Kanzleibrief Juli und August 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Kanzleibrief Juli und August 2020 haben wir interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

Viele Grüße

Ihr Team bei Schauer Häffner & Partner

 

 

Steuerzahlungstermine August und September


Steuerzahlungstermine im August

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.08.

13.08.

Umsatzsteuer

10.08.

13.08.

Grundsteuer

17.08.

20.08.

Gewerbesteuer

17.08.

20.08.

 

Steuerzahlungstermine im September

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.09.

14.09.

Umsatzsteuer

10.09.

14.09.

Einkommensteuer

10.09.

14.09.

Körperschaftsteuer

10.09.

14.09.

 

Sonstige Termine

25.08.

Übermittlung Beitragsnachweise für August 2020

25.08.

Zusammenfassende Meldung Juli 2020

27.08.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld August 2020 zzgl. restliche Beitragsschuld Juli 2020

24.09.

Übermittlung Beitragsnachweise für September 2020

25.09.

Zusammenfassende Meldung August 2020

28.09.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld September 2020 zzgl. restliche Beitragsschuld August 2020

 

Gewerbesteuer: Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen bei Mitunternehmern


Bei der Gewerbesteuer kommt bei Mitunternehmern die Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 35 EStG zur Anwendung.

 

Hintergrund

Die Kläger waren in den Jahren 2012 und 2013 an einer KGaA beteiligt. Die Kläger erhielten folgende Vergütungen: Die AD GmbH & Co. KG und die E GmbH erhielten jeweils eine gewinnunabhängige Vergütung, Herr C sowohl eine gewinnabhängige als auch eine gewinnunabhängige Vergütung in Form einer Pkw-Überlassung und eines Pensionsanspruchs.

In den Feststellungserklärungen berücksichtigte die Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nicht bei der E GmbH, da ihr kraft Rechtsform keine Steuerermäßigung zustand. Nachdem die Veranlagung zunächst erklärungsgemäß erfolgt war, erließ das Finanzamt nach einer Betriebsprüfung Änderungsbescheide. In diesen teilte es die Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 35 EStG nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf. Dabei blieben Vorabgewinne sowie gewinnabhängige und gewinnunabhängige Vergütungen unberücksichtigt. Als Folge daraus setzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für die Beteiligten auf 0 EUR fest.

 

Entscheidung

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Die Änderungsbescheide verletzten den Kläger in seinen Rechten, jedoch lediglich bezüglich der Höhe der gesondert festzustellenden Beträge.

Zur weiteren Begründung führten die Richter aus: Das Gesetz sieht in Bezug auf persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA keinen ausdrücklichen Aufteilungsmaßstab vor, aus der Gesetzessystematik und unter zusätzlicher Heranziehung der Gesetzeshistorie ergibt sich dieser aber.

Nach Auffassung des Finanzgerichts wird der persönlich haftende Gesellschafter dem Wortlaut des Gesetzes nach mit der Personengruppe "Mitunternehmer" gleichgestellt. Dies stellt eine gesetzgeberische Grundentscheidung dar. Da für Mitunternehmer der Aufteilungsmaßstab nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel gilt, ist dieser daher auch für persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA anzuwenden.

Im Übrigen wollte der Kläger einen Aufteilungsmaßstab anwenden, der im Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen ist. Die Unternehmenssteuerreform kann nur so zu verstehen sein, dass der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung erreichen wollte, dass die KGaA nur wie eine Mitunternehmerschaft zu behandeln ist.

Auch führt die Auslegung nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis, da auf Ebene der KGaA die Sondervergütungen für Zwecke der Gewerbesteuer neutralisiert und im Gegenzug beim persönlich haftenden Gesellschafter gekürzt werden. Folglich verbleibt die Belastung der Sondervergütung nicht wie aufgeführt beim persönlich haftenden Gesellschafter, sondern bei der KGaA. Dies wiederum steht mit der Besteuerung von Mitunternehmerschaften im Einklang.

Schülerbeschäftigungen


Aufgrund der bevorstehenden Sommerferien hat die Deutsche Rentenversicherung Bund eine umfangreiche Sonderausgabe mit Beispielen über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Schülerbeschäftigungen/Schulabgängern aufgelegt. In diesem Zusammenhang ist auf eine zeitlich befristete Regelung hinzuweisen.

Kurzfristige Aushilfsbeschäftigungen von Schülern sind in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung versicherungsfrei. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt grundsätzlich vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist und – sofern das monatliche Arbeitsentgelt 450 _übersteigt – nicht berufsmäßig ausgeübt wird.

Diese Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung werden übergangsweise für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis 31. Oktober 2020 auf 5 Monate bzw. 115 Arbeitstage erhöht.

 

„Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutzpaket) vom 27.3.2020 – BGBl. I S. 575“ Ferienjobs und Corona (Ausgabe 2/2020 summa summarum - Deutsche Rentenversicherung Bund Sonderausgabe 2020-Ferienjobs)

Wann Betriebsveranstaltungen pauschal besteuert werden dürfen


Die Pauschalbesteuerung für Betriebsveranstaltungen wird nicht gewährt, wenn die Feier nicht allen Arbeitnehmern offensteht. Das gilt zum Beispiel, wenn nur Führungskräfte eingeladen sind.

 

Hintergrund

Ein Unternehmen veranstaltete im Jahr 2015 eine Jahresabschlussfeier nur für seine angestellten Führungskräfte. Für die Lohnsteuer wendete die Firma für die Vorteile der Veranstaltung den pauschalen Steuersatz von 25 % an, der nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG für Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen gilt. Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass der Steuersatz von 25 % nicht anwendbar war. Denn die Veranstaltung stand nicht allen Mitarbeitern offen und war keine Betriebsveranstaltung im Sinne der Pauschalierungsregel. Stattdessen setzte das Finanzamt den Steuersatz von 30 % an, der nach § 37b EStG für die Pauschalierung von Sachzuwendungen gilt.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Pauschsteuersatz von 25 % nicht anwendbar war, da der Arbeitslohn nicht aus Anlass einer Betriebsveranstaltung zugewandt worden war. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Steuerpauschalierung für Betriebsveranstaltungen nur anwendbar, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offenstand. Diese Rechtsprechung ist nach Gerichtsmeinung auch ab 2015 weiter anwendbar. Die Steuerpauschalierung von 25 % soll eine einfache Besteuerung der Vorteile ermöglichen, die bei der teilnehmenden Belegschaft im Ganzen anfielen. Mit der Einführung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG wollte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Steuerpauschalierung nicht erweitern.

Deshalb lag zwar eine Betriebsveranstaltung im Sinne der gesetzlichen Neuregelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG vor. Nach Ansicht des Finanzgerichts war jedoch für die Anwendung der Steuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen eine abweichende, strengere begriffliche Definition der Betriebsveranstaltung zugrunde zu legen.

Elektronische Belege als Alternative zu Kassenzetteln?


Im Zusammenhang mit der sog. Bonpflicht besteht nun die Möglichkeit für eine elektronische Belegausgabe. Den Anwendungserlass zu § 146a AO hat die Finanzverwaltung entsprechend geändert.

 

Hintergrund

An Kunden muss seit 1.1.2020 zwingend ein Kassenbon ausgegeben werden. Die Finanzverwaltung hat nun festgelegt, wie dieser Bonpflicht durch die Ausgabe eines elektronischen Belegs anstelle eines papiernen Kassenzettels nachgekommen werden kann.

 

Änderung des AEAO zu § 146a

Folgende Regelungen wurden ergänzt:

Die elektronische Bereitstellung des Belegs wird von der Zustimmung des Kunden abhängig gemacht. Diese bedarf keiner besonderen Form, es genügt damit insbesondere auch ein mündliches "Ja".

Als eine elektronische Bereitstellung gilt schon die Möglichkeit für den Kunden, einen elektronischen Beleg entgegenzunehmen. Unabhängig von der tatsächlichen Entgegennahme durch den Kunden ist der elektronische Beleg in jedem Fall zu erstellen.

Nicht ausreichend ist es, wenn der Beleg nur an einem Bildschirm angezeigt wird, ohne dass dieser vom Kunden elektronisch entgegengenommen werden kann.

Die elektronische Belegausgabe erfolgt durch bekannte Datenformate (z. B. JPG, PNG oder PDF). Diese müssen vom Kunden auf dessen Smartphone oder einem anderen Gerät durch eine kostenfreie Standardsoftware empfangen und angezeigt werden können. Ansonsten gibt es keine technischen Vorgaben für die elektronische Übermittlung. Die Bereitstellung und Anzeige eines elektronischen Belegs ist insbesondere durch einen QR-Code, ein Download-Link, per Near-Field-Communication, E-Mail oder direkt über ein Kundenkonto möglich.

Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags?


Bei einer GmbH & Co. KG, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, wird wegen der sog. erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags keine Gewerbesteuer erhoben (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG).

Diese Vorschrift ist immer wieder streitanfällig, denn die erweiterte Kürzung ist nicht zu gewähren, wenn die Gesellschaft nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet.

Dies kann zu gravierenden Folgen bei der Aufnahme von anderen, ggf. sehr geringfügigen Tätigkeiten führen, wie nachfolgendes Urteil deutlich zeigt: „Eine grundstücksverwaltende GmbH & Co. KG kann die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen, wenn neben den Umsätzen aus der Grundstücksverwaltung andere gewerbliche Gewinne, die im Verhältnis zu den Grundstücksverwaltungsumsätzen untergeordnet sind, erzielt werden, auch wenn die andere gewerbliche Tätigkeit im Ergebnis der gemeinnützigen Unterstützung eines ortsansässigen Vereins dient.“

Im diesem Fall standen in den Streitjahren jeweils Erlöse aus der Grundstücksverwaltung von mehr als 610 T€ Einnahmen aus der Teilnahme an einem Weihnachtsmarkt von lediglich 7 - 8 T€ gegenüber; außerdem spendete die Gesellschaft die verbleibenden Reinerlöse aus dem Weihnachtsmarkt.

 

FG Münster, Urteil vom 21.1.2020 – 6 K 1384/18 G, F –Revision eingelegt, Az. BFH: IV R 6/20 (EFG 2020 S. 539)

Anscheinsbeweis beim Firmenwagen


Der sog. Anscheinsbeweis, dass ein betriebliches Kfz auch privat genutzt wird, kann dadurch widerlegt werden, dass der Unternehmer privat noch ein anderes Fahrzeug besitzt, dessen Status und Gebrauchswert mit dem des unternehmerischen Kfz vergleichbar ist. Ein älterer Mercedes Benz C 280 T (Baujahr 1997), der privat genutzt wird, ist mit einem Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet (Baujahr 2012), der sich im Betriebsvermögen befindet, unter diesen Gesichtspunkten vergleichbar, so dass für den Fiat keine Privatnutzung als Entnahme angesetzt werden muss.

 

Hintergrund

Die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz wird als Entnahme versteuert, und zwar mit 1 % des Bruttolistenpreises des Kfz pro Monat, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird. Allerdings ist zu prüfen, ob überhaupt eine Privatnutzung des Kfz erfolgt ist. Finanzverwaltung und Rechtsprechung gehen hier von einem sog. Anscheinsbeweis aus, d. h. grundsätzlich spricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass ein betriebliches Fahrzeug auch privat genutzt wird. Allerdings kann dieser Anscheinsbeweis widerlegt werden.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Kommanditgesellschaft (KG), deren alleiniger Kommanditist der X war. X war alleinstehend und hatte keine Kinder. Zum Betriebsvermögen der KG gehörte im Jahr 2013 ein Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet (Kastenwagen), der mit fünf Sitzen ausgestattet war, aber kein sog. Werkstattwagen war. Die hinteren Fenster waren also nicht verblendet, und der Wagen hatte auch keine Einbauten für Werkzeuge. Der Fiat war im Jahr 2012 neu angeschafft worden; der Bruttolistenpreis betrug 18.500 €. X besaß privat einen Mercedes Benz C 280 T mit Erstzulassung Juli 1997, den er im Jahr 2004 erworben hatte. Der Wert des Mercedes hatte im Jahr 1997 umgerechnet ca. 45.000 € betragen. Das Finanzamt ging von einer Privatnutzung des Fiat aus und setzte als Entnahme 2.220 € an, nämlich 1 % von 18.500 € x 12 Monate. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt:

Eine Privatnutzung des Fiat im Jahr 2013 stand nicht fest. Zwar spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass ein betriebliches Kfz auch privat genutzt wird. Dieser Anscheinsbeweis gilt im Grundsatz auch für einen Kastenwagen wie hier für den Fiat Doblo, wenn dieser nicht als Werkstattwagen ausgebaut ist, sondern als Fünfsitzer.

Der Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, dass dem Steuerpflichtigen für private Fahrten ein nach Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung steht. Es gibt dann keinen nachvollziehbaren Grund, das betriebliche Kfz für Privatfahrten zu nutzen. Selbst wenn das private Fahrzeug mit dem betrieblichen Fahrzeug nicht vergleichbar ist, kann der Anscheinsbeweis umso leichter erschüttert werden, je geringer der Unterschied zwischen den beiden Fahrzeugen ist.

Der Mercedes Benz C 280 war vom Status und Gebrauchswert her mit dem Fiat Doblo vergleichbar.

Unter dem Status ist das „Prestige“ zu verstehen, das bei einem Mercedes Benz höher ist als bei einem Fiat. Hierfür spricht auch der hohe Neuwagenpreis des Mercedes, der im Jahr 1997 ca. 45.000 € betrug, während der Fiat lediglich rund 20.000 € kostete.

Der Gebrauchswert richtet sich nach Kriterien wie Motorleistung, Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung. Der Motor des Mercedes war deutlich leistungsstärker als der des Fiat. Das Raumangebot war gleichwertig, da es sich bei beiden Kfz um Fünfsitzer handelte. Nur beim Kofferraumvolumen lag der Fiat vor dem Mercedes. Die sonstige Ausstattung war beim Mercedes höherwertiger, jedoch älter. Unbeachtlich ist, dass der Mercedes aufgrund seines Alters reparaturanfälliger war. Denn der Anscheinsbeweis ist umso leichter erschüttert, je geringer die Unterschiede zwischen den beiden Fahrzeugen ausfallen.

Hinweise: Der Anscheinsbeweis gilt nicht bei solchen Kfz, die typischerweise nur betrieblich genutzt werden, z. B. Werkstattwagen (Kastenwagen) mit Verblendung der hinteren Fenster und Einbauten, Lastwagen, Zugmaschinen.

Von der Entnahme aufgrund der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz zu unterscheiden ist die Überlassung eines Dienstwagens an einen Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung; beim Arbeitnehmer scheidet der Ansatz eines geldwerten Vorteils aus, wenn ihm die Privatnutzung ausdrücklich untersagt ist.

Krankheitskosten aufgrund eines Wegeunfalls als Werbungskosten


Nach der gesetzlichen Regelung sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 EStG.

Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale in Abhängigkeit von der Entfernung zwischen Wohnung und dieser Tätigkeitstätte anzusetzen.

Mit dieser Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Nach der Rechtsprechung fallen auch außergewöhnliche Kosten, z.B. Unfallkosten, unter diese Abgeltungswirkung.

Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale umfasst nach einem aktuellen Urteil jedoch nur berufliche Mobilitätskosten, nicht jedoch Krankheitskosten aufgrund eines Wegeunfalls:

„Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden, die durch einen Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten sind, können gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden.

Sie werden von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nicht erfasst. Diese erstreckt sich nur auf fahrzeug- und wegstreckenbezogene Aufwendungen.“

 

BFH-Urteil vom 19.12.2019 – VI R 8/18 (DB 2020 S. 701)

Taxikosten als Werbungskosten?


Grundsätzlich ist zur Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Tätigkeitsstätte aufsucht, als Werbungskosten eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 0,30 € anzusetzen.

Durch die Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind.

Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.

Da die Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr höher sein können als der gesetzliche Pauschbetrag, soll es damit möglich bleiben, die tatsächlichen Kosten abzuziehen.

Strittig ist, ob das Taxi ein öffentliches Verkehrsmittel ist. Ein Finanzgericht hat dies bejaht:

„Nutzt ein Arbeitnehmer für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Taxi, sind – über die Entfernungspauschale hinaus – die tatsächlichen Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen, da ein Taxi als öffentliches Verkehrsmittel i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist.“

 

Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 22.10.2019 – 3 K 490/19 Revision eingelegt; Az. BFH: VI R 26/20 (EFG 2020 S. 348)

Arbeitsunfall: Toilette gehört nicht zum versicherten Bereich


An der Außentür der Toilettenanlage endet der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei einem Unfall in den Wasch- und Toilettenräumen liegt deshalb kein Arbeitsunfall vor.

 

Hintergrund

Eine Arbeitnehmerin rutschte im Toilettenraum, der dem gesamten Personal zur Verfügung stand, auf nassem Boden aus und stürzte. Sie befand sich beim Sturz an der Türschwelle zwischen dem Vorraum mit Waschbecken und den Toilettenkabinen. Da der Unfall während ihrer Arbeitszeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers passierte, machte sie einen Arbeitsunfall geltend und begehrte Versicherungsschutz von der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Die Berufsgenossenschaft lehnte es jedoch ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen.

 

Entscheidung

Das Landessozialgesetz wies die Klage ab. Die Richter entschieden, dass die rechtlichen Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall nicht erfüllt waren. Der Gang zur Toilette gehört zum nicht versicherten persönlichen Lebensbereich, da er unabhängig von einer betrieblichen Tätigkeit erforderlich ist. Zum nicht versicherten Bereich gehört der gesamte Aufenthalt in allen zur Toilette gehörenden Räumlichkeiten, weshalb auch das Händewaschen nicht versichert ist. Der zuvor in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers bestehende Versicherungsschutz endet damit an der Außentür zur Toilettenanlage.

 

 

Wann ein Antrag auf Teilzeit rechtsmissbräuchlich ist


Verfolgt ein Arbeitnehmer mit seinem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit das Ziel, im ganzen Ferienmonat August frei zu haben, ist dies rechtsmissbräuchlich. Das gilt vor allem dann, wenn dadurch die Urlaubspläne der anderen Arbeitnehmer deutlich eingeschränkt werden.

 

Hintergrund

Der Kläger war als Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr beschäftigt und hat ein schulpflichtiges Kind. Er beantragte eine Reduzierung seiner jährlichen Arbeitszeit um 1/12. Hierbei sollten alle arbeitsfreien Tage in den Monat August fallen. Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag ab. Zum einen standen betriebliche Gründen entgegen, da der Monat August der umsatzstärkste Monat im Jahr war. Zum anderen wäre sein Ausfall in dieser Zeit auch aufgrund von Urlaubswünschen anderer Mitarbeiter nicht kompensierbar.

 

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab und entschied, dass dem Teilzeitverlangen des Klägers betriebliche Gründe entgegenstanden.

Die Arbeitgeberin gewährte ihren Arbeitnehmern im August grundsätzlich höchstens 10 Urlaubstage. Denn aufgrund des erhöhten Arbeitsvolumens im August konnte sie nicht allen Urlaubswünschen für die Sommerferien nachkommen. Der Wunsch des Klägers, jedes Jahr im August den ganzen Monat Urlaub nehmen zu können, war zwar nachvollziehbar, stand aber den Urlaubswünschen der anderen Arbeitnehmer entgegen.

Der Teilzeitwunsch des Klägers stellte nach Ansicht des Gerichts auch eine unzulässige Rechtsausübung dar. Mit der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit, verbunden mit dem Wunsch, den gesamten August arbeitsfrei zu haben, bezweckte der Kläger, die Urlaubsregelung der Arbeitgeberin zu unterlaufen. Durch seinen Antrag wollte der Kläger eine bestimmte Verteilung seiner Arbeitszeit erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch gehabt hätte.

Bewerbungsgespräch: Arbeitgeber darf nicht pauschal nach Vorstrafen oder Ermittlungsverfahren fragen


Im Bewerbungsverfahren darf ein Arbeitgeber nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren fragen – aber nur, wenn und soweit die künftige Tätigkeit des Bewerbers dies erfordert. Ein allgemeines Fragerecht gibt es also nicht.

 

Hintergrund

Der Auszubildende hatte sein Ausbildungsverhältnis im August 2018 begonnen. Im Einstellungsverfahren musste er ein Personalblatt ausfüllen. Beim Punkt "Gerichtliche Verurteilungen / schwebende Verfahren" antwortete er mit "Nein". Zu dieser Zeit war allerdings ein Strafverfahren wegen Raubes gegen ihn anhängig, die Hauptverhandlung stand bevor. Im Juli 2019 teilte der Auszubildende dem Arbeitgeber mit, dass er eine Haftstrafe antreten muss. Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die Anfechtung des Ausbildungsvertrags wegen arglistiger Täuschung.

 

Entscheidung

Das Arbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber den Ausbildungsvertrag nicht wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte.

Arbeitgeber dürfen Bewerber im Einstellungsverfahren nur nach Vorstrafen fragen, wenn und soweit diese für die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes relevant sein können. Es besteht jedoch kein allgemeines Fragerecht des Arbeitgebers nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren jedweder Art.

Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte der Auszubildende zwar Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögensgüter des Arbeitgebers. Die allgemeine Frage im Personalblatt nach eventuellen gerichtlichen Verurteilungen und schwebenden Verfahren war jedoch bei einer Bewerbung für eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik zu weitgehend. Denn nicht jede denkbare Straftat begründet Zweifel an der Eignung des Bewerbers für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik.

Im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers war die Frage somit unzulässig. Der Auszubildende durfte sie folglich nicht wahrheitsgemäß beantworten.

Werbungskosten: Hälftige Entfernungspauschale bei Hin- und Rückfahrt an 2 verschiedenen Tagen


Die Entfernungspauschale deckt an jedem Arbeitstag den Hin- und einen Rückweg ab. Erfolgt der Rückweg an einem anderen Arbeitstag als der Hinweg, kann nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag angesetzt werden.

 

Hintergrund

A war als Flugbegleiter beschäftigt. Er fuhr in einem Jahr an 12 Arbeitstagen von seiner Wohnung zum Flughafen und zurück. An 31 Tagen trat er erst nach mindestens einem weiteren Arbeitstag die Rückfahrt an.

A setzte sowohl für die 12 arbeitstäglichen Hin- und Rückfahrten als auch für die 31 am jeweiligen Arbeitstag nur einfach ausgeführten Fahrten mit der vollen Entfernungspauschale von 0,30 EUR an. Das Finanzamt gewährte jedoch für die einfachen Fahrten nur 0,15 EUR pro Entfernungskilometer. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch mit seiner Revision vor dem Bundesfinanzhof scheiterte A.

Der Abzug der vollen Entfernungspauschale von 0,30 EUR setzt voraus, dass der Steuerpflichtige an einem Arbeitstag den Weg von der Wohnung zu seiner ersten Tätigkeitsstätte und von dort wieder zurück zu seiner Wohnung zurücklegt. Fährt er diese Wege an unterschiedlichen Arbeitstagen, kann er die Entfernungspauschale für diese Fahrten nur zur Hälfte, d. h. mit 0,15 EUR, geltend machen.

Der Bundesfinanzhof hält daran fest, dass die Entfernungspauschale für "Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte" die Kosten für 2 Wege, nämlich einen Hin- und einen Rückweg, abgilt. Ein Arbeitnehmer, der an einem Arbeitstag nur einen Weg zurücklegt, kann folglich nur die Hälfte der Entfernungspauschale von 0,30 EUR – also 0,15 EUR je Entfernungs-km und Arbeitstag – als Werbungskosten abziehen.

Dem steht der Gesetzeswortlaut nicht entgegen, soweit danach die Entfernungspauschale "für jeden Arbeitstag" angesetzt wird, "an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht". Diese Formulierung verdeutlicht, dass die Entfernungspauschale nur einmal für jeden Arbeitstag berücksichtigt werden kann. Das Gesetz zwingt aber nicht dazu, die Entfernungspauschale für jeden Arbeitstag in voller Höhe anzusetzen, wenn der Arbeitnehmer den Weg nicht am selben Tag, sondern an verschiedenen Tagen zurücklegt. Ausgehend von der Typisierung (0,30 EUR bei Hin- und Rückfahrt an einem Tag) ist bei nur einer Fahrt an einem Tag nur die Hälfte der Pauschale (0,15 EUR) zu berücksichtigen.

Wann vom Arbeitgeber übernommene Steuerberatungskosten steuerfrei bleiben


Übernimmt der Arbeitgeber Steuerberatungskosten für seine Mitarbeiter, führt dies nicht zwingend zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Kommt nämlich die erzielte Steuerersparnis ausschließlich dem Arbeitgeber zugute, liegen die Kosten im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und sind steuerfrei.

 

Hintergrund

Ein inländisches Tochterunternehmen eines weltweit tätigen Konzerns schloss mit seinen nach Deutschland entsandten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Nettolohnvereinbarungen ab. Im Rahmen einer solchen Nettolohnvereinbarung wird üblicherweise vereinbart, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer und oftmals den Arbeitnehmer-Anteil an der Sozialversicherung trägt. Der Arbeitgeber im vorliegenden Fall übernahm darüber hinaus die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen in Deutschland durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberatungsgesellschaft. Die Mitarbeiter traten im Gegenzug ihre Steuererstattungsansprüche an den Arbeitgeber ab. Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten nicht zur Entlohnung der Arbeitnehmer, sondern in seinem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse übernommen hatte. Damit gab der Bundesfinanzhof seine bisherige, anders lautende Rechtsprechung auf.

 

BMF-Schreiben

Aufgrund dieses Urteils passte die Finanzverwaltung ihr BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen an.

Unverändert gilt als Grundsatz: Die Übernahme von Steuerberatungskosten durch den Arbeitgeber führt im Regelfall zum Zufluss eines geldwerten Vorteils in Höhe der tatsächlichen Kosten inklusive Umsatzsteuer. Hierzu gehören insbesondere sämtliche Leistungen, die mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung von Mitarbeitern oder deren Angehörigen in Verbindung stehen. Bei Entsendefällen ist der in diesem Zusammenhang zugeflossene Arbeitslohn grundsätzlich so zuzuordnen, dass

  • die Kosten für die Erklärungsabgabe im Heimatstaat ausschließlich der Tätigkeit im Heimatstaat und
  • die Kosten für die Erklärungsabgabe im Einsatzstaat ausschließlich der Tätigkeit im Einsatzstaat zuzurechnen sind.

Unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung gilt jetzt: Übernimmt der Arbeitgeber in Fällen, in denen er mit Mitarbeitern unter Abtretung der Steuererstattungsansprüche eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen hat, die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen, wendet er damit regelmäßig keinen Arbeitslohn zu.

Soweit die vom Arbeitgeber übernommenen Steuerberatungskosten anderen Einkunftsarten zuzuordnen sind, entsteht aber weiterhin Arbeitslohn. Wird für die Steuerberatungskosten eine pauschale Vergütung je Mitarbeiter oder für alle Mitarbeiter insgesamt vereinbart, bestehen grundsätzlich nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Bedenken, wenn auf eine Aufteilung verzichtet wird.

Spekulationsgewinn bei Verkauf einer Eigentumswohnung mit häuslichem Arbeitszimmer?


Einerseits führen nach § 23 EStG Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken zur Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt (sog. Spekulationsgewinn).

Andererseits gilt dies nicht, wenn das Grundstück zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Streitig ist, wie das häusliche Arbeitszimmer im Rahmen eines Veräußerungsgeschäfts zu behandeln ist. Hier werden sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Ein Finanzgericht hat diese Rechtsfrage wie folgt entschieden: „Bei Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist ist der Veräußerungsgewinn grundsätzlich auch dann in vollem Umfang gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG steuerfrei, wenn ein untergeordneter Teil der Wohnung im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit als häusliches Arbeitszimmer genutzt wird.“

Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen, da die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

 

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.2019 – 5 K 338/19; Revision eingelegt, Az. BFH: IX R 27/19 (DStRE 2020 S. 396)

Ferienwohnungen: Zum Nachweis der ortsüblichen Auslastung


Für die Berechnung der ortsüblichen Belegungstage bei Ferienwohnungen können die vom Statistischen Landesamt ermittelten Auslastungszahlen zugrunde gelegt werden. Dabei ist nur auf die ortsübliche Auslastung der angebotenen Ferienwohnungen abzustellen, nicht auf die insgesamt angebotenen Schlafgelegenheiten.

 

Hintergrund

Die Steuerpflichtige machte aus der Vermietung einer Ferienwohnung von 65 qm, die sich in einem im übrigen selbstgenutzten Wohnhaus in der Stadt A mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 200 qm befindet, einen Verlust steuerlich geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung des Verlustes ab. Denn anhand der Prognoseberechnung war ersichtlich, dass ein Totalüberschuss innerhalb des Prognosezeitraumes mit der Ferienwohnung nicht erzielt werden konnte.

Die Prognoseberechnung war erforderlich, da die ortsüblichen Vermietungszeiten aller angebotenen Übernachtungsmöglichkeiten um mehr als 25 % unterschritten wurden. Der vorgelegten statistischen Erhebung des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern folgte das Finanzamt nicht.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass eine Prognoseberechnung nicht erforderlich war.

Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Dies gilt auch bei in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen. In diesen Fällen ist die Einkünfteerzielungsabsicht nur dann anhand einer Prognose zu überprüfen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen erheblich, d. h. mindestens um 25 %, unterschreitet.

Im vorliegenden Fall wurde nach Ansicht des Gerichts die ortsüblichen Vermietungszeiten nicht um 25 % unterschritten. Als Vergleichsmaßstab stellte das Gericht nur auf die Auslastung der in der Stadt A belegenen Ferienwohnungen und Ferienhäuser ab und nicht auf die vom Finanzamt zugrunde gelegten ortsüblichen Vermietungszeiten sämtlicher Beherbergungsbetriebe, also auch der Hotels, Pensionen und sonstigen Unterkünften.

Gegen eine Verwendung der vom Statistischen Amt Mecklenburg-Vorpommern für Ferienwohnungen in der Stadt A ermittelten Auslastungszahlen sprach nicht, dass diese nicht veröffentlicht und nur auf Anforderung bekanntgegeben werden. Für die Richter war ausreichend, dass diese grundsätzlich auf Nachfrage vom Statistischen Amt erhältlich sind. Als nicht entscheidungserheblich sah das Finanzgericht den Umstand, dass für sog. Kleinvermieter von Ferienwohnungen mit bis zu 10 Betten keine Statistik existiert.

Schenkungen mit Auslandsbezug: Steuerpflicht von Erwerber und Schenker ist zu prüfen


Schenkungen und Erbschaften unter deutschen Staatsangehörigen, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, unterliegen der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht. Die entsprechende Regelung ist weder verfassungs- noch europarechtswidrig.

 

Hintergrund

Der Kläger und seine Mutter sind beide deutsche Staatsangehörige. Sie verlegten im November 2011 ihren jeweiligen alleinigen Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz.

Dem Kläger wurde von der Mutter im Dezember 2011 ein in der Schweiz gelegenes Wohnhaus mit Garage unter Einräumung eines lebenslangen Nießbrauchs im Wege einer Schenkung übertragen. Dies teilte der Kläger im November 2017 unter Vorlage des Schenkungsvertrags von Dezember 2011 dem Finanzamt mit. Darauf setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Steuerpflicht tritt für den gesamten Vermögensanfall ein, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist. Es gilt die unbeschränkte Steuerpflicht. Als Inländer gelten auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als 5 Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben. Aufgrund des Schenkungsvertrags war der Besteuerungstatbestand erfüllt.

Darüber hinaus war die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht gegeben, da sowohl der Kläger als Erwerber als auch die Mutter als Schenkerin im Zeitpunkt der Steuerentstehung bzw. Ausführung der Schenkung als Inländer galten: So waren sowohl der Kläger als auch die Mutter deutsche Staatsangehörige und haben im November 2011 ihre jeweiligen alleinigen Wohnsitze von Deutschland in die Schweiz verlegt.

Da der Kläger kurze Zeit nach der Wohnsitzverlegung in die Schweiz von der Mutter das Grundvermögen schenkweise übertragen bekommen hat, ist auch unzweifelhaft der 5-Jahreszeitraum eingehalten. Der Steuerfestsetzung steht auch nicht das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern entgegen, da dieses auf Schenkungen unter Lebenden nicht anwendbar ist.

Wann beginnt eine Außenprüfung?


Eine Außenprüfung kann schon mit einer Aufforderung zur Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern, Geschäftspapieren beginnen. Mit dem Beginn der Außenprüfung ist die Festsetzungsfrist gehemmt.

 

Hintergrund

Die Klägerin war als Vermieterin und Maklerin tätig. Mit dieser Tätigkeit erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihre Umsätze unterlagen der Umsatzsteuer.

Sie gab am 31.3.2009 ihre Einkommen- und Umsatzsteuererklärung ab. Die Gewerbesteuererklärung wurde zusammen mit einer berichtigten Umsatzsteuererklärung am 14.5.2009 eingereicht. Der Prüfer vermerkte hierzu handschriftlich: "VZ 2007 in 2009 eingegangen – Verjährung per 31.12.2013". Der Klägerin wurde eine Prüfungsanordnung mit Datum v. 22.1.2013 für die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2007 bekanntgegeben. Laut Ankündigung sollte der Prüfungsbeginn im Zeitraum vom 1.3.2013 bis 30.4.2013 erfolgen.

Der Prüfungsanordnung war zudem eine Anlage beigefügt, in der es hieß: "Bitte übersenden Sie bereits jetzt – also vor Prüfungsbeginn – folgende Unterlagen an die prüfende Stelle: Daten-Archiv-CD der Finanzbuchhaltung". Daraufhin übersandte der steuerliche Berater am 26.3.2013 die digitalen Unterlagen.

Laut einem handschriftlichen Vermerk in der Betriebsprüfungsakte forderte der Prüfer am 19.11.2013 die digitalen Daten für den Bereich "Grundstücksvermittlung" bei der Klägerin an.

Als Prüfungsbeginn wurde im Betriebsprüfungsbericht der 16.12.2013 angegeben. Am 28.4.2017 ergingen aufgrund der Feststellungen des Prüfers geänderte Bescheide über Einkommensteuer, Gewerbesteuermessbetrag und Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2010.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt war, da mit einer Außenprüfung begonnen worden war. Als Prüfungsbeginn sah das Finanzgericht den 19.11.2013 an. Den Vermerk ordnet das Gericht in der Weise ein, dass der Prüfer die ihm vorliegenden Unterlagen, also u. a. die übersandte Daten-CD, zu diesem Zeitpunkt jedenfalls gesichtet und festgestellt hat, dass die sodann angeforderten Unterlagen für den Bereich "Grundstücksvermittlung" nicht vorlagen. Mit diesen Prüfungshandlungen hatte nach Ansicht des Gerichts die Prüfung begonnen.

Fliesen statt Teppichboden: Schallschutz beachten


Tauscht ein Wohnungseigentümer den Bodenbelag aus, muss er die Mindestanforderungen an den Schallschutz einhalten. Das gilt auch dann, wenn die Trittschalldämmung der Geschossdecke mangelhaft ist.

 

Hintergrund

Die Wohnung befindet sich im Dachgeschoss und war mit Teppichboden ausgestattet. Im Jahr 2008 ließ der Eigentümer der Wohnung den Teppichboden durch Fliesen ersetzen. Seitdem überschreitet der in der darunter gelegenen Wohnung wahrzunehmende Trittschall die nach der einschlägigen DIN zulässigen Werte. Laut Gutachter entsprach die Trittschalldämmung der Geschossdecke zwischen beiden Wohnungen nicht den schallschutztechnischen Mindestanforderungen.

Der Eigentümer der darunter liegenden Wohnung verlangte, dass in der oberen Wohnung wieder Teppichboden oder ein Belag mit gleichwertiger Trittschalldämmung verlegt wird, hilfsweise, dass durch geeignete Maßnahmen ein bestimmter Schallschutzstandard hergestellt wird.

 

Entscheidung

Der Eigentümer hatte mit seinem Hilfsantrag beim Bundesgerichtshof Erfolg. Dieser entschied, dass der Eigentümer der oberen Wohnung dafür sorgen muss, dass ein Schallschutzstandard eingehalten wird.

Jeder Wohnungseigentümer darf von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur so Gebrauch machen, dass keinem der anderen Eigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Durch den Austausch des Bodenbelags ist dem Eigentümer der unteren Wohnung ein solcher Nachteil entstanden.

Wenn ein vorhandener Bodenbelag ohne Eingriff in den Estrich und die Geschossdecke durch einen anderen ersetzt wird, ist für den Schallschutz die DIN 4109 maßgeblich. Diese Norm gilt auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche.

Da es dem Eigentümer der oberen Wohnung hier möglich und zumutbar war, die Mindestanforderungen an den Trittschallschutz einzuhalten, muss er entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dass die Ursache im Gemeinschaftseigentum lag, war unerheblich.

Interne Datenschutzbeauftragte dürfen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden


Wenn Unternehmen einen internen Datenschutzbeauftragten bestellen, müssen sie den Sonderkündigungsschutz beachten. Eine Kündigung darf deshalb nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen. Und auch für eine Abberufung braucht es einen wichtigen Grund.

 

Hintergrund

Der Arbeitgeber war zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BDSG verpflichtet. Anfang 2018 wurde die Arbeitnehmerin für den Bereich Recht als Teamleiterin eingestellt und zudem als betriebliche, interne Datenschutzbeauftragte bestellt. Zudem übernahm sie die Aufgabe einer externen Datenschutzbeauftragten für die Tochterunternehmen des Arbeitgebers. Mitte August 2018 wurde ihr das Arbeitsverhältnis gekündigt, hilfsweise die Bestellung zur Datenschutzbeauftragten widerrufen.

Hiergegen wehrte sich die Datenschutzbeauftragte, da aus ihrer Sicht der Sonderkündigungsschutz vom Arbeitgeber nicht beachtet wurde. Der Arbeitgeber trug dagegen vor, dass die Kündigung aus organisatorischen, finanziellen und personalpolitischen Gründen erfolgte. Die Abberufung als Datenschutzbeauftragte war wegen des relativ hohen Risiko- und Haftungspotenzials für Anwendungs- und Ausführungsfehler im Bereich Datenschutz und einer notwendigen Professionalisierung für den Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten erforderlich gewesen.

 

Entscheidung

Vor dem Landesarbeitsgericht bekam die Arbeitnehmerin Recht. Die Richter stellten fest, dass die Kündigung unwirksam war. Auch wurde die Stellung als Datenschutzbeauftragte nicht wirksam widerrufen. Zum Zeitpunkt der Kündigung galt für die Arbeitnehmerin der besondere Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte nach §§ 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG. Danach war die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses unzulässig, da aus Sicht des Gerichts keine Tatsachen vorlagen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigten. Der Sonderkündigungsschutz gilt bereits in der Probezeit.

Dieser besondere Kündigungsschutz verstößt auch nicht gegen die DSGVO. Danach darf der Datenschutzbeauftragte wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. Die DSGVO lässt spezifische arbeitsrechtliche Regelungen für den Datenschutzbeauftragten zu, soweit der Schutz nicht hinter dem Schutz der DSGVO zurückbleibt. Da die Regelung in der DSGVO keine spezifischen Regeln des Kündigungsschutzes für Datenschutzbeauftragte enthält, verbietet sie keinen darüber hinaus gehenden Kündigungsschutz. Damit wird die Unabhängigkeit des abhängig beschäftigten Arbeitnehmers von der Einflussnahme seines Arbeitgebers auf die Arbeit als Datenschutzbeauftragten gewährleistet.

Auch erfolgte die Abberufung der Datenschutzbeauftragten nicht wirksam. Bei dem Abberufungsschutz handelt es sich um eine arbeitsrechtliche Regelung, sodass die Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen darf. Ein solcher lag nach Auffassung des Gerichts aber nicht vor.

Bewerbungsverfahren: Auch bei nur interner Ausschreibung muss ein Schwerbehinderter eingeladen werden


Bewerber mit einer Schwerbehinderung müssen von öffentlichen Arbeitgebern grundsätzlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Das gilt auch dann, wenn die Stelle ausschließlich intern ausgeschrieben ist.

 

Hintergrund

Eine Regionaldirektion der Beklagten schrieb intern 2 Stellen als Personalberater aus, eine bei der Agentur für Arbeit in Cottbus und die andere bei der Agentur für Arbeit in Berlin-Mitte. Sie hatten identische Anforderungsprofile. Der seit langen Jahren bei der Beklagten beschäftigte Kläger bewarb sich auf beide Stellen. Für beide Stellen, die identische Anforderungsprofile hatten, führte die für die Besetzung dieser Stellen zuständige Regionaldirektion Berlin-Brandenburg ein Auswahlverfahren nach identischen Kriterien durch. Der Kläger wurde nur zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse des Auswahlgesprächs für die eine Stelle in das Stellenbesetzungsverfahren für die andere Stelle einfließen würden. Beide Bewerbungen des Klägers blieben erfolglos.

Der Kläger verlangt eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG. Seiner Meinung nach war er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden, da er entgegen § 82 Satz 2 SGB IX a. F. (Fassung bis 29.12.2016) nicht zu einem Vorstellungsgespräch für die Stelle in Cottbus eingeladen worden war.

 

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Beklagte den Kläger nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt hat. Sie schuldet ihm deshalb nicht die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

Zwar muss ein öffentlicher Arbeitgeber, dem die Bewerbung einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zugeht, diese auch bei einer ausschließlich internen Stellenausschreibung zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Dieser Verpflichtung war die Beklagte nachgekommen. Denn die für die Besetzung beider Stellen zuständige Regionaldirektion hatte den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch betreffend die bei der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte zu besetzende Stelle mit identischem Anforderungsprofil eingeladen, das Auswahlverfahren wurde nach identischen Kriterien durchgeführt und eine Vertreterin der Regionaldirektion gehörte den jeweils gebildeten Auswahlkommissionen an.