Juni 2025
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Sommer steht vor der Tür – und mit dem Juni beginnt nicht nur die warme Jahreszeit, sondern auch ein steuerlich spannendes Halbjahr. Wie gewohnt informieren wir Sie mit unserem Newsletter über aktuelle Entwicklungen im Steuerrecht, anstehende Fristen sowie wichtige Änderungen, die für Sie als Unternehmer, Selbstständige oder Privatperson von Bedeutung sind.
Unser Ziel ist es, Ihnen die relevanten Informationen kompakt und verständlich aufzubereiten – damit Sie bestens vorbereitet durch die kommenden Wochen gehen können.
Bei Fragen oder individuellem Beratungsbedarf sind wir selbstverständlich jederzeit gerne für Sie da.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre und einen erfolgreichen Start in den Sommer!
Viele Grüße
Ihr Team von SCHAUER HÄFFNER & PARTNER
Steuerzahlungstermine
Einkommen- / Körperschaftssteuer
Fällig am: 10. Juni 2025
Überweisung bis: 13. Juni 2025
Lohn- / Kirchensteuer
Fällig am: 10. Juni 2025
Überweisung bis: 13. Juni 2025
Umsatzsteuer
Fällig am: 10. Juni 2025
Überweisung bis: 13. Juni 2025
Weitere Termine
24. Juni 2025
Übermittlung Beitragsnachweise für Juni 2025
25. Juni 2025
Zusammenfassende Meldung Mai 2025
26. Juni 2025
Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Juni 2025 zzgl. restliche Beitragsschuld Mai 2025
- In eigener Sache: Grund zur Freude!
- Geplante Melde- und Sorgfaltspflichten für Anbieter von Kryptodienstleistungen - Entwurf des Krytowerte-Steuertransparenzgesetztes (KStTG-E)
- Falsche Feststellung des steuerlichen Einlagekontos – Änderung ist möglich!
- Gesellschafterdarlehen bei vermögensverwaltender Personengesellschaften
- Währungskursverluste aus einem Gesellschafterdarlehen
- Sanierungsprivileg nach § 3a EStG auf dem Prüfstand des BFH
- Freiberufliche Tätigkeit einer Ärzte-Partnerschaft
- Niedrigverzinsung von Verwandtendarlehen
- Aufwendungen für die Ablösung eines Zinsswaps
- Lieferung von Holzhackschnitzeln als Brennholz
- Schadensersatzanspruch von Arbeitnehmern nach DSGVO-Verletzung
- Bekanntgabe eines Steuerbescheids bei nicht täglicher Postzustellung
- KI kommt in der Steuerveranlagung in NRW zum Einsatz
- Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes
- Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häusli-chen Arbeitszimmers
- Finanzgericht Düsseldorf prüft Neuregelungen zur Grundsteuer
- Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen
- Kapitalertragsteuer durch den Träger eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – Wer haftet?
- Finanzamt darf Steuerforderung während laufendem Gerichtsverfahren nicht einfach abtreten
- Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge auf dem Prüfstand
In eigener Sache: Grund zur Freude!
Heute dürfen wir über zwei besondere Erfolge aus unserer Kanzlei berichten.
Herzlichen Glückwunsch, Herr Kühn!
Luca Kühn hat erfolgreich das Steuerberaterexamen bestanden und wurde nun auch offiziell durch die Steuerberaterkammer zum Steuerberater bestellt. Er startete sein berufliche Karriere bereits 2017 in unserem Haus, damals mit einem Bacherlor-Studium.
Zukünftig wird er seinen Schwerpunkt im Bereich der Unternehmensnachfolge und der Umstrukturierung, sowie im Bereich der privaten Vermögensübertragung haben.
Wir sind stolz auf seinen Erfolg und gratulieren ihm an dieser Stelle nochmals herzlichst und freuen uns sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Kollegen!
Ausgezeichnete Ausbildung – wir sagen Danke!
Unsere Kanzlei wurde mit dem erstmals verliehenen Landesausbilderpreis Baden-Württemberg 2025 ausgezeichnet - und das als einzige Kanzlei im Bereich Steuer, Recht bzw. Wirtschaftsprüfung.
Diese Ehrung ist eine Anerkennung für unser kontinuierliches Engagement in der Ausbildung junger Talente. Unser Dank gilt unserem Ausbildungsteam sowie der gesamten Belegschaft, die mit ihrem täglichen Einsatz und ihrer Unterstützung diesen Erfolg möglich gemacht haben.
Geplante Melde- und Sorgfaltspflichten für Anbieter von Kryptodienstleistungen - Entwurf des Krytowerte-Steuertransparenzgesetztes (KStTG-E)
Hintergrund
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 25.10.2024 einen Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2023/2226 (DAC8) veröffentlicht. Dieser Entwurf – das Kryptowerte-Steuertransparenzgesetz (KStTG-E) – soll die steuerliche Erfassung von Kryptotransaktionen verbessern und bis spätestens 31.12.2025 in deutsches Recht überführt werden.
Kernziel ist die Schaffung eines einheitlichen Meldeverfahrens für Krypto-Transaktionen, das den deutschen Finanzbehörden besseren Zugang zu steuerlich relevanten Informationen gewährt. Der Entwurf basiert auf dem OECD-Standard Crypto Asset Reporting Framework (CARF) und ergänzt die EU-Verordnung MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation).
Aktuelle Situation in Deutschland
Nach geltender Rechtslage gelten Einkünfte aus Kryptowerten in Deutschland als sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG). Finanzbehörden erfahren derzeit erst über die Einkommensteuererklärung von Steuerpflichtigen von solchen Transaktionen. Es fehlt also an einem automatisierten Informationszugang.
Wer ist betroffen? – Meldepflichtige Anbieter und Nutzer
Meldepflichtige Anbieter: Dienstleister, die Krypto-Dienstleistungen anbieten, etwa:
- Verwahrung/Verwaltung von Kryptowerten
- Betrieb von Handelsplattformen
- Beratung zu Kryptowerten
- Portfolioverwaltung
- Transferdienste
Definition von Kryptowerten: Umfasst alle digitalen Darstellungen von Werten oder Rechten, die mittels Distributed-Ledger-Technologie (DLT) oder vergleichbarer Technologie übertragen und gespeichert werden können.
Meldepflichtige Nutzer: Grundsätzlich alle Kunden, die in der EU oder einem qualifizierten Drittstaat steuerlich ansässig sind. Ausnahmen gelten für bestimmte Rechtsträger, wie etwa börsennotierte Unternehmen.
