Kanzleibrief Oktober 2022


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

in unserem Kanzleibrief Oktober 2022 haben wir interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.

Bitte beachten Sie, dass unsere Kanzlei am 31.10.2022 aufgrund des Brückentags geschlossen ist.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

 

Viele Grüße

Ihr Team von Schauer Häffner & Partner

Steuerzahlungstermine im November 2022


Steuerzahlungstermine im November

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.11.

14.11.

Umsatzsteuer

10.11.

14.11.

Gewerbesteuer

15.11.

18.11.

Grundsteuer

15.11.

18.11.

 

Sonstige Termine

 

24.11.

Übermittlung Beitragsnachweise für November 2022

25.11.

Zusammenfassende Meldung Oktober 2022

28.11.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld November 2022 zzgl. restliche Beitragsschuld Oktober 2022

Geplante Gesetzesänderungen Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022)


Am 28. Juli 2022 hat das Bundesfinanzministerium mit dem Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes eine Reihe von Maßnahmen zur steuerlichen Erleichterung und Vereinfachung für Privatpersonen und Unternehmen vorgelegt.

Folgende Maßnahmen sind u. a. geplant.

Der Sparer-Pauschbetrag wird von EUR 801,00 auf EUR 1.000,00 für Alleinstehende und von EUR 1.602,00 auf EUR 2.000,00 für Ehegatten/Lebenspartnerinnen und –partner erhöht.

Der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen soll bereits ab 2023 gewährt werden (bisher 96 % im Jahr 2023 und 98 % im Jahr 2024).

Bei der Riester-Rente ist eine Entbürokratisierung und Verbesserung für Personen geplant, die Kinder erziehen, wodurch Rückforderungen bereits gewährter Zulagen vermieden werden.

Der sogenannte Ausbildungsfreibetrag für volljährige Kinder, die eine Ausbildung durchlaufen und auswärts untergebracht sind, soll angehoben werden von EUR 924,00 auf EUR 1.200,00.

Der lineare AfA-Satz soll für die Abschreibung von Wohngebäuden, die nach dem 30.06.2023 fertiggestellt werden, von 2 % auf 3 % erhöht werden.

Einführung einer Ertragsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäuser sowie Gewerbeimmobilien und bis zu 15 kW auf Wohn- sowie Gewerbeeinheiten.

Die bisher nur beschränkt für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2022 eingeführte Homeoffice-Pauschale wird entfristet. Außerdem wurde der Höchstbetrag von maximal EUR 600,00 pro Jahr auf EUR 1.000,00 pro Jahr angehoben. Der Tagessatz von EUR 5,00 bleibt unverändert.

Somit können Beschäftigte bis zu 200 Tage, die sie im Homeoffice tätig waren, steuerlich geltend machen.

Steuerpflichtige, die zu Hause ein eigenes Arbeitszimmer nutzen und keinen Firmenarbeitsplatz haben, können künftig eine Jahrespauschale von EUR 1.250,00 geltend machen.

Ein Nachweis von individuellen Kosten ist nur dann notwendig, wenn über die Pauschale hinausgehende Kosten geltend gemacht werden.

 

Quelle:

Referentenentwurf des BMF – Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) vom 18.07.2022

Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten


Das bisherige Abzinsungsgebot wurde auf Grund der aktuellen Niedrigzinsphase abgeschafft (vgl. 9/2022 – „Viertes Corona-Steuerhilfegesetz“).

Verbindlichkeiten sind nunmehr unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen, d. h. grundsätzlich mit dem Nennwert. Eine Abzinsung ist nicht mehr vorzunehmen.

Die Neuregelung ist erstmals in nach dem 31.12.2022 endenden Wirtschaftsjahren anzuwenden. Auf formlosen Antrag kann vom Abzinsungsgebot bereits für frühere Wirtschaftsjahre abgesehen werden. Als Antrag gilt auch ein entsprechender Ansatz in der Steuerbilanz.

Sofern betroffene Veranlagungen nicht bestandskräftig sind, können z. B. infolge der Corona-Pandemie ausgereichte zinslose Soforthilfe-Darlehen ohne Abzinsung bilanziert werden. Wurde eine Verbindlichkeit bisher unter Beachtung des Abzinsunsgebots passiviert, ergibt sich im ersten Wirtschaftsjahr ohne Abzinsung eine Gewinnminderung in Höhe des letzten Abzinsungsvolumens.

Das Abzinsungsgebot für Rückstellungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. e EStG bleibt bestehen.

 

Quelle:

LSF Sachsen, Kurzinformation v. 22.06.2022 – 211 – S 2175/15/1-2022/36534; Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 28/2022.

Berücksichtigung einer Leasing-Sonderzahlung im Rahmen der sog. Kostendeckelungsregelung


Die Besteuerung der privaten Kfz-Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs (Fahrtenbuchmethode oder 1%-Regelung) kann auch bei der pauschalen Wertermittlung nach der 1%-Methode zu Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung führen hinsichtlich der Wertermittlung des zu versteuernden Nutzungsvorteils und dessen mögliche Begrenzung durch die Gesamtaufwendungen (sog. Kostendeckelung).

Die Höhe der pauschalen Wertermittlung ist grundsätzlich nicht begrenzt, d. h. die pauschal bewertete Nutzungsentnahme kann die Gesamtaufwendungen für das Fahrzeug übersteigen, der Ertrag wäre höher als die tatsächlichen Aufwendungen.

Dies wird durch die sog. Kostendeckelung in solchen Fällen verhindert. Im Ergebnis werden damit höchstens die Gesamtkosten als Nutzungsentnahme besteuert.

Umstritten war bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach der Einnahme-Überschussrechnung ermitteln, ob hohe Leasingsonderzahlungen im ersten Jahr in voller Höhe abgesetzt werden können und damit in den Folgejahren geringere Gesamtaufwendungen anfallen.

Diesem Modell hat der BFH mit nachfolgendem Urteil die Grundlage entzogen:

„Es ist nicht zu beanstanden, dass bei der Anwendung der Billigkeitsregelung zur Kostendeckelung im BMF-Schreiben v. 18.11.2009 (IV C 6 – S 2177/07/10004, BStBl. I 2009, 1326, DStR 2009, 2485 Rn. 18) für Zwecke der Berechnung der Gesamtkosten eines genutzten Leasingfahrzeugs eine bei Vertragsabschluss geleistete Leasingsonderzahlung auch dann periodengerecht auf die einzelnen Jahre des Leasingzeitraums verteilt wird, wenn der Steuerpflichtige einen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.“

 

Quelle:

BFH-Urteil vom 17.05.2022 – VIII R 26/20 (DStR 2022 S. 1708)

Bei Unterschlagung von Trinkgeld droht fristlose Kündigung


Unterschlägt ein Beschäftigter Trinkgeld, das zur Weiterreichung an alle Mitarbeiter gedacht war, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung.

