswegen aus, weil der einzige Zweck der von einem Verkaufsveranstalter durchgeführten Reiseleistungen in Gestalt sog. Kaffeefahrten (Tagesausflug, Bewirtung und Besichtigung, verbunden mit einer Verkaufsveranstaltung) darin besteht, den Warenverkauf bei den Verkaufsveranstaltungen zu fördern. So sind die Sonderregelungen der Margenbesteuerung gleichermaßen für solche Unternehmer anzuwenden, die Ausflugsfahrten einschließlich Verkaufsveranstaltungen sowie Ausflugsfahrten ohne Verkaufsveranstaltungen gegen Entgelt durchführen.
Die Beteiligten haben im zweiten Rechtsgang unter Zugrundelegung von umfangreichen Berechnungen der Klägerin eine tatsächliche Verständigung darüber getroffen, dass die Aufwendungen der Klägerin für Buskosten und Zugabeartikel an die Teilnehmer, insbesondere auch bei – nicht mehr feststellbarer – mehrfacher Teilnahme von Kunden an den durchgeführten Kaffeefahrten, im Streitjahr den Grenzbetrag i. H. v. 35 EUR jeweils nicht überschritten haben. Weil danach die Freigrenze für Geschenke nicht überschritten wurde, konnte die Klägerin die Vorsteuer aus den Buskosten insoweit geltend machen, als diese auf Fahrten entfielen, für die die Teilnehmer kein Entgelt bezahlt haben.
Zu den streitgegenständlichen Nahrungsergänzungsmitteln (Q 10-Ampullen) stellte das Gericht fest, dass diese zu den nicht steuersatzbegünstigten Getränken zählen, weil sie zum menschlichen Genuss geeignet und bestimmt sowie als trinkbar anzusehen gewesen sind, da es jedem Durchschnittsverbraucher möglich gewesen wäre, die Flüssigkeit unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken.
Nur Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnungen der Verfolgungsbehörde oder des Richters unterbrechen die Verfolgungsverjährung, nicht aber Anordnungen der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft.
Hintergrund
Auf den Namen der Klägerin war im Streitjahr 2001 ein gewerbliches Einzelunternehmen unter der Bezeichnung X angemeldet. Die Klägerin reichte ihre Einkommensteuererklärung 2001 im Jahr 2002 ein. Der erklärungsgemäße erstmalige Einkommensteuerbescheid 2001 wurde am 6.3.2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Am 28.1.2010 erging der im vorliegenden Verfahren angefochtene Änderungsbescheid. Darin wurde der Gewinn aus Gewerbebetrieb erheblich erhöht, weil Beträge, die die Klägerin als Betriebsausgaben erklärt hatte, nicht mehr gewinnmindernd berücksichtigt wurden. Streitig ist, ob der Änderungsbescheid noch innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen worden ist.
Am 3.5.2006 hatte eine Durchsuchung in den Geschäftsräumen der X stattgefunden, die sich zunächst nicht gegen die Klägerin, sondern gegen eine dritte Person richtete. Nachdem der Steuerfahndungsbeamte die Überzeugung gewonnen hatte, dass er gegen die falsche Person ermittelte, leitete er gegen die Klägerin am selben Tag ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer für 2001 ein, gab die Einleitung der Klägerin förmlich jedoch nicht bekannt.
Ferner ordnete er am selben Tag in dieser Ermittlungssache gegen die Klägerin wegen Gefahr im Verzug „als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft“ die „Durchsuchung der Geschäftsräume der Fa.(X)“ an und protokollierte im Rahmen einer „Nachweisung“ in einem Formular der Steuerfahndungsstelle, wiederum im Strafverfahren gegen die Klägerin, die Beschlagnahme und Sicherstellung von Unterlagen.
Der Fahndungsprüfer und sein Sachgebietsleiter haben bei ihren schriftlichen Befragungen durch das FG angegeben, sich an Einzelheiten des Vorgangs nicht mehr erinnern zu können.
Am 13.1.2010 wurde das gegen die Klägerin geführte steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren eingestellt, weil ein Vorsatznachweis nicht geführt werden konnte. Am 19.7.2012 wurde gegen sie wegen leichtfertiger Steuerverkürzung eine Geldbuße festgesetzt.
In dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht über die gegen die Klägerin geführten Ermittlungen der Steuerfahndung vom 2.11.2009 heißt es unter der Überschrift „Strafrechtliche Verfahrenshandlungen“:
„Bl. 108-110 d. A.) b) Erlass eines von Durchsuchungsbeschlüssen durch das AG N… im Steuerstrafverfahren gegen … 27.10.06“.
Die Akten dieses steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens waren jedoch bereits vernichtet und standen dem FG daher nicht zur Verfügung.
Streitig ist, ob der Änderungsbescheid vom 28.1.2010 noch innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen worden ist. Das FG wies die Klage gegen den Änderungsbescheid ab. Die 5-jährige Festsetzungsfrist sei bis zum 27.10.2011 gehemmt gewesen. Der Nachweis eines gegen die Klägerin ergangenen Durchsuchungsbeschlusses sei durch den Vermerk im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht erbracht, was zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung geführt habe.
Im Revisionsverfahren rügt die Klägerin, dass keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob die Durchsuchungsanordnung die erforderlichen inhaltlichen Mindestanforderungen erfüllt habe.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Die wegen leichter Steuerverkürzung 5-jährige Festsetzungsfrist bzgl. der Einkommensteuer 2001 hat mit Ablauf des Jahres 2002 begonnen und grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2007 geendet. Allerdings endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.
Die Verfolgungsverjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist, jedoch nicht vor dem Eintritt des Erfolgs. Der Erfolg ist hier mit der Bekanntgabe des fehlerhaften Einkommensteuerbescheids 2001 am 10.3.2003 eingetreten. Da die Verfolgungsverjährungsfrist bei Steuerordnungswidrigkeiten 5 Jahre beträgt, wäre die reguläre Verfolgungsverjährung am 10.3.2008 eingetreten, wenn nicht zuvor ein Unterbrechungstatbestand verwirklicht worden wäre.
Die Verfolgungsverjährung wird u. a. durch Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnungen der Verfolgungsbehörde oder des Richters unterbrochen.
Maßgebend ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung abgefasst wird. Nach einer Unterbrechung, die nur gegenüber demjenigen wirkt, auf den sich die Handlung bezieht, beginnt die Verjährung von neuem, endet jedoch spätestens mit Eintritt der absoluten Verjährung, im Streitfall mit Ablauf des Doppelten der gesetzlichen Verjährungsfrist.
Beschlagnahmeanordnungen von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft lösen die verjährungsunterbrechende Wirkung allerdings nicht aus.
Der klare gesetzliche Wortlaut beschränkt sich auf Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnungen „der Verfolgungsbehörde oder des Richters“. Bei der Verfolgungsbehörde handelt es sich um die für die Verfolgung und Ahndung der Ordnungswidrigkeit zuständige Behörde, kennt jedoch daneben auch Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnungen durch die „Beamten des Polizeidienstes, die zu Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft bestellt sind“. Das Tätigwerden in dieser Funktion ist jedoch kein Tätigwerden für die „Verfolgungsbehörde“.
Im Streitfall hatten zwar die am 3.5.2006 durchgeführten Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen in einem gegen die Klägerin geführten Verfahren stattgefunden, das unmittelbar zuvor eingeleitet worden war. Die Anordnungen vermochten die Verjährung dennoch nicht zu unterbrechen, weil der Steuerfahnder sie in seiner Eigenschaft als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ausgesprochen hatte. Für die Durchsuchung hat er dies ausdrücklich so protokolliert.
Unter der Voraussetzung, dass am 27.10.2006 tatsächlich ein die Verfolgungsverjährung unterbrechender Durchsuchungsbeschluss gegen die Klägerin ergangen ist, hat das FG die Dauer der Ablaufhemmung zutreffend berechnet. Durchsuchungsbeschlüsse haben jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen inhaltlichen Mindestanforderungen an ihre Bestimmtheit zu genügen.
