Kanzleibrief Juli und August 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Kanzleibrief Juli und August 2021 haben wir interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

Viele Grüße

Ihr Team von Schauer Häffner & Partner

 

 

Inhalte:

Steuerzahlungstermine August und September


Steuerzahlungstermine im August

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.08.

13.08.

Umsatzsteuer

10.08.

13.08.

Grundsteuer

16.08.

19.08.

Gewerbesteuer

16.08.

19.08.

 

Steuerzahlungstermine im September

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.09.

13.09.

Umsatzsteuer

10.09.

13.09.

Einkommensteuer

10.09.

13.09.

Körperschaftsteuer

10.09.

13.09.

 

Sonstige Termine

25.08.

Übermittlung Beitragsnachweise für August 2021

25.08.

Zusammenfassende Meldung Juli 2021

27.08.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld August 2021 zzgl. restliche Beitragsschuld Juli 2021

24.09.

Übermittlung Beitragsnachweise für September 2021

27.09.

Zusammenfassende Meldung August 2021

28.09.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld September 2021 zzgl. restliche Beitragsschuld August 2021

 

Änderungen im Hinblick auf das Transparenzregister


Aktuell sind börsennotierte Gesellschaften sowie Rechtseinheiten (insbesondere juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften), deren wirtschaftlich Berechtigte (einschließlich der gesetzlichen Vertreter als sogenannte fiktive wirtschaftlich Berechtigte) aus öffentlich zugänglichen Registern ersichtlich sind, nicht verpflichtet, eine Meldung zum Transparenzregister zu machen.

Am 1. August 2021 tritt das neue Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz ("TraFinG") in Kraft. Durch das TraFinG wird das Geldwäschegesetz ("GwG") erheblich reformiert und insbesondere die Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG fällt weg.

Damit werden in Zukunft alle Rechtseinheiten in Deutschland Mitteilungen zum Transparenzregister machen müssen, unabhängig davon, ob sich die relevanten Informationen aus dem Handelsregister oder anderen öffentlich zugänglichen Quellen ergeben. Auch börsennotierte Gesellschaften und deren Tochtergesellschaften müssen zukünftig eine Meldung zum Transparenzregister machen.

 

Sinn und Zweck der Änderungen

Mit dem TraFinG sollen die Voraussetzungen für die europäische Vernetzung von Transparenzregistern gemäß der Vierten und Fünften EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinien (EU) 2015/849 und (EU) 2018/843) geschaffen werden und die EU-Finanzinformationsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1153) über die Nutzung von Finanzinformationen zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung oder Verfolgung bestimmter Straftaten umgesetzt werden. Damit zielt das Gesetz in erster Linie darauf ab, Transparenz über Vereinigungen und ihre wirtschaftlich Berechtigten herzustellen sowie den Austausch relevanter Informationen auf nationaler und EU-Ebene zu ermöglichen.

 

Wegfall der Meldefiktion - vom Auffangregister zum Vollregister

Derzeit entspricht das deutsche Transparenzregister als ein "Auffangregister" nicht den Anforderungen der EU-Richtlinien. Auf Grund der Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 GWG müssen Unternehmen in Deutschland bislang keine Informationen über ihre wirtschaftlichen Berechtigten im Transparenzregister hinterlegen, wenn sie börsennotiert sind oder sich diese Informationen bereits aus anderen öffentlichen Registern, z. B. dem Handelsregister, ergeben. Durch den Wegfall der Mitteilungsfiktion wird das Transparenzregister in Zukunft zu einem "Vollregister" das "einen quantitativ umfassenden und qualitativ hochwertigen Datenbestand zu den wirtschaftlich Berechtigten aller transparenzpflichtigen Einheiten" enthält (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 31. März 2021, BT Drucksache 19/28164, S. 2).

Für die nach dem TranFinG erforderlichen Meldungen zum Transparenzregister gelten folgende Übergangsfristen (§ 59 Abs. 8 GwG n.F.):

  • 31. März 2022 (AG, SE, KGaA)
  • 30. Juni 2022 (GmbH, Genossenschaft, Europäische Genossenschaft, Personengesellschaften)
  • 31. Dezember 2022 (alle anderen).

Während dieser Übergangsfristen sind Bußgeldvorschriften und Pflichten zur Abgabe von Unstimmigkeitsmeldungen ausgesetzt. Zu beachten ist jedoch, dass die Übergangsfristen nur für solche Gesellschaften gelten, die nach bisheriger Rechtslage wegen der Ausnahmen und Meldefiktionen nicht zur Meldung verpflichtet waren. Neu gegründete Gesellschaften oder aus anderen Gründen nicht erfolgte Meldungen müssen unverzüglich erfolgen.

 

Automatisierter Zugang zum Transparenzregister

Mit dem TraFinG wird auch ein automatischer Zugang zum Transparenzregister für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungs- und Zahlungsinstitute sowie Versicherungsunternehmen und Notare ("privilegierte Verpflichtete" gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1-3 und 7 GwG und § 23 Abs. 3 GwG n.F.) eingerichtet. Damit soll den privilegierten Berechtigten ermöglicht werden, die Daten zu wirtschaftlich Berechtigten bereits im Kennenlernprozess der Kunden vollständig digital und in direktem zeitlichem Zusammenhang zu erfassen. Interessanterweise zählen Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht zu den privilegierten Berechtigten, was von den entsprechenden Berufsverbänden heftig kritisiert wurde.

 

Auswirkungen auf die Praxis

Durch den Wegfall der Mitteilungsfiktion werden in Zukunft erheblich mehr Rechtseinheiten ihre wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister melden müssen. Auch Rechtseinheiten, die bislang von der Meldepflicht ausgenommen sind, müssen nun, innerhalb der genannten Übergangsfristen, eine Meldung zum Transparenzregister machen. Erneut ist darauf hinzuweisen, dass die Übergangfristen nur dann gelten, wenn auf Grund der bisher geltenden Meldefiktion kein wirtschaftlich Berechtigter angemeldet wurde. Wurde dies aus anderen Gründen bislang unterlassen, ist die Meldung unverzüglich vorzunehmen.

Da das GwG auch die Pflicht enthält, Änderungen der Beteiligung des wirtschaftlich Berechtigten sowie Änderungen in der Person des wirtschaftlich Berechtigten dem Register unverzüglich mitzuteilen, sollte die Gesetzesänderung zum Anlass genommen werden, zu überprüfen, ob bei der Gesellschaft sämtliche Informationen zu dem oder den wirtschaftlich Berechtigten vorhanden sind und ob die Meldung zum Transparenzregister ordnungsgemäß erfolgt ist und auf dem neuesten Stand ist.

Sonderabschreibung für Mietwohnungsbau – volle Sonderabschreibung nur möglich bei Bauantrag bis 31.12.2021


Im Jahr 2019 wurde ein Gesetz zur Förderung neuen Wohnraums verabschiedet. Seither kann unter bestimmten Voraussetzungen für neuen Wohnraum zusätzlich zur regulären Abschreibung eine Sonderabschreibung in Höhe von 5 % jährlich steuermindert in Ansatz gebracht werden.

Voraussetzung hierfür ist, dass der neue Wohnraum:

  • der Vermietung dient
  • der Bauantrag zwischen dem 1.9.2019 dem 31.12.2021 gestellt wurde/wird  und
  • die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten max. 3.000 € pro Quadratmeter nicht übersteigen.

Insofern ist eine Sonderabschreibung für Objekte mit Bauantragstellung nach dem 31.12.2021 ausgeschlossen.

Darüber hinaus sollte die Anschaffung oder Herstellung des Objekts spätestens zum 31.12.2023 erfolgt sein. Der Förderzeitraum durch diese Sonderabschreibung beträgt vier Jahre. Er beginnt im Jahr der Anschaffung oder Fertigstellung und endet im Veranlagungszeitraum 2026. Bei Anschaffung oder Fertigstellung nach dem 31.12.2023 besteht unter den genannten Voraussetzungen zwar Anspruch auf die Sonderabschreibung, jedoch kann diese Sonderabschreibung nicht mehr für die vier möglichen Jahre in Anspruch genommen werden, da diese Sonderabschreibung letztmalig für das Jahr 2026 gewährt wird.

Mindestlohn: Erhöhung ab dem 01.07.2021


Am 01.07.2021 ist die nächste Stufe des Mindestlohns in Kraft getreten. Damit er höht sich der gesetzliche Mindestlohn von bisher € 9,50 auf nunmehr € 9,60 je Stunde. Die Stufenweise Anpassung des Mindestlohns wurde am 30.06.2020 durch die Mindestlohnkommission beschlossen. Die nächste Stufe tritt zum 01.01.2022 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt steigt der gesetzliche Mindestlohn auf € 9,82 je Stunde.

Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG): Ein Überblick


Der Gesetzgeber will die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen in der Rechtsform einer KG oder OHG verbessern. Dies soll durch die Einführung einer Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer erreicht werden. Doch es gibt auch noch weitere Änderungen im Bereich der Besteuerung von Gesellschaften.

 

Kern der geplanten Änderungen

Nach dem Gesetz sollen alle Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften erstmals für den VZ 2022 beantragen können, künftig wie eine Körperschaft besteuert zu werden. Unverändert wird die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter für die geschuldete Körperschaft- und Gewerbesteuer bleiben. Zusätzlich ist auch ein Rückweg vorgesehen – die Rückoption zur Besteuerung als Personengesellschaft.

 

Option zur Körperschaftsteuer

Für die Option zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften ist ein Antrag erforderlich. Wird diese Möglichkeit gewählt, findet ein sog. Wechsel des Besteuerungsregimes statt. Für alle Ertragsteuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) und auch verfahrensrechtlich erfolgt eine vollständige Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft. Auswirkungen gibt es auch bei der Grunderwerbsteuer.

Keine Auswirkungen ergeben sich für die Erbschaftsteuer.

Der Optionsantrag ist unwiderruflich. Die Option muss noch vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab welchem eine Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz erfolgen soll. Der Antrag ist beim für die Besteuerung der Personengesellschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.

Der Antrag wirkt sich zugleich auf die Besteuerung der Gesellschafter aus. Damit ist ein mehrheitlicher Gesellschafterbeschluss erforderlich, der allerdings mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen bedarf.

Erstmals kann ein Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung für den VZ 2022 gestellt werden. Der Antrag ist nicht zustimmungsbedürftig, sodass die Finanzverwaltung keine Möglichkeit hat, eine Option abzulehnen.

Der Antrag muss nach einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden. Auch muss der Antrag spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres beim für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte zuständigen Finanzamt eingegangen sein. In formeller Hinsicht kann der Antrag nun wirksam bereits im Jahr 2021 gestellt werden.

Ein Antrag auf Option zur Körperschaftsbesteuerung kann von allen Gesellschaften gestellt werden, die auch für einen tatsächlichen Formwechsel in Frage kommen würden. Das gilt damit für die OHG, die KG einschließlich einer GmbH & Co. KG sowie für die PartG. Vom Optionsrecht ausgeschlossen werden damit Einzelunternehmen, GbR aber auch Investmentfonds im Sinne des
InvStG.

In sachlicher Hinsicht umfasst die Option die Besteuerung nach dem Einkommen. Für eine optierende Gesellschaft werden folglich alle Regelungen im KStG, EStG, UmwStG, InvStG, AStG sowie im Zerlegungsgesetz Anwendung finden, soweit diese für Körperschaften gelten.

Soweit Normen nur für ausdrücklich bezeichnete Kapitalgesellschaften gelten, finden diese für eine optierende Gesellschaft keine Anwendung. Auch Tatbestandsmerkmale, die nur von einer echten Kapitalgesellschaft erfüllt werden können, gelten für eine optierende Gesellschaft nicht.

In rechtlicher Hinsicht gilt der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung als Formwechsel. Deshalb sind für den optionsbedingten Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft die Regelungen in §§ 20 ff. UmwStG analog anzuwenden. Es liegt damit grundsätzlich ein Veräußerungsvorgang vor; die übernehmende Gesellschaft gewährt für das eingebrachte Betriebsvermögen neue Gesellschaftsanteile als Gegenleistung.

Auf Ebene der Gesellschafter ist zu beachten, dass die bisherigen Mitunternehmer durch die Option steuerlich zu Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft werden. Dies mit allen weiteren steuerlichen Folgen.

Mit der Option wird auch eine Möglichkeit zur Rückoption geschaffen. Auch eine Rückoption ist nur vor Beginn eines Wirtschaftsjahres möglich; eine Rückwirkung ist ausgeschlossen. Der Antrag ist bei dem für die Besteuerung als Körperschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.

Für eine Rückoption ist keine zeitliche Mindestverweildauer als optierte Gesellschaft vorgesehen, sodass bereits nach einem Jahr ein Wechsel zurück möglich ist.

Die Rechtsfolgen sind, dass die Gesellschaft ab dem folgenden Wirtschaftsjahr steuerlich wieder als Personengesellschaft besteuert wird; dies gilt entsprechend auch für ihre Gesellschafter. Bisher thesaurierte Gewinne gelten mit der Rückoption als ausgeschüttet und sind von den Gesellschaftern zu versteuern.

Die Rückoption gilt – wie zuvor die Option – als Formwechsel, verbunden mit allen Gestaltungs- und Wertansatzmöglichkeiten.

Eine Rückoption wird automatisch (ohne Antrag) ausgelöst, sobald die Voraussetzungen entfallen. Das ist z. B. der Fall, wenn aus einer OHG oder KG eine GbR wird.

 

Währungskursschwankungen

Mit im Gesetz enthalten ist ein auch steuerlich anerkannter Betriebsausgabenabzug für Verluste aus Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen bzw. bei Inanspruchnahmen von Sicherheiten für Darlehensforderungen. Die bisher vorzunehmende Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung wird erstmals für nach dem 31.12.2021 eintretende Währungskurs bedingte Gewinnminderungen nicht mehr gelten.

 

Mehr- und Minderabführungen

Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft werden die steuerlichen Ausgleichsposten für Mehr- und Minderabführungen durch ein einfacheres System ersetzt - die sog. Einlagelösung.

Solche aktiven oder passiven Ausgleichsposten sind immer dann erforderlich, wenn der an den Organträger auf der Grundlage des Ergebnisabführungsvertrags abgeführte handelsbilanzielle Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und die Ursache der Abweichung in der organschaftlichen Zeit begründet ist.

Künftig führen organschaftliche Minderabführungen zu einer Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft. Sind Mehrabführungen der Organgesellschaft an den Organträger gegeben, stellen diese eine Einlagenrückgewähr dar – die sog. Einlagelösung.

Auf Ebene des Organträgers erhöht bzw. mindert sich in der Steuerbilanz der Beteiligungsansatz für die Organgesellschaft. Dies erfolgt jedoch – anders als bei den organschaftlichen Ausgleichsposten – nicht im Verhältnis der Beteiligungsquote, sondern jeweils in voller Höhe. Zeitlich werden die organschaftlichen Minder- bzw. Mehrabführungen zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft berücksichtigt.

Auf Ebene der Organgesellschaft sind damit korrespondierende Änderungen im Zusammenhang mit dem steuerlichen Einlagekonto verbunden. Für organschaftliche Mehrabführungen wird ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto eingeführt, sodass organschaftliche Mehrabführungen zu keinen Beteiligungserträgen führen. Ferner ist vorgesehen, dass organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen mindern.

Die Änderungen sollen erstmals auf Mehr- bzw. Minderabführungen nach dem 31.12.2021 anzuwenden sein.

 

Bisherige Ausgleichsposten

Um keine zwei Systeme parallel zu führen, ist vorgesehen, dass bisher beim Organträger noch bestehende Ausgleichsposten aus früheren Jahren in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen sind, das nach dem 31.12.2021 endet. Folglich erhöhen aktive Ausgleichsposten den steuerbilanziellen Beteiligungsbuchwert für die Organgesellschaft, passive Ausgleichsposten mindern diesen Wertansatz in der Steuerbilanz.