Hintergrund

Der gekündigte Arbeitnehmer war bereits seit 7 Jahren als Kfz-Technikmeister in einer Kfz-Werkstatt beschäftigt. In der Werkstatt war es Usus, dass Schrotthändler vorbeikamen, um entsorgtes Material abzuholen und dies, da der Schrott eigentlich Abfall und keine Verkaufsware war, durch eine Zahlung in die Trinkgeldkasse der Mitarbeiter zu vergüten. Dadurch gelangten regelmäßig größere Trinkgeldbeträge in die Kasse. Das Geld aus der Kasse wurde grundsätzlich auf die gesamte Belegschaft verteilt.

Im Januar 2022 gab ein Schrotthändler dem Arbeitnehmer EUR 235,00 für die Trinkgeldkasse. Dieser legte davon lediglich einen Betrag i. H. v. EUR 70,00 in die Kasse und behielt EUR 165,00 für sich. Als der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangte, kündigte er dem Kfz-Meister Ende Januar 2022 fristlos. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage.

Entscheidung

Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt und wies seine Klage ab. Der wichtige Kündigungsgrund lag nach Auffassung des Arbeitsgerichts darin, dass der Mann zu Unrecht EUR 165,00 für sich einbehalten und nicht in die Trinkgeldkasse abgeführt und somit seinen Kollegen vorenthalten habe. Diese Unterschlagung stelle eine ganz erhebliche Pflichtverletzung dar, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Die Behauptung des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess, er habe die EUR 165,00 für den Verkauf einer Metallwerkbank erhalten, wertete das Gericht als unglaubwürdige Schutzbehauptung. Der Kfz-Mechaniker habe weder Details zur angeblich verkauften Werkbank sagen können, noch habe er dem Gericht mitteilen können, wie schwer diese Werkbank ungefähr gewesen sei. Erst nachdem ihm durch das Gericht vorgerechnet worden war, dass die Metallwerkbank bei einem derzeitigen Schrottpreis von ungefähr 27 Cent pro Kilogramm Metall über 600 Kilo gewogen haben müsste, um einen Preis von EUR 165,00 zu erzielen, fiel dem Arbeitnehmer noch ein, dass er darüber hinaus auch noch andere Dinge veräußert habe. Mit diesem Vortrag vermochte er das Gericht jedoch nicht davon zu überzeugen, dass alles seine Richtigkeit gehabt habe.

Anteilsvereinigung durch Erwerb eigener Anteile


Nach dem Grunderwerbsteuergesetz unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 90 % (Anm.: bis 30.06.2021 95 %) der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden.

Das nachfolgende Urteil gibt Gelegenheit u. a. auf einen Sachverhalt hinzuweisen, der leicht übersehen werden kann.

„Erwirbt eine grundbesitzende Gesellschaft Anteile an sich selbst, sind diese bei der Ermittlung der grunderwerbsteuerlich relevanten Anteile nicht (mehr) zu berücksichtigen, sodass sich der Anteil der anderen Gesellschafter erhöht, was zum Erreichen der maßgeblichen Grenze (90 %; bis 30.06.2021 95 %) führen kann.“

 

Quelle:

FG Münster, Urteil vom 19.05.2022 Az. 8 K 2516/20 GrE

Revision eingelegt; Az. des BFH: II % 24/22 (EFG 2022 S. 1307)

Corona-Prämie gehört nicht zum pfändbaren Einkommen


Wenn ein Arbeitgeber an seine Beschäftigten freiwillig eine Corona-Prämie zahlt, ist diese Leistung als Erschwerniszulage unpfändbar, wenn ihr Zweck in der Kompensation einer tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt und die Prämie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt.

Hintergrund

Der Beklagte betreibt eine Gaststätte. Er zahlte an seine Beschäftigte, die als Küchenhilfe eingestellt war, aber auch als Thekenkraft eingesetzt wurde, im September 2020 neben dem Monatslohn (EUR 1.350,00 brutto und Sonntagszuschläge i. H. v. EUR 66,80 brutto) eine Corona-Prämie i. H. v. EUR 400,00.

Über das Vermögen der Beschäftigten war im Jahr 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt worden. Für den Monat September 2020 errechnete die Klägerin aus dem Monatslohn sowie der Corona-Prämie als pfändungsrelevanten Nettoverdienst einen Betrag i. H. v. EUR 1.440,47 und forderte den Beklagten erfolglos zur Zahlung eines aus ihrer Sicht pfändbaren Betrags i. H. v. EUR 182,99 netto auf.

Mit ihrer Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die vom Beklagten an die Beschäftigte gezahlte Corona-Prämie pfändbar sei. Anders als im Pflegebereich, wo der Gesetzgeber ausdrücklich die Unpfändbarkeit der Corona-Prämie bestimmt habe, bestehe für eine Sonderzahlung wie hier keine Regelung über eine Unpfändbarkeit.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung des von ihr geforderten Betrags.

Die Corona-Prämie gehört nach § 850a Nr. 3 ZPO nicht zum pfändbaren Einkommen der Beschäftigten. Der Beklagte wollte mit der Leistung eine bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene Erschwernis kompensieren. Die vom Beklagten gezahlte Corona-Prämie überstieg auch nicht den Rahmen des Üblichen i. S. v. § 850a Nr. 3 ZPO.

Zum Zufluss von Kapitalerträgen beim beherrschenden Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft


Dem beherrschenden Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft fließt ein Gewinnanteil im Zeitpunkt des Gewinnausschüttungsbeschlusses zu, wenn die Gesellschaft zahlungsfähig ist und er nach Maßgabe des ausländischen Rechts zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich über den Gewinnanteil verfügen kann.

Hintergrund

Streitig war, ob dem X in den Jahren 2007 bis 2010 als beherrschendem Gesellschafter einer kroatischen Kapitalgesellschaft beschlossene Gewinnausschüttungen, die ihm nicht ausbezahlt wurden, zugeflossen sind.

Der in Deutschland wohnhafte und unbeschränkt steuerpflichtige X war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kroatischen Rechts mit Sitz in Kroatien. Die Gesellschaft erwirtschaftete in den Geschäftsjahren 2006 bis 2009 jeweils Gewinne.

Das Finanzamt erfasste bei X die von der kroatischen Gesellschaft beschlossenen Ausschüttungen. Es ging davon aus, diese seien dem X als beherrschendem Gesellschafter im jeweiligen Streitjahr zugeflossen.

Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Einem vom Finanzgericht eingeholten Sachverständigengutachten zum kroatischen Recht war zu entnehmen, dass es im kroatischen Recht kein gesetzliches Auszahlungshindernis gegeben hat, das den X hätte hindern können, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs nach seinem Ermessen zu bestimmen. Die kroatische Gesellschaft war in allen Streitjahren zahlungsfähig gewesen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Gewinnausschüttungen dem X bereits in den Streitjahren zugeflossen sind.

Ob dem X Gewinnanteile aus der kroatischen Gesellschaft zugeflossen sind, richtet sich nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Denn die Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung des kroatischen Rechts ist mit einer deutschen GmbH vergleichbar. Auch für den Zeitpunkt des Zuflusses der streitigen Ausschüttungen aus der kroatischen Kapitalgesellschaft ist das deutsche Einkommensteuer-Recht maßgeblich.

Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist der Zufluss einer Ausschüttung i. d. R. bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung anzunehmen, weil er es dann in der Hand hat, sich die ihm von der Gesellschaft geschuldeten Beträge auszahlen zu lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sein Gewinnauszahlungsanspruch eindeutig, unbestritten und fällig und die Gesellschaft zahlungsfähig ist. Denn dann kann der beherrschende Gesellschafter im Regelfall wirtschaftlich bereits ab dem Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses über seinen Gewinnanteil verfügen.

Entsteht mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses nach ausländischem Recht ein sofort fälliger Gewinnauszahlungsanspruch, kann hieraus jedoch nicht in jedem Fall zwingend abgeleitet werden, dass der beherrschende Gesellschafter bei Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft schon unmittelbar die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Denn der Auszahlung des Ausschüttungsbetrags können nach dem ausländischen Recht gleichwohl Hindernisse entgegen stehen mit der Folge, dass noch kein Zufluss vorliegt.

Das Finanzgericht ging zwar davon aus, dass entsprechende Gewinnverwendungs- und Ausschüttungsbeschlüsse vorlagen und die Gesellschaft jeweils zahlungsfähig war. Das Finanzgericht ist jedoch rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, X habe bereits ohne Weiteres aufgrund der jeweiligen Fälligkeit der Gewinnauszahlungsansprüche auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gewinnanteile erlangt. Ob der Erlangung der Verfügungsmacht nach kroatischem Recht Hindernisse entgegenstanden, hat das Finanzgericht jedoch - trotz Vortrags des X und des widersprüchlichen Akteninhalts - nicht hinreichend aufgeklärt. Es hat nicht festgestellt, ob neben der Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs etwa weitere gesetzliche Voraussetzungen des kroatischen Rechts für eine Auszahlung der beschlossenen Ausschüttungen an X erfüllt sein mussten.

Das Finanzgericht hat die Feststellung nachzuholen, ob trotz der Fälligkeit des Anspruchs noch ein Auszahlungshindernis bestand, das X nicht beeinflussen konnte und das der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht entgegenstand. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang die von X behauptete Verpflichtung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft nach kroatischem Recht, bei der Auszahlung der Gewinnanteile an die Gesellschafter den vorherigen Abzug der kroatischen Kapitalertragsteuer nachzuweisen. Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts hierzu sind widersprüchlich.

Zur Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers


Die Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers beschränkt sich nicht notwendig auf solche Steuern, die während der Dauer des Organschaftsverhältnisses entstanden sind. Die Organgesellschaft kann in dem Umfang haften, in dem der Organträger die Umsätze der Organgesellschaft zu versteuern hat und Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über Leistungsbezüge der Organgesellschaft abziehen kann.

Hintergrund

Streitig war, ob eine (ehemalige) Organgesellschaft (X-GmbH) auch für die während des Bestehens der Organschaft zwar wirtschaftlich begründet, aber steuerrechtlich noch nicht entstandene Umsatzsteuer des Organträgers (A-GmbH) nach § 73 AO in Haftung genommen werden kann.

Am 17.3.2014 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH bestellt. Im Mai 2014 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der bisher vorläufige Verwalter zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Juli 2014 wurde über das Vermögen der A-GmbH ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet.

Bei der A-GmbH bestanden im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über ihr Vermögen Umsatzsteuer-Rückstände aus den Voranmeldungen für März 2014.

Das Finanzamt meldete deswegen im Insolvenzverfahren der X-GmbH als Organgesellschaft eine Haftungsforderung nach § 73 AO wegen rückständiger Umsatzsteuer der A-GmbH für März 2014 zur Insolvenztabelle an. Da der Insolvenzverwalter die Forderung bestritt, erließ das Finanzamt einen Feststellungsbescheid, gegen den der Insolvenzverwalter erfolglos Einspruch erhob.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, eine Haftung nach § 73 AO für die Umsatzsteuer des Voranmeldungszeitraums März 2014 bestehe nicht, da die Umsatzsteuer für März 2014 bei Beendigung der Organschaft am 27.3.2014 (aufgrund des vorläufigen Insolvenzverfahrens) rechtlich noch nicht entstanden gewesen sei. Denn die Steuer für die Umsätze im Voranmeldungszeitraum März 2014 sei erst mit Ablauf des 31.3.2014 und damit nicht während des Bestehens der Organschaft entstanden. Auf eine wirtschaftliche oder insolvenzrechtliche Verursachung der Steuer komme es nicht an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Die Haftung der Organgesellschaft ist nicht auf solche Steuern beschränkt, die während der Dauer der Organschaft entstanden sind. Das Finanzgerichtsurteil wurde aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Nach § 73 Satz 1 AO haftet eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers, "für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist". Ob eine Organschaft in diesem Sinne steuerlich von Bedeutung ist, richtet sich nach dem UStG. Danach wird die Organgesellschaft unselbstständiger Teil des Unternehmens des Organträgers, sodass beide Gesellschaften als ein Unternehmen zu behandeln sind. Grundsätzlich werden damit alle Umsätze der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet. Dieser ist Schuldner der auf diese Umsätze entfallenden Umsatzsteuer.

Steuern des Organträgers, "für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist", liegen demzufolge grundsätzlich dann vor, wenn der Organträger die Umsätze der Organgesellschaft zu versteuern hat und Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über Leistungsbezüge der Organgesellschaft abziehen kann. Für diese Steuern haftet folglich die Organgesellschaft.

Die Organschaft wurde mit der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 27.3.2014 beendet. Die Umsatzsteuer-Forderung gegen den (ehemaligen) Organträger (A-GmbH) für den Voranmeldungszeitraum März 2014 umfasst daher 2 Komplexe: die Umsatzsteuer betreffend den Organkreis bis zum 27.3.2014 und die eigene Umsatzsteuer der A-GmbH ab dem 28.3.2014. Die Forderung des Finanzamts ist entsprechend aufzuteilen.

Das Finanzgericht hat im zweiten Rechtsgang festzustellen, in welcher Höhe die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum März 2014 den Organkreis betrifft. Nur soweit Lieferungen und sonstige Leistungen während des Bestehens der Organschaft ausgeführt wurden, kommt eine Haftung der Organgesellschaft in Betracht. Auch soweit die Berichtigung von Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer erfolgen muss, kommt es darauf an, wann die Tatbestandsvoraussetzungen dafür vorgelegen haben.

Zahlungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe an Profisportler sind als Betriebseinnahmen zu erfassen


Liegt bei einem Sportler wegen der Verflechtung der sportlichen Tätigkeit mit der gewerblichen Vermarktung ein einheitlicher Gewerbebetrieb als Sportler vor, stellen finanzielle Unterstützungsmaßnahmen der Sportförderung Betriebseinnahmen dar. Grund ist ein weites Verständnis des Veranlassungsbegriffs.