Der Durchsuchungsbeschluss muss tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthalten, wofür die lediglich schlagwortartige Bezeichnung der jeweiligen Straftat nicht genügt. Ferner muss der Beschluss die Art sowie den denkbaren Inhalt der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, erkennen lassen. Durchsuchungsbeschlüsse, die die genannten verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an ihre inhaltliche Bestimmtheit nicht erfüllen, haben keine verjährungsunterbrechende Wirkung.
Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Durchsuchungsbeschluss vom 27.10.2006 die dargestellten inhaltlichen Mindestanforderungen, die für den Eintritt der verjährungsunterbrechenden Wirkung erforderlich sind, erfüllt.
Solche Feststellungen wären im Streitfall erforderlich gewesen. Die inhaltlichen Mindestanforderungen können angesichts des Umstands, dass sie recht hoch sind und in der Praxis daher mitunter nicht erfüllt werden, nicht einfach als gegeben unterstellt werden.
Vorliegend ist weder festgestellt noch feststellbar, dass bzw. ob der amtsgerichtliche Durchsuchungsbeschluss vom 27.10.2006 der Klägerin überhaupt bekanntgegeben oder ob er vollzogen worden ist und sie damit Gelegenheit hatte, den Beschluss anzufechten.
Eine Nachholung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses ist wegen der Vernichtung aller maßgeblichen Akten und des fehlenden Erinnerungsvermögens der vom FG befragten Beamten nicht möglich. Dies geht zu Lasten des Finanzamts, sodass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Ablaufhemmung als nicht erwiesen anzusehen sind. Schon nach den allgemeinen Regeln liegt die Feststellungslast für Umstände, die den ausnahmsweisen Erlass eines Steuerbescheids nach Ablauf der regulären Verjährungsfrist ermöglichen würden, beim Finanzamt, das sich auf den Eintritt der Voraussetzungen eines Tatbestands der Ablaufhemmung beruft. Dies gilt erst recht unter den Umständen des Streitfalls. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung fällt es in den Risikobereich der Behörde und hat Einfluss auf das von den Tatsachengerichten anzuwendende Beweismaß, wenn verfahrensrelevante Akten zu einem Zeitpunkt – vorzeitig – vernichtet werden, in dem ein Besteuerungsverfahren noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossen ist.
Die Finanzbehörden können Zinsansprüche ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Dabei müssen solche Umstände außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt.
Hintergrund
Die Klägerin ist unternehmerisch tätig. Bei einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt u. a. fest, dass Umsatzsteuer aus den Niederlanden von rund 1,5 Mio. EUR zu Unrecht als inländische Vorsteuer erfasst worden war und versagte diesen Vorsteuerabzug. Die Klägerin leistete vorab eine freiwillige Zahlung auf die zu erwartende Steuernachzahlung.
Das Finanzamt hat die Nachzahlungszinsen nur teilweise erlassen und lehnte den darüber hinaus begehrten Erlass aus Billigkeitsgründen ab.
Im Klageverfahren argumentiert die Klägerin, der Union sei kein Steuerausfall entstanden, da die Lieferung aus den Niederlanden dort als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei gewesen wäre. Nur wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung habe die dortige Festsetzung nicht mehr geändert werden können. Unter dem Gesichtspunkt des Steuerausfallrisikos sei der Union durch den erfolgten Vorsteuerabzug im Inland kein Nachteil entstanden. Aufgrund nationaler Verfahrensrechte ergebe sich eine Belastungswirkung durch die Verzinsung, die unter dem Gesichtspunkt des Neutralitätsgrundsatzes systemwidrig sei.
Entscheidung
Das FG hat die Klage abgewiesen und entschieden, dass die ablehnende Entscheidung des Finanzamts nicht zu beanstanden sei. Es sei bereits höchstrichterlich geklärt, dass die Verzinsung nicht deshalb unbillig sei, weil sich aufgrund einer Umsatzsteuerfestsetzung beim Leistenden per Saldo ein Ausgleich mit dem vom Leistungsempfänger abgezogenen Vorsteuerbeträgen ergebe. Die Entscheidung wird dadurch begründet, dass das Gesetz nicht auf einen Vorteil des Finanzamts, sondern des Steuerpflichtigen abstelle und außerdem die Entstehungsvoraussetzungen für die Steuer des Leistenden und für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht deckungsgleich seien.
