Kanzleibrief Januar 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Kanzleibrief Januar 2021 haben wir interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

Viele Grüße

Ihr Team von Schauer Häffner & Partner

Steuerzahlungstermine im Februar


Steuerzahlungstermine im Februar 2021

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.02.

15.02

Umsatzsteuer

10.02.

15.02.

 

 

Sonstige Termine

 

15.02.

Jahresmeldung 2020 zur Sozialversicherung (§ 10 DEÜV)

16.02.

Lohnnachweis digital 2020 zur Unfallversicherung (§ 99 SGB IV)

22.02.

Übermittlung Beitragsnachweise für Februar 2021

25.02.

Zusammenfassende Meldung Januar 2021

24.02.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Februar 2021 zzgl. restliche Beitragsschuld Januar 2021

Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020 vom 21.12.2020 - BGBl. 2020 Teil I S. 3096)


Nachstehend wird nur auf praktisch relevant erscheinende gesetzliche Änderungen, Ergänzungen und Neuerungen im Rahmen der Einkommensteuer eingegangen.

1. Steuerfreie Einnahmen (§ 3 EStG)

1.1. Weiterbildung (§ 3 Nr. 19 EStG)

Der Katalog steuerfreier Einnahmen wird erweitert auf Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers, die der verbesserten Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen. Steuerfrei sind jetzt auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers zur beruflichen Neuorientierung bei Ende des Arbeitsverhältnisses.

Anwendung (§ 52 Abs. 1 EStG)

Die Erweiterung findet ab der Veranlagung 2020 Anwendung.

 

1.2. Nebenberufliche Tätigkeiten (§ 3 Nr. 26 EStG)

Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren Tätigkeiten sind bis zur Höhe von 3.000 € im Jahr steuerfrei (bisher 2.400 €). Die Freibeträge gelten wie bisher auch für nebenberufliche künstlerische Tätigkeiten und für die Pflege alter, kranker und behinderter Menschen.

Anwendung (Art. 50 Abs. 4 des Gesetzes)

Die Erhöhung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2021.

 

1.3. Steuerfreie Einnahmen (§ 3 Nr. 26a EStG)

Außerdem wird für nebenberufliche Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke der bisherige Freibetrag in Höhe von 720 € auf 840 € erhöht.

Anwendung (Art. 50 Abs. 4 des Gesetzes)

Die Erhöhung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2021.

 

2. Gewinnbegriff im Allgemeinen (§ 4 EStG)

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung (§ 4 Abs. 5 Ziffer 6b EStG) sind grundsätzlich in Höhe von maximal 1.250 € dann abzugsfähig, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Diese betragsmäßige Begrenzung greift nur dann nicht, wenn das Zimmer beim Steuerpflichtigen den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet.

Liegt ein häusliches Arbeitszimmer gar nicht vor oder aber wird auf die Geltendmachung desselben verzichtet, können jetzt kalendertäglich 5 € für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung geltend gemacht werden, begrenzt auf 600 € im Jahr.

Anwendung (§ 52 Abs. 6 EStG)

Die Bestimmungen gelten für in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten in den Jahren 2020 und 2021.

 

3. Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g EStG)

Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG ermöglichen die Vorverlagerung von Abschreibungspotential in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter.

Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet (neu) oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, bis zu 50% (bisher 40%) der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbeträge).

Investitionsabzugsbeträge können nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG ermittelt wird. Für alle Einkunftsarten gilt nunmehr eine einheitliche Gewinn- grenze in Höhe von höchstens 200.000 € im Wirtschaftsjahr (vor Berücksichtigung § 7g EStG).

Neu ins Gesetz aufgenommen wurde eine Missbrauchsklausel, die Investitionsabzugsbeträge verhindern soll für Investitionen, die zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits angeschafft oder hergestellt worden sind. Mehrergebnisse aufgrund einer Betriebsprüfung konnten bisher ohne diese Klausel „nachträglich“ ausgeglichen werden. Neu aufgenommen ins Gesetz wurde außerdem, dass die Steuererleichterungennur demjenigen gewährt werden, der die Investitionen auch tatsächlich vornimmt. Ein Im Sonderbetriebsvermögen geltend gemachter Investitionsabzugsbetrag erfordert somit auch die Investition in diesem Vermögensbereich und nicht im Gesamthandvermögen der Personengesellschaft,

Anwendung (§ 52 Abs. 16 EStG)

Die Regelungen sind erstmals für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen anzuwenden, die in nach dem 31.12.2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.

Bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr können die neuen Betriebsgrößenmerkmale auch erst für Wirtschaftsjahre angewandt werden (Wahlrecht), die nach dem 17.7.2020 enden.

Die einschränkenden Regelungen zum Vermögensbereich bei Personengesellschaften sind erst in Wirtschaftsjahren anzuwenden, die nach dem 31.12.2020 enden.

 

4. Einnahmen (§ 8 EStG)

Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) bleiben außer Ansatz, wenn die sich ergebenden Vorteile insgesamt 50 € (bisher 44 €) im Kalendermonat nicht übersteigen.

Anwendung (Art. 50 Abs. 7 des Gesetzes)

Die Erhöhung gilt ab der Veranlagung 2022.

 

4. Steuerbegünstigte Zwecke (§ 10b EStG)

Bisher genügt bei Spenden bis zur Höhe von 200 € regelmäßig der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, einer gesonderten Spendenbescheinigung bedurfte es nicht. Die Betragsgrenze wird jetzt von 200 € auf 300 € erhöht.

Anwendung (Art. 50 Abs. 4 des Gesetzes)

Die Erhöhung gilt für Zuwendungen ab dem 1.1.2021.

 

6. Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)

Nach derzeitiger Rechtslage erfolgt bei der Vermietung eine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil, wenn die Wohnung zu weniger als 66% der ortsüblichen Miete überlassen wird. Diese Aufteilung ist nunmehr vorgesehen, wenn die Wohnung zu weniger als 50% der ortsüblichen Miete überlassen wird. Gleichzeitig gilt jetzt aber auch, dass es einer Totalüberschussprognoseprüfung bedarf, wenn das Mietentgelt 50% und mehr, jedoch weniger als 66% der ortsüblichen Miete beträgt. Damit soll insbesondere Missbräuchen im Angehörigenbereich begegnet werden.

Anwendung (Art. 50 Abs. 4 des Gesetzes)

Die Änderungen gelten ab dem Veranlagungsjahr 2021.

 

7. Arten der sonstigen Einkünfte (§ 22 EStG)

Renten werden regelmäßig nach dem Tod des Rentenberechtigten für den Sterbemonat zwar noch auf die Bankverbindung des Verstorbenen bezahlt, sind bisher aber steuerlich dem oder den Erben zuzurechnen. Aus Vereinfachungsgründen werden die allgemeinen steuerlichen Vorgaben ignoriert und die Rente steuerlich für den Sterbemonat noch der verstorbenen Person zugerechnet.

Anwendung (Art. 50 Abs. 4 des Gesetzes)

Die Änderung gilt ab dem Veranlagungsjahr 2021.

Basiszinssätze


Der Basiszinssatz nach § 247 BGB – z.B. als Bezugsgröße für die Berechnung von Verzugszinsen – wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli neu festgesetzt.

Dieser – weiterhin negative – Basiszinssatz bleibt ab 1. Januar 2021 unverändert auf -0,88 % (bisher -0,88%).