Sorgfalts- und Dokumentationspflichten
Ein zentrales Element des Entwurfs sind verstärkte Sorgfaltspflichten für Anbieter:
- Kunden müssen eine Selbstauskunft abgeben: Name, Adresse, Ansässigkeitsstaat, Steuer-Identifikationsnummer (TIN)
- Angaben sind zu unterschreiben oder elektronisch zu bestätigen
- Anbieter müssen Plausibilität prüfen (z. B. anhand von Dokumenten)
- Bei fehlender Auskunft: Erinnerung → Mahnung → Ausschluss von Transaktionen
Meldepflichten – Was, wie, wann?
- Meldung erfolgt jährlich bis zum 31. Juli des Folgejahres an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)
- Elektronische Übermittlung über amtliche Schnittstellen
- Inhalte: Stammdaten, Transaktionsdaten, Gesamtbruttobeträge, Marktwerte
- Fehlerhafte Meldungen sind unverzüglich zu korrigieren
Definition meldepflichtiger Transaktionen:
- Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte oder Fiatgeld
- Übertragung von Kryptowerten
Nutzer sind vor der Meldung datenschutzrechtlich zu informieren (DSGVO Art. 15–21).
Sanktionen bei Verstößen
Bei Verstößen gegen das KStTG-E (z. B. unzureichende Prüfung der Selbstauskunft oder unterlassene Meldung) drohen Bußgelder bis zu 50.000 €. Zusätzlich können Verbandsgeldbußen gegen Unternehmen verhängt werden.
Aktuelles: Neues BMF-Schreiben zu Kryptowerten vom 06.03.2025
- Ersetzt das Schreiben vom 10.05.2022
- Neue Terminologie: „virtuelle Währungen“ → „Kryptowerte“
- Erweiterungen zu:
- Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten (ab Rn. 87)
- Claiming (Rn. 13, 48a)
- Steuerreporting (Rn. 29b)
- Kursbewertung (Rn. 43, 58, 91)
- Noch keine Regelung zu NFTs oder Liquidity Mining
- Weitere Ergänzungen geplant; englische Übersetzung verfügbar
Fazit
Mit dem KStTG-E setzt Deutschland die DAC8-Richtlinie um und schafft ein neues Meldewesen für Krypto-Dienstleistungen, das auf Transparenz, Kontrolle und Harmonisierung abzielt. Anbieter müssen sich auf erhebliche zusätzliche administrative und technische Pflichten einstellen. Das BMF begleitet diesen Prozess durch die schrittweise Aktualisierung seiner Verwaltungsanweisungen.
Falsche Feststellung des steuerlichen Einlagekontos – Änderung ist möglich!
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine offenbare Unrichtigkeit bei der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos vorliegen kann, wenn ein mechanisches Versehen der Finanzbehörde vorliegt. Im Streitfall wurde das steuerliche Einlagekonto einer GmbH fehlerhaft mit 0 EUR festgestellt, obwohl in der Bilanz eine Kapitalrücklage ausgewiesen war. Der BFH stellte klar, dass solche Fehler nach korrigierbar sind.
Hintergrund
Die Rückzahlung von Einlagen, die nicht in das Stammkapital einer GmbH eingezahlt wurden, ist grundsätzlich steuerfrei. Um dies sicherzustellen, müssen solche Einlagen auf einem besonderen Konto, dem sogenannten steuerlichen Einlagekonto, erfasst werden. Dieses Konto wird außerhalb der regulären Steuerbilanz geführt und dient dazu, steuerfreie Rückzahlungen von Einlagen von steuerpflichtigen Ausschüttungen zu unterscheiden.
Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine GmbH, deren Alleingesellschafter das Stammkapital erhöhte und eine Beteiligung an einer anderen Gesellschaft in die GmbH einbrachte. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2010 gab die GmbH einen Bestand von 0 EUR an, obwohl in der Bilanz eine Kapitalrücklage ausgewiesen war. Das Finanzamt übernahm diesen Wert mechanisch und stellte das steuerliche Einlagekonto ebenfalls mit 0 EUR fest.
Die GmbH beantragte später eine Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit, was jedoch zunächst abgelehnt wurde.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass im Streitfall eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, die nach § 129 AO korrigiert werden kann.
Nach § 129 AO können
- Schreibfehler,
- Rechenfehler und
- ähnliche mechanische Versehen, die der Finanzbehörde bei der Feststellung eines Verwaltungsakts unterlaufen,
jederzeit berichtigt werden. Entscheidend ist, dass der Fehler für einen Dritten offensichtlich ist und auf einem mechanischen Versehen beruht.
Im konkreten Fall lag ein sogenannter Übernahmefehler vor. Das Finanzamt hatte den Wert des steuerlichen Einlagekontos mechanisch mit 0 EUR übernommen, ohne die in der Bilanz ausgewiesene Kapitalrücklage zu berücksichtigen.
Der BFH stellte klar, dass ein solcher Fehler auch dann als offenbare Unrichtigkeit gilt, wenn zur Ermittlung des korrekten Werts des steuerlichen Einlagekontos weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich sind.
Weiter führte der BFH aus, dass das steuerliche Einlagekonto nur dann 0 EUR betragen könnte, wenn der Wert der eingebrachten Wirtschaftsgüter exakt dem Nennwert der ausgegebenen Anteile entspräche oder die Sacheinlage den Nennwert nicht erreicht hätte. Da in der Bilanz jedoch eine Kapitalrücklage ausgewiesen war, war die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos mit 0 EUR offensichtlich fehlerhaft.
Gesellschafterdarlehen bei vermögensverwaltender Personengesellschaften
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Darlehensverträge zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anerkannt werden können, wenn Gläubiger und Schuldner rechtlich als identisch gelten. Dies hat zur Folge, dass Zinsen aus solchen Darlehen weder als Werbungskosten abziehbar noch als Einnahmen aus Kapitalvermögen steuerpflichtig sind.
Hintergrund
Die Klägerin, eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG, bestand aus einer nicht am Vermögen beteiligten Komplementär-GmbH und einer in Russland lebenden Kommanditistin. Die Gesellschaft erwarb ein bebautes Grundstück in Deutschland und erzielte daraus Mieteinnahmen. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte die Kommanditistin der Gesellschaft ein verzinsliches Darlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einem Zinssatz von 6 % pro Jahr.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die Mieteinnahmen der Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anstelle von Einkünften aus Gewerbebetrieb darstellen. Die gezahlten Darlehenszinsen wurden jedoch nicht als Werbungskosten anerkannt, da das Darlehen steuerrechtlich nicht anerkannt wurde. Einspruch und Klage der Klägerin blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts und entschied, dass das Darlehen steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist. Grund hierfür ist das Fehlen der erforderlichen Personenverschiedenheit zwischen Gläubiger und Schuldner.
Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) wird einer Gesellschafterin einer Personengesellschaft die Forderung oder Verbindlichkeit aus einem Darlehensvertrag mit ihrer Gesellschaft anteilig zugerechnet. Dies führt dazu, dass Gläubigerin und Schuldnerin steuerrechtlich als identisch gelten. In der Folge erlischt die Forderung für steuerliche Zwecke (sog. Konfusion).
Die Konsequenzen dieser steuerrechtlichen Betrachtung sind:
- Die gezahlten Zinsen können beim Darlehensnehmer (der Gesellschaft) nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
- Die Zinsen stellen beim Darlehensgeber (der Gesellschafterin) keine Einnahmen aus Kapitalvermögen dar.
Im vorliegenden Fall wurde das Darlehen der Kommanditistin als sogenannter Gewinnvorab qualifiziert. Dies bedeutet, dass die Zinsen nicht als Betriebsausgaben der Gesellschaft, sondern als Gewinnanteil der Gesellschafterin behandelt wurden. Der BFH begründete dies damit, dass die vermögensverwaltende Personengesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat und die Darlehensverbindlichkeit der Klägerin vollständig der Kommanditistin zuzurechnen ist.
Dadurch fehlt es an der steuerrechtlich erforderlichen Trennung zwischen Gläubigerin und Schuldnerin.
Währungskursverluste aus einem Gesellschafterdarlehen
Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass Währungskursverluste aus einem Darlehen an eine Tochterfirma im Ausland steuerlich berücksichtigt werden können. Das gilt, wenn das Darlehen unter Bedingungen vergeben wurde, wie sie auch unter fremden Dritten üblich wären.
Hintergrund
In dem entschiedenen Fall hatte eine deutsche Aktiengesellschaft ihrer Tochterfirma in der Schweiz im Jahr 2015 zwei Darlehen in Schweizer Franken gewährt. Dabei handelte es sich um unbesicherte Kredite mit einem Zinssatz, der leicht über dem damals üblichen Zins lag. Um sich gegen Wechselkursschwankungen abzusichern, hatte die deutsche Firma parallel dazu eigene Darlehen mit denselben Bedingungen bei einer inländischen Schwester-GmbH aufgenommen. Diese Absicherung wird auch „Micro Hedge“ genannt.
Als die Tochterfirma im Jahr 2016 einen Teil der Darlehensbeträge zurückzahlte, musste die deutsche Firma aufgrund ungünstiger Wechselkurse Verluste verbuchen. Das Finanzamt wollte diese Verluste aber nicht steuerlich anerkennen, da es sich um ein Darlehen an eine eigene Tochterfirma handelte.
Nach damaliger Gesetzeslage durften solche Verluste nur dann abgezogen werden, wenn das Darlehen auch von einer fremden Person unter denselben Umständen gewährt worden wäre – also fremdüblich war.
Entscheidung
Das Gericht entschied, dass die Darlehen im konkreten Fall tatsächlich fremdüblich waren.
Dafür sprach unter anderem
- der Abschluss des Währungskursicherungsgeschäfts,
- der Zinssatz,
- der Ausgleich für die fehlende Absicherung mit einem höheren Zins und
- eine anerkannte Kreditwürdigkeitsanalyse für die Tochterfirma.
Auch der Währungsraum – also, dass es sich um Schweizer Franken handelte – passte, da die Tochterfirma in der Schweiz sitzt. Deshalb seien die Verluste aus dem Wechselkurs steuerlich abziehbar.
Sanierungsprivileg nach § 3a EStG auf dem Prüfstand des BFH
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne nach § 3a Einkommensteuergesetz (EStG) nur unter bestimmten Voraussetzungen greift. Im vorliegenden Fall wurde die Revision nicht zugelassen, da die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen nicht ausreichend dargelegt wurde.
Hintergrund
Der Kläger war alleiniger Komplementär und Treugeber einer Kommanditgesellschaft (KG), die mehrere Tankstellen betrieb.
Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten verkaufte die KG im Jahr 2012 den Großteil ihrer Tankstellen. Im Streitjahr schloss die KG mit einem ihrer Hauptgläubiger, einer Aktiengesellschaft (AG), einen Vergleich. Dieser sah vor, dass die KG einen Abgeltungsbetrag zahlte, während die AG auf Sicherheiten und weitere Ansprüche verzichtete.
Das Finanzamt behandelte den aus dem Forderungsverzicht resultierenden Buchgewinn als steuerpflichtig. Der Kläger beantragte hingegen die Steuerbefreiung nach § 3a EStG, da es sich seiner Ansicht nach um einen Sanierungsgewinn handelte. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Hinweis: Durch gezielte Sanierungsmaßnahmen können Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten frühzeitig optimiert und gerettet werden. Hieraus erzielte sog. Sanierungsgewinne können insoweit unter bestimmten Voraussetzungen nach § 3a EstG steuerfrei sein.
Entscheidung
Der BFH wies die Beschwerde des Klägers zurück und ließ die Revision nicht zu. Die wesentlichen Gründe lauteten:
- Keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage
Der Kläger argumentierte, dass die frühere Rechtsprechung zum Sanierungserlass auf die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 EStG übertragbar sei. Der BFH sah jedoch keine Klärungsbedürftigkeit, da der Kläger sich nicht mit der bestehenden Rechtsprechung auseinandergesetzt hatte. - Fehlender Nachweis der Sanierungseignung
Der BFH stellte klar, dass ein schriftliches Sanierungskonzept keine zwingende Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist. Allerdings muss der Steuerpflichtige die Sanierungseignung nachweisen. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger diesen Nachweis nicht erbringen. Ein tatsächlicher Sanierungserfolg hätte als Indiz gewertet werden können, lag jedoch nicht vor. - Keine Fortbildung des Rechts
Die Revision wurde auch nicht zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Der BFH betonte, dass eine Rechtsfortbildung nur bei klärungsbedürftigen und über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfragen möglich ist. Die vom Kläger formulierte Frage, ob die Sanierungsabsicht bei einem Forderungsverzicht stets zu vermuten sei, erfüllte diese Anforderungen nicht.
Keine Verfahrensmängel
Der BFH sah keine Verfahrensmängel, die eine Revision rechtfertigen könnten.
Freiberufliche Tätigkeit einer Ärzte-Partnerschaft
Eine zahnärztlich tätige Partnerschaft, an der sieben Zahnärzte beteiligt sind, erzielt freiberufliche Einkünfte, auch wenn sich einer der Zahnärzte ganz überwiegend um die kaufmännische Führung der Partnerschaft kümmert und nur äußerst geringfügig zahnärztlich tätig wird.