Vorliegend sei zunächst zu beachten, dass nicht der inländische Fiskus die Steuer vom vermeintlichen Steuerschuldner erhalten habe, sondern der Fiskus in dem anderen Mitgliedstaat, aus dem Leistung an die Klägerin erfolgt sei. Die Klägerin übersehe hier, dass die deutsche Regelung allein auf das konkrete Steuerschuldverhältnis zwischen der Klägerin und Deutschland abstelle, während bei den streitbefangenen Lieferungen auch das Steuerschuldverhältnis der Leistungserbringer zu einem anderen Mitgliedstatt betroffen sei.
Zudem sei es zu einem Liquiditätsvorteil bei der Klägerin gekommen. Denn sie habe die Leistungen aus einem anderen Mitgliedstaat bezogen, sodass hier aus Sicht des anderen Mitgliedstaats steuerfreie innergemeinschaftliche Leistungen vorgelegen hätten und aus inländischer Sicht eine Erwerbsbesteuerung vorzunehmen gewesen sei. Daher sei die Klägerin für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs Steuerschuldnerin. Durch das Unterlassen der Klägerin, die innergemeinschaftlichen Erwerbe zu versteuern, hat sie einen finanziellen Vorteil erlangt.
Unbeachtlich sei dabei, dass die Klägerin die in den Rechnungen ausgewiesene Mehrwertsteuer an die Lieferanten in dem anderen Mitgliedstaat gezahlt habe. Denn insoweit sei höchstrichterlich geklärt, dass es für die Frage eines Zinsvorteils, der der Klägerin wegen ihres unberechtigten Vorsteuerabzugs entstanden sei, nur auf das zwischen ihr und dem Finanzamt bestehende konkrete Steuerschuldverhältnis ankomme.
Der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts erfolgt nicht aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben, wenn bei der übertragenden juristischen Person des öffentlichen Rechts zu keinem Zeitpunkt die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Eigentum an dem Grundstück zusammengefallen sind.
Hintergrund
Die Klägerin ist ein Studierendenwerk mit Sitz in A in der Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie wurde durch die vorläufige Satzung des Studentenwerkes aus dem Jahr 1991 und das Studentenwerksgesetz aus dem Jahr 1993 errichtet. Seither obliegt ihr die Aufgabe der Errichtung und Bewirtschaftung von Einrichtungen für das studentische Wohnen.
Die Klägerin bewirtschaftet u. a. ein Studierendenwohnheim in der XY Straße in A. Zur Zeit der DDR stand das Grundstück im Eigentum des Volkes. Rechtsträger war der Rat der Stadt A. Seit dem Jahr 1971 wurde das Grundstück überwiegend als Studierendenwohnheim genutzt.
Nachdem im Jahr 1991 zunächst die Stadt A als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden war, wurde das Grundstück im Jahr 2003 auf die Universität der Stadt A (Universität) übertragen. Diese bestellte im Jahr mit notarieller Urkunde ein Erbbaurecht zugunsten der Klägerin an dem Grundstück. Die Bestellung des Erbbaurechts erfolgte zum Zweck der Errichtung und des Betreibens von Studierendenwohnheimen und mit diesen im Zusammenhang stehenden Nebeneinrichtungen im Rahmen der gesetzlichen Aufgabe der Klägerin.
Wegen der Bestellung des Erbbaurechts setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest. Mit dem gegen den Grunderwerbsteuerbescheid gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, ihr Erwerb sei von der Besteuerung ausgenommen. Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom FG abgewiesen.
Entscheidung
Der BFH ist der Ansicht, dass das FG zutreffend entschieden hat, dass die Bestellung des Erbbaurechts zugunsten der Klägerin ein steuerbarer Vorgang und nicht von der Besteuerung ausgenommen ist.
Der notariell beurkundete Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten der Klägerin sei ein steuerbarer Vorgang. Der Grunderwerbsteuer unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründe. Erbbaurechte stehen den Grundstücken gleich, sodass auch deren Bestellung der Grunderwerbsteuer unterliege.