Der Verzugszinssatz beträgt damit nur

  • Verbrauchergeschäfte 4,12 % (bisher 4,12 %) 
    (5%-Punkte über Basiszinssatz - § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB)
  • Handelsgeschäfte 8,12 % (bisher 8,12 %)        
    9%-Punkte* über Basiszinssatz - § 288 Abs. 2 BGB)        
    *Hinweis: Bis zum 28.7.2014 entstandene Forderungen 8%-Punkte

Im Jahre 2020 hatten folgende (negative) Basiszinssätze Gültigkeit:

Ab 1. Januar 2020    -0,88 %

Ab 1. Juli 2020          -0,88 %

 

Quelle:

Deutsche Bundesbank - Pressenotiz vom 29.12.2020

Sachbezugswerte ab 2021


Freie Verpflegung

Für die freie Verpflegung gelten einheitlich in den alten und neuen Bundesländern ab 1.1.2021 folgende (erhöhte) Werte:

Verpflegung 1)

volle

Verpflegung

Frühstück

 

Mittagessen

 

Abendessen

 

Beschäftigte

 

monatlich

wöchentlich

kalendertäglich  2)

 

 

263,00

  61,39

   8,77

 

 

55,00

12,81

  1,83

 

 

 

104,00

  24,29

     3,47

 

 

104,00

  24,29

     3,47

 

1) Wird Verpflegung nicht nur dem Beschäftigten, sondern auch seinen nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen zur Verfügung gestellt, erhöhen sich die anzusetzenden Werte für Familienangehörige,

  • die das 18. Lebensjahr vollendet haben,                                                          um       100 %
  • die das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben,                um         80 %
  • die das 7., aber noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet haben,                  um         40 %
  • die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.                                         um         30 %

 

2) Bei der Berechnung der Sachbezugswerte für kürzere Zeiträume als einen Monat ist für jeden Tag 1/30 des monatlichen Werts für freie Verpflegung zugrunde zu legen. Die Berechnungen sind jeweils auf zwei Dezimalstellen durchzuführen. Die Ermittlung des anzusetzenden Werts für einen Teil-Entgeltabrechnungszeitraum erfolgt durch Multiplikation der jeweiligen Tagesbeträge mit der Anzahl der Kalendertage.

 

Freie Unterkunft

Der Sachbezug wird unterschieden in „freie Unterkunft“ und „freie Wohnung“. Dabei gilt als Wohnung eine in sich geschlossene Einheit von Räumen, die zur Führung eines selbstständigen Haushalts geeignet sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich um eine Unterkunft, für die einheitlich in den alten und neuen Bundesländern folgende Werte gelten:

Unterkunft 1)

Beschäftigte

Jundendliche und Auszubildende

monatlich

wöchentlich

kalendertäglich

237,00

  55,30

    7,90

 

201,45

  47,04

    6,72

 

 
  1. Der Wert vermindert sich um nachstehende Prozentsätze (ggf. kumuliert)
 
  • bei Aufnahme des Beschäftigten in den Haushalt des Arbeitgebers oder bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft um 15 %, und
  • für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende um 15 %, und
  • bei der Belegung
    • mit 2 Beschäftigten um 40 %,
    • mit 3 Beschäftigten um 50 %,
    • mit mehr als 3 Beschäftigten um 60 %,
  • für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende, für die die Voraussetzungen a) nicht vorliegen um 15 %,

(Vgl. Werte in der Tabelle)

 

Freie Wohnung

Stellt der Arbeitgeber eine Wohnung zur Verfügung, ist diese im Grundsatz mit dem ortsüblichen Mietpreis unter Berücksichtigung der sich aus der Lage der Wohnung zum Betrieb ergebenden Beeinträchtigungen zu bewerten. Dabei sind gesetzliche oder vertragliche Mietpreisbindungen, z.B. im sozialen Wohnungsbau, zu beachten. Ist im Einzelfall die Feststellung des ortsüblichen Mietpreises mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden, kann als Ausnahme die Wohnung mit 4,16 €/m² monatlich, bei einfacher Ausstattung (ohne Sammelheizung oder ohne Bad/Dusche) mit 3,40 €/m² monatlich bewertet werden.

Quelle:

Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und der Unfallversicherungsobergrenzenverordnung vom 15.12.2020

(BGBl 2020 Teil I S. 2933)

Betrugsversuche mit Phishing-Mails über angebliche Coronahilfen der EU


Zurzeit kursieren E-Mails mit einem falschen Antragsformular für Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen und einen „Corona-Weihnachtsbonus“ für Soloselbständige, die angeblich vom Europäischen Rat und vom Bund gemeinsam angeboten werden.

Die betrügerischen E-Mails mit dem Absender „deutschland@ec.europa.eu“ stammen nicht von der Europäischen Kommission. Es handelt sich um einen Phishing-Versuch unter Vortäuschung der Identität der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland.

Hinweis:

Reagieren Sie nicht auf solche Phishing-E-Mails. Öffnen Sie den Anhang nicht. Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland in der Corona-Pandemie werden von Bund und Ländern gewährt, nicht direkt von der Europäischen Union. Vertrauenswürdige Informationen darüber finden Sie unter der von der Bundesregierung eingerichteten Webadresse www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de

Baukindergeld soll verlängert werden


Der Förderzeitraum für die Gewährung von Baukindergeld soll verlängert werden: Sofern Sie zwischen dem 1.1.2018 und dem 31.3.2021 (bisher 31.12.2020) Ihren Kaufvertrag unterzeichnet, eine Baugenehmigung erhalten haben oder der frühestmögliche Baubeginn Ihres – nach dem jeweiligen Landesbaurecht – nicht genehmigungspflichtigen Vorhabens in diesen Zeitraum fällt, können Sie einen Antrag auf Baukindergeld stellen. Voraussetzung ist u. a., dass Ihr Haushaltseinkommen bei einem Kind maximal 90.000 € beträgt (plus 15.000 € für jedes weitere Kind).

Anträge können online im KfW-Zuschussportal unter https://public.kfw.de/zuschussportal-web/ gestellt werden. Dort finden Sie auch Informationen zu den weiteren Voraussetzungen des Baukindergeldes und zur Förderhöhe („Zuschuss 424“).

Hinweis:

 Die Verlängerung des Förderzeitraums wird mit dem Inkrafttreten des Bundeshaushalts 2021 wirksam. Das Baukindergeld kann nach Einzug in die neue Immobilie (maßgeblich ist der in der Meldebescheinigung genannte Tag) im Rahmen der 6-monatigen Antragsfrist bis zum 31.12.2023 beantragt werden.

Wann liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor?


Diese Frage stellte sich auch im Fall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Dieses entschied: Keine Voraussetzung für die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.

 

Hintergrund

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der A Maschinenbau GmbH & Co. KG (KG). Gesellschafter der KG waren im Jahr 2010 die A Maschinenbau Verwaltungs-GmbH als Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil (Komplementär-GmbH) sowie die beiden Kommanditisten VA mit einem Kapitalanteil von 80 % und dessen Sohn SA von 20 %. Mit Beschluss zum 31.12.2011 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Über das Vermögen des VA wurde am 16.11.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die in Liquidation befindliche KG gab am 29.12.2015 eine korrigierte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 ab, in der sie keine Umsätze mehr erklärte.