Hintergrund: Freiberufliche Einkünfte unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Zu den Freiberuflern gehören insbesondere Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure und Architekten.
Sachverhalt: M war Zahnarzt und Partner einer zahnärztlich tätigen Partnerschaftsgesellschaft, die aus insgesamt sieben Zahnärzten bestand. M nahm vor allem die kaufmännischen Angelegenheiten der Partnerschaft wahr und kümmerte sich um die Instandhaltung der medizinischen Geräte. Im Streitjahr 2010 beriet M lediglich fünf Patienten; am Behandlungsstuhl wurde er nicht tätig. Das Finanzamt stellte den Gewinn der Partnerschaft als gewerblich fest und begründete dies damit, dass M nicht freiberuflich tätig geworden sei.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage der Partnerschaft statt:
- Eine Personengesellschaft ist freiberuflich tätig, wenn sämtliche Gesellschafter Freiberufler sind, also die persönliche Berufsqualifikation eines freien Berufs erfüllen, und eine freiberufliche Tätigkeit tatsächlich ausüben.
- Dies setzt nicht voraus, dass jeder Gesellschafter der Partnerschaft in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Vielmehr genügt es, wenn ein Gesellschafter in Form der Mit- und Zusammenarbeit mit seinen Kollegen freiberuflich tätig wird. Bei einem größeren Zusammenschluss von Ärzten gehört auch die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft zur freiberuflichen Tätigkeit. Daher kann auch ein überwiegend kaufmännisch tätiger Zahnarzt freiberuflich tätig sein.
- Weitere Voraussetzung ist aber, dass jeder Gesellschafter zumindest geringfügig zahnärztlich tätig wird. Diese Voraussetzung erfüllte M, weil er fünf Patienten im Streitjahr beriet.
Hinweise: Da auch die sechs Kollegen des M freiberuflich tätig waren, waren an der Partnerschaft nur Freiberufler beteiligt und auch freiberuflich tätig. Damit erzielt die Partnerschaft selbständige Einkünfte, nicht aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sodass ein Gewerbesteuermessbescheid gegenüber der Partnerschaft nicht ergehen durfte.
In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass jeder Gesellschafter auch freiberuflich aktiv wird, also z. B. zumindest einige Patienten behandelt, um den Anforderungen einer „zumindest äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit zu genügen. M hatte sich auf eine Beratung beschränkt und keinen einzigen Patienten zahnärztlich behandelt. Dies hat dem BFH zwar genügt; es ist aber nicht auszuschließen, dass Finanzgerichte den Begriff der „äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit strenger auslegen und eine ärztliche Behandlung verlangen. In jedem Fall sollte die „äußerst geringfügige“ freiberufliche Tätigkeit dokumentiert werden.
Niedrigverzinsung von Verwandtendarlehen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass niedrig verzinste Darlehen zwischen Verwandten als Schenkung im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu werten sind. Das liegt an dem Vorteil, den der Darlehensnehmer durch die Nutzung eines unter dem marktüblichen Zinssatz liegenden Darlehens erhält. Dieser Vorteil unterliegt der Schenkungsteuer.
Hintergrund
Im vorliegenden Fall erhielt der Kläger von seiner Schwester ein Darlehen, das rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 mit einem Zinssatz von 1 % verzinst wurde.
Das Darlehen war auf unbestimmte Zeit gewährt und konnte erstmals zum 31. Dezember 2019 mit einer Frist von zwölf Monaten gekündigt werden. Das Finanzamt bewertete die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz von 1 % und dem marktüblichen Zinssatz von 5,5 % als freigebige Zuwendung i.S.d. Erbschaftsteuergesetzes.
Da es sich um eine Nutzung von ungewisser Dauer handelte, wurde der Nutzungsvorteil mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts kapitalisiert. Auf dieser Grundlage setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest. Der Kläger legte Einspruch ein, der jedoch ebenso wie die anschließende Klage abgewiesen wurde.
Entscheidung
Der BFH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und stellte klar, dass die Gewährung eines niedrig verzinsten Darlehens tatsächlich eine freigebige Zuwendung i.S.d. Erbschaftsteuergesetzes darstellt.
Der Vorteil für den Darlehensnehmer liegt in der Möglichkeit, das überlassene Kapital zu einem Zinssatz zu nutzen, der unter dem marktüblichen Niveau liegt. Dieser Vorteil führt zu einer Vermögensmehrung beim Darlehensnehmer und unterliegt daher der Schenkungsteuer.
Die Vermögensminderung auf Seiten des Darlehensgebers ergibt sich aus dem Verzicht auf den Ertrag, den er bei marktüblicher Verzinsung hätte erzielen können. Im Streitfall wurde der marktübliche Zinssatz auf 2,81 % festgelegt. Da der vereinbarte Zinssatz lediglich 1 % betrug, ergab sich ein Zinsvorteil von 1,81 %. Dieser Vorteil wurde als Grundlage für die Besteuerung herangezogen.
Der BFH bestätigte damit, dass die Differenz zwischen dem marktüblichen Zinssatz und dem vereinbarten Zinssatz als Nutzungsvorteil zu bewerten ist. Dieser kapitalisierte Vorteil stellt die Grundlage für die Berechnung der Schenkungsteuer dar.
Achten Sie bei Darlehensbeziehungen zwischen nahen Angehörigen insbesondere auf eine fremdübliche Ausgestaltung. Hierbei ist der sog. Fremdvergleichsgrundsatz zu beachten, d.h. dass auch ein Darlehen zwischen nahen Angehörigen dem unter fremden Dritten fremdüblichen Grundsätzen (z.B. zur Laufzeit, Verzinsung, etc.) entsprechen muss.
Aufwendungen für die Ablösung eines Zinsswaps
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) entschied zu der Frage, ob die Zahlungen für die Ablösung eines sog. "Zinsswaps" als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Hintergrund
Eine Firma hatte im Jahr 2008 ein Darlehen aufgenommen, um einen Windpark zu finanzieren. Für die ersten Jahre war der Zinssatz festgelegt, danach wäre er aber variabel – also schwankend – gewesen. Um sich davor zu schützen, hat die Firma im Jahr 2014 mit ihrer Bank einen Vertrag abgeschlossen, der die Zinsen auch für die restliche Laufzeit des Darlehens festschreibt. So wusste sie genau, wie viel sie zahlen muss und hatte Planungssicherheit.
Dieser sogenannte Zinsswap war so gestaltet, dass die Klägerin (als Zahlerin der Festbeträge) regelmäßig einen festen Zinssatz an die Bank zahlte. Im Gegenzug zahlte die Bank (als Zahlerin der variablen Beträge) einen variablen Zinssatz an die Klägerin. War der variable Zinssatz negativ, musste die Klägerin zusätzlich zu ihrem Festbetrag auch noch den Betrag des negativen Zinssatzes an die Bank zahlen.