Eine Steuerbefreiung ist zu gewähren, wenn – neben weiteren Voraussetzungen – der Grundstückserwerb aus Anlass eines Aufgabenübergangs von der einen juristischen Person des öffentlichen Rechts auf die andere erfolge.
Dieser Veranlassungszusammenhang fehle jedenfalls dann, wenn die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Eigentum an dem Grundstück bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts, die das Grundstück übertrage, zu keinem Zeitpunkt zusammengefallen seien. Das Tatbestandsmerkmal „aus Anlass“ setze voraus, dass sich die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Grundstückseigentum vor deren Übergang auf die andere juristische Person des öffentlichen Rechts einmal zeitgleich in der Hand der übertragenden juristischen Person des öffentlichen Rechts befunden hätten.
Nach diesen Grundsätzen habe das FG zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung bei der Bestellung des Erbbaurechts im Jahr 2011 nicht vorgelegen hätten. Die Universität habe zu keinem Zeitpunkt zeitgleich das Eigentum an dem mit dem Studierendenwohnheim bebauten Grundstück und die öffentlich-rechtliche Aufgabe der Bewirtschaftung dieses Studierendenwohnheims innegehabt. Die Klägerin bewirtschafte das Studierendenwohnheim seit ihrer Gründung durch die vorläufige Satzung des Studentenwerks. Ob die Universität vor dem Inkrafttreten der Satzung mit der Aufgabe der Bewirtschaftung des Studierendenwohnheims betraut gewesen sei, könne daher dahinstehen, da sie das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück erstmals im Jahr 2003 erworben habe. Die Erbbaurechtsbestellung im Jahr 2011 könne daher nicht aus Anlass der Aufgabenzuweisung an die Klägerin erfolgt sein.
Das FG Münster entschied, dass für die Werterhöhung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 7 Abs. 8 ErbStG ein Bewusstsein der Unentgeltlichkeit erforderlich ist.
Hintergrund
Der Kläger war gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Gesellschafter einer GmbH. Ursprünglich wurde durch einen Erbvertrag vereinbart, dass die Söhne jeweils die Hälfte der Beteiligung des Vaters an der GmbH erhalten sollten.
Am 15.1.2013 hob der Vater jedoch den Erbvertrag mit dem Bruder des Klägers auf, woraufhin dieser sich einverstanden erklärte, dass seine ursprünglich vorgesehenen Anteile an den Kläger übertragen werden. Am selben Tag verpflichtete sich der Bruder des Klägers, seine Anteile mit Wirkung zum 1.11.2017 an die GmbH oder einen von der GmbH benannten Dritten zu verkaufen. Als Kaufpreis wurde eine Zahlung von 2.100.000 EUR vereinbart, wobei etwaige nach der Beurkundung erfolgende Gewinnausschüttungen angerechnet werden sollten.
Der Vater verstarb im Jahr 2013. Der Kläger übte 2017 als Geschäftsführer der GmbH das vertraglich festgelegte Benennungsrecht dahingehend aus, dass die GmbH die Beteiligung des Bruders des Klägers selbst erwerben sollte. Die notarielle Umsetzung der Anteilsübertragung erfolgte im Jahr 2018.
Das Finanzamt setzte für die Anteilsübertragung Schenkungsteuer fest und stellte als Stichtag auf den 1.11.2017 ab. Es begründete die Festsetzung damit, dass es sich um eine gemischte Schenkung handele, da der Ertragswert des Anteils an der GmbH am benannten Stichtag nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren 9.688.883 EUR betragen habe. Der Kläger argumentierte hiergegen, dass kein Schenkungswille vorliege, da er und sein Bruder zerstritten seien.
Das zuständige Finanzamt erwiderte, dass es bei § 7 Abs. 8 ErbStG nicht auf einen Schenkungswillen des Zuwendenden ankomme. Nach Ansicht des Finanzamtes sei schon allein aufgrund der großen Wertdifferenz zwischen Kaufpreis und vereinfachtem Ertragswert der Anteile von einem Willen zur (Teil-)Unentgeltlichkeit auszugehen.