Im Fall, dass ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus aktivem Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung übersteigt, ergibt sich in Höhe des übersteigenden Betrags ein Beteiligungsertrag. Dieser Beteiligungsertrag ist zu versteuern – je nach Rechtsform des Organträgers entweder nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG. Anstelle der Versteuerung soll es ein Wahlrecht geben, wonach der Beteiligungsertrag in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage eingestellt und über 10 Jahre verteilt werden kann. Für den jährlichen Auflösungsbetrag erfolgt dann ebenfalls eine Versteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG.

Das Wahlrecht zur Bildung einer Gewinnrücklage im Zusammenhang mit der Ersetzung der Ausgleichspostenmethode wird durch die organschaftliche Einlagelösung erweitert: Ein Wahlrecht besteht nicht nur dem Grunde, sondern nun auch der Höhe nach.

Kommt es im 10-jährigen Zeitraum zu einer Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft, wird die verbleibende Rücklage in vollem Umfang gewinnerhöhend aufgelöst. Einer Veräußerung der Organgesellschaft gleichgestellt wird u. a. die Umwandlung der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person, die verdeckte Einlage der Beteiligung oder die Auflösung der Organgesellschaft.

Abgrenzung zwischen Geldleistungen und Sachbezügen


Durch eine Gesetzesänderung sind ab 01.01.2020 Neuregelungen hinsichtlich der Abgrenzung des Sachlohnbegriffs zu beachten (vgl. 5/2020).

Die angekündigten Einzelheiten des neuen Rechts wurden jetzt in einem sehr ausführlichen BMF - Schreiben niedergelegt. Dabei ist hilfreich, dass zur Klärung einzelne Regelungen mit detaillierten Beispielen unterlegt sind, auf die in diesem Rahmen nur verwiesen werden kann.

Durch die neue Definition in § 8 Abs. 1 S. 2 EStG ist gesetzlich festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind.

In § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG werden bestimmte zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) als Sachbezug gesetzlich definiert.

Voraussetzung ist, dass die Gutscheine ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und außerdem ab 01.01.2022 die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

Um eine Geldleistung handelt es sich, wenn ein Arbeitnehmer zunächst in Vorleistung tritt und der Arbeitgeber ihm die Kosten im Nachhinein erstattet.

Die Sachbezugsfreigrenze von derzeit 44 € im Kalendermonat wird ab 1.1.2022 auf 50 € erhöht.

 

Quelle:

BMF - Schreiben vom 13.4.2021 – IV C 5 – S 2334/19/10007 :002 (DStR 2021 S. 866)

Verlängerung der Zahlungsfrist für steuerbefreite Corona-Sonderzahlung


Mit dem Corona-Steuerhilfegesetz ist mit § 3 Nr. 11a EStG eine ursprünglich vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 zeitlich befristete Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber aufgrund der Pandemie gezahlte Beihilfen und Unterstützungen bis zur Höhe von 1.500 € eingeführt worden (vgl. 6/2020).

Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde diese Frist bereits bis zum 30.6.2021 verlängert (vgl. 3/2021).

Die Zahlungsfrist für nach § 3 Nr. 11a EStG steuerfreie Corona-Beihilfen ist bis zum 31.03.2022 nochmals verlängert worden.

Voraussetzung für die Steuerbefreiung bleibt unverändert, dass die Zahlung des Arbeitgebers zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt.

Unverändert bleibt auch der maximale Steuerfreibetrag von 1.500 €.

Die Fristverlängerung bedeutet nicht, dass dieser Steuerfreibetrag mehrfach gewährt werden kann.

Quelle:

Artikel 1 Nr. 2 - Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer – AbzStEntModG vom 2. Juni 2021 (BGBl. 2021 Teil I vom 8. Juni 2021 S. 1259)

Zuzahlungen für den Dienstwagen: Wie wirken sich Einmalzahlungen aus?


Hintergrund

Der Rentner R war bei einer GmbH geringfügig beschäftigt. Geschäftsführer war sein Sohn. Der monatliche Arbeitslohn bestand aus einem Gehalt von 75 EUR und dem Vorteil von 574 EUR aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens, der nach der 1 %-Regelung ermittelt wurde.

Von dem Betrag von 574 EUR zog die GmbH monatlich 200 EUR ab, da R für die Anschaffung des Pkw im Jahr 2010 einmalig 20.000 EUR für den Nutzungszeitraum von 8 Jahren, also 96 Monate zu 200 EUR, gezahlt hatte. Dementsprechend ging die GmbH von einem Brutto-Monatsverdienst von 449 EUR (= 75 EUR + 374 EUR) aus, sodass die Pauschalierungsgrenze von 450 EUR nicht überschritten war.

Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Zuzahlung nicht anteilig auf den Nutzungszeitraum verteilt werden kann. Die Zuzahlung sei im Zahlungsjahr auf den privaten Nutzungswert bis auf 0 EUR anzurechnen (574 EUR x 12 = 6.876 EUR). Der verbleibende Betrag ist danach entsprechend in den Folgejahren anzurechnen. Damit war die Minderung des privaten Nutzungsanteils bereits in den Jahren 2010 bis 2012 ausgeschöpft. Ab 2013 war deshalb der geldwerte Vorteil mit jährlich 6.876 EUR anzusetzen. Für das Jahr 2015 ergab sich daraus ein Arbeitslohn von 75 EUR x 12 = 900 EUR + 6.876 EUR = 7.776 EUR. Mit dem Monatsbetrag von 648 EUR war die Pauschalierungsgrenze überschritten. Das Finanzamt veranlagte den R für das Jahr 2015 entsprechend.

Die Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich. Dieses erkannte die vereinbarte Verteilung der Zuzahlung auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Kfz an.

 

Entscheidung

Auch vor dem Bundesfinanzhof scheiterte das Finanzamt. Dieser entschied nämlich wie das Finanzgericht, dass die Pauschalierungsgrenze nicht überschritten war. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn bleibt damit bei der Veranlagung des R außer Ansatz.

Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Nutzungsentgelt, mindert dies den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung. Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer einzelne Kosten des Pkw trägt oder einen Teil der Anschaffungskosten übernimmt.

Einmalzahlungen, die der Arbeitnehmer für die Privatnutzung vereinbarungsgemäß zeitraumbezogen leistet, sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Das gilt auch bei entsprechenden Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz.

Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Zahlungsweise und die sachliche (für Kraftstoff, Versicherung, Wartung usw.) oder die zeitliche Aufteilung sind anzuerkennen, wenn sie ernstlich gewollt sind und den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht widersprechen.

Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die zwischen R und der GmbH vertraglich vereinbarte Verteilung der Zuzahlung zu den Anschaffungskosten der Besteuerung zugrunde zu legen. Die gleichmäßige Aufteilung der Einmalzahlung auf den vereinbarten Zeitraum von 96 Monaten stellt eine nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten mögliche Gestaltung dar. Durch sie wird die Zuzahlung gleichmäßig auf die von den Vertragsparteien zugrunde gelegte voraussichtliche Dauer der Kfz-Überlassung verteilt. Die zeitliche Aufteilung erscheint weder willkürlich noch widerspricht sie den wirtschaftlichen Verhältnissen.

Die zwischen R und der GmbH getroffene Gestaltung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung auf 96 Monate führt dazu, dass der Arbeitslohn des R pauschal besteuert werden kann. Die Pauschalierungsgrenze ist eingehalten. Die von R und der GmbH gewählte Möglichkeit wird vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt. Die Ausübung eines gesetzlich zugelassenen Wahlrechts stellt keine unangemessene Gestaltung dar.

Materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter: Unterschiede nicht gleichheitswidrig


Bei der Herstellung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter kommt es zu einer unterschiedlichen gewerbesteuerrechtlichen Behandlung der Miet-/Pachtzinsen. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.

 

Hintergrund

Die X-GmbH stellt Kino- und TV-Filme her. Die Filme werden in rund 30 Tagen als Einzelprojekte gedreht. Die benötigten Räumlichkeiten und Gegenstände (Technik, Requisiten usw.) mietet X an und gibt sie nach der Produktion an den Vermieter zurück.

Das Finanzamt ging davon aus, dass der Gewerbeertrag um die Mietzahlungen zu erhöhen war. X wandte ein, dass es sich wegen der kurzfristigen Anmietung nicht um fiktives Anlagevermögen, sondern um Umlaufvermögen handelte.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Unterschiede bei der Herstellung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter nicht gleichheitswidrig sind. Gegen die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch bei der Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Damit scheiterte auch die Revision des X.

Die Gewerbesteuer ist eine in erster Linie auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer. Sie ist als solche verfassungsgemäß. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insbesondere nicht gegen die Hinzurechnung von Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter oder Immobilien.

Miet- und Pachtaufwendungen können die Herstellungskosten eines materiellen Wirtschaftsguts erhöhen und sind dann zu aktivieren mit der Folge, dass die Aufwendungen den Gewinn nicht gemindert haben und die Hinzurechnung unterbleibt. Anders ist es bei selbst hergestellten immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Da für diese wegen des Aktivierungsverbots kein Aktivposten angesetzt werden kann, mindern die dafür angefallenen Miet- und Pachtaufwendungen den Gewinn, sodass sie entsprechend hinzugerechnet werden.

Die Aktivierung führt bei der Herstellung eines materiellen Wirtschaftsguts zu einem höheren Gewerbeertrag und insoweit zu einer Benachteiligung gegenüber der Herstellung eines immateriellen Wirtschaftsguts. Die Herstellung materieller Wirtschaftsgüter ist indes vorteilhafter, wenn das Wirtschaftsgut vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn dann unterbleibt sowohl die Neutralisierung der in die Herstellungskosten einzubeziehenden Miet- und Pachtaufwendungen aufgrund der Aktivierung als auch die Hinzurechnung. Bei der Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter mindert sich der Gewinn entsprechend um die Miet- und Pachtaufwendungen, diese werden dann jedoch hinzugerechnet. Diese Benachteiligung der X kommt somit nur in Betracht, soweit die von ihr hergestellten Filme zu ihrem Anlagevermögen gehören und vor dem Bilanzstichtag aus ihrem Betriebsvermögen ausscheiden.

Der Bundesfinanzhof verneint für diesen Fall eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Denn es genügt, wenn sich die Hinzurechnungsvorschriften folgerichtig in das Konzept einer ertragsorientierten Objektsteuer einfügen lassen. Für den vorliegenden Fall handelt es sich um eine nicht gleichheitswidrig belastende konsequente Folge des grundsätzlich vorteilhaften Aktivierungsverbots.

In welchem Jahr ist die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember zu berücksichtigen?


Umsatzsteuervorauszahlungen, die rund um den Jahreswechsel innerhalb eines 10-Tage-Zeitraums geleistet werden, gehören in das Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit. Dass es in der Praxis so einfach dann doch nicht ist, zeigt ein Fall, der vom Sächsischen Finanzgericht entschieden wurde.

 

Hintergrund

Der Kläger, ein selbstständiger Steuerberater, erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2015 die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2015 als Betriebsausgabe im Rahmen seiner Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung. Die Voranmeldung hatte er am 04.01.2016 beim Finanzamt eingereicht und zeitgleich die Erlaubnis zum Lastschrifteinzug erteilt. Das Finanzamt zog die Vorauszahlung am 11.01.2016 (Montag) ein. Das Konto des Klägers war hinreichend gedeckt. Nach Auffassung des Finanzamts war der Betriebsausgabenabzug erst für das Jahr 2016 möglich, da sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung auf den nächstfolgenden Werktag (Montag, 11.01.2016) verschoben hatte und damit außerhalb des 10 Tage-Zeitraums lag.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember war im Jahr 2015 zu berücksichtigen, weil sowohl der Zahlungszeitpunkt als auch der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb "kurzer Zeit" nach Beendigung des Kalenderjahres 2015 lagen. Bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung gilt eine wirksam geleistete Zahlung als am Fälligkeitstag entrichtet.

Bei hinreichender Deckung des Kontos gilt die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung zum Fälligkeitstag auch dann als bewirkt, wenn das Finanzamt die Forderung tatsächlich erst später einzieht. Deshalb ist im vorliegenden Fall die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2015 abgeflossen.

§ 108 Abs. 3 AO, der die Fälligkeit von Fristen unter bestimmten Voraussetzungen auf den Ablauf des nächstfolgenden Werktags schiebt, ist hier nicht anwendbar. Bei der Ermittlung der Fälligkeit ist allein auf die gesetzliche Frist abzustellen, nicht hingegen auf eine mögliche Verlängerung der Frist.

 

Reaktionen der Finanzverwaltung

Das Urteil ist rechtskräftig. Mittlerweile haben einzelne Länder-Finanzverwaltungen bestätigt, dass bei erteilter Lastschrift-Einzugsermächtigung der Abfluss im Zeitpunkt der Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung anzunehmen ist, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist

Quelle:

(FinMin Schleswig-Holstein, Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2019/22 v. 20.11.2019; BayLfSt, Verfügung v. 30.1.2020, S 2226.2.1 – 5/14 St 32).

Korrektur eines Investitionsabzugsbetrages: Was und wie viel darf korrigiert werden?


Ein gewinnmindernd berücksichtigter Investitionsabzugsbetrag kann lediglich punktuell rückgängig gemacht werden. Die spezielle Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht keine darüberhinausgehenden Änderungen.

 

Hintergrund

X war selbstständig tätig. In seiner Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 2009 hatte er einen Investitionsabzugsbetrag von 15.800 EUR für geplante Investitionen berücksichtigt.

Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß.

Da die Anschaffung der Wirtschaftsgüter unterblieben war, beabsichtigte das Finanzamt, den Abzugsbetrag von 15.800 EUR für 2009 hinzuzurechnen, d.h. den seinerzeit berücksichtigten Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen. Anstatt dementsprechend den Gewinn um 15.800 EUR zu erhöhen, verminderte das Finanzamt jedoch im Jahr 2014 versehentlich den Gewinn 2009 um 14.200 EUR und setzte die Einkommensteuer entsprechend niedriger fest.

Im Jahr 2017 bemerkte das Finanzamt den Fehler. Es erließ im Jahr 2017 einen weiteren Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2009, in dem es die Einkünfte um 30.000 EUR (14.200 EUR + 15.800 EUR) erhöhte.

Das Finanzgericht entschied, dass § 7g Abs. 3 EStG nur eine auf die Korrektur des seinerzeit gewinnmindernd berücksichtigten Investitionsabzugsbetrags beschränkte Änderung (Erhöhung) der Einkünfte des X von 15.800 EUR gestattete. Die weiter gehende Gewinnerhöhung um 14.200 EUR war dagegen nicht von der Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG gedeckt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil des Finanzgerichts und entschied, dass die Erhöhung der Einkünfte des X – über die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags von 15.800 EUR hinaus – um weitere 14.200 EUR nicht durch § 7g Abs. 3 EStG gedeckt war. Eine Korrektur nach einer anderen Änderungsvorschrift war nicht mehr zulässig, da Festsetzungsverjährung eingetreten war.

§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG enthält für die Fälle der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags eine spezielle Korrekturvorschrift für das Abzugsjahr. Die Norm erlaubt die Änderung bestandskräftiger Bescheide nur insoweit, als dies der Rückgängigmachung eines vorgenommenen Abzugs dient. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht demnach lediglich eine punktuelle Rückgängigmachung des gewinnmindernd berücksichtigten Abzugsbetrags. Die Korrektur ist folglich auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten Abzugsbetrags begrenzt (hier 15.800 EUR). Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen (hier 14.200 EUR) können nur vorgenommen werden, wenn diese durch andere Änderungsnormen gedeckt sind.

Einer weiter gehenden Änderung des Einkommensteuer-Bescheids aus 2014 steht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids im Jahr 2017 war die reguläre Festsetzungsfrist, die am 31.12.2014 endete, bereits abgelaufen. Eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist, die dem Finanzamt eine weiter gehende Korrektur der Steuerfestsetzung mittels des Änderungsbescheids aus 2017 ermöglichen würde, war nicht ersichtlich. Zwar wurde der Ablauf der Festsetzungsfrist gem. § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG gehemmt. Jedoch tritt die Ablaufhemmung nach dieser Vorschrift nur "insoweit" ein, als die Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags betroffen ist. Die Ablaufhemmung wirkt somit nur partiell. Folglich löst sie keine Ablaufhemmung hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs aus und ermöglicht keine weiter gehende Korrektur aufgrund anderer Änderungsvorschriften.

Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Arbeitslohn


Wird aus dem Verkauf einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft ein Erlös erzielt, handelt es sich hierbei nicht um eine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbstständige Tätigkeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.

 

Hintergrund

X war in den Jahren 2014 und 2015 als Manager bei der zu der D-Group gehörenden B-GmbH angestellt. Die B-GmbH gehörte zu der B-Unternehmensgruppe. Im Juni 2010 wurden Aktien der C-Holding, die an der B-Unternehmensgruppe beteiligt war, den Mitarbeitern des Managements der B-Gruppe zum Kauf angeboten. X erwarb 160 Anteile zum Kaufpreis von insgesamt 10 USD.

Im Oktober 2010 veräußerte die D-Group ihre Anteile an der C-Holding an die F-Holding. Die Anteile des X wurden am 01.11.2011 übertragen. Zwischen den Anteilseignern und der F-Holding wurde der Kaufpreis je Anteil mit 1.752 USD vereinbart. X wurde in beiden Jahren jeweils rund 90.000 USD ausbezahlt.

X erklärte die Gewinne aus der Veräußerung der Aktien als der Abgeltungsteuer unterliegende Kapitaleinkünfte. Das Finanzamt nahm dagegen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit an.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da seiner Ansicht nach der Veräußerungsgewinn seine Ursache in der Kapitalbeteiligung hatte, die als Sonderrechtsverhältnis unabhängig von dem Anstellungsverhältnis entstanden war und dieses überlagerte.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Die X zugeflossenen Veräußerungserlöse sind den Einkünften aus Kapitalvermögen und nicht den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzuordnen.

Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Vorteile, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, sodass damit in Zusammenhang stehende Einnahmen und Aufwendungen in keinem steuerlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt dann sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage. Dafür spricht insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbstständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen.

Im vorliegenden Fall sprechen für diese Zuordnung die Gesichtspunkte: Das Beteiligungsangebot nur an die leitenden Angestellten schließt einen nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Vorteil nicht aus. X hat seine Beteiligung an der C zu marktüblichen Konditionen erworben und veräußert. Die Möglichkeit einer erhöhten Gewinnchance spricht nicht gegen Einkünfte aus Kapitalvermögen, da eine solche Chance grundsätzlich bei jeder Kapitalbeteiligung besteht. X stand der Veräußerungsgewinn unabhängig davon zu, ob er weiterhin als Angestellter für die B-GmbH tätig wurde. Der Anstellungsvertrag des X sah keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung oder einen anteiligen Veräußerungserlös vor. Der Erwerb der Beteiligung erfolgte losgelöst vom Anstellungsverhältnis. Unerheblich ist auch das geringe Verlustrisiko des X, da dieses mit den marktüblichen Anschaffungskosten korrelierte.

Zur Feststellung einer Mitunternehmerschaft anhand der Gesamtumstände


Bleibt das Mitunternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurück, kann trotzdem eine atypisch stille Gesellschaft vorliegen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Möglichkeit des stillen Gesellschafters zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist.

 

Hintergrund

X beteiligte sich als stiller Gesellschafter an der A-GmbH. Deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war A, der Vater des X. X war zu 20 % am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft oblag allein A. X war neben dem familienfremden Dritten B leitender Angestellter der GmbH. Das Finanzamt erfasste die Einnahmen des X aus der stillen Beteiligung nicht mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 %, sondern mit dem tariflichen Steuersatz.

Die Klage des X vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts bestand kein Näheverhältnis zwischen X und A i. S. v. § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Die Aufhebung erfolgte aus verfahrensrechtlichen Gründen. Denn das Finanzgericht hätte das Klageverfahren gegen die Einkommensteuer-Bescheide aussetzen müssen, um den Abschluss der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte abzuwarten. X war nämlich möglicherweise als atypisch stiller Gesellschafter im Rahmen einer Mitunternehmerschaft beteiligt mit der Folge, dass das Finanzamt seine Einnahmen im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung hätte erfassen müssen.

Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss bereits dann durchgeführt werden, wenn es zweifelhaft oder nur möglich ist, dass Einkünfte vorliegen, an denen mehrere Personen beteiligt sind. Das ergibt der Zweck des Feststellungsverfahrens, eine gleiche Sachbehandlung gegenüber allen potenziell betroffenen Personen sicherzustellen. Unterbleibt in diesem Fall ein Feststellungsverfahren, liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor, der auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten ist. Ein Feststellungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn das dafür zuständige Finanzamt zugleich für die Festsetzung der Einkommensteuer aller möglicherweise an den Einkünften beteiligter Personen zuständig ist. Es kann nur unterbleiben, wenn offensichtlich ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt.

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch Einnahmen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter, es sei denn, dass der Gesellschafter als Mitunternehmer, d.h. atypisch still Beteiligter, anzusehen ist. Mitunternehmer ist derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Merkmale müssen vorliegen, können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt.

Nach dem Gesellschaftsvertrag war X zu 20 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, ohne dass betragsmäßige Obergrenzen vereinbart waren. Er war jedoch weder an den stillen Reserven noch am Geschäftswert beteiligt. Sein mitunternehmerisches Risiko war damit nur gering ausgeprägt. Denn es blieb hinter der Rechtsstellung eines Kommanditisten zurück.

Zwar lag nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft allein bei A, während X lediglich gewisse Kontrollrechte zustanden. Jedoch war X auch leitender Angestellter und Prokurist der GmbH. Er könnte damit auch gewichtige Geschäftsführungsaufgaben mit entsprechender Unternehmerinitiative wahrgenommen haben.

Im Rahmen des Feststellungsverfahrens ist die Frage des Bestehens einer Mitunternehmerschaft und der Mitunternehmerstellung des X zu klären. Dabei ist ggf. auch zu prüfen, ob der weitere stille Beteiligte B ebenfalls als Mitunternehmer anzusehen ist.

Ehepartner als Bauherren: Wann nur ein Partner Schuldner der Umsatzsteuer ist


Sind beide Ehepartner in einer Baugenehmigung als Bauherren genannt, hat jedoch nur ein Partner den Bauvertrag unterschrieben, ist auch nur er Leistungsempfänger der Werklieferung. Deshalb ist bei einer Leistung eines in der EU ansässigen Bauunternehmens auch nur er Steuerschuldner.

 

Hintergrund

A war Alleineigentümer an einem Grundstück in Deutschland. Eine in Österreich ansässige Firma B sollte darauf ein Einfamilienhaus errichten. In der Baugenehmigung wurden A und seine Ehefrau als Bauherren genannt. Das Angebot holten die Ehegatten gemeinsam ein. Den Bauvertrag unterzeichnete jedoch nur A als "Auftraggeber". Die Rechnung richtete B an die Ehegatten. Die zuletzt korrigierte Rechnung war sowohl an die Ehegatten als auch an A adressiert mit dem Hinweis: "Übergang der Steuerschuld lt. § 13b UStG auf den Leistungsempfänger". Auch im Leistungsverzeichnis und in dem von B gefertigten Bauplan waren als Bauherren die Ehegatten genannt.

A erklärte in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung keine steuerpflichtigen Umsätze. Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, dass A für die Werklieferung durch B die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger i.S.v. § 13b Abs. 5 UStG schuldete. Dementsprechend setzte es Umsatzsteuer fest.

Die Klage des A gegen seine alleinige Inanspruchnahme für die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch die Revision des A scheiterte. Der Bundesfinanzhof entschied, dass A als Leistungsempfänger Steuerschuldner für die von B erbrachte Werklieferung war. Die mögliche Mitberechtigung der Ehefrau war unbeachtlich.

Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Demnach war A entsprechend dem der Werklieferung zugrundeliegenden und nur von ihm unterschriebenen Bauvertrag der Leistungsempfänger. Eine bloße Innen-GbR kommt als Leistungsempfängerin nicht in Betracht. Es liegt auch keine GbR zwischen A und seiner Ehefrau vor. Denn es fehlt an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks.

Aus der Eigenschaft als Leistungsempfänger ergibt sich für A die Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG, ohne dass dem die mögliche Mitberechtigung und Mitverpflichtung seiner Ehefrau entgegensteht. Das gilt zumindest dann, wenn der Unternehmer zum einen Schuldner des vollen Entgeltbetrags ist und zum anderen der weitere Leistungsempfänger - wie hier die Ehefrau - nicht zum Kreis der in § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG genannten Steuerschuldner gehört.

Diese Auslegung vermeidet Unklarheiten und Umgehungsmöglichkeiten bei Mitberechtigung und Mitverpflichtung weiterer Personen. Sie überschreitet nicht das den Mitgliedstaaten eingeräumte Regelungsermessen zur Schaffung einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Ermessen zur Durchsetzung des Steueranspruchs bei im Inland erbrachten sonstigen Leistungen und Werklieferungen ausländischer Unternehmer zutreffend ausgeübt.

Besteuerung von Renten: Bundesfinanzhof entwickelt Berechnungsformel


Für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten hat der Bundesfinanzhof nun erstmals genaue Berechnungsparameter festgelegt. Danach liegt eine doppelte Besteuerung nicht vor, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Der Grundfreibetrag und andere Beträge, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, sind in die Vergleichsrechnung nicht einzubeziehen.

 

Hintergrund

Der Kläger S war bis 2007 als Steuerberater berufstätig. Er war zunächst als Angestellter in der Rentenversicherung Pflichtmitglied und später als Selbstständiger freiwillig weiterversichert. Die Beiträge zahlte er größtenteils aus eigenem Einkommen und konnte sie nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen. Im Jahr 2008 wurde seine Rente mit einem Besteuerungsanteil von 54 % berücksichtigt.

S und seine Ehefrau E waren der Ansicht, dass aufgrund der hohen Zahlungen aus bereits versteuertem Einkommen der Ansatz von 54 % zu einer unzulässigen doppelten Besteuerung der Rente führte.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Nach Berechnung der Finanzrichter überstiegen die voraussichtlich steuerfreien Rentenbeträge die aus versteuertem Einkommen gezahlten Beträge.

 

Entscheidung

Die Revision scheiterte ebenfalls. Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil im Ergebnis und entschied, dass eine doppelte Besteuerung nicht vorliegt, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge.

Die Finanzverwaltung ging bisher davon aus, dass der Grundfreibetrag bei der Berechnung der steuerfreien Rente einberechnet werden muss. Das hat zur Folge, dass sich der steuerfreie Rentenbetrag erheblich erhöht und eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Diese Auffassung weist der Bundesfinanzhof entschieden zurück. Seiner Ansicht nach ist der Grundfreibetrag nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus legt der Bundesfinanzhof erstmals konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung fest.

 

I. Ermittlung des steuerfreien Rentenanteils

Steuerfrei zufließende Rentenbeträge

Der für S selbst ermittelte Betrag ergibt sich, wenn der jährliche steuerfreie Teilbetrag der Rente mit der im Zeitpunkt des Renteneintritts zu erwartenden durchschnittlichen statistischen weiteren Lebenserwartung des S nach der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Sterbetafel multipliziert wird. Maßgebend ist die zuletzt verfügbare Sterbetafel im Zeitpunkt des Renteneintritts.

 

Einbeziehung der künftigen Hinterbliebenenrente

Auch die mögliche künftige Hinterbliebenenrente der E hat ihre Grundlage in dem Versicherungsverhältnis des S zur Deutschen Rentenversicherung. Die Anwartschaft wurde durch die von S geleisteten Beiträge mit erworben.

Bei Rentnern, die keine Hinterbliebenen hinterlassen, die rentenberechtigt sind (Witwe/Witwer, Waise), wird kein Rentenfreibetrag aus einer etwaigen Hinterbliebenenrente angesetzt. Sie gelangen daher bereits früher in den Bereich einer rechnerischen Doppelbesteuerung als solche Rentner, bei denen nach dem statistisch zu erwartenden Verlauf voraussichtlich eine Rente an Hinterbliebene gezahlt werden wird. Diese rechnerische Wirkung ist sachgerecht, da in beiden Fällen dieselben Rentenversicherungsbeiträge gezahlt wurden, aus einem Versicherungsverhältnis mit zu versorgenden Hinterbliebenen aber insgesamt voraussichtlich höhere Rentenleistungen zu erwarten sind als bei einem – sonst gleichen – Versicherungsverhältnis ohne Hinterbliebene.

 

Werbungskosten-Pauschbetrag, Grundfreibetrag und weitere Abzugsbeträge sind keine steuerfreien Rententeilbeträge

Der Werbungskostenabzug dient der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und kann daher nicht zugleich der Vermeidung einer doppelten Besteuerung dienen. Gleiches gilt für den Werbungskosten-Pauschbetrag.

Der Grundfreibetrag dient der Verschonung des Existenzminimums. Folglich kann er nicht nochmals herangezogen werden, um die steuerliche Belastung einer speziellen Einkunftsart zu reduzieren oder als Puffer zur Abfederung verfassungsrechtlich unzulässiger doppelter Steuerzugriffe zu dienen.

Die als Sonderausgaben abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Rentner sind ebenfalls nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen. Auch diese Abzugsmöglichkeit dient der verfassungsrechtlich gebotenen einkommensteuerrechtlichen Verschonung des Existenzminimums. Der Sonderausgabenabzug kann nicht nochmals zur Kompensation des aus versteuertem Einkommen geleisteten Teils der früheren Altersvorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden.

Aus denselben Gründen sind auch die Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.

Der Sonderausgaben-Pauschbetrag ist ebenfalls nicht als "steuerfreier Rententeilbetrag" anzusehen. Er dient der pauschalen Abgeltung bestimmter Sonderausgaben, aber nicht der Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Altersbezügen und Altersvorsorgeaufwendungen.

 

II. Aus versteuertem Einkommen geleistete Altersvorsorgeaufwendungen

Für die Ermittlung der in Veranlagungszeiträumen bis 2004 aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Altersvorsorgeaufwendungen sind die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich der ihnen gleichgestellten Teile der Vorsorgeaufwendungen nicht gesetzlich Versicherter) gleichrangig zu berücksichtigen. Alle anderen nach damaliger Rechtslage dem Grunde nach abziehbaren Vorsorgeaufwendungen werden im Rahmen der Prüfung, in welchem Umfang Altersvorsorgeaufwendungen in früheren Veranlagungszeiträumen als aus versteuertem Einkommen geleistet gelten, lediglich nachrangig berücksichtigt.

Bei Zusammenveranlagung von Eheleuten, die jeweils eigene Vorsorgeaufwendungen getragen haben, werden die gemeinsamen Sonderausgaben-Höchstbeträge im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen beider Eheleute aufgeteilt.

Für die in Veranlagungszeiträumen ab 2005 geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen sind diejenigen Teile aus versteuertem Einkommen erbracht, die den Höchstbetrag in den ab 2005 geltenden Fassungen überschritten haben.

Die so vorgenommene Berechnung ist nicht um die Anteile der in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen von S geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu modifizieren, die kalkulatorisch nicht auf die Leistung von Alters- oder Hinterbliebenenrenten entfallen, sondern z.B. auf Reha-Maßnahmen.

Der Bundesfinanzhof lehnt eine Differenzierung danach ab, ob tatsächlich eine Steuer festgesetzt wurde. Denn bei der Vergleichsrechnung ist stets auf die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abzustellen. Ferner verhindert der Verzicht auf diese Differenzierung eine weitere Verkomplizierung der Vergleichsrechnung.

 

III. Ergebnis des Streitfalls

Die Berechnung des Bundesfinanzhofs ergibt, dass S und E Altersvorsorgeaufwendungen von 133.000 EUR aus versteuertem Einkommen geleistet haben. Dem stehen voraussichtlich (höhere) steuerfreie Renten der gesetzlichen Rentenversicherung von 257.000 EUR gegenüber. Eine doppelte Besteuerung liegt daher nicht vor. Damit war die Revision zurückzuweisen.