Hintergrund

X war im Jahr 2014 als Arbeitnehmer tätig. Außerdem war er als erfolgreicher Sportler Mitglied einer Sportfördergruppe und nahm an nationalen und internationalen Meisterschaften teil.

X erklärte im Rahmen seines Gewerbebetriebs als "Sportler" einen gewerblichen Gewinn, dem er seine Einnahmen aus Sponsorenverträgen und seine Ausgaben im Zusammenhang mit der Sporttätigkeit zugrunde legte. Zahlungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe von 6.500 EUR (Kaderförderung und Prämie für eine Platzierung bei den Olympischen Spielen) ordnete er den sonstigen Einkünften zu, denen er (pauschal) Werbungskosten in gleicher Höhe gegenüberstellte.

Das Finanzamt erfasste auch die Zahlungen der Sporthilfe als Einnahmen des Gewerbebetriebs. Die dazu erklärten Aufwendungen berücksichtigte es nicht.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Zahlungen der Sporthilfe seien Betriebseinnahmen, da sie in untrennbarem Zusammenhang mit der gewerblichen Sportlertätigkeit ständen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts und wies die Revision zurück. Dem von X als professionellem Sportler unterhaltenen Gewerbebetrieb sind auch die Zahlungen der Sporthilfe zuzurechnen. Ein Ansatz pauschaler Betriebsausgaben für sportbedingte Aufwendungen in gleicher Höhe kommt nicht in Betracht.

Bei mehreren (z. B. freiberuflichen und gewerblichen) Betätigungen sind diese regelmäßig getrennt zu erfassen, auch wenn zwischen ihnen gewisse Berührungspunkte bestehen. Die gesamte Betätigung ist jedoch einheitlich zu erfassen, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als einheitliche Tätigkeit (im Rahmen eines Betriebs) anzusehen sind. Das gilt entsprechend, wenn steuerpflichtige und (isoliert betrachtet) nicht steuerpflichtige Betätigungen untrennbar miteinander zusammentreffen.

Im Streitfall ging die Betätigung des X über eine (isoliert zu betrachtende Sportausübung als Freizeitbeschäftigung) weit hinaus. Vor allem die Höhe der erzielten Werbeeinnahmen (rund EUR 30.000,00) und das zeitliche Engagement im Sport (bei nur 39 Arbeitstagen an der regulären Arbeitsstelle) rechtfertigen den Schluss auf eine insgesamt gewerbliche Sportlertätigkeit.

Aufgrund der Werbeeinnahmen aus dem Sponsoring war X selbstständig und am Markt gegen Entgelt tätig. Dies geschah auch nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht, da er daraus für die Dauer seiner Sportlertätigkeit eine ständige Erwerbsquelle machen wollte. Die zur Verfügung gestellten Ausrüstungsgegenstände und die Erlöse aus den Sponsorenverträgen dienten der Finanzierung der sportlichen Tätigkeit, die wiederum den Abschluss substanzieller Ausrüster- und Sponsorenverträge ermöglichte. Diese Verflechtung zwischen entgeltlicher Werbetätigkeit und Leistungssportbetätigung verdeutlicht, dass insoweit ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorlag.

Die Zahlungen der Sporthilfe stehen zwar nicht im Zusammenhang mit einem konkreten Leistungsaustausch. Sie wurden aber im Hinblick auf die im Rahmen des einheitlichen Gewerbebetriebs erbrachte Tätigkeit des X als Sportler (Sportförderung als Spitzensportler) gewährt. Den Zahlungen kann außerdem (ähnlich wie bei Preisverleihungen) wirtschaftlich der Charakter als leistungsbezogene Entgelte im untrennbaren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des X als Sportler beigemessen werden. Denn die Zuwendungen wurden im Hinblick auf die besonderen sportlichen Leistungen des X erbracht. Sie waren von dessen Leistungsniveau und der Teilnahme an Wettkämpfen abhängig.

Für den von X beantragten (pauschalen) Abzug für sportbedingte Aufwendungen in Höhe der Zahlungen der Sporthilfe besteht keine Rechtsgrundlage. Denn (nur) tatsächliche Aufwendungen sind als Betriebsausgaben abzusetzen. X hat jedoch die (abzugsfähigen) sportbedingten Aufwendungen konkret bereits im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit geltend gemacht, sodass daneben eine pauschale Berücksichtigung ausscheidet. Der durch den Sport bedingte Nahrungsmittelmehrbedarf ist nicht berücksichtigungsfähig.

Keine Hinzurechnung von Entgelt für die Anmietung von Messestandflächen


Die Hinzurechnungsvorschriften des Gewerbesteuergesetzes sind immer wieder Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung bei einer Außenprüfung verneinte ein Finanzgericht im Klageverfahren die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Aufwendungen für eine Messestandfläche; der BFH bestätigte diese Auffassung:

„1. Die Kosten für die Anmietung einer Messestandfläche können bei einem ausstellenden Unternehmer nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG führen, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würde.

2. Zur Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und auch die speziellen betrieblichen Verhältnisse (z. B. Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems) das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordert.“

 

Hinweis:

In einem weiteren Revisionsverfahren (Vgl. 6/2019 – FG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2019 – 10 K 2717/17 G – Az. BFH: III R 15/19) hat sich das Verfahren durch Zurücknahme der Revision vom 20.01.2022 erledigt.

Quelle:

BFH, Beschluss vom 23.03.2022 – III R 14/21 (DStZ 2022 S. 534)

Aufwendungen für Sponsoring: Was gilt bezüglich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung?


Werden Aufwendungen für die Überlassung von Werbeflächen (z. B. Bande, Trikots, Vereinslogo) gezahlt, unterliegen diese der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Das letzte Wort in dieser Sache hat aber der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Ein Gewerbetreibender ist Sponsor einer Sportmannschaft der X-GmbH. Er kann vereinbarungsgemäß bei Spielen der Mannschaft das Vereinslogo für Werbezwecke nutzen und auch die Werbezeichen für seinen Betrieb auf den Trikots der Spieler und Trainer, sowie an der Bande des Sportfelds und am Hallenboden anbringen. Die zunächst statische Bandenwerbung wurde durch eine LED-Bande mit rotierenden Werbesequenzen ersetzt. Nach einer Betriebsprüfung rechnete das Finanzamt die betragsmäßig abgegrenzten bzw. aufgeteilten Beträge bei der Ermittlung des Gewerbebetriebs gem. § 8 Nr. 1d GewStG und § 8 Nr. 1f GewStG hinzu. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgt der Rechtsauffassung des Finanzamts und hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Eine Hinzurechnung erfordert, dass Miet- und Pachtzinsen i. S. d. §§ 535 ff. BGB vorliegen. Dementsprechend muss der Nutzungsvertrag seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis begründen. Das Finanzgericht sieht in dem Sponsoringvertrag die wesentlichen Elemente eines Mietvertrags als gegeben an und verneint eine Werbeleistung. Das Montieren der bereitgestellten Firmenlogos an die Bande durch die X-GmbH ist eine nur untergeordnete Nebenleistung. Und auch nach Umstellung auf eine LED-Bande steht die Nutzung des körperlichen Gegenstandes als Projektionsfläche im Vordergrund.