Ein paar Jahre später wurden neue Vereinbarungen getroffen, und die Firma löste den Zinsswap-Vertrag vorzeitig auf. Dafür musste sie eine einmalige Ablösesumme zahlen. Diese Kosten wollte sie steuerlich geltend machen, also als Betriebsausgabe abziehen.
Entscheidung
Das Finanzamt lehnte das ab. Es meinte, dass solche Geschäfte – also Zinsswaps – in bestimmten Fällen nicht abzugsfähig sind. Doch das Gericht sah das anders. Es entschied: Die Firma hat das Geschäft nicht aus spekulativen Gründen gemacht, sondern um ihren normalen Geschäftsbetrieb abzusichern. Sie wollte sich nur gegen schwankende Zinsen schützen. Und das ist bei Windpark-Betreibern auch üblich, weil solche Anlagen oft mit Krediten finanziert werden. Die Klägerin hat mit dem Vertrag ihre Zinskosten über die restliche Kreditlaufzeit einfach „vorweggenommen“.
Lieferung von Holzhackschnitzeln als Brennholz
Wer Holzhackschnitzel kauft, die zum Heizen gedacht sind, zahlt darauf nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in einem Schreiben klargestellt, dass Holzhackschnitzel unter bestimmten Voraussetzungen als Brennholz gelten – und damit steuerlich begünstigt sind.
Hintergrund
Im sog. Jahressteuergesetz 2024 wurde geregelt, dass Holzhackschnitzel als Brennholz dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen. Das BMF hat nun in einem Schreiben zu der Neuregelung Stellung bezogen.
Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist, dass die Hackschnitzel eindeutig zum Verbrennen bestimmt sind. Das erkennt man z.B. daran,
- wie sie verpackt sind,
- wie trocken sie sind oder
- ob sie fürs Heizen von Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden gedacht sind.
Wenn der Feuchtigkeitsgehalt unter 25 Prozent liegt, gilt das Material in der Regel als Brennholz – egal, was der Käufer später damit macht.
Anwendungsregelung
Diese neue Regelung setzt Urteile deutscher und europäischer Gerichte in nationales Recht um. Sie gilt für alle Umsätze, die nach dem 5.12.2024 ausgeführt werden. Für frühere Lieferungen gewährt die Finanzverwaltung noch Übergangsregeln.
Schadensersatzanspruch von Arbeitnehmern nach DSGVO-Verletzung
Arbeitnehmer können einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haben, wenn der Arbeitgeber personenbezogene Echtdaten innerhalb des Konzerns an eine andere Gesellschaft überträgt, um die cloudbasierte Software für Personalverwaltung „Workday“ zu testen.
Hintergrund
Die DSGVO ist eine EU-weite Regelung, die den Schutz personenbezogener Daten sicherstellt und klare Vorgaben zur Erhebung, Verarbeitung und Speicherung dieser Daten macht. Arbeitgeber müssen diese Vorgaben auch im Hinblick auf ihre Mitarbeiterdaten beachten, wie ein aktueller Fall des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt.
Ein Arbeitgeber plante den Einsatz einer neuen Software für Personalverwaltung. Für den vorläufigen Testbetrieb übermittelte das Unternehmen deshalb personenbezogene Daten des Klägers aus der bisher genutzten Software an die Konzernobergesellschaft.
Dabei handelte es sich um sensible Informationen des klagenden Mitarbeiters, wie
- Gehaltsinformationen,
- die private Wohnanschrift,
- das Geburtsdatum,
- den Familienstand,
- die Sozialversicherungsnummer und
- die Steuer-ID.
Der Mitarbeiter war der Ansicht, dass hier ein Verstoß gegen die DSGVO vorliege und die Grenzen der Betriebsvereinbarung überschritten worden seien. Er klagte auf Schadensersatz.
Entscheidung
Vor dem BAG bekam er teilweise recht: Er erhält 200 EUR, weil er durch die unzulässige Datenweitergabe die Kontrolle über seine persönlichen Informationen verloren hat. Das Urteil zeigt: Arbeitgeber müssen beim Umgang mit Mitarbeiterdaten genau prüfen, was erlaubt ist – und was nicht.
Bekanntgabe eines Steuerbescheids bei nicht täglicher Postzustellung
Die gesetzliche Zugangsvermutung, nach der ein Steuerbescheid drei Tage nach Aufgabe zur Post (ab 2025: vier Tage nach Aufgabe zur Post) als bekanntgegeben gilt, greift auch dann, wenn die Post an zwei Tagen der Dreitagesfrist nicht zustellt, weil sie an einem der beiden Tage (Samstag) grundsätzlich keine Zustellungen vornimmt und der nachfolgende Tag ein zustellfreier Sonntag ist.
Hintergrund: Nach dem Gesetz gilt ein Verwaltungsakt bis einschließlich 2024 nach drei Tagen nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, so dass am Tag danach die Einspruchsfrist beginnt. Ab 2025 wurde die gesetzliche Dreitagesfrist durch eine Viertagesfrist ersetzt.
Sachverhalt: Die Klägerin erstellte ihre Einkommensteuererklärung für 2017 selbst, d. h. ohne Hilfe eines Steuerberaters. Am Freitag, dem 15.6.2018, erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2017 und übergab ihn einem Postdienstleistungsunternehmen, das jedoch die Post im Wohnviertel der Klägerin nur zwischen Montag und Freitag austrägt, nicht aber am Samstag und nicht am generell zustellungsfreien Sonntag. Die Klägerin war bis einschließlich Montag, dem 18.6.2018, beruflich auswärts tätig und kehrte erst am 19.6.2018 in ihre Wohnung zurück, wo sie nach eigenen Angaben den Einkommensteuerbescheid für 2017 im Briefkasten vorfand. Sie übersandte den Bescheid noch am selben Tag per Telefax an ihren Steuerberater, dem sie keine Empfangsvollmacht erteilt hatte. Dieser legte am 19.7.2018 Einspruch ein. Das Finanzamt ging von einer Versäumnis der Einspruchsfrist aus und verwarf den Einspruch als unzulässig.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
- Der Einspruch war verfristet, weil bei Einlegung des Einspruchs am 19.7.2018 die einmonatige Einspruchsfrist abgelaufen war.