Behandlung nicht geltend gemachter Erhaltungsaufwendungen


Verteilt ein Vermieter größere Erhaltungsaufwendungen für seine im Privatvermögen befindliche Immobilie auf mehrere Jahre und stirbt er vor Ablauf des Verteilungszeitraums, kann der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Todesjahr in einer Summe als Werbungskosten des verstorbenen Vermieters abgezogen werden. Der noch nicht berücksichtigte Teil geht also nicht auf die Erben über und kann daher auch nicht von den Erben steuerlich fortgeführt werden.

 

Hintergrund

Vermieter können größere Aufwendungen für den Erhalt ihrer Immobilie, die nicht zum Betriebsvermögen gehört, auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen.

 

Sachverhalt

Der Ehemann der Klägerin hatte eine Immobilie vermietet, die zu seinem Privatvermögen gehörte. In den Jahren 2012 bis 2015 hatte er größere Erhaltungsaufwendungen getätigt, die er auf fünf Jahre steuerlich verteilen wollte. Er verstarb im Januar 2016. Zu diesem Zeitpunkt belief sich der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen auf 30.000 €. Die Klägerin machte diesen Betrag in der gemeinsamen Steuererklärung für 2016 als Werbungskosten des Ehemanns geltend. Das Finanzamt erkannte nur den auf den Januar 2016 entfallenden Anteil an. Es war der Ansicht, dass der Restbetrag von der Erbengemeinschaft fortgeführt werden müsse.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klage statt und erkannte Werbungskosten für 2016 in Höhe von 30.000 € an:

  • Die gesetzliche Verteilungsmöglichkeit größerer Erhaltungsaufwendungen auf zwei bis fünf Jahre soll dem Steuerpflichtigen Vorteile beim Steuersatz verschaffen. Dieser Zweck würde vereitelt werden, wenn der beim Tod verbleibende Restbetrag nicht mehr beim verstorbenen Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könnte. Daher kann der verbleibende Teil im Veranlagungszeitraum des Todesjahres als Werbungskosten des verstorbenen Vermieters abgezogen werden.
  • Der Todesfall ist vergleichbar mit der Veräußerung der Immobilie, der Einlage der Immobilie in ein Betriebsvermögen oder der Beendigung der Vermietung. In diesen Fällen lässt der Gesetzgeber den vollständigen Abzug des noch nicht berücksichtigten Teils der Erhaltungsaufwendungen zu. Die Vergleichbarkeit ergibt sich daraus, dass in all diesen Fällen keine Einkünfte aus Vermietung mehr erzielt werden.
  • Ein Abzug des verbleibenden Betrags der Erhaltungsaufwendungen beim Ehemann ist auch deshalb geboten, weil die Aufwendungen seine Leistungsfähigkeit gemindert hatten. Deshalb scheidet auch ein Abzug des verbleibenden Betrags bei den Erben aus. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Diese wäre aber erforderlich, weil der verstorbene Vermieter und die Erben unterschiedliche Rechtssubjekte sind.
Hinweis:

Der BFH widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die in ihren Richtlinien eine Fortführung des verbleibenden Betrags der Erhaltungsaufwendungen beim Erben zulässt. Der BFH macht deutlich, dass die Rechtsprechung an die Verwaltungsrichtlinien nicht gebunden ist. Außerdem widersprechen die Richtlinien dem Gesetz, das eine Vererbbarkeit von Verlusten und Aufwendungen nicht zulässt.

Es wirkt sich beim Steuersatz aus, ob der verbleibende Betrag beim verstorbenen Vermieter oder bei seinen Erben geltend gemacht wird. Außerdem ist die Abzugshöhe unterschiedlich; denn nach dem aktuellen BFH-Urteil wird im Todesjahr der gesamte Restbetrag abgezogen, während bei einer Fortführung durch die Erben der gesamte Verteilungszeitraum ausgeschöpft worden wäre.

Änderung des Einkommensteuergesetzes im Rahmen des Fondsstandortgesetzes – FoStoG (BGBl 2021 Teil I S. 1498)


1. § 3 EStG-Steuerfreie Einnahmen (Artikel 3 Nr. 2 FoStoG)

Vorteile des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers sind derzeit steuerfrei, soweit der Vorteil insgesamt 360 € im Kalenderjahr nicht übersteigt. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.

Der steuerfreie Höchstbetrag wird auf 1.440 € erhöht.

 

Anwendung (Artikel 19 Abs. 1 FoStoG)

Die Änderung tritt am 1.7.2021 in Kraft und ist damit ab dem Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.

 

2. § 19 a EStG-Sondervorschrift für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Vermögensbeteiligungen (Artikel 3 Nr. 3 FoStoG)

Werden einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitslohn Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers unentgeltlich oder verbilligt übertragen, dann unterliegt dieser Vorteil im Kalenderjahr der Übertragung nicht der Besteuerung.

Der nach Absatz 1 nicht besteuerte Arbeitslohn unterliegt erst dann der Besteuerung als sonstiger Bezug, wenn die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird bzw. wenn das Dienstverhältnis mit dem Arbeitgeber beendet wird, spätestens aber nach Ablauf von 12 Jahren. Hat die Beteiligung mindestens drei Jahre bestanden, gilt für die Besteuerung die sog. 1/5-Regelung.

Gefördert werden Arbeitnehmer von einem Unternehmen, dessen Gründung nicht mehr als 12 Jahre zurückliegt und das im Jahr der Übertragung oder im vorangegangenen Kalenderjahr die europäischen Schwellenwerte für Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen nicht überschreitet.

 

Unternehmen             Umsatz                         Bilanzsumme                Mitarbeiter

Mittel-U                  höchstens 50 Mio. €        höchstens 43 Mio. €          unter 250

Klein-U                   höchstens 10 Mio. €        höchstens 10 Mio. €          unter 450

Kleinst-U                höchstens 42 Mio. €        höchstens 42 Mio. €          unter 410

 

Anwendung (Artikel 19 Abs. 1 FoStoG)

Die Bestimmungen sind erstmals auf Vermögensbeteiligungen anzuwenden, die nach dem 30.06.2021 übertragen werden.

Warum private Renten nicht doppelt besteuert werden


Bei privaten Renten, also Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung, die lediglich mit dem Ertragsanteil besteuert werden, kann es systembedingt keine Doppelbesteuerung geben.

 

Hintergrund

Der Kläger Z war als Zahnarzt Pflichtmitglied eines berufsständischen Versorgungswerks, blieb allerdings freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung. Er erhielt im Jahr 2009 von der Deutschen Rentenversicherung eine Altersrente und Zusatzleistungen aus der dortigen Höherversicherung. Zudem bezog er mehrere "Rürup"-Renten, ebenso zahlreiche Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten.

Das Finanzamt setzte für die gesetzliche Altersrente einschließlich der Leistungen der Höherversicherung den sich nach der gesetzlichen Übergangsregelung ergebenden Besteuerungsanteil von
58 % an. 42 % der ausgezahlten Rente blieben steuerfrei. Im Hinblick auf die hohen Beitragsleistungen des Z in 2 Versorgungssysteme wandte das Finanzamt die sog. Öffnungsklausel an, sodass die Rente zumindest teilweise mit dem günstigeren Ertragsanteil versteuert werden kann. Die "Rürup"-Renten des Z wurden vom Finanzamt mit dem Besteuerungsanteil, die sonstigen privaten Leibrenten mit dem Ertragsanteil angesetzt.

Der Kläger war der Ansicht, dass eine der "Rürup"-Renten und diverse Renten aus privaten Versicherungen doppelt besteuert werden, weil die aus versteuertem Einkommen erbrachten Beiträge höher sind als der steuerfreie Teil der zu erwartenden Rentenzahlungen. Das Finanzgericht folgte dem nicht und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Die Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung zusammen mit den Bezügen aus der regulären Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund unterliegen der nachgelagerten Besteuerung. Für eine Besteuerung dieser Beträge mit dem Ertragsanteil besteht keine Rechtsgrundlage. Die Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung zur gesetzlichen Altersrente des Z stellen steuerbare Einkünfte dar, wobei offenbleiben kann, ob es sich um eine Leibrente oder um andere Leistungen handelt.

Die Bezüge aus der gesetzlichen Altersrente des Z einschließlich der Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung unterlagen im Streitjahr der Besteuerung. Das Finanzgericht hat zu Unrecht entschieden, dass das Finanzamt die Öffnungsklausel anwenden konnte, da es an dem hierfür erforderlichen Antrag für das Streitjahr fehlte. Er ist weder ausdrücklich noch konkludent gestellt worden. Das Finanzamt hat daher die Einkommensteuer für das Streitjahr insoweit zu niedrig festgesetzt. Das wirkt sich im Streitfall zugunsten der Eheleute aus, da durch die teilweise Besteuerung der Bezüge aus der gesetzlichen Altersrente und der Steigerungsbeträge mit dem Ertragsanteil die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage für das Streitjahr herabgesetzt wurde.

Die mangels Antrags zwingende nachgelagerte Besteuerung der gesetzlichen Altersrente einschließlich der Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung abzüglich des individuellen Rentenfreibetrags nach Maßgabe der vom Bundesfinanzhof vertretenen Berechnungsgrundsätze und -parameter hat zwar eine doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften zur Folge, sodass jene Rente für das Streitjahr rechnerisch i. H. v. 42 EUR doppelt besteuert worden wäre. Diese verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige doppelte Besteuerung liegt aber unterhalb der Steuerentlastung der Eheleute wegen der Z vom Finanzamt aufgedrängten Anwendung der Öffnungsklausel. Aufgrund der Saldierungspflicht des Senats ist eine Rechtsverletzung der Eheleute daher ausgeschlossen. Das Saldierungsgebot gilt auch im Revisionsverfahren.

Die von Z bezogene "Rürup"-Rente war im Streitjahr keiner doppelten Besteuerung ausgesetzt. Der vom Kläger insoweit ermittelte Betrag von zuletzt 56 EUR ist den vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen.

Das Vorbringen des Klägers, dass das Finanzgericht zu Unrecht entschieden hat, dass regelmäßige Anpassungen der "Rürup"-Rente des Z in voller Höhe bei den Alterseinkünften des Z zu erfassen sind, greift nicht durch. Die Vollbesteuerung der Anpassungsbeträge hat bei der Prüfung einer doppelten Besteuerung keine unmittelbare Bedeutung. Verglichen werden nur die aus versteuertem Einkommen erbrachten Beiträge mit den voraussichtlich steuerfrei zufließenden Rentenbezügen. Regelmäßige Rentenanpassungen sind dagegen den voll steuerbelasteten Bezügen zuzuordnen und werden daher nicht als Vergleichsparameter herangezogen. Der Umstand, dass die Anpassungen durch den gesetzlichen Besteuerungsanteil nicht zumindest teilweise steuerfrei belassen werden, kann somit nur mittelbar Grund dafür sein, dass im jeweiligen Einzelfall die Grenze einer unzulässigen doppelten Besteuerung betragsmäßig eher erreicht wird.

Die vom Finanzgericht ermittelte doppelte Besteuerung von einigen der von Z im Streitjahr bezogenen Leibrenten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung erweist sich bereits vom systematischen Ansatz her als unzutreffend. Denn die Besteuerung mit dem Ertragsanteil beruht gerade auf dem Leitbild, dass der Rentenanspruch durch aus versteuertem Einkommen gezahlten Beiträgen erworben wird. Das Finanzamt hat jene Renten dem Grunde und der Höhe nach zutreffend mit dem Ertragsanteil besteuert. Der Rechtsfehler des Finanzgerichts, eine doppelte Besteuerung von neun dieser Renten festzustellen, war nicht entscheidungserheblich.

Auch die Überschussbeteiligungen des Z aus mehreren privaten Leibrentenversicherungen neben den garantierten Renten sind mit den jeweiligen gesetzlichen Ertragsanteilen zu besteuern. Überschussbeteiligungen sind Bestandteil der Leibrente und mit dem maßgeblichen Ertragsanteil in Ansatz zu bringen. Unerheblich ist, dass die Überschussbeteiligungen - anders als der garantierte Teil der Leibrente - nicht mit hinreichender Gewissheit prognostizierbar sind.

Lieferung von Strom an Mieter: Umsatzsteuerliche Folgen


Erzeugt ein Vermieter Strom über seine Photovoltaikanlage und liefert er diesen an seine Mieter, handelt es sich bei dieser Stromlieferung umsatzsteuerlich nicht um eine Nebenleistung der Vermietung. Deshalb kann bei einer umsatzsteuerfreien Vermietung bezüglich der Photovoltaikanlage Vorsteuer geltend gemacht werden.

 

Hintergrund

Der Kläger vermietete ein Mehrfamilienhaus und ein Doppelhaus umsatzsteuerfrei. Auf den Dächern der Objekte ließ der Kläger Photovoltaikanlagen mit Speichern installieren. Der von den Anlagen erzeugte Strom wurde teilweise direkt an die Mieter geliefert und teilweise an Netzbetreiber verkauft. Wenn die Mieter mehr Strom benötigten, bezog der Kläger diesen über Energielieferanten und verkaufte ihn an die Mieter mit einem Gewinnaufschlag weiter.

Bezüglich der Abrechnung mit den Mietern war eine "Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über Stromversorgung" geschlossen worden. Danach rechnete der Vermieter jährlich über einen Gemeinschaftszähler mit Unterzählern nach der individuellen Verbrauchsmenge ab. Falls ein Mieter den Strom über einen anderen Anbieter beziehen wollte, musste er die Umrüstungskosten für die Zähleranlage tragen.

Das Finanzamt verweigerte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Photovoltaikanlagen. Seiner Ansicht nach handelte es sich bei der Stromlieferung des Klägers an die Mieter um eine Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Hauptleistung der Vermietung.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass dem Kläger das Recht zum Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Photovoltaikanlage zustand. Denn die Stromlieferungen stellten keine unselbstständige Nebenleistung zu den umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen des Klägers dar.

Zwar behandelt die Finanzverwaltung sog. Mietnebenkosten (z. B. Wasser und Strom) als unselbstständige Nebenleistungen zur Hauptleistung "Vermietung". Kann der Mieter aber bei Leistungen Lieferanten und/oder Nutzungsmodalitäten auswählen, sind diese grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen.

Dies gilt insbesondere beim Verbrauch von Wasser, Elektrizität oder Wärme. Dieser kann durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit dieses Verbrauchs abgerechnet werden. Die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, müssten grundsätzlich als von der Vermietung getrennt angesehen werden.

Im vorliegenden Fall rechnete der Kläger unstreitig die Verbrauchsmenge des Stroms mit seinen Mietern über individuelle Zähler ab. Dies spricht für eine getrennte Lieferung. Auch bestanden individuelle Zusatzvereinbarungen über die Stromlieferung mit vom Mietvertrag abweichenden Kündigungsmöglichkeiten.

Zudem hatten die Mieter die freie Wahl des Stromanbieters, obwohl sie dann erforderliche Umbaukosten tragen mussten. Dies erschwert zwar einen Wechsel des Anbieters, machen einen solchen jedoch nicht unmöglich.

Separat abgerechnete Hotelleistungen: Aufteilung nach Steuersätzen


Für Hotelübernachtungen gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz. Wird das Frühstück gesondert berechnet, handelt es sich jedoch um eine eigenständige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Das Gleiche gilt für die Überlassung von Parkplätzen.

 

Hintergrund

Die Klägerin betreibt ein Hotel mit Restaurant. Die Gäste können zusätzlich zur Übernachtung ein Frühstück bestellen, außerdem wird ihnen ein Parkplatz zur Verfügung gestellt. Für diese Leistungen weist die Klägerin einheitlich den ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Das Finanzamt ist dagegen der Meinung, dass für die Leistungen für Frühstück und Parkplatz der Regelsatz anzusetzen ist.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass das Finanzamt zu Recht eine Aufteilung der Steuersätze vorgenommen hatte. Die Umsatzsteuer ermäßigt sich auf 7 % für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Dies gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.