Der Kläger berief sich auf das Bestehen einer Organschaft zwischen VA als Organträger und der KG als Organgesellschaft. Das Finanzamt lehnte dies ab, da neben VA auch sein Sohn SA an der KG beteiligt war und diese deshalb nicht Organgesellschaft sein konnte. Der Annahme einer Organschaft stand auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen, da der Kläger sich erst Ende 2015 auf eine Organschaft berufen hatte. Das Finanzamt hatte damit keine Möglichkeit mehr, vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist zum 31.12.2015 VA zum Verfahren hinzuzuziehen. Die Steuerforderung konnte beim vermeintlichen Organträger nicht mehr realisiert werden.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Eine GmbH & Co. KG kann – wie vorliegend – unter das Tatbestandsmerkmal “juristische Person” i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gefasst werden. Die hier streitige finanzielle Eingliederung setzt lediglich voraus, dass der Organträger seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Personengesellschaften nur dann von der Organschaft ausgeschlossen werden, wenn dies zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist. Dafür bestanden hier keine Anhaltspunkte.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge der Verwirkung lag ebenfalls nicht vor. Insbesondere kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er die Geltendmachung der Organschaft bewusst hinausgezögert hatte.

Folgen eines Rangrücktritts mit Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen


Sieht eine Rangrücktrittserklärung die Erfüllung der Verpflichtung nicht nur aus zukünftigen Gewinnen und Einnahmen vor, sondern auch aus “sonstigem freien Vermögen”, löst dies kein Passivierungsverbot aus. Das gilt selbst dann, wenn der Schuldner aufgrund einer fehlenden Geschäftstätigkeit nicht in der Lage ist, freies Vermögen zu schaffen, und eine tatsächliche Belastung voraussichtlich nicht eintreten wird.

 

Hintergrund

Die X-GmbH hatte ihre Geschäftstätigkeit seit 2006 weitgehend eingestellt und diese erst im Jahr 2017 wieder aufgenommen. Alleingesellschafterin ist die B-GmbH. Im Jahr 2007 verzichtete B gegenüber X, die bilanziell überschuldet war, auf Forderungen und gab zugleich eine Rangrücktrittserklärung ab. Danach waren die Forderungen nur aus sonst entstehenden Jahresüberschüssen, einem Liquidationsüberschuss oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersteigenden freien Vermögen zu bedienen.

Da die X lediglich über eine geringfügige Forderung gegenüber einem Dritten verfügte und operativ nicht mehr geschäftstätig war, ging das Finanzamt davon aus, dass X durch die Forderungen der B wirtschaftlich nicht belastet war und ein Passivierungsverbot bestand.

Das Finanzgericht gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Schulden sind zu passivieren, wenn der Unternehmer zu einer bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und die am Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellt. Keine wirtschaftliche Belastung stellt eine Verbindlichkeit dar, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden muss. Für diese Annahme genügt es indes nicht, dass der Schuldner überschuldet ist. Allein die Vermögenslosigkeit des Schuldners führt nicht dazu, dass eine rechtlich bestehende Verpflichtung auszubuchen ist.

Demnach sind die Voraussetzungen für die handelsbilanzielle Passivierung nicht entfallen. Die Forderungen der B gegenüber der X hatten am Bilanzstichtag weiterhin rechtlich Bestand. Durch die nachträgliche Vereinbarung eines Rangrücktritts wird lediglich die Rangfolge, nicht aber der Bestand der Forderung geändert. Auch die wirtschaftliche Belastung der X war am Bilanzstichtag nicht entfallen. Die Verbindlichkeit wäre nur dann auszubuchen, falls eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegen eine Inanspruchnahme spräche.

Diese Voraussetzung ist bei Vermögenslosigkeit indes nicht gegeben, sodass auch im Überschuldungsfall weiterhin Fremdkapital vorliegt. Gleiches gilt für den Fall, dass – wie hier – eine Rangrücktrittsvereinbarung die Verpflichtung bestehen lässt, die Gesellschafterforderungen aus dem nach Begleichung der vorrangigen Ansprüche verbleibenden sog. freien Vermögen zu tilgen.

Das Passivierungsverbot setzt voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers nur auf künftiges Vermögen des Schuldners bezieht. Unter Einnahmen oder Gewinnen sind künftige Vermögenswerte zu verstehen. Dagegen ist das Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG auf Rangrücktrittsvereinbarungen nicht anwendbar, wenn die Verbindlichkeit auch aus sonstigem Vermögen (sog. freien Vermögen) zu tilgen ist.

Davon ausgehend liegt vorliegend kein Passivierungsverbot der gegenüber B bestehenden Verbindlichkeiten vor. Ein steuerliches Passivierungsverbot ist erst dann zu bejahen, wenn der Rangrücktritt in dem Sinne spezifiziert wird, dass die Verpflichtungen nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Die Erfüllungsfähigkeit ist für die Passivierung irrelevant.

GmbH: Wann kommt eine vereinfachte Gründung in Betracht?


Soll eine GmbH im vereinfachten Verfahren gegründet werden, darf nicht vom Musterprotokoll abgewichen werden. Die Regelung zum Gründungsaufwand darf ebenfalls nicht verändert werden. Andernfalls liegt eine normale GmbH-Gründung vor.

 

Hintergrund

Die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin gründete in der erforderlichen, notariell beurkundeten Form eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR. Dabei verwendete sie das Musterprotokoll für die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren. An einer Stelle, nämlich bei der Regelung zum Gründungsaufwand, wich sie jedoch vom Musterprotokoll ab. Eine vorgegebene Formulierung kürzte sie ab, was vom Registergericht beanstandet wurde.

 

Entscheidung

Die Beschwerde der Gesellschafterin blieb ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht folgte der Einschätzung des Registergerichts. Durch die Streichung eines Satzteils veränderte die Gesellschafterin das Musterprotokoll der vereinfachten Gründung inhaltlich. Derartige Änderungen führen aber dazu, dass die Gründung nicht mehr als vereinfachte Gründung angesehen werden kann. Stattdessen lag eine normale Gründung vor, die alle hierfür geltenden Vorgaben erfüllen muss, z.B. die Pflicht zur Einreichung einer separaten Gesellschafterliste. Irrelevant war, dass sich im konkreten Fall die Abänderung des Musterprotokolls auf die tatsächliche Kostenverteilung zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin nicht auswirkte, da das Stammkapital über 300 EUR lag.

Wann eine Bank für die Kunden steuerlich in Haftung genommen werden kann


Kann ein Kreditinstitut weiteren Verfügungen des Kontoinhabers jederzeit widersprechen, wenn dieser die Kreditlinie überschritten hat, gelten eingehende Zahlungen als durch die Bank vereinnahmt. Dies kann zu einer Haftung nach § 13c UStG führen.

 

Hintergrund

Die insolvente D-GmbH unterhielt bei der Klägerin, der A-Bank, 3 Kontokorrentkonten und ein Avalkonto. Die Bruttoforderungen aus verschiedenen Ausgangsrechnungen aus dem Haftungszeitraum hatte die D-GmbH einzeln an die Klägerin abgetreten. Im Rahmen der Abtretungen waren auf dem Hauptkonto diverse Zahlungen eingegangen. Das Hauptkonto war zu dieser Zeit deutlich im Minus.