- Der Steuerbescheid galt nach der im Jahr 2018 anwendbaren Dreitagesfrist nach drei Tagen nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Die Aufgabe zur Post war am Freitag, dem 15.6.2018, durch Übergabe an das Postdienstleistungsunternehmen erfolgt. Damit fand die Bekanntgabe am Montag, dem 18.6.2018 statt, so dass die Einspruchsfrist am 19.6.2018 (Dienstag) begann und am 18.7.2018 endete; der Einspruch wurde aber erst am 19.7.2018 eingelegt.
- Die Dreitagesfrist war im Streitfall anwendbar, auch wenn eine Postzustellung weder am Samstag, dem 16.6.2018, noch am Sonntag, dem 17.6.2018, möglich war, da das Postdienstleistungsunternehmen samstags nicht zustellte und sonntags ohnehin keine Post ausgetragen wurde. Gleichwohl war eine Postauslieferung am Montag, dem 18.6.2018 und dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post zwar etwas weniger wahrscheinlich, aber dennoch möglich.
Aufgrund der zahlreichen Probleme bei der Postzustellung hat der Gesetzgeber die Dreitagesfrist durch eine Viertagesfrist ersetzt. Die neue Frist gilt für alle Verwaltungsakte (Bescheide), die nach dem 31.12.2024 zur Post aufgegeben werden.
Die Klägerin hatte vorgetragen, dass sie ihre Mutter sowie eine Freundin mit der Leerung des Briefkastens beauftragt habe. Hieraus konnte jedoch nicht geschlossen worden, dass der Bescheid erst am 19.6.2018 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen wurde. Hierzu hätte die Klägerin vortragen müssen, dass die Mutter und die Freundin den Briefkasten nach der Zustellrunde am 18.6.2018 geleert hätten und sich der Einkommensteuerbescheid für 2017 nicht im Briefkasten befunden habe. Tatsächlich hatte die Klägerin einen Zugang des Bescheids am 18.6.2018 nicht substantiiert bestritten.
KI kommt in der Steuerveranlagung in NRW zum Einsatz
Nordrhein-Westfalen (NRW) geht als Vorreiter voran: Ab Mai 2025 setzen vier Pilotfinanzämter erstmals Künstliche Intelligenz (KI) in der Steuerveranlagung ein. Ziel ist es, Steuererklärungen schneller, effizienter und zielgenauer zu bearbeiten.
Hintergrund
Nach der Abgabe der Steuererklärung beginnt häufig das Warten auf den Bescheid des Finanzamts. Im Schnitt dauert die Bearbeitung zwischen fünf und zehn Wochen. Gerade für einfache Arbeitnehmerfälle, bei denen Steuerbürger auf ihre Steuererstattung warten, ist das eine lange Zeit.
Doch künftig sollen diese einfachen Fälle automatisch mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) bearbeitet werden. Das bedeutet: Viele Menschen bekommen ihren Steuerbescheid schneller. Ein entsprechendes Projekt startet gerade in NRW.
Pilotprojekt startet mit Arbeitnehmerfällen
Zum Einsatz kommt ein speziell entwickeltes KI-Modul, das das bestehende Risikomanagementsystem der Finanzverwaltung ergänzt. Die KI erkennt Muster in den eingereichten Steuererklärungen und identifiziert Fälle mit geringem Prüfbedarf. Diese werden automatisiert verarbeitet – unter Wahrung aller rechtlichen Vorgaben und höchster Datensicherheit.
Zum Start beteiligen sich die Finanzämter Brühl, Bielefeld-Außenstadt, Hamm und Lübbecke. Zunächst wird die neue Technologie bei Arbeitnehmerfällen eingesetzt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sind bereits in Planung.
Mit diesem Schritt macht NRW einen wichtigen Schritt in Richtung digitale Verwaltung der Zukunft. Abzuwarten bleibt, wann weitere Finanzämter – vielleicht auch bundesweit – folgen werden.
Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass ein Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes unter bestimmten Voraussetzungen bestehen kann. Im Streitfall wurde der Anspruch für einzelne Monate unterschiedlich beurteilt, abhängig von der Ausbildungsbereitschaft und den Bemühungen des Kindes um einen Ausbildungsplatz.
Hintergrund
Ein Kind, das seine Schulausbildung im Sommer 2021 mit dem Abitur abgeschlossen hatte, bewarb sich bereits zuvor für den Freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr mit Einstellungstermin Oktober 2021.
Die Familienkasse gewährte zunächst Kindergeld für das Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, und berücksichtigte dabei die Grundausbildung bis Februar 2022. Ab März 2022 wurde die Kindergeldfestsetzung aufgehoben, da die Familienkasse keinen weiteren Anspruch sah.
Der Einspruch des Klägers gegen diese Entscheidung blieb erfolglos, weshalb Klage erhoben wurde.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass der Kindergeldanspruch für den Monat März 2022 nicht besteht, für die Monate April und Mai 2022 hingegen schon.
Für März 2022 lagen die Voraussetzungen des für den Anspruch auf Kindergeld nicht vor. Ein Kindergeldanspruch besteht nur, wenn ein Kind eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Im konkreten Fall fehlte es an einem Nachweis, dass das Kind im März 2022 ernsthafte Bemühungen um einen Ausbildungsplatz unternommen hatte.
Für April und Mai 2022 wurde der Kindergeldanspruch anerkannt. Im April 2022 legte das Kind eine Bescheinigung der Bundeswehr vor, aus der hervorging, dass es nach dem Freiwilligen Wehrdienst ein ziviles Studium aufnehmen wolle. Diese Bescheinigung belegte die Ausbildungsbereitschaft. Zudem bewarb sich das Kind im Mai 2022 um einen Studienplatz für das Wintersemester 2022, was den frühestmöglichen Zeitpunkt für den Studienbeginn darstellte. Ein Studienbeginn zum Sommersemester war aufgrund der zeitlichen Abläufe nicht mehr möglich.
Die Ausbildungsbereitschaft des Kindes wurde somit durch objektive Umstände bestätigt, und die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz waren ernsthaft und nachvollziehbar.
Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häusli-chen Arbeitszimmers
Die Kosten eines Arbeitnehmers für den Umzug in eine größere Wohnung, um dort erstmals ein häusliches Arbeitszimmer begründen zu können, sind nicht als Werbungskosten absetzbar. Denn ein Umzug in eine größere Wohnung ist stets auch privat veranlasst.
Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten abziehbar.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und als Arbeitnehmer in Hamburg beschäftigt. Sie lebten mit ihrer fünf Jahre alten Tochter in einer 65 qm großen Drei-Zimmer-Wohnung, in der es kein häusliches Arbeitszimmer gab. Zum 30.6.2020 wechselte der Kläger den Arbeitgeber. Um auch von zu Hause aus arbeiten zu können, zogen die Kläger zum Juli 2020 in eine ca. 110 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung um, in der sie zwei häusliche Arbeitszimmer einrichteten. Die Kläger machten die Umzugskosten in Höhe von ca. 4.200 € als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
- Grundsätzlich sind Umzugskosten privat veranlasst und daher nicht als Werbungskosten abziehbar.