Im vorliegenden Fall wäre der Nebenleistungscharakter des Frühstücks nur bei einer einheitlichen Pauschalleistung zu bejahen gewesen, die hier nicht vorlag. Die Klägerin hatte das Frühstück nicht als Pauschalpreis angeboten, sondern die Gäste hatten die Wahl, ob sie die Übernachtung mit oder ohne Frühstück buchen wollten. Für den Fall der Nichtinanspruchnahme des Frühstücks erhielten die Gäste nach Angabe der Klägerin eine Erstattung. Damit liegt nach Ansicht des Gerichts eine selbstständige Leistung vor, aus der sich der unterschiedliche Steuersatz rechtfertigen lässt.

Auch wenn die Klägerin für die Parkplätze keinen gesonderten Preis berechnet hat, gilt insoweit im Ergebnis das Gleiche. Die Einräumung von Parkmöglichkeiten dient nämlich nicht der Vermietung, sondern der Verwahrung der von Hotelgästen mitgeführten Fahrzeuge, sodass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Übernachtung und der Parkplatzbestellung besteht und nicht von einer einheitlichen Leistung ausgegangen werden kann. Die Übernachtungsmöglichkeit kann auch bei Anreise ohne Auto oder mit dem Auto in Anspruch genommen werden, ohne dass der Gast den von der Klägerin vorgehaltenen Platz nutzt. Zudem kann die Klägerin gar nicht genügend Stellplätze für sämtliche Hotelgäste anbieten, sodass diese auch keinen Anspruch auf einen Parkplatz haben.

Steuerbegünstigung eines Vereins: Welche Voraussetzungen muss die Satzung erfüllen?


Die Satzung eines Vereins muss hinsichtlich des steuerbegünstigten Zwecks bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere muss die Art der Steuerbegünstigung ausdrücklich festgelegt werden.

 

Hintergrund

Ein im Vereinsregister eingetragener Verein beantragte beim Finanzamt die Feststellung nach § 60a AO, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen eingehalten sind.

Das Finanzamt entsprach dem Antrag nicht, weil die Satzung keine Bestimmung enthielt, dass ein gemeinnütziger Zweck ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Ferner entsprach die Auflösungsbestimmung der Satzung nicht der sich aus der Mustersatzung und dem Gesetz ergebenden Vorgaben. Darüber hinaus ließ sich der Satzung nicht entnehmen, welchen gemeinnützigen Zweck der Verein verfolgen möchte. Die Information über politische, steuerrechtliche und juristische Fehlentwicklungen stellte keinen ausdrücklich in § 52 Abs. 2 AO genannten Zweck dar.

 

Entscheidung

Die Klage des Vereins hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbegünstigung zu Recht abgelehnt hat. Der Verein hat demnach keinen Anspruch auf einen positiven Feststellungsbescheid nach § 60a AO.

Die Steuervergünstigung wird gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52-55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen gegeben sind. Zudem muss die Satzung die Festlegungen der sog. Mustersatzung enthalten. Danach sind die Mitglieder bzw. Gesellschafter einer gemeinnützigen Körperschaft verpflichtet, dass sie ausdrücklich und wortwörtlich die Art der Steuerbegünstigung festlegen.

Weil im vorliegenden Fall die Satzung nicht im Wortlaut die Festlegung enthielt, dass der Verein zur Erreichung der Steuerbegünstigung "gemeinnützige" Zwecke verfolgt, schied eine positive Feststellung nach § 60a AO aus.

 

Was passiert mit dem Verlust bei Ausfall einer privaten Kapitalforderung?


Fällt eine Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre endgültig aus, führt dies zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Damit dieser berücksichtigt werden kann, muss endgültig feststehen, dass der Schuldner keine Zahlungen mehr leisten wird.

 

Hintergrund

A war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH. A und seine Ehefrau B gewährten der GmbH von 2010 bis 2013 verschiedene Darlehen. Bei A handelte es sich damit um Gesellschafterdarlehen, bei B um Privatdarlehen. Ende 2014 wurde die GmbH aufgelöst und nach Beendigung der Liquidation im Jahr 2016 gelöscht.

Die GmbH zahlte die in den Jahren 2010 und 2011 gewährten Darlehen in den Jahren 2013 und 2014 vollständig zurück. Das Darlehen aus dem Jahr 2012 wurde 2014 zum Teil getilgt. Auf die im Jahr 2013 gewährten Darlehen unterblieb die Rückzahlung.

Bezüglich des nach der teilweisen Tilgung des Darlehens aus 2012 verbliebenen Restbetrags ging das Finanzamt davon aus, dass dieses Darlehen vor Eintritt der Krise gewährt wurde. Der Ausfall war daher bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts des A nicht zu berücksichtigen. Die Eheleute machten mit der Klage geltend, dass der Ausfall als Verlust bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen absetzbar ist. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte hinsichtlich der Ehefrau B keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Ausfall der ihr zur Hälfte zustehenden privaten Darlehensforderung hälftig bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich des Gesellschafters und Ehemanns A war die Klage mangels steuerlicher Auswirkung unzulässig.

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit der Veräußerung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust führt. Denn wirtschaftlich macht es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert oder ob er sie behält. In beiden Fällen tritt eine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein, die die gleiche Berücksichtigung finden muss.

Von einem Forderungsausfall ist jedoch erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Bei der insolvenzfreien Auflösung einer Kapitalgesellschaft wird dies regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation der Fall sein. Ausnahmsweise kann der Verlust schon früher entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist.

Im vorliegenden Fall war bereits Ende 2014 nicht mehr mit Tilgungen zu rechnen. Das ergibt sich auch aus der Bestätigung des Liquidators der GmbH. Darin sind ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung zu sehen.

Die im Jahr 2014 bei A nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte würden den Gesamtbetrag der Einkünfte im Rücktragsjahr nicht bis auf 0 EUR mindern mit der Folge, dass keine vortragsfähigen negativen Einkünfte mehr verblieben. Der Einkommensteuer-Bescheid 2014 entfaltet danach für A keine die Klagebefugnis begründende negative Bindungswirkung.

Erstattung von Kapitalertragsteuer: Ist die deutsche Regelung europarechtswidrig?


Ob der erforderliche Nachweis für eine Anrechnung bzw. Erstattung von Kapitalertragsteuer durch eine Bescheinigung einer ausländischen Steuerbehörde eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt, muss nun der Europäische Gerichtshof klären.

 

Hintergrund

Die Klägerin ist eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschaft. Sie war mit 5,26 % an der Z GmbH beteiligt. Zu den erhaltenen Gewinnausschüttungen der Z GmbH wurde Kapitalertragsteuer i. H. v. 20 % einbehalten und abgeführt. Die Klägerin beantragte die Erstattung dieser Kapitalertragsteuer. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, soweit dieser einer Erstattung gem. § 32 Abs. 5 KStG für die verbliebene Quellensteuer mit 15 % betraf, da die Klägerin die gesetzlich gebotenen Nachweise nach § 32 Abs. 5 Satz 1-5 KStG nicht erbracht hatte.

 

Entscheidung

Für die Erstattung von Kapitalertragsteuer muss eine Bescheinigung einer ausländischen Steuerverwaltung vorliegen, aus welcher sich ergibt, dass die deutsche Kapitalertragsteuer nicht angerechnet, nicht abgezogen oder nicht vorgetragen werden kann und dass dies auch tatsächlich nicht erfolgt ist. Dies könnte die Kapitalverkehrsfreiheit unzulässig einschränken.

Das Finanzgericht setzt deshalb das Klageverfahren aus und holt eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs ein. Dabei geht es um die Frage, ob Art. 63 AEUV einer nationalen Steuervorschrift entgegensteht, nach der die im Ausland ansässige Gesellschaft für Erstattung auf Streubesitzdividenden einbehaltener Kapitalertragsteuer als Nachweis eine Bescheinigung der ausländischen Steuerverwaltung vorlegen muss, aus welcher hervorgeht, dass die Kapitalertragsteuer nicht angerechnet oder abgezogen worden ist bzw. dies auch nicht erfolgen kann.

Sollte diese Anforderung rechtmäßig sein, stellt sich als nächstes die Frage, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Prinzip des "Effet utile" der Nachweispflicht entgegensteht, wenn es dem ausländischen Empfänger von Streubesitzanteilen faktisch unmöglich ist, eine solche Bescheinigung beizubringen.

Widerruf eines Darlehensvertrags: Ist die Nutzungsentschädigung steuerpflichtig?


Ein Vergleichsbetrag, der als Nutzungsentschädigung aufgrund der Auflösung eines fehlerhaften Darlehensvertrags gezahlt wird, gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

 

Hintergrund

Zur Finanzierung eines Hausgrundstücks nahm der Kläger im Jahr 2003 bei der X-Bank einen Kredit i. H. v. 245.000 EUR auf. Aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung wurde der Darlehensvertrag durch Zahlung der Restvaluta i. H. v. 126.718,54 EUR rückwirkend auf den 31.10.2014 beendet. Der am 27.1.2017 geschlossene Vergleich sah u. a. vor, dass die X-Bank dem Kläger einen Vergleichsbetrag i. H. v. 11.500 EUR zahlen musste.

Die X-Bank unterwarf diesen Betrag bei der Auszahlung dem Kapitalertragsteuerabzug. In seiner Einkommensteuererklärung 2017 beantragte der Kläger die Rückerstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer, da keine Einkunftserzielungsabsicht seinerseits vorlag. Auch war er der Ansicht, dass nur dann ein Kapitalertrag vorliegen kann, wenn die gezahlten Darlehenszinsen niedriger sind als der von der Bank gezahlte Ersatz. Da dies nicht der Fall war, lag kein Kapitalertrag vor.

Das Finanzamt vertrat dagegen die Meinung, dass in dem Nutzungsersatz, den der Kläger erhalten hat, immer dann ein Kapitalertrag zu sehen ist, wenn das Darlehen wegen mangelnder Widerrufsbelehrung rückabgewickelt wird und hieraus dem Darlehensnehmer ein Ausgleichsanspruch entsteht.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht der Richter wurde die Nutzungsentschädigung zu Recht in voller Höhe als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt und der Abgeltungssteuer unterworfen.

Unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeglicher Art. Erforderlich ist eine Überlassung von privatem Geldvermögen an Dritte. Ist dies geschehen, gehören alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung sind, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Es ist höchstrichterlich geklärt, dass bei der Beendigung eines Darlehensvertrags wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen schuldet.

Wie sind Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse steuerlich zu berücksichtigen?


Leistet eine private Krankenkasse Bonuszahlungen, sind diese als Beitragserstattungen zu erfassen und die abzugsfähigen Sonderausgaben entsprechend zu mindern. Das gilt zumindest dann, wenn der Bonus unabhängig davon gezahlt wird, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht.

 

Hintergrund

Die Kläger sind verheiratet und privat kranken- und pflegeversichert. Die beiden minderjährigen Kinder sind über den Ehemann M versichert. Von ihrer Krankenversicherung erhielten die Ehefrau F für sich und M für die Kinder in Jahren 2014 bis 2016 Boni von jeweils 360 EUR jährlich, somit insgesamt 1.080 EUR.

Die Krankenversicherung verrechnete die Boni wie vertraglich vereinbart mit den Gesundheitsaufwendungen, für die eine Erstattung beantragt wurde. In den Jahren 2014 und 2016 geschah dies jeweils in voller Höhe (1.080 EUR) und im Jahr 2015 i. H. v. 922 EUR.

Die Versicherung meldete die Boni gegenüber der Finanzverwaltung für jedes Jahr i. H. v. 984 EUR als Beitragserstattung (= 360 EUR x 3 x 91,36 % Anteil Basiskrankenversicherungsschutz). Das Finanzamt minderte dementsprechend den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge.

Die Klage gegen die Minderung wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Denn die Boni standen nach Ansicht der Finanzrichter in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, die hierdurch gemindert wurden.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des Finanzgerichts und entschied ebenfalls, dass die Boni Beitragserstattungen darstellen, die den Sonderausgabenabzug mindern.

Die privaten Kranken- und Pflegeversicherungen sind verpflichtet, die im Beitragsjahr sowohl geleisteten als auch erstatteten Beiträge per Datensatz der Finanzverwaltung zu übermitteln, wenn der Steuerpflichtige in die Datenübermittlung eingewilligt hat. Dieses Verfahren begründet jedoch keine materiell-rechtliche Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung. Vielmehr haben die Finanzämter selbst zu prüfen, wie die übermittelten Werte rechtlich einzuordnen sind.

Beiträge "zu" einer Krankenversicherung sind nur solche Zahlungen, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen. Dies ist z. B. für einen vom Steuerpflichtigen vereinbarten und getragenen Selbstbehalt nicht der Fall, da die Krankenversicherung insoweit nicht das Risiko übernimmt, für künftige Schadensfälle einzutreten.

Der Steuerpflichtige muss durch den Sonderausgabenabzug tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sein. Werden Beiträge erstattet, mindert die Erstattung jedoch im Jahr des Zuflusses den Sonderausgabenabzug. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zahlung des Versicherungsunternehmens nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Beitragserstattung und nicht als eine hiervon losgelöste Leistung zu werten ist. Durch die Prämie ändert sich die Gegenleistung, die vom Mitglied zu erbringen ist, um den vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Im Ergebnis wird der Beitrag des Mitglieds und damit dessen wirtschaftliche Belastung reduziert.

Dagegen ist eine Bonuszahlung für gesundheitsbewusstes Verhalten nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren, soweit dadurch konkret Aufwand des Steuerpflichtigen für gesundheitsbezogene Maßnahmen ausgeglichen wird. Derartige Boni stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern sind als Erstattung der vom Versicherten getragenen Aufwendungen und damit als eine nicht den Sonderausgabenabzug beeinflussende Leistung anzusehen. Diese Boni mindern daher nicht die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge, sondern lediglich den zusätzlichen Gesundheitsaufwand des Steuerpflichtigen.

Davon ausgehend wies der Bundesfinanzhof die Revision zurück. Die erhaltenen Boni der Kläger sind nicht vergleichbar mit den Boni, die als Anreiz für ein gesundheitsbewusstes Verhalten gezahlt werden. Denn die vorliegende Bonusregelung zielt im Gegenteil darauf ab, zu einem kostenbewussten Verhalten anzuregen. Für einen vereinbarten Selbstbehalt hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass die hieraus entstehenden Aufwendungen nicht als abziehbare Beiträge i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG zu werten sind. Nichts anderes gilt, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein garantierter Bonus Grund dafür ist, dass der Versicherungsnehmer Gesundheitsaufwendungen bis zur Bonushöhe wirtschaftlich selbst zu tragen hat.

Sind Hundezüchter Unternehmer?


Hintergrund

Die Klägerin züchtete seit 2011 in ihrem Privathaus Hunde der Rasse C. Sie ist Mitglied des Verbandes Deutscher Hundezüchter, der für die von der Klägerin gezüchtete Rasse eigene Zuchtziele und streng einzuhaltende Vorgaben festlegt. Am 12.1.2017 meldete sie das vorher bei der Gemeinde angemeldete Gewerbe mangels hinreichender Gewinnerzielungsmöglichkeit wieder ab.

Die Umsätze aus dem Verkauf von Hunden betrugen in den Jahren 2011 bis 2016 zwischen 15.000 EUR und 23.000 EUR. Das Finanzamt behandelte diese Umsätze als unternehmerisch. Wegen der Umsatzhöhen der Vorjahre kam für die Jahre 2013, 2015 und 2016 die Kleinunternehmerregelung nicht in Betracht. Gegen die Einordnung als umsatzsteuerliche Unternehmerin wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Umsatzsteuerlicher Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Das gilt auch dann, wenn die Absicht, Gewinne zu erzielen, fehlt. Deshalb besteht umsatzsteuerlich keine Bindung an eine evtl. vorliegende ertragsteuerliche "Liebhaberei". Die nachhaltige gewerbliche oder berufliche (wirtschaftliche) Tätigkeit ist von der bloßen privaten Vermögensverwaltung abzugrenzen. Eine unternehmerische Tätigkeit liegt vor, wenn der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb / zur Vermarktung von Gegenständen wie ein Händler unternimmt. Maßgeblich sind u. a. die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze und der Kunden, das planmäßige Tätigwerden, die Vielfalt des Warenangebots und das Unterhalten eines Geschäftslokals oder mehrerer Verkäuferkonten. Die Klägerin hat ähnlich wie ein Händler unternehmerisch agiert. Die Klägerin hat sich mit ihrer Hundezucht am allgemeinen Markt beteiligt, indem sie die Hunde teilweise auch gegen Entgelt an Dritte verkaufte.

Die Verkäufe ihrer Hunde waren nicht nur Ausfluss ihres privaten Hobbys. Vielmehr hat die Klägerin allgemein bewährte Vertriebsmaßnahmen z. B. über das Internet ergriffen und dort ihre persönliche Eignung und die Qualität ihrer Hundezucht explizit dargestellt. Schon bei der Planung der Würfe bestand die Absicht, die Welpen zu verkaufen. Hierzu kündigte die Klägerin die bei ihr anstehenden Würfe auf ihrer Internetseite an und machte damit schon zu diesem frühen Zeitpunkt auf in nächster Zeit zum Verkauf stehende Welpen aufmerksam. Schließlich verkaufte sie die Tiere gegen Preise, die für Zuchttiere regelmäßig gezahlt werden. Nach dem im Mehrwertsteuersystem geltenden Neutralitätsprinzip sind Anbieter gleichartiger Waren gleichermaßen mit Umsatzsteuer zu belasten. Vor

Unterliegt eine Gutachtertätigkeit im Auftrag des MDK der Umsatzsteuer?


Zwar ist es unschädlich, wenn die Leistungen an den Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) erbracht werden, und nicht an die Hilfsbedürftigen. Werden die Kosten jedoch nur mittelbar über den MDK erstattet, fehlt es an der Anerkennung als "Einrichtung mit sozialem Charakter".

 

Hintergrund

A ist Krankenschwester mit Zusatzausbildung im Bereich der Pflege. Sie erstellte in den Jahren 2012 bis 2014 für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Ihre Leistungen rechnete der MDK ihr gegenüber ohne Umsatzsteuer-Ausweis ab. A erklärte die Umsätze als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen in Anspruch.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Gutachtertätigkeit weder nach nationalem noch nach Unionsrecht steuerfrei war und setzte entsprechend Umsatzsteuer fest.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Insbesondere war die Erstellung von Pflegegutachten nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL als "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistung" steuerfrei.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die gutachterlichen Leistungen der A nicht nach nationalem Recht von der Umsatzsteuer befreit sind. Auch kann sich A für die Steuerfreiheit nicht auf das Unionsrecht berufen.

Die Gutachtertätigkeit des MDK und damit auch die Tätigkeit der A dienen als Grundlage für die Feststellung, in welcher Höhe dem Versicherten ein Anspruch auf Kostenersatz nach dem Gesetz über die Pflegeversicherung zusteht. Darin liegt keine Heilbehandlung. Die Begutachtung, ob eine Pflegebedürftigkeit und welcher Pflegegrad besteht, betrifft die Gewährung von Leistungen durch die Pflegekasse, nicht die Therapie. Die Ärzte des MDK sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.

Nach § 4 Nr. 15 UStG und Nr. 15a UStG sind nur die Umsätze der darin genannten Einrichtungen (z. B. der Sozialversicherungsträger bzw. des MDK) steuerfrei. A selbst gehört nicht dazu. Da es sich bei ihren Leistungen nicht um Leistungen zur Betreuung oder Pflege von Personen handelt, ist auch die Steuerfreiheit des § 4 Nr. 16 UStG nicht einschlägig.

Das Leistungsmerkmal "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden" setzt nach Art. 134 Buchst. a MwStSystRL voraus, dass die betreffenden Leistungen für die der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit unterfallenden Umsätze unerlässlich sind. Dieses Unerlässlichkeitserfordernis ist bei den von A erbrachten Gutachterleistungen erfüllt.

Durch Art 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL werden jedoch nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Umsatzsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt sind. Bei A fehlt es an der Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter. Die nur mittelbare Kostentragung über den MDK genügt insoweit nicht. Soweit der Bundesfinanzhof demgegenüber entschieden hatte, dass es für die Anerkennung bereits ausreicht, dass die Kosten mittelbar (durchgeleitet) von Einrichtungen der sozialen Sicherheit getragen werden, auch wenn keine direkten vertraglichen Beziehungen zum öffentlichen Träger bestehen, ist diese Auffassung nach Ergehen des EuGH-Urteils "Finanzamt D" (EU:C:2020:811) überholt. Das gilt jedenfalls, soweit die mittelbare Kostenübernahme nicht auf einer expliziten Entscheidung einer Einrichtung der sozialen Sicherheit beruht.

Zum Vorsteuerabzug bei Vermietung einer kommunalen Mehrzweckhalle mit Parkplatz


Vermietet eine Gemeinde ihre kommunale Mehrzweckhalle mit Parkplatz jeweils kurzfristig, stellt dies eine umsatzsteuerfreie Vermietung dar. Ein teilweiser Vorsteuerabzug ist möglich, wenn die Gemeinde teilweise auf die Steuerbefreiung verzichtet.

 

Hintergrund

Die Klägerin, eine Gemeinde, hatte eine Halle errichtet. Diese wurde sowohl für Sport- und Übungszwecke als auch für private und sonstige Veranstaltungen jeweils kurzfristig für Tage oder Stunden vermietet. Im Rahmen der Vermietung wurden auch Betriebsvorrichtungen überlassen. Neben der Halle wurde ein öffentlicher Parkplatz errichtet, den die Allgemeinheit ohne Einschränkungen kostenfrei nutzen konnte.

Die Gemeinde machte den vollen Vorsteuerabzug für die gesamte Baumaßnahme geltend. Das Finanzamt dagegen kürzte die Vorsteuern auf 23,4 %. Dieser Anteil entsprach der Vermietungsleistung, für die auf die Umsatzsteuerfreiheit zulässigerweise verzichtet wurde, sowie den Leistungen aus der Überlassung der Betriebsvorrichtungen, die per se umsatzsteuerpflichtig sind. Der anteilige Vorsteuerabzug wurde auch hinsichtlich des Parkplatzes anerkannt. Dieser war nach Ansicht des Finanzamts von der Gemeinde zutreffend ihrem Unternehmen zugeordnet worden. Gegen die Kürzung des Vorsteuerabzugs klagte die Gemeinde vor dem Finanzgericht.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Gemeinde der volle Vorsteuerabzug nicht zustand.

Das Finanzamt hatte die Gemeinde zu Recht als Unternehmerin behandelt, weil eine Behandlung als Nichtunternehmerin offenkundig zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Dass die Gemeinde für den Übungs- und Sportbetrieb offenbar kein kostendeckendes Entgelt erhoben hat, steht dieser Behandlung nach Ansicht des Gerichts nicht entgegen, da sie sich im Übrigen markttypisch verhalten habe. Obwohl die Überlassung nur kurzfristig (stunden- bzw. tageweise) erfolgte, handelt es sich um eine umsatzsteuerfreie Vermietung.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinde keine wesentlichen sonstigen Dienstleistungen, wie etwa gastronomische Zusatzleistungen anbietet und außer dem Hausmeister auch kein Personal zur Verfügung stellt. Bei den mitüberlassenen Betriebsvorrichtungen (z. B. Kücheneinrichtung, Hebebühne, Bühne, Tische, Stühle, Beleuchtung und Technik, Sanitärräume, Geschirr und Besteck) handelt es sich um untergeordnete Nebenleistungen zu der vertraglich vereinbarten Überlassung der Räumlichkeiten. Dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug in dem Umfang nicht zugelassen hat, wie die Gemeinde die Halle bzw. Teile davon an Nichtunternehmer bzw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer vermietet hat und insoweit nicht optieren konnte, ist nicht zu beanstanden.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Tatsache, dass das Finanzamt den anteiligen Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten eines der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung stehenden Parkplatzes zugelassen hat, weil die Errichtung des Parkplatzes bzw. der darauf bestehenden Stellplätze zwingende Voraussetzung für die Baugenehmigung der Mehrzweckhalle waren.

Zur umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage bei sog. 0 %-Finanzierungen


Ist die Bemessungsgrundlage aus Warenverkäufen um die vom Verkäufer an ein finanzierendes Kreditinstitut entrichteten Finanzierungsentgelte zu mindern? Nein, entschied der Bundesfinanzhof. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer gegenüber dem Kunden angibt, dass er ihm einen Nachlass in Höhe der Zinsen gewährt.

 

Hintergrund

Die A betreibt einen Einzelhandel. Sie bietet ihren Kunden eine sog. 0 %-Finanzierung an, bei der die Kunden trotz Ratenzahlung insgesamt nur den Kaufpreis, den sie auch bei einer sofortigen Barzahlung entrichtet hätten, zahlen. Grundlage dieses Angebots ist eine Vereinbarung (Rahmenvertrag) zwischen der X (Muttergesellschaft der A) und einer Bank. Die Bank übernimmt die von X vermittelten Kredite. Die Darlehensverträge werden unmittelbar zwischen den Kunden (Darlehensnehmern) und der Bank geschlossen. Vermittelt A eine 0 %-Finanzierung, ist X zur Zahlung einer "Subvention" (Finanzierungsentgelt) an die Bank verpflichtet. Dazu erfolgt die Auszahlung der Darlehensvaluta an A abzüglich der sog. Subvention.

Die Kaufverträge der A mit ihren Kunden wurden zum Barzahlungsbetrag (Kaufpreis) abgeschlossen. Über diesen Betrag erteilte A gegenüber dem Kunden eine Rechnung, in der der Nettobetrag und die darauf entfallende Umsatzsteuer ausgewiesen waren. Zusätzlich enthielt die Rechnung den Hinweis: "Als Nachlass gewähren wir die seitens der finanzierenden Bank erhobenen Zinsen. Diese belaufen sich auf ... EUR. Vereinbarungsgemäß zahlen wir den als Nachlass gewährten Betrag direkt an die finanzierende Bank. Ein Anspruch auf Barauszahlung des Nachlasses besteht nicht."

In den Abrechnungen zu den Darlehensverträgen zwischen den Kunden und der Bank wurden der Gesamtkaufpreis als Darlehensbetrag und der Jahreszins mit "eff. 0,00 %" angegeben. Die Bank zahlte die jeweilige Darlehensvaluta gekürzt um die Subvention an die A aus.

A ging davon aus, dass die Bemessungsgrundlage um die Subvention zu kürzen war. Das Finanzamt setzte dagegen die Umsatzsteuer nach der ungekürzten Bemessungsgrundlage fest.

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Entscheidung des Finanzgerichts an. Das Entgelt als Bemessungsgrundlage für die Lieferung an den Kunden war nicht um den Betrag zu mindern, um den die Bank die Auszahlung der Valuta an die A gekürzt hat.

Der vom Kunden geschuldete Kaufpreis ist die Gegenleistung für die Lieferung der A. Der Kaufpreis bzw. die ungekürzte Darlehensvaluta bildet die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Lieferung. Über diese Summe vereinbarte der Kunde mit der Bank das von A vermittelte Sonderzinsdarlehen mit einer Auszahlung an A zur Tilgung der Kaufpreisschuld unter Einbehalt der vereinbarten "Subvention". Unerheblich ist, dass der Kunde den vereinbarten Kaufpreis nicht unmittelbar an A, sondern unter Einschaltung der Bank zahlte.

Der Einbehalt hat seinen Rechtsgrund nicht in dem für die Besteuerung allein maßgeblichen Rechtsverhältnis zwischen A und dem Kunden, sondern im Rechtsverhältnis zwischen A und der Bank. Der Kunde schuldete A aufgrund des Kaufvertrags den ungeminderten Barzahlungsbetrag. In diesem Betrag war kein Zins enthalten, auch wenn A dem Kunden in Kaufvertrag und Rechnung jeweils offengelegt hat, in welcher Höhe die finanzierende Bank gegenüber A Zinsen erhob bzw. die "Subvention" einbehielt. Dieser Einbehalt hatte keinen Einfluss auf die Höhe des vom Kunden geschuldeten Kaufpreises, der auch in voller Höhe von der Bank finanziert wurde. Die Tatsache, dass A dem Kunden ein Sonderzinsdarlehen der Bank vermittelte, änderte die Bemessungsgrundlage nicht. Denn die Darlehensvermittlung als Nebenleistung stellt für den Kunden keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel dar, um die Warenlieferung der A als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen zu erhalten.

Das gesondert zu betrachtende Leistungsverhältnis zwischen der A und der Bank berührt die Bemessungsgrundlage für die Lieferung der A an den Kunden nicht. Aufgrund des Rahmenvertrags zwischen der A und der Bank war diese bereit, dem Kunden ein Sonderzinsdarlehen einzuräumen und damit für die Bezahlung der Ware zu garantieren. Die Bank erbrachte diese Dienstleistung gegenüber der A gegen Entgelt. Dieses bestand in der vereinbarten "Subvention", die bei Auszahlung der Darlehenssumme von der Bank einbehalten wurde. Diese von der Bank an die A erbrachte steuerfreie Finanzdienstleistung ist Teil eines anderen unabhängigen Geschäftsvorgangs. Dieser Vorgang kann die Bemessungsgrundlage des Kaufs zwischen dem Kunden und der A nicht berühren.

Aufsichtsratsvergütung eines Sportvereins Umsatzsteuer


Nach dem Urteil eines Finanzgerichts ist für die Frage, ob das Mitglied des Kontrollmediums eines Vereins mit seinen Bezügen der Umsatzsteuer unterliegt, die Ausgestaltung der Satzung maßgeblich.

„Ein Aufsichtsratsmitglied ist nur dann unternehmerisch tätig, wenn es seine Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausübt und das hiermit verbundene wirtschaftliche Risiko trägt. Das ist nicht der Fall, wenn lediglich Zahlungen aufgrund eines garantierten Auslagenersatzanspruches erfolgen und die Vereinssatzung eine persönliche Haftung für Pflichtverletzungen für Aufsichtsratsmitglieder nicht vorsieht.“

Gegen die Umsatzsteuerpflicht von Vergütungen sprechen z.B. folgende Kriterien:

> die Tätigkeit erfolgt nicht im eigenen Namen und nicht auf eigene Rechnung,

> das Mitglied haftet nicht persönlich für Schäden,

> das Mitglied trägt mangels Einfluss auf Einnahmen oder Ausgaben kein wirtschaftliches Risiko,

> die Vergütung ist fest und unabhängig vom Zeitaufwand.

 

Quelle:

FG Köln, Urteil vom 26.11.2020 – 8 K 2333/18 (DStRK 11/2021 S. 153)

Unterhaltsaufwendungen an Lebensgefährten sind keine außergewöhnlichen Belastungen


Hat der Lebensgefährte wegen des Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen, sind Unterhaltsleistungen an diesen nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

 

Hintergrund

A führte im Jahr 2014 mit seiner nichtehelichen Lebensgefährtin E einen gemeinsamen Haushalt. E befand sich im Studium und war an der Universität immatrikuliert. Sie bezog geringfügige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Außerdem erhielt sie eine elternunabhängige Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

A machte für 2014 Unterhaltsaufwendungen für E in Höhe von 6.000 EUR nach § 33a EStG geltend. E sei als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen. Denn ihr stand wegen Unterhaltsleistungen des A keine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zu. Er trug den überwiegenden Teil ihrer Lebenshaltungskosten.

Das Finanzamt berücksichtigte die Unterhaltsaufwendungen nicht.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg, da A nach Ansicht der Finanzrichter nicht mit einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gleichgestellt werden kann. Denn E hatte nicht aufgrund der Unterhaltsleistungen des A keinen Anspruch auf Sozialleistungen, sondern wegen ihres im Rahmen des BAföG förderungsfähigen Studiums.

 

Entscheidung

Auch die Revision des A scheiterte. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Aufwendungen des A nicht im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind. Denn bei E handelt es sich weder um eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person noch um eine einer solchen gleichgestellte Person.

A war gegenüber E vor der Eheschließung nicht zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet. Denn die Unterhaltspflicht trifft nur Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandte in gerader Linie.

E ist keine einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellte Person. Ihr sind keine zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen des A gekürzt worden. Zwar hatte E keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Das beruht jedoch nicht auf etwaigen Unterhaltsleistungen des A, sondern auf ihrem Bezug von Leistungen nach dem BAföG. Denn dadurch sind Ansprüche des "Auszubildenden" (hier E) auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe ausgeschlossen.

Im Übrigen ist der Abzug von Unterhaltsaufwendungen aufgrund sittlicher Verpflichtung ausgeschlossen. Es sind lediglich diejenigen Personen gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellt, deren Sozialleistungen "mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden".

Damit werden "freiwillige" Unterhaltszahlungen nur dann wie zivilrechtlich geschuldete Zahlungen behandelt, wenn für den Leistenden eine vergleichbare Zwangslage wie bei einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten gegeben ist. Das ist nur der Fall, wenn gesetzlich unwiderlegbar vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person sichergestellt ist, und deshalb zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt werden.

Da E vorliegend wegen etwaiger Unterhaltsleistungen des A weder einen Anspruch auf Sozialleistungen verloren hat noch ein solcher deshalb gekürzt wurde, befand sich A folglich nicht in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete.

Ermittlung der ortsüblichen Miete


Die ortsübliche Miete, die für die Prüfung des Werbungskostenabzugs bei den Vermietungseinkünften wichtig ist, ist vorrangig auf der Basis des örtlichen Mietspiegels zu ermitteln. Gibt es keinen Mietspiegel oder ist er nicht verwendbar, kann die ortsübliche Miete mithilfe eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder durch Auskunft aus einer Mietdatenbank oder unter Heranziehung mindestens dreier vergleichbarer Wohnungen ermittelt werden. Jede dieser drei letztgenannten Ermittlungsarten ist grundsätzlich gleichrangig.

 

Hintergrund

Bei der Vermietung von Wohnungen fallen regelmäßig Werbungskosten an. Der Gesetzgeber sieht eine anteilige Kürzung der Werbungskosten vor, wenn die Miete weniger als 66 % bzw. – seit 2021 – weniger als 50 % der ortsüblichen Miete beträgt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin vermietete seit 2015 eine 57 qm große Wohnung in Thüringen an ihre Tochter zu einer Miete von 300 € monatlich zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 70 €. Die Tochter trug die monatliche Abschlagzahlung für den Strom in Höhe von 49 €. Eine weitere gleich große Wohnung im selben Haus vermietete die Klägerin an einen Fremdmieter für monatlich 500 € zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 78 €. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten für die an die Tochter vermietete Wohnung nur im Umfang von 64,01 % an. Hierbei ging es von einer ortsüblichen Miete von 578 € aus, so dass die von der Tochter gezahlten 370 € weniger als 66 % hiervon, nämlich 64,01 %, betrugen.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Bei der ortsüblichen Miete handelt es sich um die ortsübliche Kaltmiete (zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten) für vergleichbare Wohnungen, wie sie sich aus dem örtlichen Mietspiegel ergibt. Dies kann der einfache Mietspiegel, aber auch der qualifizierte Mietspiegel sein. Maßgeblich ist dabei die sich aus dem Mietspiegel ergebende Spanne für vergleichbare Wohnungen; es ist also nicht der Mittelwert anzusetzen. Die Miete ist erst dann nicht mehr ortsüblich, wenn sie die Grenzwerte der Spanne über- oder unterschreitet.
  • Die ortsübliche Miete ist nur dann nicht aus dem Mietspiegel abzuleiten, wenn es keinen Mietspiegel gibt oder der Mietspiegel nicht regelmäßig an die Marktentwicklung angepasst worden ist oder der Mietspiegel substanzielle Defizite bei der Datenerhebung aufweist oder aus sonstigen Gründen einen mangelhaften Erkenntniswert hat. Gleiches gilt, wenn es sich um ein Sonderobjekt handelt, das nicht vom Mietspiegel erfasst wird.
  • In den Fällen, in denen nicht auf einen Mietspiegel zurückgegriffen werden kann, kann die ortsübliche Miete aus einem Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder aus der Auskunft einer Mietdatenbank oder aus den Mieten für mindestens drei vergleichbare und mit Adresse, Lage und Stockwerk bezeichneten Wohnungen abgeleitet werden. Jeder dieser Ermittlungswege ist grundsätzlich gleichrangig.
  • Im Streitfall darf die ortsübliche Miete nicht aus der anderen von der Klägerin vermieteten Wohnung abgeleitet werden. Vielmehr muss das FG zunächst den örtlichen Mietspiegel heranziehen und bei der Höhe der gezahlten Miete auch die von der Tochter gezahlte Abschlagzahlung für den Strom berücksichtigen, da es sich insoweit um einen abgekürzten Zahlungsweg handelt; die gezahlte Miete betrug damit 419 € (300 € + 70 € + 49 €).
Hinweis:

Der BFH macht deutlich, dass vorrangig der örtliche Mietspiegel auszuwerten ist, um die ortsübliche Miete zu ermitteln. Erst wenn dieser nicht vorhanden oder nicht verwertbar ist, darf auf die Mieten für drei oder mehr vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden; es ist also nicht möglich, nur die Mieten für ein oder zwei vergleichbare Wohnungen heranzuziehen. Der BFH hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, nach der eine vergleichbare Mietwohnung im selben Haus als Vergleichsmaßstab herangezogen werden konnte.

Privates Veräußerungsgeschäft mit Grundstücken bei Nutzung zu eigenen Wohnzwecken


Grundstücksveräußerungen bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt, unterliegen nach § 23 EStG der Besteuerung.

Eine Ausnahme gilt für Grundstücke, die im Zeitraum zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Gleiches gilt bei entsprechender Eigennutzung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren.

In einem Streitfall stellte sich die Frage, ob die erforderliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann erfüllt wird, wenn diese Nutzung baurechtlich gar nicht erlaubt ist. In dem Verfahren handelte es sich um ein voll erschlossenes Gartenhaus (mit 60qm Wohnfläche) in einer Kleingartenanlage.

Ein Finanzgericht entschied, dass eine baurechtswidrige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken die Besteuerung nicht ausschließt:

„Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ….. setzt voraus, dass ein Gebäude dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Unterkunft und Aufenthalt zu ermöglichen. Das trifft für ein im Außenbereich in einer Kleingartenanlage in einem sog. Wochenend- und Ferienhausgebiet belegenes, voll erschlossenes Gartenhaus, das baurechtlich nicht ganzjährig bewohnt werden darf, nicht zu. Insoweit ist eine rechtswidrige Duldung der Nutzung zu Wohnzwecken durch die Bauverwaltung unerheblich.“

Gegen das Urteil wurde nach erhobener Nichtzulassungsbeschwerde die Revision zugelassen.

Quelle:

FG München, Urteil vom 15.9.2020 – 2 K 1316/19

Revision anhängig; AZ. BFH: IX-R-5/21 (EFG 2021 S. 762)

Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang


Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).

In einem rechtshängigen Fall hatte der Steuerpflichtige eine Wohnung aus dem Betriebsvermögen entnommen und diese anschließend instandgesetzt. Den dafür getätigten Aufwand wollte der Steuerpflichtige sofort als Werbungkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

Das Finanzgericht widersprach diesem Begehren.

Das Tatbestandsmerkmal der Anschaffung ist dahin auszulegen, dass auch die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang von ihrem Anwendungsbereich erfasst wird. Dabei ist als Betrag der Anschaffungskosten der Entnahmewert maßgebend.

„Die Entnahme eines Gebäudes aus dem Betriebsvermögen und Überführung in das Privatvermögen ist im Wege der Analogie ….. auch bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als anschaffungsähnlicher Vorgang zu beurteilen.“

Im Ergebnis können damit die Aufwendungen steuerlich nur über die Abschreibung der Immobilie geltend gemacht werden. Zur höchstrichterlichen Klärung wurde die Revision zugelassen.

Quelle:

FG Köln, Urteil vom 25.02.2021 – 11 K 2686/18;

Revision eingelegt; Az. BFH: IX R 7/21 ((NWB Eilnachrichten 2021 S. 1638)

Säumniszuschläge: Ist deren Höhe verfassungsgemäß?


An der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestehen keine Zweifel, meint das Finanzgericht Münster. Das gilt auch im Hinblick auf die schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifel bezüglich der Höhe des Zinssatzes bei den Nachzahlungszinsen nach § 233a AO.

 

Hintergrund

Die Antragstellerin beantragte den Erlass von Säumniszuschlägen. Das Finanzamt erließ diese jedoch nur zur Hälfte aus sachlichen Billigkeitsgründen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Antragstellerin. Darüber hinaus lehnte es den Antrag ab. Die Antragstellerin bezahlte die ausstehenden Säumniszuschläge vollständig.

In der Folge beantragte die Antragstellerin den Erlass eines Abrechnungsbescheids. Sie trug vor, dass sich die Säumniszuschläge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Hälfte aus einem Druckmittel und zur Hälfte aus einen Zinsanteil zusammensetzten. Den Zinsanteil hält der Bundesfinanzhof aus sachlichen Billigkeitsgründen regelmäßig nicht für erlasswürdig. Denn dieser entspricht der steuerlichen Verzinsung bei späterer Fälligkeit der Steuer. Die Antragstellerin ist der Ansicht, wenn die Zinshöhe mit 6 % verfassungswidrig hoch sei, müsse dies auch für den Zinsanteil in den Säumniszuschlägen gelten.

Gegen den Abrechnungsbescheid, der die kraft Gesetzes entstandenen Säumniszuschläge und die hierauf entrichteten Zahlungen auswies, legte die Antragstellerin Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb. Den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ebenfalls ab. Die Antragstellerin hat daraufhin Klage erhoben und Aufhebung der Vollziehung beim Finanzgericht beantragt.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Antragstellerin Recht und entschied, dass nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel daran bestehen, dass das Finanzamt Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO angesetzt hat.

Die Vorschrift des § 240 AO ist nach Auffassung des Finanzgerichts an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. An der grundsätzlichen Verfassungsgemäßheit der Vorschrift ändert sich auch dadurch nichts, dass inzwischen gegen die Höhe des Zinssatzes bei sog. Nachzahlungszinsen schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel bestehen.

Es gibt jedoch sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken, wenn die Säumniszuschläge wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen teilweise zu erlassen sind. Die nicht erlassenen Säumniszuschläge dürften in diesen Fällen im Wesentlichen dem gleichen Zweck wie die Verzinsung dienen. Ob sich die Zweifel an der Vereinbarkeit der nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO festzusetzenden Zinsen auch auf § 240 AO übertragen ließen, wurde in der Rechtsprechung bisher uneinheitlich und noch nicht höchstrichterlich entschieden. In Anbetracht der unterschiedlichen Entscheidungen bestehen im vorliegenden Fall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge, da bei der Antragstellerin eine Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit vorlag.

Grunderwerbsteuer: Sind Erschließungsbeiträge einzubeziehen?


Sind Erschließungsbeiträge als sonstige Leistungen in die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer einzubeziehen? Ja, meint das Finanzgericht Münster. Das letzte Wort hat aber der Bundesfinanzhof.

 

Hintergrund

Die Kläger und ihr Sohn, J. B., erwarben von der Z-Immobiliengesellschaft mbH eine im Grundbuch von X-Stadt eingetragene Grundstücksfläche zu Miteigentum. In dem in der notariellen Urkunde genannten Kaufpreis ist die sog. Erschließung enthalten.

Zusätzlich zum Grundstückskaufpreis erstattet der Käufer der Verkäuferin die von dieser im Verhältnis zu den jeweiligen Leistungserbringern zu tragenden Kosten für die Herstellung eines Hausanschlussschachtes für Schmutz- und Regenwasser (Mischsystem) auf dem verkauften Grundstück mit einem pauschalen Betrag. Zur Erschließung vereinbarten die Parteien, dass Z die gesamten Erschließungsmaßnahmen für die sog. Ersterschließung durchzuführen hat. Diese Maßnahmen umfassen insbesondere die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlagen sowie die erstmalige Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, einschließlich Fahrbahnen, inklusive Stellplatzflächen, Geh-/Radwegen, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung und Straßenbegleitgrün. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Erschließungskosten werden von der Verkäuferin getragen und sind im Kaufpreis enthalten. Eine gesonderte Abrechnung dieser Erschließungskosten erfolgt nicht. Zusätzlich wird die Z den Hausanschlussschacht für das Grundstück der Kläger erstellen.

Das Finanzamt setzte gegenüber den Klägern und ihrem Sohn jeweils Grunderwerbsteuer fest. Gegen die Grunderwerbsteuerbescheide legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führten sie jeweils aus, dass das Finanzamt eine zu hohe Bemessungsgrundlage angesetzt habe. Die Kosten für den Hausanschlussschacht sowie die Kosten für die noch nicht geleistete Erschließung seien aber abzuziehen, sodass für die Grunderwerbsteuer ein geringerer Kaufpreis anzusetzen sei.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Zu Recht hat das Finanzamt den (kalkulatorisch) auf die Erschließungskosten entfallenden Kaufpreisanteil in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen.

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt als Gegenleistung u. a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben.

Für den Umfang der Gegenleistung ist entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht wurde. Ob Erschließungskosten als Gegenleistung zu erfassen sind, ist danach zu beurteilen, ob das Grundstück unerschlossen oder erschlossen bzw. mit der Verpflichtung des Veräußerers, es erschlossen zu verschaffen, Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist.

Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits tatsächlich erschlossen, kann Gegenstand eines solchen Vertrages nur das erschlossene Grundstück sein; der zur Abgeltung der Erschließung neben dem eigentlichen Grundstückskaufpreis gesondert ausgewiesene Betrag gehört in diesem Fall zur Gegenleistung.

Ist das Grundstück hingegen im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossen, verpflichtet sich jedoch der Veräußerer, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, so ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises ist dann Entgelt für den Grundstückserwerb.

Im vorliegenden Fall ergibt die Auslegung des Kaufvertrags, dass sich die Verkäuferin verpflichtet hat, den Klägern das Grundstück im erschlossenen Zustand zu verschaffen.

Stipendienzahlungen können Sonderbetriebseinnahmen sein


Wird einem Mitunternehmer ein Stipendium gewährt, ist dieses als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen. Das gilt insbesondere dann, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird.

 

Hintergrund

A und B waren jeweils zur Hälfte an einer GbR beteiligt, die sich mit Softwareentwicklung beschäftigte. Im Jahr 2010 hatten sie mit der Universität C jeweils Stipendiatenverträge geschlossen. Danach erhielten sie als Teil des Programms "Existenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST)" für 2010/2011 ein Stipendium. Die Stipendien sollten der Entwicklung einer Software dienen. Dazu sollte von A und B ein Forschungsprototyp der Universität zu einem marktreifen Produkt ausgearbeitet werden.

Die Stipendien sollten den Existenzgründern ermöglichen, sich ganz der Verfolgung und Realisierung der Gründungsidee zu widmen. Sie stellten weder Vergütungen noch Arbeitsentgelt dar, sondern dienten lediglich der Sicherung des Lebensunterhalts und des finanziellen Risikos wegen Krankheit während der Weiterverfolgung der Gründungsidee.

Die Stipendien wurden teils im Jahr 2010, teils im Jahr 2011 an A und B ausgezahlt.

Das Finanzamt ging davon aus, die Stipendien seien als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen, und änderte den Feststellungsbescheid 2010 entsprechend.

Die Klage gegen die Berücksichtigung als Sonderbetriebseinnahmen hatte vor dem Finanzgericht Erfolg, da es nach Ansicht der Finanzrichter an einer Veranlassung der Stipendienzahlungen durch das Gesellschaftsverhältnis fehlte.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zwar war auch der Bundesfinanzhof der Meinung, dass die Stipendienzahlungen keine Sondervergütungen darstellten, weil die Universität als Stipendiengeberin nicht in einen Leistungsaustausch zwischen A und B einerseits und der GbR andererseits eingeschaltet war. Das Finanzgericht hat jedoch unzutreffend angenommen, dass die Stipendienzahlungen mangels Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch keine sonstigen Sonderbetriebseinnahmen sein können.

Zu den mitunternehmerischen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft gehören alle Einnahmen und Betriebsausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der unternehmerisch tätigen Personengesellschaft haben. Als Sonderbetriebseinnahmen in diesem Sinne sind auch Einnahmen zu qualifizieren, die ein Mitunternehmer zwar im eigenen Namen, aber mit Unterstützung der Mitunternehmerschaft erzielt.

Dementsprechend ist auch das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird. Stipendien dienen regelmäßig dazu, den Geförderten bei der Umsetzung eines bestimmten Vorhabens finanziell zu unterstützen. Sie steigern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stipendiaten. Bedient sich der so Geförderte als Mitunternehmer der Mitunternehmerschaft, um das geförderte Vorhaben voranzutreiben, ist die Stipendienzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Hiervon abweichend hat das Finanzgericht unzutreffend darauf abgestellt, dass die Zahlungen nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren, weil die GbR nicht selbst Partei der Stipendiatenverträge war und sich A und B nicht als Mitunternehmer der GbR verpflichtet hatten, das Projekt in der bestehenden GbR weiterzuentwickeln. Daraus folgt jedoch nicht, dass keine Sonderbetriebseinnahmen gegeben sein könnten. Denn die Stipendienzahlungen wären dann als Sonderbetriebseinnahmen zu qualifizieren, wenn A und B die Entwicklung des Projekts zwar in eigenem Namen, jedoch mit Mitteln (insbesondere der technischen Ausstattung) der GbR betrieben hätten.

Dass A und B ihr Vorhaben mit Mitteln der GbR betrieben haben, kann nicht ausgeschlossen werden. Die GbR war bereits erfolgreich im Bereich der Softwareentwicklung tätig. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass sie das geförderte Projekt in der GbR weiterentwickelt und sich hierzu der Ressourcen der GbR bedient haben. Das Finanzgericht muss deshalb die tatsächlichen Umstände der Umsetzung des geförderten Gründungsvorhabens durch A und B näher aufklären.

Tarifliche Freistellung ist nicht mit Urlaub vergleichbar


Wird einem Mitarbeiter eine tarifliche Freistellung bewilligt und wird er in dieser Zeit krank, kann er nicht verlangen, erneut freigestellt zu werden. Denn für eine Freistellung gelten andere Regeln als für Urlaubstage.

 

Hintergrund

Der Kläger ist als gewerblicher Mitarbeiter im Schichtsystem tätig. Auf sein Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie Anwendung. Dieser sieht vor, dass Mitarbeitende als Ausgleich für Schichtarbeit entweder das tarifliche Zusatzgeld beanspruchen oder dieses in Freistellungstage umwandeln können. Im vorliegenden Fall entschied sich der Kläger, eine solche bezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen. Er beantragte für 3 Werktage die zusätzlichen tariflichen Freistellungstage, was der Arbeitgeber auch genehmigte. In dieser Zeit erkrankte der Kläger arbeitsunfähig.

Der Kläger forderte vom Arbeitgeber daraufhin eine Nachgewährung der Freistellungstage, notfalls die Zahlung des tariflichen Zusatzgeldes. Er war der Ansicht, dass sein Anspruch auf Freistellungstage aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit noch nicht verbraucht war. Der Arbeitgeber war dagegen davon überzeugt, dass er mit der Freistellungsgewährung den Anspruch des Mitarbeiters erfüllt hatte. Denn es handelte sich um Freistellungstage und nicht um Urlaubstage.

 

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht urteilte zugunsten des Arbeitgebers. Der Kläger hatte weder einen Zahlungs- noch einen erneuten Freistellungsanspruch als Ersatz für die krankheitsbedingt "verlorenen" Tage. Vielmehr hatte der Arbeitgeber den Anspruch auf tarifliche Freistellung mit der Gewährung der 3 freien Werktage voll und ganz erfüllt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt. Etwas anderes könne sich auch nicht aus der Bestimmung des § 9 BUrlG ergeben. Denn der im Manteltarifvertrag geregelte Freistellungsanspruch ist nicht mit einer Urlaubsgewährung vergleichbar.

§ 9 BUrlG ist weder unmittelbar noch analog anwendbar. Unmittelbar gilt die Vorschrift nur für den gesetzlich garantierten Erholungsurlaub. Eine dem § 9 BUrlG entsprechende Vorschrift zur Arbeitsunfähigkeit wurde im Tarifvertrag aber gerade nicht getroffen.

Damit trägt der Arbeitnehmer das Risiko der Arbeitsunfähigkeit während Freistellung und nicht der Arbeitgeber. Etwas anderes ergibt auch die Auslegung des Tarifvertrags nicht. Insbesondere konnte daraus nicht gefolgert werden, dass der Arbeitgeber nach Festlegung der Freistellungstage im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit das Risiko der Nutzungsmöglichkeit tragen soll.

Warum Gesellschafterlisten nicht aus dem Handelsregister gelöscht werden können


Reicht eine GmbH ihre Gesellschafterliste ein, sollte diese zutreffend sein. Denn die Gesellschafterliste kann nicht nachträglich aus dem Handelsregister gelöscht werden – selbst wenn mit ihr versehentlich vertrauliche Unterlagen eingereicht wurden.

 

Hintergrund

Nachdem ein Gesellschafter einer GmbH verstorben war, reichte der Geschäftsführer eine neue Gesellschafterliste beim elektronischen Handelsregister ein. In dieser war die Erbengemeinschaft als Gesellschafterin aufgeführt. Zusammen mit der neuen Gesellschafterliste wurde der Erbschein übermittelt.

Das Registergericht stellte die Gesellschafterliste und den Erbschein in den elektronischen Registerordner der GmbH ein. Dagegen wandte sich eine Erbin. Ihrer Ansicht nach handelte es sich bei dem Erbschein um ein vertrauliches Dokument, das nicht öffentlich einsehbar sein dürfte. Das Registergericht wies den Antrag zurück, da es nicht befugt war, Gesellschafterlisten aus dem Registerordner zu löschen. Denn sonst könnte sich der Rechtsverkehr kein vollständiges Bild über die Historie der Gesellschafterverhältnisse machen.

 

Entscheidung

Die Beschwerde der Erbin beim Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Löschung einer Gesellschafterliste aus dem Handelsregister oder ihre Berichtigung nicht möglich ist. Das Amtslöschungsverfahren gilt nur für Registereintragungen, jedoch nicht für reine Hinterlegungen wie im Fall der Gesellschafterliste.

Im Verhältnis zur GmbH gelten die Personen als Gesellschafter, die in die beim Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste aufgenommen sind. Nur für diese Personen gilt die Legitimationswirkung und nur diese können Gesellschafterrechte ausüben. Wegen dieser großen Bedeutung müssen aktualisierte Gesellschafterlisten eingereicht werden, wenn es Änderungen bei den Gesellschaftern oder den Geschäftsanteilen gibt. Das Registergericht darf die eingereichten Gesellschafterlisten grundsätzlich nur auf formelle Fehler überprüfen. Eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit erfolgt nicht.

Für die Vergangenheit ist eine Korrektur der Gesellschafterliste nicht möglich. Zum Schutz des Rechtsverkehrs bleiben die in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterlisten mit allen Anlagen dauerhaft hinterlegt und zwar auch, wenn sie unrichtig sind. Dabei bleibt es sogar dann, wenn mit der Gesellschafterliste versehentlich vertrauliche Informationen beim Registergericht eingereicht wurden.

Modernisierung in Etappen: Wann darf die Miete erhöht werden?


Führt der Vermieter mehrere Modernisierungsmaßnahmen durch, kann er auch mehrere Modernisierungsmieterhöhungen erklären, und zwar bezüglich der jeweils abgeschlossenen Maßnahme. Das gilt auch dann, wenn die Maßnahmen in einem einheitlichen Schreiben angekündigt wurden.

 

Hintergrund

Die Vermieterin einer Wohnung kündigte im Februar 2017 zahlreiche Arbeiten zur Modernisierung an. Neben verschiedenen Maßnahmen zur Energieeinsparung sollten Balkone angebaut und Wohnungseingangstüren mit verbessertem Schall-, Wärme-, Brand- und Einbruchschutz eingebaut werden. Als voraussichtliche Mieterhöhung nannte die Vermieterin einen Betrag von 235 EUR pro Monat, die Baumaßnahmen sollten voraussichtlich 25 Wochen dauern.

Im Juni 2018 erklärte die Vermieterin eine Modernisierungsmieterhöhung von 232 EUR monatlich zum 01.09.2018. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wohnungseingangstüren noch nicht erneuert. Die diesbezüglichen Kosten waren in die Berechnung der Mieterhöhung noch nicht eingeflossen. Im November 2018 wurden die Wohnungstüren erneuert.

Die Mieter zahlten die erhöhte Miete nur unter Vorbehalt und fordern den Erhöhungsbetrag für September bis Dezember 2018 zurück. Sie meinen, dass das Gesamtmodernisierungsvorhaben bei der Mieterhöhung noch nicht abgeschlossen war und die Vermieterin eine höhere Miete erst ab einer neuen Mieterhöhungserklärung verlangen konnte.

 

Entscheidung

Die Klage der Mieter hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Modernisierungsmieterhöhung zum 01.09.2018 wirksam war, auch wenn noch nicht alle angekündigten Baumaßnahmen fertiggestellt waren.

Nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen kann der Vermieter die jährliche Miete um 8 % (bis 31.12.2018: 11 %) der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Diese Modernisierungsmieterhöhung ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu erläutern.

Das Mieterhöhungsverlangen kann grundsätzlich erst nach Abschluss der Arbeiten gestellt werden. Wenn aber tatsächlich trennbare Maßnahmen durchgeführt wurden, können mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen. Da der Mieter auch vor Beendigung sämtlicher Maßnahmen von den bereits abgeschlossenen Baumaßnahmen profitiert, ist es angemessen, ihn an den hierfür erforderlichen Kosten zu beteiligen.

Im vorliegenden Fall war der noch ausstehende Einbau neuer Wohnungseingangstüren von den restlichen, schon abgeschlossenen Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich trennbar. Es handelte sich um ein von den übrigen Maßnahmen unterscheidbares Gewerk.

Hieran ändert sich nichts dadurch, dass die Vermieterin alle Modernisierungsmaßnahmen in einem einheitlichen Schreiben angekündigt hat. Die Ankündigung soll dem Mieter insbesondere ermöglichen, seine Duldungspflicht zu prüfen. Jedoch ist eine Modernisierungsankündigung keine Voraussetzung für eine spätere Modernisierungsmieterhöhung. Lediglich die Frist, ab der der Mieter die erhöhte Miete schuldet, verlängert sich von 3 auf 6 Monate nach Zugang der Erhöhungserklärung

Maklerprovision: Wenn der Interessent nach mehr als einem Jahr doch noch kauft


Einem Immobilienmakler steht eine Vergütung nur dann zu, wenn der Vertrag auch tatsächlich aufgrund seiner Vermittlung zustande kommt. Liegen zwischen Angebot und Kauf 14 Monate und mietet der Interessent das Objekt zwischenzeitlich, besteht kein Zusammenhang mehr zwischen Kauf und Leistung des Maklers.

 

Hintergrund

Der Kläger bot als Makler eine Immobilie mit großem Grundstück zum Verkauf an. Vor dem Kauf musste jedoch noch das Grundstück aufgeteilt werden. Der Beklagte wurde durch den Kläger über das Objekt informiert und entschloss sich danach zum Kauf des Hauses mit Grundstück. Da es Probleme bei der Aufteilung des Grundstücks gab, kam es nicht zum notariellen Abschluss. Stattdessen mietete der Beklagte das Objekt zunächst. Erst nach 14 Monaten und nach Beseitigung der Aufteilungsprobleme kaufte der Beklagte die Immobilie. Der Kläger forderte nun die Zahlung der Maklerprovision. Das Landgericht wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Auch das Oberlandesgericht verweigerte dem Kläger die Provision. Ihm steht als Makler nur dann eine Vergütung zu, wenn der beabsichtigte Vertrag tatsächlich aufgrund seiner Vermittlungstätigkeit zustande kommt. Dies muss der Kläger beweisen.

Erleichterungen bei diesem Nachweis sind nur dann anzunehmen, wenn der Makler die Gelegenheit zum Vertragsschluss nachweist und durch seine Tätigkeit der Abschluss des Kaufvertrags als Hauptvertrag in angemessenem Zeitabstand erfolgt. Dann wird zugunsten des Maklers vermutet, dass der Vertrag aufgrund der Leistungen des Maklers zustande gekommen ist. Der Zeitraum von 14 Monaten, der zwischen der Nachweisleistung und dem Vertragsschluss lag, und die vorherige Anmietung des Objekts lassen jedoch eine solche Vermutung zugunsten des Maklers nicht mehr zu. Der Beklagte hatte seine Erwerbsabsicht vorübergehend vollständig aufgegeben, da er stattdessen das Objekt anmietete.

Darüber hinaus hatte der Beklagte zunächst ein erneutes Kaufangebot der Verkäufer abgelehnt. Zudem war die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Verkäuferseite erklärt worden. Bei Berücksichtigung dieser Umstände konnte der Erwerb der Immobilie mehr als 1 Jahr nach dem ersten Notartermin nicht mehr im Zusammenhang mit der Leistung des Maklers gesehen werden.

Unfallgeschädigte müssen sich nicht mit Teilreparatur zufriedengeben


Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht grundsätzlich auch dann, wenn die Reparatur des Fahrzeugs eines Unfallgeschädigten aufgrund fehlender Ersatzteile mehrere Monate dauert. Der Geschädigte darf sich bei der Reparatur auf die Werkstatt verlassen.

 

Hintergrund

Das Auto der Klägerin kollidierte mit einem anderen Fahrzeug, dessen Fahrer bei Rot über die Ampel gefahren war. Das Fahrzeug stand der Klägerin erst 190 Tage nach dem Unfall wieder zur Verfügung.

Die Reparatur hatte so lange gedauert, weil ein Airbag-Modul für die Beifahrerseite des Fahrzeugs lange Zeit nicht geliefert worden war. Als das Modul dann schließlich bei der beauftragten Werkstatt eintraf, stellte sich heraus, dass auch der Kabelbaum der Beifahrertür defekt war, weshalb dieser noch nachbestellt und eingebaut werden musste.

Die Versicherung wollte für den Nutzungsausfall nicht aufkommen. Insbesondere habe die Klägerin die Schadenbeseitigung in erheblichem Umfang schuldhaft verzögert. Ein fehlendes Airbag-Modul habe einer Reparatur und einer anschließenden Nutzung des Fahrzeugs nicht im Wege gestanden, ein Beifahrerairbag müsse nicht zwingend einsatzbereit sein.

 

Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab der Klägerin zum überwiegenden Teil Recht. Verzögerungen bei der Reparatur eines Unfallgeschädigten Fahrzeugs, die nicht vom Geschädigten zu vertreten sind, gehen zu Lasten des Schädigers. Insofern konnte von der Geschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung auch für einen längeren Zeitraum beansprucht werden.

Hat die Werkstatt, wie im vorliegenden Fall, die Verzögerung der Reparatur mit Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen begründet, trifft den Geschädigten auch keine dahingehende Schadenminderungspflicht, selbst bei anderen Werkstätten oder bei dem Fahrzeughersteller nach der Verfügbarkeit der Ersatzteile zu forschen. Ein Geschädigter darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass die von ihm beauftragte Werkstatt sich unter Ausschöpfung aller verfügbaren Möglichkeiten um eine zeitnahe Beschaffung der Ersatzteile bemühen wird.

Die Werkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, deren Verschulden er sich zurechnen lassen muss. Eine Anspruchsminderung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn dem Geschädigten selbst eine Verletzung der Schadenminderungspflicht vorzuwerfen ist. Auch muss sich ein Geschädigter grundsätzlich nicht mit einer Teilreparatur seines Fahrzeugs zufriedengeben.