Das Finanzamt nahm die Klägerin für Steuerschulden der D-GmbH in Haftung. Es begründete dies mit der deutlich überschrittenen Kreditlinie der D-GmbH. Zudem schien die Klägerin auf die Verwendung der eingegangenen Geldbeträge Einfluss genommen zu haben. Denn die Betriebsausgaben konnten nur noch beglichen werden, wenn zuvor eine Umbuchung von Einnahmen zwischen den Konten erfolgte.

Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen den Haftungsbescheid.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass derjenige, der kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann. Das ist hier die Klägerin als Abtretungsempfängerin von Forderungen unter den Voraussetzungen des § 13c UStG. Die Haftung greift unter weiteren Voraussetzungen u. a. dann, wenn der Abtretungsempfänger Gelder aus den abgetretenen Forderungen erhalten bzw. vereinnahmt hat.

Bei auf einem Kontokorrentkonto eingehenden Gutschriften gilt: Ist die Kreditlinie bereits überschritten und kann das Kreditinstitut weiteren Verfügungen des Kontoinhabers jederzeit widersprechen, ohne dass dieser einen Rechtsanspruch auf eine eigene Verfügungsbefugnis hat, so ist von einer Vereinnahmung auszugehen.

Der Gesetzeswortlaut setzt für eine Inanspruchnahme mittels Haftungsbescheid nicht voraus, dass seitens der Bank eine endgültige Vereinnahmung der Beträge erfolgt ist. Soweit die Bank nach Eingang von abgetretenen Beträgen weitere Verfügungen über das Konto – trotz der rechtlich bestehenden Möglichkeit – nicht verhindert, so ändert dies nach Auffassung des Gerichts nichts daran, dass die Beträge zunächst von der Bank vereinnahmt worden sind

Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus: Gewinnerzielungsabsicht oder Liebhaberei?


Wird eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben oder handelt es sich beim Betrieb der Anlage um eine steuerrechtliche Liebhaberei? Welche Punkte für die Gewinnerzielungsabsicht und welche dagegen sprechen, hat das Thüringer Finanzgericht konkretisiert. Insbesondere spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.

 

Hintergrund

Die Steuerpflichtige erwarb im Oktober 2013 eine Photovoltaikanlage mit einem Leistungsvermögen von 4,5 kW, die Anschaffungskosten betrugen 13.904 EUR netto. Im Jahr 2013 ergab sich ein Verlust von 3.313 EUR, der größtenteils durch die Umsatzsteuer verursacht wurde. Im Jahr 2014 erwirtschaftete die Steuerpflichtige einen Gewinn von 2.716 EUR, der zum größten Teil aus einer Vorsteuererstattung resultierte. 2015 betrug der Verlust 783 EUR, im Jahr 2016 261 EUR, 2017 rund 328 EUR und 2018 rund 140 EUR. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, da steuerlich Liebhaberei vorlag. Die Anschaffung der Anlage konnte sich angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung niemals lohnen.

 

Entscheidung

Die Klage der Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass selbst in Fällen, in denen die Ergebnisprognose negativ ist, eine Liebhaberei nur in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht und sich der Steuerpflichtige nicht wie ein Gewerbetreibender verhält, z. B. wenn die verlustbringende Tätigkeit aus dem Bereich der allgemeinen Lebensführung und persönlichen Neigungen liegenden Gründen ausgeübt wird.

Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht zunächst der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Die Steuerpflichtige verhielt sich wie eine Gewerbetreibende, indem sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles unternommen hatte, um die Verluste gering zu halten.

Hierfür sprach, dass keine Kosten der allgemeinen Lebenshaltung in den betrieblichen Bereich verlagert wurden, alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft wurden und überdies eine Erweiterung der Anlage um 1,3 kW sowie perspektivisch der Wechsel in die Kleinunternehmerregelung geplant war. Sie reagierte also auf die Verlustsituation, indem sie entsprechend gegensteuerte. Deshalb ging das Gericht von einer Gewinnerzielungsabsicht aus und berücksichtigte die Verluste.

Steuerhinterziehung: Kann der Vorsteuerabzug bei Fahrlässigkeit versagt werden?


Der Vorsteuerabzug kann versagt werden, wenn der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb in eine Hinterziehung von Umsatzsteuer einbezogen war. Voraussetzung hierfür ist, dass zumindest Fahrlässigkeit vorliegt.

 

Hintergrund

Das Finanzamt versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus Edelmetalleinkäufen. Aufgrund einer Steuerfahndung hatte sich herausgestellt, dass es sich bei den Rechnungsstellern um in ein System zur Umsatzsteuerhinterziehung einbezogene sog. Missing Trader handelte. Diese erstellten nur sog. Abdeckrechnungen über nicht erbrachte Lieferungen. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass keine Beteiligung an einem Kettenbetrugsgeschäft vorlag.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass ein Vorsteuerabzug nicht gewährt werden konnte, sich das Gericht nicht mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugen konnte, dass die vermeintlichen Lieferer tatsächlich die Lieferungen getätigt hatten. Für den Vorsteuerabzug muss der Unternehmer u. a. eine ausgestellte Rechnung mit dem vollständigen Namen des Leistenden besitzen. Der Vorsteuerabzug setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus – was vorliegend nicht gegeben war. Auch wurde in den Gutschriften nicht der vollständige Name des Leistenden angegeben. Darüber hinaus bestanden erhebliche Zweifel an der postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsstellers unter der angegebenen Rechnungsanschrift.

Angesichts der von der Steuerfahndung festgestellten Geschehensabläufe bestanden erhebliche Zweifel, dass die vermeintlichen “Lieferanten” des Klägers überhaupt in ausreichendem Umfang Altgold bezogen hatten, um es an den Kläger zu liefern. So hätten die vermeintlichen Lieferanten nicht wie übliche Handelsfirmen für sich geworben, hätten nur bei einem Lieferanten Altgold bezogen und auch nur an einen Abnehmer geliefert. Damit der tatsächliche Lieferer ihre Erlöse nicht der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen habe, seien von dem vermeintlichen Lieferer Abdeckrechnungen zur Verschleierung der tatsächlichen Herkunft des Edelmetalls ausgestellt worden.

Selbst wenn die Rechnungsaussteller tatsächlich an den Kläger geliefert haben sollten, steht dem Kläger das Recht auf Vorsteuerabzug nicht zu, da er nach Überzeugung des Gerichts hätte wissen müssen, dass die betreffenden Umsätze in die insoweit von anderen begangene Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen waren.

Hätte der Kläger vorliegend mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt, hätten ihm Zweifel an seinen Lieferanten kommen müssen, da die Lieferanten ihn in exponentieller Art und Weise förmlich mit Altgoldlieferungen überrannten und dabei auch weite Anfahrten in Kauf nahmen, statt Scheideanstalten in räumlicher Nähe aufzusuchen. Die vermeintlichen Lieferanten erbrachten erhebliche Edelmetallmengen ohne jegliche Sicherheiten und ein vermeintlicher Lieferant betrieb zwar einen Mietwagen- und Krankenfahrdienst, lieferte aber trotzdem Altgold in erheblichem Umfang an.

Auch teilte die Creditreform dem Kläger mit, dass den vermeintlichen Lieferern Kredite abgelehnt und deshalb von einer Geschäftsverbindung abgeraten würde. Diese Information hätte dem Kläger Anlass geben müssen, zumindest weitere Erkundigungen gegenüber seinen Vorlieferanten und über die Herkunft der Edelmetalle einholen zu müssen – was aber nicht erfolgte.