Alle genutzten Werbeflächen sind bewegliche Wirtschaftsgüter. Ebenso wird vom Finanzgericht das erforderliche sog. fiktive Anlagevermögen bejaht; Werbeträger sind in aller Regel dem Bereich des Anlagevermögens zuzuordnen. Und auch zu den Aufwendungen für die Überlassung des Vereinslogos für Werbezwecke bestätigt das Finanzgericht die vom Finanzamt vorgenommene Hinzurechnung. Die Nutzung des Vereinslogos ist eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten; das Vereinslogo ist ein urheberrechtlich geschütztes Werk.

Echte Abfindungen bei Personalabbau unterliegen der Lohnsteuer


Abfindungsbeträge sind auch dann steuerlich zugeflossen, wenn sie im Falle einer unwirksamen Wertguthabenvereinbarung auf ein Zeitwertkonto der Arbeitnehmer eingezahlt werden. Die anschließende Übertragung an die Deutsche Rentenversicherung kann nicht steuerfrei erfolgen.

Hintergrund

Ein Pharmaunternehmen strukturierte seinen Vertriebsbereich um und baute in diesem Zuge zahlreiche Arbeitsplätze ab. Betroffenen Arbeitnehmern wurden Abfindungen angeboten, die in bereits beim Arbeitgeber geführte Langzeitkonten eingebracht werden konnten. Die darin angesammelten Guthaben konnten laut Betriebsvereinbarung u. a. zur bezahlten Arbeitsfreistellung vor Ruhestandseintritt genutzt werden.

Arbeitnehmer, die ihre Abfindungszahlungen auf diese Weise verwendeten, beantragten wenige Tage vor ihrer Kündigung die Übertragung ihrer durch Abfindung aufgestockten Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), was auch entsprechend umgesetzt wurde. Der Arbeitgeber nahm keinen Lohnsteuerabzug auf die "umgeleiteten" Abfindungszahlungen vor und berief sich u. a. auf die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 53 EStG, die für die Übertragung von Wertguthaben auf die DRV gilt. Das Finanzamt nahm den Arbeitgeber nach einer Lohnsteueraußenprüfung für nicht abgeführte Lohnsteuer in Haftung. Dagegen wehrt sich der Arbeitgeber mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht bestätigte die Haftungsinanspruchnahme und entschied, dass den Arbeitnehmern spätestens mit der Überweisung der Abfindungsbeträge auf die bei der DRV geleisteten Wertguthaben steuerpflichtiger Arbeitslohn zugeflossen war. Zwar waren die Abfindungsbeträge weder bar ausgezahlt noch einem (Bank-)Konto der Arbeitnehmer gutgeschrieben worden. Der Lohnzufluss ergab sich aber daraus, dass die Arbeitnehmer mit Zuführung auf die Langzeitkonten die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Beträge erlangt hatten.

Die für die Übertragung von Wertguthaben geltende Steuerbefreiung des § 3 Nr. 53 EStG fand vorliegend keine Anwendung, da es an einer wirksam abgeschlossenen Wertguthabenvereinbarung fehlte. Der den Langzeitkonten zugrundeliegende Vertragszweck konnte nicht mehr erreicht werden, denn bei Zuführung zu den Langzeitkonten hatte bereits festgestanden, dass die Arbeitsverhältnisse beendet werden und eine künftige Freistellung von der Arbeitsleistung im laufenden Dienstverhältnis somit ausschied.

Keine Steuerermäßigung für Handwerkleistungen bei Belastung des Gesellschafterverrechnungskontos des Steuerpflichtigen


Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Rechnungsbetrag auf einem Konto des Leistenden bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben wird. Die Gutschrift des Rechnungsbetrags im Wege der Aufrechnung durch Belastung des Gesellschafterverrechnungskontos des Steuerpflichtigen bei der leistungserbringenden GmbH genügt nicht.

Hintergrund

X ist Dachdeckermeister und an der XY-GmbH beteiligt. Er beauftragte diese im Jahr 2017 mit Reparaturarbeiten an seinem Wohnhaus. Die ihm hierfür gestellte Rechnung beglich er im Wege der Aufrechnung über sein Gesellschafterverrechnungskonto.

Das Finanzamt versagte die aus der Rechnung geltend gemachte Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die formellen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Denn in den Zahlungsvorgang sei kein Kreditinstitut eingebunden gewesen. Damit fehle es einer bankmäßigen Dokumentation des Vorgangs.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung des Finanzgerichts und wies die Revision als unbegründet zurück. Die Ermäßigung erfordert die Zahlung über ein Kreditinstitut.

Die formelle Voraussetzung des § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG, dass die Zahlung (der Rechnung) auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt, verlangt die Gutschrift des Rechnungsbetrags auf einem Konto des Leistenden bei einem Kreditinstitut. Denn ohne die Einbindung eines Kreditinstituts und damit ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs (Beleg eines Kreditinstituts) ist dieses Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt.

Diese Tatbestandsvoraussetzungen gelten auch nach der Neufassung der Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 2008. Nach der Neuregelung sind die Aufwendungen somit nicht mehr im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung durch Vorlage einer Rechnung und eines Belegs eines Kreditinstituts über die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nachzuweisen. Darin liegt jedoch kein Verzicht auf die Einbindung eines Kreditinstituts und damit einer bankmäßigen Dokumentation des Zahlungsvorgangs. Der Gesetzgeber hat lediglich (aus Vereinfachungsgründen) auf die zwingende Belegvorlage im Veranlagungsverfahren verzichtet. Nunmehr reicht es aus, wenn die Nachweise auf Verlangen des Finanzamts vorgelegt werden. Dass es sich bei dem Konto des Leistungserbringers aber nach wie vor um ein Konto bei einem Kreditinstitut handeln muss, ergibt sich daraus, dass die Neuregelung inhaltlich an das bisherige, von der Rechtsprechung aufgenommene Begriffsverständnis anknüpft.

Hiervon ausgehend liegen die Voraussetzungen für die begehrte Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht vor. X hat die Rechnung der GmbH weder unter Einbindung eines Kreditinstituts und bankmäßiger Dokumentation des Zahlungsvorgangs beglichen, noch ist der Rechnungsbetrag einem Konto der GmbH gutgeschrieben worden. Die Gutschrift erfolgte vielmehr im Wege der Aufrechnung durch Belastung des Gesellschafterverrechnungskontos des X. Hierbei handelt es sich um ein eigenes Konto des X bei der kontoführenden GmbH und nicht um ein Konto der GmbH als Leistungserbringer bei einer Bank. Dieser Zahlungsweg genügt den gesetzlichen Voraussetzungen daher nicht.

Beerdigungskosten als Erbfallkosten


Als Nachlassverbindlichkeiten sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.

Für diese Kosten wird insgesamt ein Betrag von EUR 10.300,00 ohne Nachweis abgezogen, wobei diese Pauschale pro Erbfall nur einmal zu gewähren ist. Die Gewährung des Pauschbetrags setzt lediglich voraus, dass auf Erwerberseite dem Grunde nach berücksichtigungsfähige Kosten iSd. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG entstanden sind.

Im Streitfall hatte die Erblasserin eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht für die Versicherungssumme an ein Bestattungshaus abgetreten.

Das Finanzgericht und diverse Autoren in der Literatur sind der Auffassung, dass insoweit für die Erben keine abzugsfähigen Kosten entstehen.

„Beerdigungskosten sind für den Erben nicht als Erbfallkosten iSd. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig, wenn sie bereits zu Lebzeiten des Erblassers (hier: durch die Abtretung von Ansprüchen aus einer Sterbegeldversicherung an ein Bestattungsunternehmen) entrichtet wurden.“

Die Revision wurde zugelassen. Die Frage, ob seitens der Erblasserin bereits entrichtete Bestattungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abziehbare Kosten sind, war offensichtlich noch nicht explizit Gegenstand der finanzgerichtlichen Rechtsprechung.

 

Quelle:

FG Münster, Urteil vom 19.08.2021 – 3 K 1552/20 Erb

Revision eingelegt; Az. des BFH: II R 32/21 (DstRE 2022 S. 924)

Schenkungsteuerliches Verwaltungsvermögen: Überlassung von Grundstücken an Dritte


Werden Grundstücke an Dritte überlassen, kann in Erbfällen und auch bei vorgenommener Erbfolge trotzdem kein Verwaltungsvermögen vorliegen. Das erfordert jedoch, dass im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag auch eine Erbeinsetzung des Dritten erfolgt.

Hintergrund

Der Kläger Z ist Neffe des verstorbenen Ehemanns von Frau X. Z hatte von X eine Schreinerei mit Werkstatt gepachtet. 10 Jahre später übertrug Frau X den Betrieb mit Werkstatt und andere Vermögenswerte an den Z im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge. Der Z wurde jedoch nicht als Erbe eingesetzt. Das Finanzamt stellte für die Werkstatt den Grundbesitzwert (Bedarfswert) und einen Wert des Verwaltungsvermögens fest. Dagegen erhob Z Einspruch und wandte sich darin gegen die Feststellung von Verwaltungsvermögen. Der Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung

Die Klage wurde vom Finanzgericht als unbegründet abgewiesen. Zum Verwaltungsvermögen gehört nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG nach Ansicht des Gerichts ein Dritten zur Nutzung überlassenes Grundstück. Ausnahmsweise ist solch eine Nutzungsüberlassung an Dritte unschädlich, wenn diese im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt. Doch zusätzliches Erfordernis ist, dass der Pächter des Betriebs vom Verpächter im Zusammenhang mit dem Abschluss des Pachtvertrags auch als Erbe eingesetzt wird.

Das Finanzgericht überträgt diese bisher nur für Erbfälle entschiedene Regelung auch auf Fälle mit einer vorweggenommenen Erbfolge und folgt damit der herrschenden Meinung in der Literatur. Dies wird selbst von der Finanzverwaltung so gesehen.

Dennoch sprach sich das Finanzgericht für das Vorliegen von Verwaltungsvermögen aus. Denn im Klagefall war Z im Zusammenhang mit dem Abschluss des Pachtvertrags über die Werkstatt nicht als Erbe eingesetzt worden. Ebenso gehörte Z nicht zu den gesetzlichen Erben von Frau X. Und auch der Umstand, dass Z mit der Zuwendung bereits alles erhalten hat, was ihm Frau X zuwenden wollte, ändert an der fehlenden Erbenstellung nichts.

Sind betriebsnahe Kindergärten gemeinnützig?


Eine Körperschaft, die Kinderbetreuungseinrichtungen betreibt, fördert nicht die Allgemeinheit, wenn sie bei der Belegung der Plätze bestimmte Unternehmen, mit denen sie Betreiberverträge abgeschlossen hat, in der Weise berücksichtigt, dass sich der geförderte Personenkreis nicht mehr als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt.

Hintergrund

Die X-GmbH vereinbarte mit mehreren Unternehmen die Schaffung von Betreuungsplätzen für Mitarbeiterkinder. Dabei sollte die Belegungspräferenz der Vertragsunternehmen berücksichtigt werden. Nicht bei den Unternehmen Beschäftigte konnten nur dann einen Betreuungsplatz bekommen, wenn die Vertragsunternehmen aus ihrer Belegschaft keinen Bedarf hatten. Die Unternehmen zahlten für jeden Betreuungsplatz ein pauschales Entgelt. Im Streitzeitraum wurden die Betreuungsplätze nur in geringem Umfang auch mit Kindern von Nichtmitarbeitern belegt.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die GmbH diene nicht gemeinnützigen Zwecken, da ihre Einrichtungen vorrangig den Beschäftigten ihrer Vertragsunternehmen vorbehalten seien. Dem schloss sich das Finanzgericht an und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Die GmbH fördert nicht die Allgemeinheut und verfolgt auch keine mildtätigen Zwecke.

Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit (auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet) selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist (z. B. Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens) oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Interessen der Begünstigten klar von den Interessen der Allgemeinheit abgegrenzt sind.

Die GmbH hatte sich vertraglich verpflichtet, fast sämtliche ihrer Betreuungsplätze den Vertragsunternehmen anzubieten. Wegen der Belegungspräferenz der Vertragsunternehmen kamen die Betreuungsplätze vorrangig den Beschäftigten dieser Unternehmen und damit nicht der Allgemeinheit zugute. Die nur wenigen anderweitig belegten Plätze (4 von 102 Plätzen) führen nicht dazu, dass sich der von der GmbH geförderte Personenkreis als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellt.

Auf das Kriterium der Ausschließlichkeit kommt es im Streitfall zur Beurteilung der Gemeinnützigkeit nicht an, da es bereits am Grundtatbestand der Gemeinnützigkeit fehlt.

Ergänzend berief sich die GmbH darauf, ihre Tätigkeit erfülle die Förderung der Jugendhilfe sowie der Erziehung und sei schon deshalb als Förderung der Allgemeinheit anzusehen. Dem steht jedoch entgegen, dass dies nur gilt, wenn der grundsätzlich begünstigte Zweck mit einer die Allgemeinheit fördernden Tätigkeit verfolgt wird.

Nach § 59 AO wird die Steuervergünstigung nur gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welcher Zweck verfolgt wird, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Dazu müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung gegeben sind (sog. formelle Satzungsmäßigkeit). Die Satzung muss zweifelsfrei erkennen lassen, dass und welche ausschließlich steuerbegünstigten Zwecke der Steuerpflichtige verfolgt. Dies erfordert insbesondere eine Abgrenzung nach den bestehenden Zwecken, die die Körperschaft verfolgen will.