- Ausnahmsweise können Umzugskosten jedoch als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der entscheidende Grund für den Umzug die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers ist und wenn private Umstände eine allenfalls untergeordnete Rolle spielen. Dies ist etwa der Fall, wenn sich aufgrund des Umzugs die tägliche Fahrzeit zur Arbeit um mindestens eine Stunde verkürzt. Auch der Ein- bzw. Auszug aus einer Dienstwohnung können hierzu gehören.
- Die berufliche Veranlassung muss sich auf objektiv feststellbare Umstände stützen lassen. Dies erfordert das Gebot der Rechtssicherheit. Allein die Absicht, erstmals über ein häusliches Arbeitszimmer verfügen zu können, genügt nicht, weil die Wahl einer Wohnung auch vom Geschmack, von den Lebensgewohnheiten, den finanziellen Mitteln und der familiären Situation abhängig ist. So konnten die Kläger jetzt z. B. ihr neues Wohnzimmer ausschließlich für private Zwecke nutzen und mussten es nicht mit einer oder gar zwei Arbeitsecken ausstatten. Daher sind die entstandenen Umzugskosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und nicht als Werbungskosten abziehbar.
Hinweise: Abziehbar waren im Streitfall jedoch die Kosten für die häuslichen Arbeitszimmer.
Die Entscheidung des BFH ist nicht unproblematisch, weil sich die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer seit der Corona-Krise geändert haben. Teilweise wird von Arbeitnehmern erwartet, dass sie im häuslichen Arbeitszimmer arbeiten. Dies galt insbesondere im Streitjahr 2020, als die Corona-Krise begann. Der BFH sieht in seiner aktuellen Entscheidung diese Problematik, verneint aber dennoch eine maßgebliche berufliche Veranlassung des Umzugs.
Finanzgericht Düsseldorf prüft Neuregelungen zur Grundsteuer
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf musste sich mit den Neuregelungen zur Grundsteuer befassen und kam zu dem Schluss: Die Regeln, nach denen der Wert von Grundstücken für die Grundsteuer berechnet wird, verstoßen nicht gegen das Grundgesetz.
Hintergrund
Mit der neuen Grundsteuerreform werden Grundstücke nach neuen Bewertungsregeln eingestuft. Seit 1.1.2025 kommt die neue Grundsteuerberechnung zur Anwendung (Stichtag für die Bewertung ist rückwirkend der 1.1.2022). Doch die Neuregelung stößt auf viel Kritik – und beschäftigt derzeit die Gerichte. So auch das FG Düsseldorf. Geklagt hatte eine Frau, die zwei Wohnungen besitzt. Sie hatte ihre Grundsteuererklärungen abgegeben und die Bescheide wurden entsprechend erlassen. Trotzdem wollte sie, dass ihre Bescheide aufgehoben werden – weil sie die gesetzlichen Bewertungsregeln für ungerecht und verfassungswidrig hält. Sie verwies dabei auf ein Gutachten eines bekannten Professors und ein anderes Gerichtsurteil aus Rheinland-Pfalz.
Entscheidung
Das FG Düsseldorf folgte dieser Argumentation nicht. Das Gericht hält die gesetzliche Regelung für verfassungsgemäß – sowohl hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes als auch im Hinblick auf Gleichheits- und Freiheitsrechte der Klägerin.
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Damit wird sich nun die nächste Instanz mit der Grundsteuerreform beschäftigen.
Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass bei der Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen verwendet werden. Dies dient einer realitätsgerechten Bewertung, da Frauen im Durchschnitt länger leben als Männer.
Hintergrund: Für die Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen, wie z. B. von Nießbrauchsrechten, die dem Nießbrauchsberechtigten bis zu dessen Tod zustehen sollen, muss ein Kapitalwert ermittelt werden. Hierfür wird ein Jahreswert der Nutzung ermittelt und mit einem sog. Vervielfältiger multipliziert. Dieser Vervielfältiger wird anhand der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Sterbetafel unterscheidet zwischen Männern und Frauen.
Sachverhalt: Ein 74 Jahre alter Vater übertrug seinen drei Kindern, einem Sohn, dem Kläger, und zwei Töchtern, im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge GmbH-Anteile, behielt sich aber einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vor. Das für die GmbH zuständige Finanzamt bewertete die Anteile mit einem Wert von ca. 780.000 €. Das für die Besteuerung des Sohns (Klägers) zuständige Finanzamt zog hiervon den Wert des Nießbrauchs in Höhe von ca. 350.000 € ab, so dass sich für den Sohn ein Wert der Schenkung in Höhe von ca. 430.000 € ergab. Bei der Bewertung des Nießbrauchs wandte das Finanzamt die für den Bewertungsstichtag maßgebliche Sterbetafel für Männer an und gelangte zu einem Vervielfältiger von 8,431 (basierend auf der verbleibenden Lebenserwartung für 74 Jahre alte Männer von damals 11,21 Jahren). Der Kläger machte geltend, dass sich nach der Sterbetafel für Frauen ein höherer Vervielfältiger und damit auch ein höherer Abzug ergeben würde, der Wert der Schenkung also geringer ausfalle.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage des Sohnes ab:
- Die unentgeltliche Übertragung der GmbH-Anteile vom Vater auf den Sohn war schenkungsteuerbar.
- Der Wert der übertragenen GmbH-Anteile wurde von dem für die GmbH zuständigen Finanzamt mit 780.000 € festgestellt. Dieser Wert wurde durch den Nießbrauch des Vaters gemindert.
- Bei der Bewertung des Nießbrauchs waren die Sterbetafeln für Männer anzuwenden, da der Vater ein Mann war. Zwar führen die Sterbetafeln zu einer geschlechterbedingten Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung ist aber verfassungsrechtlich gefertigt; denn die unterschiedlichen Sterbetafeln für Männer und Frauen ermöglichen eine gleichheitsgerechte Belastung der Steuerpflichtigen, weil so die Werte der geschenkten Vermögensgegenstände zutreffend und realitätsgerecht abgebildet werden können. Denn Männer leben nicht so lange wie Frauen, so dass sie die ihnen eingeräumte Nutzung und Leistung nicht so lange nutzen können wie eine Frau.