Wann Zahlungen für die Vollzeitpflege eines Kindes steuerfrei sind


Zahlt ein kommerzieller privater Träger der freien Jugendhilfe Pflegeeltern ein Honorar, das in einer separaten Honorarvereinbarung festgelegt wurde, handelt es sich nicht um öffentliche Mittel. Die Zahlung ist deshalb nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

 

Hintergrund

Die Klägerin betreute in ihrem Haushalt ein minderjähriges Kind in Vollzeitpflege. Mit der Pflege des Kindes war ein freier Träger der Jugendhilfe, eine GmbH, von der zuständigen Kommune beauftragt worden. Diese GmbH übernahm die Betreuung von Pflegekindern und erhielt hierfür von der Kommune eine Vergütung. Die Betreuung der Pflegekinder erfolgte in professionellen Betreuungsfamilien. Die jeweiligen Pflegepersonen wurden für die GmbH freiberuflich auf Honorarbasis tätig.

Die Höhe ihrer Vergütung wurde separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt und musste vom Jugendamt nicht genehmigt werden. Die Klägerin erhielt vom Jugendamt keine Pflegeleistungen. Für das Honorar machte die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG nicht vorlagen. Die Klägerin hatte ihr Honorar nicht aus öffentlichen Mitteln erhalten, sondern war vereinbarungsgemäß von der GmbH bezahlt worden.

Zwar können nach Verwaltungsauffassung steuerfreie Einnahmen auch dann vorliegen, wenn Leistungen an Pflegefamilien bzw. Erziehungsstellen über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe gezahlt werden, wenn der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld vom örtlichen Jugendamt selbst bewilligt worden ist. Es müssen jedoch eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen dem Jugendamt, dem freien Träger und der Pflegeperson bzw. Erziehungsstelle bestehen. Insbesondere muss vertraglich zwischen allen Parteien festgehalten werden, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert.

Außerdem sollte die Pflegeperson mittels einer Vollmacht erklären, dass sie damit einverstanden ist, dass das örtliche Jugendamt das Pflegegeld über den freien Träger an sie weiterleitet, d. h. der freie Träger das Pflegegeld lediglich in Empfang nimmt und diesen auszahlt.

Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen nicht vor. Denn die Höhe der Vergütung war separat zwischen der GmbH und der Pflegeperson ausgehandelt worden und musste nicht vom Jugendamt genehmigt werden. Außerdem hatte die GmbH keine öffentlichen Pflegeleistungen an die Steuerpflichtige weitergeleitet.

Zur Gewerblichkeit von freiberuflichen Ober- und Unterpersonengesellschaften


Verfügen neben den unmittelbar an einer Untergesellschaft beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaften über die persönliche Berufsqualifikation, erzielt die Unterpersonengesellschaft freiberufliche Einkünfte, wenn die Gesellschafter in der Unterpersonengesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten.

 

Hintergrund

Die X-KG (Untergesellschaft) ist eine Steuerberater-Gesellschaft. Komplementär war im Jahr 2008 ein Berufsträger. Kommanditistin war die die C-KG (Obergesellschaft, Holding). An der C-KG waren die E-OHG sowie weitere natürliche Personen (Obergesellschafter, Berufsträger) als Komplementäre und die G+H KG als Kommanditistin beteiligt.

Die E-OHG und die G+H KG bildeten die oberste Gesellschaftsebene des S-Konzerns. Sie waren über die C-KG außer an der X-KG und an weiteren Personen- und Kapitalgesellschaften des S-Konzerns beteiligt. Gesellschafter der E-OHG und der G+H KG waren ausschließlich Berufsträger. Diese waren in den jeweiligen Obergesellschaften aktiv in die Mandatsbearbeitung eingebunden. Außerdem waren sie in den Untergesellschaften tätig, sodass dort jeweils ein Obergesellschafter als Komplementär beteiligt war, der nur dort als Geschäftsführer leitend und eigenverantwortlich tätig wurde. Bei der X-KG war dies im Jahr 2008 nicht der Fall. Die Obergesellschafter nahmen innerhalb des Konzerns auch geschäftsleitende Aufgaben (Holding-Tätigkeit) wahr.

Das Finanzamt stellte für die X-KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass eine freiberufliche Tätigkeit der X-KG ausscheidet. Denn nicht alle Obergesellschafter bei der X-KG waren zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich tätig geworden.

 

Entscheidung

Die Revision beim Bundesfinanzhof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Seiner Ansicht nach waren die Einkünfte der X-KG als gewerblich zu qualifizieren. Denn nicht sämtliche mittelbar an der X-KG beteiligten Obergesellschafter waren in der Untergesellschaft tätig.

Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Die Gesellschafter müssen an der Bearbeitung der erteilten Aufträge zumindest in der Weise mitwirken, dass sie die Aufgaben untereinander aufteilen und jeder den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich eigenverantwortlich leitet. Diesen notwendigen Arbeitsbeitrag an der Erstellung freiberuflicher Leistungen erbringt ein Gesellschafter nicht, wenn er lediglich Kapital zur Verfügung stellt oder nur Aufträge beschafft, ohne sich zumindest teilweise an den freiberuflicher Leistungen selbst zu beteiligen.

Die Prägung der freien Berufstätigkeit durch die persönliche Arbeitsleistung gilt auch, wenn sich eine Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt.

Dabei müssen auch alle Obergesellschafter die Voraussetzungen der Freiberuflichkeit erfüllen. Weil jeder Gesellschafter eigenverantwortlich und leitend tätig sein muss, müssen daher alle Obergesellschafter – zumindest in geringfügigem Umfang – auch in der Untergesellschaft leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten.

Im vorliegenden Fall waren die Obergesellschafter im Rahmen ihrer Holding-Tätigkeit zum einen eher geschäftsleitend, aber nicht berufstypisch freiberuflich tätig. Zum anderen fehlte es an der Mitarbeit sämtlicher Obergesellschafter an den Mandaten der X-KG sowie an den Mandaten der anderen Untergesellschaften. Eine freiberufliche Tätigkeit der X-KG wird nicht dadurch begründet, dass die Obergesellschafter in den Obergesellschaften und zumindest in einer anderen Untergesellschaft des S-Konzerns als Berufsträger leitend und eigenverantwortlich tätig wurden. Dies ersetzt nicht das Erfordernis, dass alle Obergesellschafter auch in der X-GmbH als Untergesellschaft – wenn auch nur in geringem Umfang – leitend und eigenverantwortlich tätig werden.

Deshalb war die Tätigkeit der X-KG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Da eine Personengesellschaft nur dann eine Tätigkeit entfaltet, die als Ausübung eines freien Berufs angesehen werden kann, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale des freien Berufs in eigener Person erfüllen, ist schon der Tatbestand der Freiberuflichkeit nicht erfüllt, wenn – wie hier – nicht sämtliche mittelbar beteiligten Obergesellschafter auf der Ebene der Untergesellschaft freiberuflich tätig werden.