Das FG Münster hob den Steuerbescheid auf. Die Anteilsübertragung des Bruders des Klägers an die GmbH verwirklicht nach Auffassung des FG keinen Schenkungsteuertatbestand. Insbesondere seien die Voraussetzungen des § 7 Abs. 8 ErbStG nicht erfüllt.
Die Festsetzung der Schenkungsteuer sei in diesem Fall bereits deshalb rechtswidrig, weil das Finanzamt die Besteuerung auf den Tag des Vertragsabschlusses im Jahr 2017 bezogen hat. Eine freigebige Zuwendung gilt als ausgeführt, wenn der Empfänger das erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede verschafft werden soll. Dementsprechend ist also nicht der Vertragsschluss maßgeblich, sondern der Zeitpunkt, an dem der Leistungserfolg eintritt. Daher war der maßgebliche Besteuerungsstichtag der Tag der Anteilsabtretung im Jahr 2018.
Zusätzlich erklärte das Finanzgericht Münster die angefochtene Schenkungsteuerfestsetzung für rechtswidrig, weil der Bruder des Klägers nicht in dem Bewusstsein gehandelt hat, seine Anteile an der GmbH ohne jegliche Verpflichtung oder rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung zu übertragen. Für die Erfüllung des Tatbestands nach § 7 Abs. 8 ErbStG ist jedoch ein solches subjektives Merkmal einer Schenkung erforderlich.
Trägt ein Grundstückseigentümer konkrete Umstände vor, nach denen der im Rahmen der Grundsteuerreform festgestellte Grundsteuerwert den Wert seines Grundstücks erheblich überschreiten und ein entsprechender Nachweis durch ein Sachverständigengutachten geführt werden könnte, ist Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids zu gewähren.
Hintergrund: Im Rahmen der Grundsteuerreform werden ca. 36 Mio. Grundstücke neu bewertet. Die Bewertung erfolgt schematisch anhand der Bodenrichtwerte, einer fingierten Restnutzungsdauer und eines typisierten Reinertrags. Der Nachweis eines niedrigeren Wertes durch Vorlage eines Gutachtens ist nicht vorgesehen. In vielen Bundesländern wird das sog. Bundesmodell angewendet, das auch im Streitfall relevant war.
Sachverhalt: Der Steuerpflichtige besaß ein ca. 350 qm großes Grundstück in Rheinland-Pfalz, das mit einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 72 qm bebaut war. Das Baujahr des Einfamilienhauses war 1880; seit der Errichtung waren keine wesentlichen Renovierungen mehr vorgenommen. Das Finanzamt stellte den Grundsteuerwert zum 1.1.2022 auf 91.600 € fest. Hiergegen legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und beantragte unter Hinweis auf das Baujahr und den Zustand des Hauses die Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt ablehnte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung – ebenso wie die Vorinstanz (s. hierzu unsere Mandanten-Information 2/2024) – statt:
Hinweis:
Der Steuerpflichtige hat im Streitfall kein Sachverständigengutachten vorgelegt. Für die Aussetzung der Vollziehung genügt es jedoch, dass er Umstände vorgetragen hat, die es möglich erscheinen lassen, dass ein Sachverständigengutachten zu einem niedrigeren gemeinen Wert gelangt. Bisher geht der BFH von einem Verstoß gegen das Übermaßverbot aus, wenn der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren Wert um 40 % oder mehr übersteigt.
Die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grundsteuerwertbescheids führt im Ergebnis dazu, dass im vorliegenden Fall im Umfang der Aussetzung zunächst keine Grundsteuer gezahlt werden muss. Die Aussetzung der Vollziehung ist jedoch nur eine vorläufige Entscheidung; die endgültige Entscheidung wird im Klageverfahren gegen den Grundsteuerwertbescheid getroffen.
Der Beschluss betrifft das sog. Bundesmodell, das in der Mehrzahl der Bundesländer anwendbar ist. Der BFH hat sich nicht dazu geäußert, ob sich seine Ausführungen auch auf die Ermittlung des Grundsteuerwerts in Bundesländern übertragen lassen, in denen das Bundesmodell nicht gilt.