Diese satzungsmäßigen Anforderungen sind hinsichtlich mildtätiger Zwecke nicht erfüllt. Denn Zweck der GmbH ist nach ihrem Gesellschaftsvertrag "die gemeinnützige Förderung der Jugendhilfe sowie der Bildung und Erziehung" und "die Förderung der Altenhilfe". Zudem verfolgt die GmbH danach "ausschließlich und unmittelbar nur gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts 'steuerbegünstigte Zwecke' der AO". Aufgrund dieser eindeutig auf gemeinnützige Zwecke beschränkten Eigenbeschreibung der Zwecke, die die GmbH zu verfolgen beabsichtigt, ist es nicht möglich, die Satzung dahingehend auszulegen, dass die GmbH auch die Verfolgung mildtätiger Zwecke anstrebt.

Verbindliche Auskunft: Welche Gebühr wird bei Rücknahme des Antrags erhoben?


Bei Rücknahme eines Antrags auf verbindliche Auskunft gibt es keine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass die Gebührenermäßigung sich nach der Bemessung einer Zeitgebühr ausrichtet.

Hintergrund

Die X-KG hat ihren Sitz im Inland. Da mehrere ihrer Gesellschafter die Begründung eines Zweitwohnsitzes im Ausland planten, beantragte die KG beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft insbesondere zur steuerlichen Entstrickung ihrer Beteiligungen.

Aufgrund des Antrags kam es zu umfangreichen rechtlichen Prüfungen durch das Finanzamt, das Landesamt für Steuern und das Landesfinanzministerium. Dabei wurden auch alternative Sachverhaltsgestaltungen diskutiert. Die Finanzverwaltung blieb jedoch dabei, dass der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abzulehnen sei.

Die KG nahm darauf ihren Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft zurück, da die Gesellschafter inzwischen von der Verlagerung ihres Wohnsitzes in das Ausland Abstand genommen hatten.

Das Finanzamt setzte für die Bearbeitung des Auskunftsersuchens eine Gebühr von EUR 98.762,00 fest. Dabei ging das Finanzamt von einem Gegenstandswert von EUR 30.000.000,00 (Höchstbetrag) aus, der grundsätzlich eine Gebühr von EUR 109.736,00 begründet hätte. Wegen der Rücknahme des Antrags sei es jedoch – ausgehend von dem bisherigen Bearbeitungsaufwand von 156 Stunden bei weiter erforderlichen 10 bis 15 Stunden – sachgerecht, die Gebühr um 10 % auf EUR 98.762,00 zu ermäßigen.

Die hiergegen von der KG erhobene Klage, die Gebühr auf EUR 15.600,00 herabzusetzen, hatte Erfolg. Das Finanzgericht meinte, durch die Rücknahme des Antrags sei der Gebührenzweck der Vorteilsabschöpfung entfallen, sodass es nur noch auf den Gebührenzweck der Kostendeckung ankomme. Dies führe zu einer Ermessensreduzierung auf Null in der Weise, dass lediglich die Zeitgebühr i. H. v. EUR 15.600,00 abzurechnen sei (156 Stunden x EUR 100,00 pro Stunde).

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts ist begründet. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der angefochtene Bescheid, in dem das Finanzamt die Gebühr auf EUR 98.762,00 festgesetzt hat, ist frei von Ermessensfehlern.

AEAO zu § 89, Nr. 4.5.2 schreibt (lediglich) vor, den bis zur Rücknahme des Antrags angefallenen Bearbeitungsaufwand "angemessen" zu berücksichtigen und die Gebühr "anteilig" zu ermäßigen. Weitere Vorgaben zur konkreten Berechnung der Ermäßigung enthält die Regelung nicht. Ihr kann somit keine generelle Begrenzung auf die Zeitgebühr entnommen werden. Vielmehr trifft die Regelung auch bei einer proportionalen Reduzierung der Wertgebühr im Verhältnis des bisherigen zu dem noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand zu. Im Übrigen bezieht sich die Ermäßigung nach § 89 Abs. 7 Satz 2 AO auf "die Gebühr". Damit kann als Ausgangspunkt nur die Gebühr gemeint sein, die sich zuvor aus § 89 Abs. 4 bis 6 AO ergeben hat. Ein grundsätzlicher Wechsel von der Wert- zur Zeitgebühr (oder umgekehrt) ist dagegen nicht vorgesehen.

Die vom Gesetzgeber verfolgten Gebührenzwecke führen ebenfalls nicht zu der vom Finanzgericht angenommenen Ermessensreduzierung auf Null. Der Gebührenpflicht liegen die 2 Gebührenzwecke der Kostendeckung für die Bearbeitung des Antrags und der Abschöpfung des vom Antragsteller erlangten Vorteils zugrunde.

Das Finanzamt hat für die Gebührenermäßigung zutreffend auf die Wertgebühr nach § 89 Abs. 4 AO abgestellt. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Zeitgebühr nach § 89 Abs. 6 AO waren nicht erfüllt. Die vom Finanzamt vorgenommene Kürzung nach dem Verhältnis des bisherigen zu dem noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand ist mit den Vorgaben der ermessenslenkenden AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2 und den Gebührenzwecken vereinbar. Dem bisher angefallenen Bearbeitungsaufwand von 156 Stunden stand ein noch zu erwartender Bearbeitungsaufwand von 10 bis 15 Stunden gegenübersteht. Das führt zu der vom Finanzamt angenommenen Reduzierung der Wertgebühr um 10 %.

Beleidigungen reichen nicht immer für fristlose Kündigung


Beleidigungen gegenüber dem Geschäftsführer oder gegenüber Kollegen sind nicht ausnahmslos ein Grund für eine fristlose Kündigung. In Einzelfällen kann eine Kündigung wegen grober Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten sowie Kollegen unwirksam sein, weil eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen wäre.

Hintergrund

Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 29.11.2019. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien hätte ohnehin aufgrund einer nicht angegriffenen vorhergehenden Kündigung 3 Monate später mit Ablauf des 29.2.2020 geendet.

Die gekündigte Arbeitnehmerin war seit dem 2003 bei ihrem Arbeitgeber als Ökonomin beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis schon am 24.11.2016 aus betriebsbedingten Gründen. Diese damalige Kündigung wurde vom Thüringer Landesarbeitsgericht im April 2019 rechtskräftig für unwirksam erklärt.

Als der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis im September 2019 erneut kündigte, hat sich die Arbeitnehmerin hiergegen nicht mehr zur Wehr gesetzt.

Im November 2019 telefonierte die Klägerin mit ihrem privaten Handy während der Arbeitszeit mit einer ehemaligen Arbeitskollegin, welches der Arbeitgeber zum Anlass nahm, eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Der Arbeitgeber behauptet, die Arbeitnehmerin habe ihm zugunsten eines Wettbewerbers wirtschaftlichen Schaden zugefügt und sich wegen Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses strafbar gemacht. Außerdem habe sie den Geschäftsführer und Kollegen beleidigt.

Gegen diese Kündigung klagte die Arbeitnehmerin und war mit ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Dagegen legte der Arbeitgeber Berufung ein.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht gab der Arbeitnehmerin Recht und erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Der Sichtweise des Arbeitgebers, die beleidigenden Äußerungen der Arbeitnehmerin seien dermaßen gravierend gewesen, dass sie Straftaten darstellten, und es ihr hätte klar sein müssen, dass der Arbeitgeber dies nicht so hinnehmen und deshalb das Arbeitsverhältnis beenden werde, vermochte das Gericht nicht zu folgen.

Es könne offenbleiben, ob die als beleidigend titulierten Äußerungen grundsätzlich geeignet sind, im Normalfall eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen. Hier könne aufgrund besonderer Umstände, die im Wesentlichen der Arbeitgeber zu vertreten habe, nicht festgestellt werden, dass der Arbeitnehmerin klar gewesen sein muss, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten nicht hinnehmen würde, und es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Arbeitnehmerin nach einem entsprechenden Hinweis mit Kündigungsandrohung ihr Verhalten nicht umgestellt und die restliche Zeit des Arbeitsverhältnisses störungsfrei bewältigt hätte.

Nachdem die Arbeitnehmerin rechtskräftig im Rechtsstreit über die Kündigung aus dem Jahr 2016 obsiegt hatte, musste sie sich offensichtlich unstreitige Ansprüche wie Urlaubsentgelt vor Gericht erstreiten. Später musste sie von ihrem Büro aus über den Hof gehen und schwere Unterlagen tragen, um die ihr angewiesenen Archivarbeiten zu bewältigen, obwohl es einen weniger anstrengenden Zugang zum Archiv gegeben hätte. Diese Situation habe die Arbeitnehmerin als erniedrigend und schikanös empfunden und sie habe sich von einigen Kollegen schlicht ausgelacht gefühlt. In einer solchen Situation könne nicht ausgeschlossen werden, sondern sei vielmehr naheliegend, dass einem Arbeitnehmer der Blick dafür verstellt sei, welche Bedeutung es hat, wenn er sich in der behaupteten Art gegenüber einer ehemaligen Kollegin über die Arbeit, die Vorgesetzten und Kolleginnen äußert. Aufgrund dieser besonderen Situation stehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass eine Abmahnung ohne Wirkung geblieben wäre.

Zudem seien die als Beleidigungen apostrophierten Äußerungen der Arbeitnehmerin auch nicht derart ungeheuerlich und schwerwiegend, dass allein deshalb dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen wäre. Im Rahmen dieser Zumutbarkeitserwägungen sei auch das Verhalten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Dieser hat die Arbeitnehmerin menschenunwürdig in einem kalten, verdreckten und gesundheitsgefährdenden, weil verschimmelten, Keller beschäftigt. Auch wenn das keine Rechtfertigung für Beleidigungen ist, stellt es eine Zumutung dar. Entsprechend erhöht ist das Maß an Zumutbaren, welches der Arbeitgeber hinzunehmen hat.

Zugunsten der Arbeitnehmerin ist zu berücksichtigen, dass durch eine solche Behandlung verständlicherweise die Unzufriedenheit im Arbeitsverhältnis extrem groß ist und dass dies auch zu einer emotionalen außergewöhnlichen Situation führt. Dass ein Arbeitnehmer in einer solchen Situation u. U. bei Äußerungen über seinen Arbeitgeber übers Ziel hinausschießt und die Grenzen des Anstands überschreitet und auch (ungerechter Weise) schlecht über Arbeitskollegen redet, ist nicht sanktionslos hinnehmbar, führt aber in einer solchen Ausnahmesituation nicht zum Ausspruch einer Kündigung.

Kein Inflationsausgleich für Empfänger von Grundsicherung


Es besteht für Empfänger der Grundsicherung kein Anspruch auf Inflationsausgleich. Für einen solchen Ausgleichsanspruch existiert keine rechtliche Grundlage, auch nicht im Grundgesetz.

Hintergrund

Der Antragsteller ist Bezieher einer geringen Altersrente. Ergänzend erhält er Grundsicherungsleistungen bezogen auf einen Regelbedarf von EUR 449,00 monatlich. Daneben werden ihm Zuschüsse zu den Unterkunfts- und Heizkosten gewährt.

Angesichts der gestiegenen Inflationsrate und der erheblichen Preissteigerungen für Nahrungsmittel empfand er den ihm zuerkannten Betrag als evident unzureichend. Da er sich nicht mehr in der Lage fühlte, seinen monatlichen Mindestbedarf zu decken, forderte er per Eilantrag beim Sozialgericht eine Erhöhung der Regelleistung auf monatlich EUR 620,00.

Entscheidung

Vor dem Landessozialgericht hatte der Antragsteller mit seinem Ansinnen keinen Erfolg. Aus den einschlägigen Sozialgesetze ergibt sich kein Recht für den Betroffenen auf Gewährung eines Inflationsausgleichs. Ohne eine gesetzliche Rechtsgrundlage sei eine Anhebung des Regelsatzes seitens der Gerichte aber nicht möglich. Die Konkretisierung des grundsätzlich bestehenden Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt sei ausschließlich Aufgabe des parlamentarischen Gesetzgebers und nicht Aufgabe der Justiz.

Auch unmittelbar aus dem Grundgesetz lässt sich ein solcher Anspruch auf Inflationsausgleich nicht ableiten. Die Richter räumten zwar ein, dass die derzeit galoppierende Inflation gerade für Empfänger von Sozialleistungen eine erhebliche Belastung bedeute, die das Potenzial habe, dass in der Folge das Existenzminimum für die Betroffenen nicht mehr gesichert sei. Auf Zugang zu finanziellen Mitteln, die das Existenzminimum sichern, habe jeder Bürger nach der Rechtsprechung des BVerfG auch grundsätzlich Anspruch. Die Definition dessen, was an finanzieller Ausstattung für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist, sei jedoch dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Es liege nicht in der Kompetenz der Gerichte, Aufgaben der Legislative zu übernehmen.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist der gegenwärtige Regelsatz für Sozialhilfeleistungen trotz der hohen Inflation auch nicht offensichtlich unzureichend. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die Bundesregierung die Gefahr unzureichender Leistungen bereits erkannt und auch reagiert habe. Entlastungen seien bereits gewährt worden bereits, etwa in Form des zeitlich befristeten 9-EURO-Tickets, des Tankrabatts sowie in Form der Einmalzahlung an Grundsicherungsempfänger i. H. v. EUR 200,00. Mit dem 3. Entlastungspaket werde die Regierung für weitere Entlastungen der Sozialhilfeempfänger sorgen.