Sponsoringaufwendungen einer Gemeinschaftspraxis


Sponsoringaufwendungen einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis sind Betriebsausgaben, wenn durch das Sponsoring das unternehmerische Ansehen der Arztpraxis gesichert oder erhöht wird, indem der Empfänger des Sponsorings öffentlichkeitswirksam auf das Sponsoring oder auf die unternehmerischen Leistungen der Gemeinschaftspraxis hinweist. Dabei ist es unschädlich, wenn der Sponsorempfänger vor allem auf die Tätigkeit und Qualifikation der einzelnen Ärzte der Gemeinschaftspraxis hinweist.

Hintergrund: Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die betrieblich veranlasst sind.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine ärztliche Gemeinschaftspraxis im Bereich der Sportmedizin. An ihr beteiligt waren die Ärzte K und H. Die Gemeinschaftspraxis erzielte im Jahr 2019 Einnahmen in Höhe von ca. 946.000 €. Sie sponsorte zwei Sportler mit insgesamt rund 100.000 €. Hierfür mussten die Sportler u. a. auf ihrer Sportkleidung Logos der Internetadresse der Arztpraxis („Arztpraxis XY.de“) tragen; auf der Internetseite wurden vor allem die beiden Ärzte K und H vorgestellt. Die Gemeinschaftspraxis machte die Sponsoringaufwendungen als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt ging von einer privaten Mitveranlassung des Sponsorings aus und beanstandete zudem, dass auf der beworbenen Internetseite nicht die Gemeinschaftspraxis, sondern die beiden Ärzte K und H präsentiert worden seien.

Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Sponsoringaufwendungen waren betrieblich veranlasst. Denn durch das Sponsoring wurde das unternehmerische Ansehen der Arztpraxis gesichert bzw. erhöht, weil die beiden Sportler öffentlichkeitswirksam auf das Sponsoring und auf die Dienstleistungen der Gemeinschaftspraxis hingewiesen haben.
  • Unbeachtlich war, dass auf der Internetseite, auf die die beiden Sportler hingewiesen haben, vorrangig die Tätigkeit der beiden Ärzte K und H dargestellt wurde und nicht die Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis. Bei einer freiberuflichen Tätigkeit kommt es nämlich vorrangig auf den einzelnen Berufsträger an und nicht auf die Personengesellschaft.
  • Für eine private Mitveranlassung fehlten Anhaltspunkte. Aus einer Sportbegeisterung der beiden Ärzte ergibt sich jedenfalls noch keine private Veranlassung für das Sponsoring.
  • Die Höhe der Sponsoringaufwendungen von ca. 100.000 € jährlich war nicht zu beanstanden. Denn immerhin hat die Gemeinschaftspraxis jährliche Einnahmen von ca. 946.000 € erzielt.
Hinweis:

Im Streitfall war das Abzugsverbot für unangemessene Betriebsausgaben nicht anwendbar. Das Abzugsverbot greift nur dann, wenn die Betriebsausgaben unangemessen hoch sind und die private Lebensführung des Unternehmers berühren. Ein Bezug zur privaten Lebensführung war beim vorliegenden Sponsoring nicht erkennbar. Dies kann anders zu beurteilen sein, z. B., wenn der Sponsor einen Verein fördert, in dem er selbst spielt, oder wenn er einen Angehörigen durch sein Sponsoring unterstützt.

Kein Betriebsausgabenabzug für das Erststudium


Aufgrund des gesetzlichen Abzugsverbots von Betriebsausgaben dürfen Kosten für ein Erststudium auch dann nicht abgezogen werden, wenn der Student bereits unternehmerisch tätig ist und das Studium diese Tätigkeit fördern soll. Bei einem Erststudium besteht nämlich immer auch ein Zusammenhang zur privaten Lebensführung.

Hintergrund: Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder für ein Erststudium waren nach früherer Rechtsprechung grundsätzlich nur als Sonderausgaben abziehbar. Im Jahr 2011 änderte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen und erkannte die Aufwendungen nunmehr als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben an. Daraufhin führte der Gesetzgeber noch im Jahr 2011 ein Abzugsverbot für Kosten einer Berufsausbildung bzw. eines Erststudiums ein, das rückwirkend seit dem Veranlagungszeitraum 2004 gelten sollte.

Sachverhalt: Die Klägerin besuchte in Weißrussland eine Kunstschule und studierte anschließend dort. Sie schloss weder die Kunstschule noch das Studium ab. Im Jahr 2004 zog sie nach Deutschland und begann hier ein Studium der Slawistik und Kunstpädagogik, das sie im Jahr 2010 abschloss. Bereits in Weißrussland hatte die Klägerin als selbständige Künstlerin und Buchillustratorin gearbeitet und setzte diese Tätigkeit in Deutschland fort. Im Veranlagungszeitraum 2004 machte sie die Kosten für ihr Studium in Deutschland i.H. von ca. 9.000 € als Betriebsausgaben im Rahmen ihrer künstlerischen Tätigkeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich 4.000 € als Sonderausgaben. Hiergegen klagte die Klägerin und ging schließlich zum BFH. Während des Revisionsverfahrens im Jahr 2011 trat das gesetzliche Abzugsverbot für Studienkosten als Betriebsausgaben rückwirkend ab 2004 in Kraft.

Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab:

  • Der Betriebsausgabenabzug ist wegen des 2011 verabschiedeten gesetzlichen Abzugsverbots für Kosten eines Erststudiums nicht möglich. Bei dem im Jahr 2004 in Deutschland begonnenen Studium der Slawistik und Kunstpädagogik handelte es sich um ein Erststudium und nicht um ein Zweitstudium. Denn die Klägerin hatte ihr vorheriges Studium in Weißrussland nicht beendet.
  • Das gesetzliche Abzugsverbot für die Kosten eines Erststudiums gilt auch dann, wenn das Studium eine bereits ausgeübte Tätigkeit fördern soll. Der Gesetzgeber geht nämlich davon aus, dass ein Erststudium auch der Persönlichkeitsentwicklung dient und damit stets auch privat veranlasst ist. Zwar ist das Abzugsverbot erst im Jahr 2011 verabschiedet worden; es sollte aber rückwirkend ab 2004 gelten und ist damit im Streitjahr 2004 anwendbar. Diese Rückwirkung ist verfassungsgemäß, weil die Steuerpflichtigen im Jahr 2004 und in den Folgejahren kein schutzwürdiges Vertrauen haben konnten, dass Aufwendungen für ein Erststudium als Betriebsausgaben abziehbar sein könnten. Dieses Vertrauen hätte allenfalls im Jahr 2011 entstehen können, als der BFH seine Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen änderte; hierauf hat der Gesetzgeber mit dem Abzugsverbot aber sogleich reagiert.
Hinweis:

Der BFH durfte das Abzugsverbot anwenden, obwohl es erst im Revisionsverfahren in Kraft getreten ist.

Abziehbar bleiben die Kosten für ein Zweitstudium. Dies wäre hinsichtlich des Studiums in Deutschland der Fall gewesen, wenn die Klägerin ihr Studium in Weißrussland mit einer Abschlussprüfung beendet hätte. Der Abzug als Sonderausgaben hat den Nachteil, dass Sonderausgaben nur in dem Jahr abgezogen werden können, in dem sie angefallen sind. Ein Verlustvortrag oder -rücktrag ist nicht möglich.

Zweitstudium: Kosten eines Auslandssemesters sind abziehbar


Wer bereits eine Erstausbildung abgeschlossen hat, kann Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwand eines Auslandssemesters im Rahmen eines Zweitstudiums als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen. Fraglich ist jedoch, wo hier die erste Tätigkeitsstätte liegt.

 

Hintergrund

Die Klägerin hatte bereits eine Erstausbildung abgeschlossen und nahm ein Studium an einer Fachhochschule im Inland auf. Die Prüfungsordnung für diesen Studiengang sah 2 Semester an einer ausländischen Partnerhochschule sowie ein Auslandspraxissemester vor. Die Klägerin absolvierte diese in den Jahren 2014/2015. Während der Semester im Ausland blieb sie jeweils entsprechend der Studienordnung Mitglied der Fachhochschule mit allen Rechten und Pflichten. Zudem behielt sie ihren Wohnsitz in der Wohnung ihrer Eltern bei.

Die Klägerin machte für 2014/2015 die Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen während der Auslandsaufenthalte als Werbungskosten geltend.

Sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht waren der Ansicht, dass die Bildungsstätten im Ausland zu ersten Tätigkeitsstätten geworden waren und erkannten dementsprechend die geltend gemachten Aufwendungen nicht an.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass keine ersten Tätigkeitsstätten vorlagen. Die Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen während der beiden Auslandssemester und des Praxissemesters sind daher als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen. Er hob das entgegenstehende Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Aufwendungen für eine zweite Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind regelmäßig beruflich veranlasst. Dementsprechend sind sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen, die im Rahmen einer Zweitausbildung anfallen, als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Das gilt auch bei einer auswärtigen Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses.

Notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, sind Werbungskosten. Abzugsfähig sind nur Aufwendungen für eine zusätzliche (berufliche) Unterkunft. Insoweit liegt Mehraufwand vor. Der Arbeitnehmer muss folglich neben der auswärtigen Unterkunft eine andere Wohnung/Unterkunft haben. Er muss dort jedoch – anders als bei einer doppelten Haushaltsführung – weder einen eigenen Hausstand führen noch muss dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liegen. Es genügt, wenn er z.B. im Haushalt der Eltern ein Zimmer bewohnt. Entsprechend steht dem Arbeitnehmer der Abzug der Pauschale für Verpflegungsmehraufwand für die ersten 3 Monate zu.

Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses in Vollzeit aufgesucht wird Die Behandlung einer Bildungseinrichtung wie eine erste Tätigkeitsstätte ist jedoch nur insoweit gerechtfertigt, als sich ein Steuerpflichtiger in Vollzeitausbildung wie ein Arbeitnehmer, der einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist. Daran fehlt es jedoch, wenn er die Bildungseinrichtung und damit seine erste Tätigkeitsstätte vorübergehend nicht aufsucht, weil er nach der Studienordnung Ausbildungsabschnitte an einer auswärtigen Bildungseinrichtung absolviert. Durch diese Auslegung wird die Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer hergestellt, der am auswärtigen Tätigkeitsort keine erste Tätigkeitsstätte begründet, wenn er dort nur vorübergehend tätig ist.

Dementsprechend steht der Klägerin der Werbungskostenabzug für die geltend gemachten Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen dem Grunde nach zu. Sie begründete an den Studienorten im Ausland keine erste Tätigkeitsstätte. Sie hielt sich dort nur vorübergehend auf und war weiterhin an der Fachhochschule im Inland eingeschrieben. Entsprechendes gilt für das Praxissemester.

Das Finanzgericht muss nun die bisher nicht festgestellten Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen der Höhe nach prüfen.

Vermietete Eigentumswohnung: Wie wird der Kaufpreis bei Erwerb durch Grundstücksgemeinschaft aufgeteilt?


Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde. Der Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises kommt insoweit keine Bindungswirkung zu.

 

Hintergrund

Die Grundstücksgemeinschaft G erwarb im Jahr 2017 eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus. Der Kaufpreis betrug nach dem Kaufvertrag 110.000 EUR. Der anteilige Grundstückswert wurde vertraglich mit 20.000 EUR angesetzt. Die Anschaffungskosten beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.000 EUR.

In ihrer Feststellungserklärung berücksichtigte G die AfA-Bemessungsgrundlage mit 96.547 EUR, das entspricht 20.000/110.000 = 81,81 % des Gesamtkaufpreises.

Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Gebäudeanteil von nur 30,9 % und damit eine AfA-Bemessungsgrundlage von 36.463 EUR. Dabei legte sie die vom BMF im Internet bereitgestellten “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” (abzurufen unter www.bundesfinanzministerium.de) zugrunde.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den realen Wertverhältnissen entsprach. Seiner Ansicht nach war die Arbeitshilfe des BMF grundsätzlich eine geeignete Schätzungshilfe.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Denn eine Korrektur der vertraglichen Aufteilung kommt nur in Betracht, wenn sie die realen Wertverhältnisse grundsätzlich verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint. Das bedeutet: Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde oder ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt.

Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten ist grundsätzlich ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung die Werte nicht angemessen wiedergibt. Das Finanzgericht hat anhand der Gesamtumstände zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen (Ausstattungsmerkmale, Nutzbarkeit, Straßenlärm, soziale Einrichtungen usw.). Kann die vertragliche Aufteilung nicht zugrunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten zu ersetzen. Diese Situation lag hier vor. Denn der vertraglich ausgewiesene Kaufpreis für Grund und Boden (20.000 EUR) weicht erheblich vom Bodenrichtwert (77.713 EUR) ab. Das sind 75 %.

Das Finanzgericht durfte die vertragliche Aufteilung nicht durch die anhand der BMF-Arbeitshilfe ermittelte Aufteilung ersetzen. Denn die Arbeitshilfe genügt nicht den Anforderungen an die Methodenwahl. Es handelt sich um ein vereinfachtes Sachwertverfahren. Damit widerspricht die Arbeitshilfe schon im Ausgangspunkt der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert-, Sachwertverfahren). Darüber hinaus weist die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler auf, indem bei der Ermittlung des Gebäudewerts der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor unberücksichtigt bleibt.

Bei der Neubewertung ist das Finanzgericht i. d. R. gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.

Grunderwerbsteuer: Herabsetzung des Kaufpreises als rückwirkendes Ereignis?


Wird die Gegenleistung nachträglich herabgesetzt, handelt es sich hierbei nicht um ein rückwirkendes Ereignis. Deshalb kann eine bestandskräftig festgesetzte Grunderwerbsteuer nicht geändert werden, selbst wenn eine Anpassungsklausel vertraglich vereinbart sein sollte.

 

Hintergrund

Die Klägerin A erwarb im Jahr 2008 Grundstücke zum Gesamtkaufpreis von 1.003.973 EUR. A behielt sich im Kaufvertrag vor, den Kaufpreis gerichtlich zu überprüfen und einen Anspruch auf Anpassung geltend zu machen.

Im Jahr 2008 teilte der Notar dem Finanzamt mit, dass der Kaufvertrag rechtswirksam geworden ist, woraufhin das Finanzamt die Grunderwerbsteuer mit 35.139 EUR entsprechend dem vertraglichen Kaufpreis (1.003.973 EUR) festsetzte. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Im Jahr 2015 zahlte die Verkäuferin an die Klägerin einen Betrag von 131.550,81 EUR zurück, da der Kaufpreis gerichtlich niedriger festgesetzt worden war. Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Änderung des Bescheids lehnte das Finanzamt ab. Das Finanzgericht war dagegen der Ansicht, dass die Herabsetzung des Kaufpreises steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hatte und gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Er entschied, dass das Finanzamt die Grunderwerbsteuer zutreffend nach der vereinbarten Gegenleistung in Höhe von 1.003.973 EUR festgesetzt hatte. Der Grunderwerbsteuer-Bescheid konnte nicht nachträglich geändert werden.

Ein nachträgliches Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung liegt vor, wenn es zu einer Änderung des Sachverhalts führt, den das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat, und nicht lediglich zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung des nämlichen Sachverhalts.

Dass die Herabsetzung der Gegenleistung i.S.v. § 16 Abs. 3 GrEStG keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses ermöglicht, folgt aus der Zusammenschau von § 16 Abs. 4 GrEStG und § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Tritt ein Ereignis ein, das nach § 16 Abs. 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses (§ 16 Abs. 4 GrEStG).

Würde ein Ereignis, das nach § 16 Abs. 1 bis 3 GrEStG die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids begründet (die Herabsetzung der Gegenleistung), als rückwirkendes Ereignis i.S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anerkannt, würde dadurch die Festsetzungsverjährung für die volle Zeit von 4 Jahren erneut eröffnet. Damit hätte § 16 Abs. 4 GrEStG keinen Anwendungsbereich. Die Regelung, wonach die Festsetzungsfrist lediglich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt des Ereignisses endet, liefe ausnahmslos leer. Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verliert, widerspricht aber der gesetzlichen Systematik und kann daher vom Gesetz nicht gewollt sein.

Es liegt zwar eine von § 16 Abs. 3 GrEStG erfasste Herabsetzung der Gegenleistung vor. Eine Änderung nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG scheidet jedoch aus, da die 2-Jahresfrist verstrichen war. Denn die Steuer war 2008 mit der Genehmigung des Vertrags entstanden, die Herabsetzung des Kaufpreises erfolgte erst 2015. Die nachträgliche Herabsetzung der Gegenleistung berechtigt nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG aber nur innerhalb der 2-Jahresfrist zur Steueränderung.

Grundbesitzende KG: Was gilt bei mittelbarer Anteilsvereinigung?


Für eine Anteilsvereinigung bei einer über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft vermittelten mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend, nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen.

 

Hintergrund

An der grundbesitzenden KG waren die B-GmbH als Kommanditistin zu 95 % beteiligt, darüber hinaus die G-GmbH als Kommanditistin zu 5 % und die A-GmbH als Komplementärin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. An der A-GmbH war mit 100 % die V-GmbH beteiligt. Die X-GmbH war mit 100 % an der B-GmbH beteiligt.

Im Jahr 2011 verkaufte die V-GmbH ihre 100 % Anteile an der A-GmbH an die X-GmbH. Die
G-GmbH verkaufte ihre 5-prozentige KG-Beteiligung an die B-GmbH.

Somit waren an der KG ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen die A-GmbH als Komplementärin und als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftsvermögen die B-GmbH beteiligt.

Die X-GmbH war sowohl an der B-GmbH als auch an der A-GmbH zu 100 % und damit mittelbar an der KG beteiligt.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die X-GmbH mit dem Hinzuerwerb der 5 %-Beteiligung an der KG durch die B-GmbH und durch den Erwerb der Anteile an der A-GmbH mittelbar alle Anteile an der KG erworben hatte. Damit erfüllte sie den Tatbestand der Anteilsvereinigung.

Dem folgte das Finanzgericht.

 

Entscheidung

Bei einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft liegt ein mittelbarer Anteilserwerb vor, wenn der Anteilserwerber sowohl bei der Zwischengesellschaft als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft seinen Willen durchzusetzen kann. Der Anteilserwerber muss mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft halten und diese muss ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt sein. Bei dieser Quote geht das Gesetz typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber in erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen.

Wird die Beteiligung an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten, ist für die Frage, ob mittelbar mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden, bei der zwischengeschalteten Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung des erwerbenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend.

Der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft vermittelt regelmäßig, soweit er mindestens 95 % beträgt, die Möglichkeit für den Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch für nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.

Das Gleiche gilt, wenn die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet ist.

Der Gesellschafter, der am Gesellschaftskapital der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft mindestens 95 % der Anteile innehat, kann seinen Willen in der Kapitalgesellschaft durchsetzen. Diese Möglichkeit hat er auch in der nachgeordneten grundbesitzende Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen grundbesitzenden Personengesellschaften ist unmittelbar der Kapitalgesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen.

Hält der Erwerber bereits mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr steuerbar.

Im vorliegenden Fall war die X-GmbH bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mittelbar zu 95 % an der KG beteiligt. Diese Beteiligung wurde vermittelt durch ihre 100-prozentige Beteiligung an der zwischengeschalteten B-GmbH, die ihrerseits 95 % Anteile am Vermögen der KG hielt.

Der mittelbaren Beteiligung der X-GmbH an der KG in Höhe von mindestens 95 % steht nicht entgegen, dass vor Abschluss des Kaufvertrags die G-GmbH als weitere Kommanditistin und die A-GmbH bzw. mittelbar die V-GmbH als Komplementärin an der KG beteiligt waren. Denn für die mittelbare Beteiligung an der KG kommt es nicht auf die gesamthänderische Mitberechtigung, sondern auf den Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an.

Welche Erklärungspflichten hat ein Testamentsvollstrecker?


Ein Testamentsvollstrecker ist befugt, die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für ein Grundstück zu unterzeichnen. Er kann also die Feststellungserklärung für die Erben abgeben.

 

Hintergrund

A wurde je zu 1/4 durch B, C, D und E beerbt. Zum Nachlass gehörte eine Eigentumswohnung. Kläger K wurde zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt und verkaufte die Eigentumswohnung. Nachdem das Finanzamt die Miterben zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert hatte, reichte K eine Feststellungserklärung ein und beantragte den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts. Eine umfassende Vollmacht für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung gegenüber dem Finanzamt und für Zustellungen lag vor.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass der Kläger nicht zur Unterzeichnung der Erklärung befugt war und verlangte eine zumindest durch einen Miterben unterschriebene Erklärung. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

Nachdem das Finanzamt einen Grundbesitzwertbescheid erlassen hatte, in dem der Grundbesitzwert auf X EUR festgestellt worden ist, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das Finanzgericht musste nun noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass der Testamentsvollstrecker die Feststellungserklärung für den oder die Erben abgeben darf.

Dafür spricht, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner zivilrechtlichen Befugnisse gegenüber dem Steuerschuldner wie ein gesetzlicher Vertreter alle Pflichten des Steuerpflichtigen erfüllen muss, die diesem durch die Gesetze auferlegt werden. Die Finanzverwaltung hat den Testamentsvollstrecker nach der früheren Rechtslage als erklärungspflichtig behandelt und zur jetzigen Rechtslage jedenfalls keine ausdrücklich abweichende Regelung erlassen.

Da dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses und damit des Feststellungsgegenstands obliegt und er somit, im Gegensatz zu den Erben, über die für die Abgabe der Feststellungserklärung erforderlichen Informationen verfügt und darüber hinaus auch zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet ist, sprechen der Sinn und Zweck des Gesetzes ebenfalls dafür, ihn im Rahmen seiner Pflichten als gesetzlicher Vertreter bzw. Vermögensverwalter als erklärungspflichtig anzusehen.