Frauen leben etwa fünf Jahre länger als Männer. Daher ist es gerecht, einen Nießbrauch, der einer Frau lebenslang eingeräumt wird, höher zu bewerten als einen Nießbrauch, der einem Mann lebenslang eingeräumt wird. Denn ein 74 Jahre alter Mann wird den Nießbrauch statistisch gesehen fünf Jahre weniger nutzen.
Die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen kann sich für den Steuerpflichtigen in einem Fall günstiger und in einem anderen Fall ungünstiger auswirken. Wird ein Nießbrauch einer Frau lebenslang zugewendet, muss diese einen höheren Kapitalwert versteuern als ein Mann, der einen Nießbrauch bis zum Lebensende erhält. Im Streitfall wirkte es sich aber zum Nachteil des Klägers aus, dass der Schenker ein Mann war und sich einen lebenslangen Nießbrauch vorbehielt. Dafür wird der Kläger die GmbH-Anteile statistisch betrachtet fünf Jahre früher unbelastet nutzen können.
Kapitalertragsteuer durch den Träger eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – Wer haftet?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass ein Haftungsbescheid wegen nicht abgeführter Kapitalertragsteuer ins Leere geht, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist. Im vorliegenden Fall war die Verjährung eingetreten, da die Voraussetzungen für eine Hemmung der Festsetzungsfrist nicht vorlagen.
Hintergrund
Ein Berufsverband, der neben seinem steuerbefreiten Bereich auch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhielt, wurde vom Finanzamt aufgefordert, eine Steueranmeldung zur Kapitalertragsteuer (KapESt) für die Streitjahre einzureichen. Nachdem der Verband dieser Aufforderung nachkam, erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid, da die KapESt nicht abgeführt worden war. Der Verband wurde als sogenannter Entrichtungsschuldner in Anspruch genommen, da er seiner Verpflichtung zur Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der KapESt nicht nachgekommen war.
Nach erfolglosem Einspruch erhob der Verband Klage gegen den Haftungsbescheid, die ebenfalls abgewiesen wurde. Der Fall landete schließlich vor dem BFH.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers zurück und stellte fest, dass der Haftungsbescheid ins Leere ging, da die Festsetzungsfrist für die Kapitalertragsteuer der Streitjahre bereits abgelaufen war.
Die Festsetzungsfrist für die KapESt beträgt grundsätzlich vier Jahre. Eine Verlängerung auf zehn Jahre wegen Steuerhinterziehung war im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Im Streitfall hätte eine Hemmung der Festsetzungsfrist vorausgesetzt, dass die Frist auch gegenüber dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als fiktivem Entrichtungsschuldner gehemmt wurde. Dies war jedoch nicht der Fall. Weder das Einspruchs- noch das Klageverfahren gegen den Haftungsbescheid führten zu einer Hemmung der Festsetzungsfrist. Die Hemmung ist auf den angefochtenen Bescheid und die Person des Anfechtenden beschränkt.
Der BFH stellte klar, dass der Haftungsbescheid gegen den Berufsverband als Träger des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gerichtet war. Der Verband wurde in dieser Eigenschaft als Steuersubjekt angesehen, da dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine eigene rechtliche Organisationsform fehlte.
Dennoch bestand kein Haftungsanspruch, da die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.
Finanzamt darf Steuerforderung während laufendem Gerichtsverfahren nicht einfach abtreten
Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass das Finanzamt während eines laufenden Aussetzungsverfahrens eine Steuerforderung nicht ohne besondere Gründe an eine andere Behörde abtreten darf.
Hintergrund
Wenn jemand gegen einen Steuerbescheid klagt und beim Finanzgericht beantragt, dass die Zahlung vorerst ausgesetzt wird, nennt man das ein gerichtliches Aussetzungsverfahren. In dieser Zeit soll der Bescheid nicht vollstreckt werden – also darf das Finanzamt normalerweise keine Maßnahmen zur Eintreibung der Forderung ergreifen.
Genau darum ging es in einem aktuellen Fall vor dem FG Berlin-Brandenburg. Das Gericht entschied, dass das Finanzamt während eines solchen Aussetzungsverfahrens die Steuerforderung nicht einfach an eine andere Behörde abtreten darf, um sie dort mit anderen Schulden zu verrechnen – zumindest nicht ohne das Vorliegen besonderer Gründe.
Entscheidung
Im konkreten Fall hatte das Finanzamt angekündigt, genau das zu tun, obwohl der betroffene Bürger bereits einen Antrag auf Aussetzung gestellt hatte. Das Gericht sah darin eine unzulässige Maßnahme und stellte klar: Der Steuerpflichtige hat das Recht, dass das Gericht in Ruhe über seinen Antrag entscheiden kann, ohne dass das Finanzamt in der Zwischenzeit Fakten schafft.
Das Gericht hat jedoch ausdrücklich offengelassen, ob im Einzelfall Ausnahmen von dem Recht auf ungestörte Durchführung des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens bestehen. Besondere Gründe sind von der Finanzbehörde geltend und glaubhaft zu machen – das war hier jedoch nicht der Fall. Deshalb durfte die geplante Abtretung nicht erfolgen.
Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge auf dem Prüfstand
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss die Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge erneut geprüft. Der BFH sieht keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung, auch für Zeiträume ab 2019.
Hintergrund
Die Klägerin erhielt einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017, der eine Nachzahlung aufgrund eines erhöhten Gewinnanteils aus einer Personengesellschaft vorsah. Da gegen den Gewinnfeststellungsbescheid ein Rechtsbehelfsverfahren lief, gewährte das Finanzamt zunächst eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) ohne Sicherheitsleistung. Später widerrief das Finanzamt die AdV und lehnte eine angebotene Grundschuld als Sicherheit ab, da diese nicht erstrangig war.
Im Anschluss erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid, der unter anderem Säumniszuschläge auswies. Die Klägerin legte Einspruch ein, blieb jedoch erfolglos und wandte sich schließlich an den BFH.
Entscheidung
Laut Gesetz ist bei verspäteter Steuerzahlung ein Säumniszuschlag von 1 % des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags pro Monat zu entrichten. Der Betrag wird auf die nächsten durch 50 EUR teilbaren Beträge abgerundet.
Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge bereits für Zeiträume bis einschließlich 2017 bestätigt. Diese Beurteilung wurde auch auf Zeiträume ab 2019 übertragen.
Der BFH berücksichtigte die veränderte Zinslage seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022. Die Zinssätze stiegen infolge der wirtschaftlichen Verwerfungen deutlich an, was das Ende der vorherigen Niedrigzinsphase markierte. Diese grundlegende Änderung der Marktverhältnisse ist bei der Prüfung der Angemessenheit der gesetzlichen Regelung zu berücksichtigen. Dennoch sieht der BFH keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge.