Kanzleibrief September 2022


Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte beachten Sie unsere Neuerungen bei der Telefonvermittlung.

Um Sie zielgerichteter mit Ihrem gewünschten Ansprechpartner verbinden zu können, wurden neue Durchwahlen eingerichtet:

Mit der

07265-9122-91 landen Sie direkt in der Zentrale der Steuerabteilung und mit der

07265-9122-92 in der Zentrale der Rechtsabteilung.

Anrufe welche auf der zentralen Nummer 07265-9122-0 eingehen, werden künftig über ein automatisches Sprachvermittlungssystem umgeleitet.

Dort haben Sie die Möglichkeit durch wählen der

„1“ mit unserer Steuerabteilung und der

„2“ mit unserer Rechtsabteilung verbunden zu werden.

Die direkten Durchwahlen zu unseren Mitarbeitern bleiben unverändert (sehen Sie hierzu auch https://www.sh-partner.org/die-kanzlei/team).

Daneben haben wir in unserem Kanzleibrief September 2022 wieder interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

 

Viele Grüße

Ihr Team von Schauer Häffner & Partner

Inhalte:

Steuerzahlungstermine im Oktober 2022


Steuerzahlungstermine im Oktober

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.10.

13.10.

Umsatzsteuer

10.10.

13.10.

 

Sonstige Termine

 

24.10.

Übermittlung Beitragsnachweise für Oktober 2022

25.10.

Zusammenfassende Meldung September 2022  / III. Quartal

26.10.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Oktober 2022 zzgl. restliche Beitragsschuld September 2022

01.09. - 31.10.2022

Regelabfrage der Kirchensteuerabzugsmerkmale (KISTAM) beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)

Nachweisgesetz: Neue Pflichten für Arbeitgeber


Zum 1.8. ist das "Gesetz zur Umsetzung der Arbeitsbedingungen-Richtlinie" mit erheblichen Änderungen im Nachweisgesetz in Kraft getreten. Erweitert wurden insbesondere die Nachweis- und Informationspflichten für Arbeitgeber, die von großer Bedeutung für die Praxis sind.

Grund für die Änderungen ist die Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union ("Arbeitsbedingungenrichtlinie"). Aufgrund neuer Arbeitsformen besteht eine größere Notwendigkeit für Mitarbeitende, umfassend, zeitnah und schriftlich in einer leicht zugänglichen Form über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen unterrichtet zu werden.

Wesentliche Änderungen des NachweisG

Hauptsächlich wird die Arbeitsbedingungenrichtlinie durch Änderungen des Nachweisgesetzes (NachweisG) umgesetzt, aber auch andere Gesetze wie zum Beispiel das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Teilzeit- und Befristungsgesetz sind betroffen.

Es bleibt dabei, dass die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich niederzulegen sind. Die elektronische Form bleibt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 NachweisG ausgeschlossen.

Erstmals werden Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des NachweisG als Ordnungswidrigkeit behandelt, die mit einer Geldbuße von jeweils bis zu 2.000 EUR geahndet werden können. Wenn also ein Unternehmen die wesentlichen Arbeitsbedingungen von Mitarbeitenden mit einer qualifizierten elektronischen Signatur statt in Schriftform niederlegt, kann dies zu einer Geldbuße führen.

Handlungsbedarf besteht für alle Arbeitsverhältnisse. Auch für Arbeitsverhältnisse, die begründet wurden, bevor die Änderungen des NachweisG in Kraft getreten sind, gelten die Neuregelungen. Mitarbeitende können vom Arbeitgeber verlangen, dass die im NachweisG genannten wesentlichen Arbeitsbedingungen innerhalb von einer Woche ausgehändigt werden.

Folgende Arbeitsbedingungen müssen zusätzlich zu den bisher in § 2 NachweisG genannten Vertragsbedingungen aufgenommen werden:

  • Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen
  • Sofern vereinbart: die Möglichkeit, dass die Mitarbeitenden ihren jeweiligen Arbeitsort frei wählen können
  • Sofern vereinbart: Dauer der Probezeit
  • Vergütung von Überstunden
  • Fälligkeit und Form der Auszahlung des Arbeitsentgelts
  • vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • sofern vereinbart: Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf
  • Möglichkeit der Anordnung von Überstunden sowie deren Voraussetzungen
  • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • im Grundsatz: Name und Anschrift des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung, falls eine solche gewährt wird
  • bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Verfahren (mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage)
  • Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen
  • erweiterte Dokumentationspflichten für Sachverhalte, bei denen die Mitarbeitenden z. B. länger als vier aufeinanderfolgende Wochen im Ausland arbeiten

 

Zusätzliche Änderungen bei Leiharbeitnehmenden

Auch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz enthält eine wichtige Neuregelung: Der Entleiher muss künftig dem Leiharbeitnehmenden, der ihm seit mindestens sechs Monaten überlassen ist und der ihm in Textform den Wunsch nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrages angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitteilen.

Mindestlohn steigt


Der gesetzliche Mindestlohn wird außerplanmäßig zum 1.10.2022 auf 12 € brutto je Zeitstunde angehoben. Das zugrundeliegende Gesetz wurde kürzlich final verabschiedet.
Hintergrund: Seit dem 1.1.2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 € brutto/Zeitstunde. Zum 1.7.2022 ist er turnusmäßig auf 10,45 € gestiegen. Einmalig zum Oktober 2022 wurde der Mindestlohn nun per Gesetz auf 12 € pro Stunde angehoben.
Im Zuge der Anpassung des Mindestlohns auf 12 € wird auch die Entgeltgrenze für Minijobs von derzeit 450 € auf 520 € angehoben und dynamisiert. Die Midijob-Grenze wird von derzeit 1.300 € auf 1.600 € monatlich angehoben.
Über etwaige weitere Erhöhungsschritte des Mindestlohns wird die unabhängige Mindestlohnkommission befinden - erstmalig bis zum 30.6.2023 mit Wirkung zum 1.1.2024.
Hinweis: Der Mindestlohn gilt nach wie vor u. a. nicht für Jugendliche unter 18 Jahren ohne Berufsausbildung, Auszubildende im Rahmen ihrer Ausbildung, Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung, bestimmte Gruppen von Praktikanten sowie ehrenamtlich Tätige.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge


Es bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen. Dies gilt zumindest, soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind.
Hintergrund

Die X-KG beantragte die Erteilung von Abrechnungsbescheiden für alle ab 1.1.2020 angefallenen Säumniszuschläge. Diese seien hinsichtlich des Zinsanteils und auch des "Druckcharakters" verfassungswidrig.

Gegen die erlassenen Abrechnungsbescheide (Umsatzsteuer Mai 2014 und 2014 bis 2017, in denen das Finanzamt die entstandenen und die noch zu verwirklichenden Säumniszuschläge auswies, legte die X Einspruch ein, der im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren VII R 55/20 (betr. Säumniszuschläge für 2012, 2015, 2016) ruht. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab.

Hierauf beantragte X die Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht. Dieses gab dem Antrag hinsichtlich der hälftigen nach dem 31.12.2018 entstandenen Säumniszuschläge statt. Im Übrigen (vor dem 1.1.2019 entstandene Säumniszuschläge) wies das Finanzgericht den Antrag mangels ernstlicher Zweifel als unbegründet zurück. Das Finanzgericht ließ die Beschwerde zu.

Entscheidung

Die Beschwerde der X hatte insoweit Erfolg, als der Bundesfinanzhof die Aussetzung der Vollziehung für die nach dem 31.12.2018 entstandenen Säumniszuschläge über den vom Finanzgericht anerkannten hälftigen Teil hinaus (d. h. in vollem Umfang) anerkannte.

Nach der Auffassung des BVerfG verstößt § 233a i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO gegen Art. 3 Abs. 1 GG und ist daher verfassungswidrig, soweit er auf Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 zur Anwendung gelangt. Aufgrund einer Fortgeltungsanordnung für die Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 ist der Zinssatz von 6 % p. a. allerdings erst für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 nicht mehr anwendbar.

Die Grundsätze des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Vollverzinsung nach § 233a sind auf die Höhe der Säumniszuschläge übertragbar. Zwar geht das BVerfG davon aus, dass andere Verzinsungstatbestände eigenständig verfassungsrechtlich bewertet werden müssen. Für die Säumniszuschläge hält der Bundesfinanzhof indes auch nach der Entscheidung des BVerfG daran fest, dass die Höhe der Zuschläge verfassungsrechtlich zweifelhaft ist, und zwar soweit die Säumniszuschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels, sondern eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung haben (zinsähnliche Funktion). Es ist anerkannt, dass Säumniszuschlägen auch die Funktion einer Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zukommt.

Da die gesetzlich festgelegte Höhe der Säumniszuschläge nur insgesamt verfassungsgemäß oder verfassungswidrig sein kann, weil es keine Teilverfassungswidrigkeit in Bezug auf einen bestimmten Zweck einer Norm gibt, erfassen die ernstlichen Zweifel die gesamte Höhe der Säumniszuschläge. Die vom Finanzgericht gefundene Lösung, die Aussetzung der Vollziehung nur hälftig anzuerkennen, ist damit ausgeschlossen.

Zu Überentnahmen bei Einnahmenüberschussrechnern


Auch bei Einnahmenüberschussrechnern ist periodenübergreifend zu ermitteln, ob im betrachteten Gewinnermittlungszeitraum Überentnahmen vorliegen. Diese sind bei Einnahmenüberschussrechnern nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird.

Hintergrund

Der Kläger war in den Jahren 2010, 2011 und 2013 als Architekt in einer Einzelpraxis tätig und erzielte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er ermittelte seinen Gewinn im Wege der Einnahmenüberschussrechnung. Die Gewinne wurden gesondert festgestellt. Hinzurechnungsbeträge für nicht abzugsfähige Schuldzinsen enthielten die Gewinnermittlungen nicht.

Das Finanzamt ging davon aus, dass für den Zeitraum vom Inkrafttreten der Vorschrift nach dem 31.12.1998 bis zum Ende des Jahres 2002 periodenübergreifend eine Überentnahme des Klägers in Höhe von 35.467 EUR vorlag. Ausgehend von diesem Anfangswert und den Gewinnen, Einlagen und Entnahmen der Folgejahre ermittelte das Finanzamt eine Überentnahme zum 31.12.2009 in Höhe von 131.073 EUR.

Für die Streitjahre ergaben sich danach Überentnahmen (2010: 112.104 EUR; 2011: 169.944 EUR; 2013: 178.656 EUR), obwohl in den Streitjahren 2010 und 2013 für sich betrachtet die Höhe der Entnahmen jeweils niedriger als die Summe aus den Gewinnen und Einlagen des Klägers war. Unter Berücksichtigung der abzugsfähigen Zinsen für Investitionsdarlehen und des gesetzlichen Kürzungsbetrags von 2.050 EUR berechnete das Finanzamt aus den verbliebenen Schuldzinsen für die Streitjahre Hinzurechnungsbeträge in Höhe von gerundet 2.309 EUR (2010), 3.713 EUR (2011) und 1.335 EUR (2013). Die sich hieraus ergebenden höheren Gewinne der Streitjahre stellte das Finanzamt in den geänderten Feststellungsbescheiden entsprechend fest.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück.

Bei Steuerpflichtigen mit einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist im Rahmen der sinngemäßen Anwendung der Vorschrift der Betrag der Überentnahmen periodenübergreifend zu ermitteln ist. Dies folgt aus dem Grundtatbestand in § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG ("Überentnahmen"), insbesondere aber aus der Berechnungsvorschrift in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG.

So können Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in einem Wirtschaftsjahr auch dann nicht abziehbar sein, wenn in diesem Jahr selbst keine Überentnahme zu verzeichnen ist, denn die nicht abziehbaren Schuldzinsen können auch ausschließlich auf den Überentnahmen früherer Jahre beruhen.

Die Begrenzung der Überentnahme eines Gewinnermittlungszeitraums auf die Höhe eines (vereinfacht ermittelten) niedrigeren bilanziellen negativen Eigenkapitals sieht das Gesetz nicht vor. Eine solche Auslegung widerspräche auch dem Normzweck der sinngemäß anzuwendenden Regelungen in § 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG und dem Zweck der Einnahmenüberschussrechnung i. S. d. § 4 Abs. 3 EStG als vereinfachter Gewinnermittlungsmethode.

Überentnahmen können auch in Gewinnermittlungszeiträumen gegeben sein können, in denen die Entnahmen geringer als die Summe aus dem Gewinn und den Einlagen des Gewinnermittlungszeitraums sind.

§ 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG sind im Rahmen der sinngemäßen Anwendung auf Einnahmenüberschussrechner nicht in der Weise auszulegen, dass ein periodenübergreifend ermittelter Überentnahmebetrag auf die Höhe eines (vereinfacht ermittelten) niedrigeren bilanziellen negativen Eigenkapitals zu begrenzen ist.

Erleichterung für Unterstützung ukrainischer Arbeitnehmer


Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt bei der Unterstützung ukrainischer Arbeitnehmer, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden sind, steuerliche Erleichterungen in Gestalt einer Steuerfreiheit der Unterstützungsleistungen. Außerdem lässt es Arbeitslohnspenden, die zugunsten ukrainischer Kriegsgeschädigter geleistet werden, steuerfrei.

Hintergrund: Nach dem Gesetz sind Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit geleistet werden, steuerfrei. Die Finanzverwaltung lässt unter bestimmten Voraussetzungen auch bestimmte Unterstützungsleistungen an Arbeitnehmer bis zu einem Betrag von 600 € steuerfrei.

Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens: Das BMF erweitert die gesetzliche Regelung und die bisherige Verwaltungspraxis auf Unterstützungsleistungen zugunsten von Arbeitnehmern, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt worden sind:

Unterstützungsleistungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer, die durch den Krieg in der Ukraine geschädigt sind, sind bis zur Höhe von 600 € je Kalenderjahr und Arbeitnehmer steuerfrei.

  • Ist die Unterstützungsleistung höher als 600 €, kann auch der übersteigende Betrag steuerfrei sein, wenn es sich um einen besonderen Notfall handelt. Dies ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer die Ukraine als Kriegsflüchtling verlassen hat oder in vergleichbarer Weise unmittelbar vom Krieg betroffen ist.
  • Steuerfrei sind auch Zinsvorteile oder Zinszuschüsse, die dem vom Ukraine-Krieg geschädigten Arbeitnehmer gewährt werden. Das Darlehen darf aber nicht höher als der ihm durch den Krieg entstandene Schaden sein.
  • Auch weitere Vorteile, die der Arbeitgeber gewährt, sind steuerfrei, z. B. eine Pkw-Überlassung, wenn der Pkw des Arbeitnehmers aufgrund des Kriegs nicht mehr verfügbar ist, eine Wohnungsüberlassung, die Ausstattung einer Wohnung oder Verpflegung, wenn der Arbeitnehmer insoweit Unterstützung benötigt.

Hinweis: Der Arbeitgeber muss die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufzeichnen. Dabei ist zu dokumentieren, dass die o. g. Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt sind. Hierzu gehört u. a. die Dokumentation, dass der Arbeitnehmer durch den Ukraine-Krieg geschädigt worden ist, sowie Angaben zur Glaubhaftmachung der Schadenshöhe.

Arbeitslohnspenden von Arbeitnehmern sind steuerfrei, wenn sie an Arbeitnehmer, die durch den Ukraine-Krieg geschädigt sind, geleistet werden oder wenn sie auf ein Spendenkonto zugunsten der Ukraine eingezahlt werden.

Hinweis: Die steuerfreie Arbeitslohnspende ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Allerdings darf sie nicht zusätzlich als Spende geltend gemacht werden.

Die o. g. Erleichterungen gelten für vom 24.2.2022 bis zum 31.12.2022 durchgeführte Maßnahmen.

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei privaten Veräußerungsgeschäften mit Grundstücken


Zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. 

Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (Alt. 1) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (Alt. 2) genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

In einem Streitfall hat das Finanzgericht wie folgt geurteilt:

„1. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung unentgeltlich an die Kindesmutter (Anm.: ehemalige Ehefrau) sowie die gemeinsamen Kinder zur gemeinsamen Nutzung überlässt. 

2. Eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns in einem steuerbaren und einem nicht steuerbaren Teil ist nicht vorzunehmen.“

Aus der Urteilsbegründung ergeben sich u. a. folgende Grundsätze: Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. 

Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlasst, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. 

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt jedoch wiederum vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung durch das Kind ist dem Eigentümer als eigene zuzurechnen. 

Quelle:

FG Münster, Urteil vom 19.05.2022 – 8 K 19/20 E
Revision eingelegt; Az. des BFH: IX R 10/22 (EFG 2022 S. 1207)

Kein Anspruch auf Dankes- und Wunschformel im Arbeitszeugnis


In einem Vergleich verpflichtete sich ein Arbeitgeber, einem Arbeitnehmer ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen. Dieser Arbeitnehmer hat auf dem Klageweg geltend gemacht, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, sein Zeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in dem ihm für die geleistete Arbeit gedankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg gewünscht wird. 

Das Bundesarbeitsgericht hat dem u. a. aus nachfolgenden Gründen widersprochen. 

„Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein Arbeitszeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der er dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht. Ein solcher Anspruch lässt sich weder unmittelbar aus § 109 Abs. 1 GewO noch aus einer verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift noch aus der Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB herleiten.“

Quelle:

BAG, Urteil vom 25.01.2022 – 9 AZR 146/21 (DB 2022 S. 1651)

Bildung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten?


Im Streitfall ging es um die zeitliche steuerliche Berücksichtigung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung (Streitjahr 2012), und darüber, ob im Wege eines Haftungsbescheides nachgeforderte Lohnsteuerabzugsbeträge als Betriebsausgaben des Streitjahres 2014 zu berücksichtigen sind.

Ein Finanzgericht urteilte wie folgt:

1. Für die Bildung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten genügt bei einem Klein- bzw. Kleinstbetrieb ohne das Hinzutreten weiterer Umstände weder eine erst Jahre nach dem Bilanzstichtag durchgeführte Betriebsprüfung als das die Aufwendungen „auslösende“ Ereignis noch der Umstand, dass die Steuerbescheide der Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.

2. Rückstellungen wegen öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen können erst dann gebildet werden, wenn die Finanzverwaltung ihren Anspruch kennt bzw. die Kenntniserlangung durch diese unmittelbar bevorsteht. Daher sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, auch wenn es sich um nicht hinterzogene Steuernachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung handelt (hier: Lohnsteuerhaftungsbeträge), nicht im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung bzw. im Steuerentstehungsjahr, sondern erst in dem Jahr zu bilden, in dem der Sachverhalt durch die Betriebsprüfung aufgegriffen wird und der Steuerpflichtige ernsthaft mit einer quantifizierbaren Inanspruchnahme rechnen musste.“

Die Revision wurde zugelassen, da die Frage, ob eine Rückstellung für die Nachforderung nicht hinterzogener Steuerbeträge und für Steuerberatungskosten aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder in dem Jahr zu bilden ist, in dem der Sachverhalt von der Betriebsprüfung „aufgegriffen“ wird, bislang nicht abschließend geklärt ist.

Quelle:

FG Münster, Urteil vom 24.06.2021 – 10 K 2084/18 K, G
Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 19/21 (DstRE 2022 S 769)

Entfernungspauschale: Was ist eine Betriebsstätte?


Die Fahrten eines Gewerbetreibenden zwischen Wohnung und einer Betriebsstätte sind mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen, wenn die Betriebsstätte den Voraussetzungen einer ersten Tätigkeitstätte entspricht.

Hintergrund

X unterhielt seit 2010 einen Abbruch- und Reinigungsbetrieb in R, wo er auch wohnte. Im Rahmen dieses Betriebs führte er Arbeiten auf dem Gelände seines (einzigen) Auftraggebers (A) in E aus.

Die Fahrten nach E unternahm X von R aus. Für diese Fahrten nutzte er während der Streitjahre 2012 bis 2014 zum Teil einen im Betriebsvermögen befindlichen Pkw.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die einzige Betriebsstätte des X sich auf dem Gelände des A in E befunden hat. Deshalb sind die Fahrten von R nach E als Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte anzusehen und die entsprechenden Aufwendungen daher nicht nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen, sondern mit der Entfernungspauschale.

Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Es handelt sich um mit der Entfernungspauschale abgegoltenen Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte.

Nach der bis 2013 geltenden Begriffsbestimmung ist der Begriff der Betriebsstätte dadurch gekennzeichnet, dass er eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung voraussetzt, die der Steuerpflichtige nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder zur Ausübung seiner betrieblichen Tätigkeit aufsucht. Bei dem Betrieb des Auftraggebers des X (A) in E handelte es sich sonach um eine Betriebsstätte des X. Das Merkmal der "Dauerhaftigkeit" war erfüllt. Denn X ging im Betrieb des A regelmäßig (aufgrund einer Vielzahl von Einzelaufträgen) seinen Tätigkeiten nach.

Der Annahme einer Betriebsstätte beim Betrieb des A in E steht nicht entgegen, dass X an seinem Wohnort in R eine weitere Betriebsstätte unterhalten hat. Nach der bis 2013 geltenden Rechtslage waren mehrere Betriebsstätten - eine in eigenen Räumlichkeiten und eine beim Auftraggeber - möglich.

Der Bundesfinanzhof lässt nach der Einführung des Begriffs der "ersten Tätigkeitsstätte" für Zeiträume ab 2014 i ausdrücklich offen, ob der Betriebsstättenbegriff nunmehr entsprechend der Begriffsbestimmung der ersten Tätigkeitsstätte auszulegen ist. Denn selbst wenn man dies annehmen würde, wären im Streitfall auch die Anforderungen dieser Vorschrift erfüllt.

Bei dem Betrieb des A handelt es sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung. X war dieser aufgrund der langjährigen sicheren Geschäftsbeziehung "dauerhaft zugeordnet". Er sollte für die gesamte Dauer des im Vorhinein befristeten Auftragsverhältnisses auf dem Betriebsgelände der A die erforderlichen Abbruch- und Reinigungsarbeiten erbringen. Dass X lediglich für höchstens ein Kalenderjahr tätig werden sollte, ist unbeachtlich. Schließlich hat das Finanzgericht auch gewürdigt, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Aufgabenerledigung in E sowohl nach inhaltlichen als auch nach zeitlichen Kriterien eindeutig den Mittelpunkt der betrieblichen Arbeit dargestellt hat.

Seminare zur Geldanlage und Persönlichkeitsentwicklung: Kein Abzug als Betriebsausgaben


Seminarkosten werden nur in bestimmten Fällen steuerlich als Betriebsausgaben anerkannt. Ein selbstständiger IT-Berater kann die Kosten für Seminare zur Geldanlage und allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehen. Im entschiedenen Fall war die inhaltliche Ausrichtung der Kurse zu unspezifisch.

Hintergrund

Der Kläger hatte als Diplom-Ingenieur eine langjährige "IT-Karriere in Weltfirmen" im Anstellungsverhältnis durchlaufen und war im Jahr 2014 arbeitslos geworden. Ab 2016 nahm er eine selbstständige Tätigkeit als IT-Berater auf.

In der Zeit der Arbeitslosigkeit besuchte er zahlreiche Seminare im Ausland, unter anderem zu Fragen des Vermögensaufbaus und zur Persönlichkeitsentwicklung. Die Kosten von 27.000 EUR machte er in seiner Einkommensteuererklärung 2014 als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an und verwies u. a. auf den fehlenden berufsspezifischen Zuschnitt der Seminare.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die Seminarkosten zu Recht nicht anerkannt hatte. Aufwendungen sind nur dann als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar, wenn ein hinreichend konkreter Zusammenhang zu den Einkünften besteht, in deren Rahmen der Kostenabzug begehrt wird. Voraussetzung ist, dass der Entschluss zur Aufnahme der zukünftigen Berufstätigkeit bereits getroffen worden ist und aus objektiven Umständen abgeleitet werden kann. Zudem muss die betriebliche Veranlassung der Kosten nachgewiesen werden – die objektive Beweislast hierfür liegt beim Steuerzahler.

Im vorliegenden Fall war nicht ersichtlich, dass sich der Kläger bereits im Jahr 2014 endgültig zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit entschlossen hatte. Aufgrund seiner vorgetragenen jahrelangen Berufserfahrung und hohen Qualifizierung war zu erwarten gewesen, dass er direkt nach seinem Arbeitsplatzverlust 2014 damit beginnt, entsprechende Aufträge und Auftraggeber zu akquirieren. Entsprechende Aktivitäten konnte er jedoch nicht nachweisen.

Darüber hinaus fehlte es auch an einem hinreichenden Zusammenhang zwischen den Seminarinhalten und der späteren Beratungstätigkeit. Allgemeine Vermögens- und Geldanlagethemen weisen keinen Bezug zu dieser Tätigkeit auf. Gleiches gilt für das Seminar "Nie wieder arbeiten", das gerade nicht auf eine aktive Tätigkeit als IT-Berater abzielt. Die Seminare zur Persönlichkeitsentwicklungen hatten eine allgemein angelegte Ausrichtung und somit einen privaten Charakter. Die Kurse waren nicht auf bestimmte Berufsgruppen zugeschnitten, sondern richteten sich an alle Personen, die ohne große Anstrengungen reich werden wollen.

Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags auch schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit wirksam?


Ein Geschäftsführeranstellungsvertrag kann bei Vorliegen einer vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeit schon während des Zeitraums der Mindestlaufzeit wirksam ordentlich gekündigt werden. Voraussetzung ist, dass die Kündigungsfrist erst nach Ende der Mindestlaufzeit abläuft.

Hintergrund

Der Kläger war zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag hatten die Parteien zunächst eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren vereinbart. Nach Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren sollte der Vertrag mit einer Kündigungsfrist von 1 Jahr zum Ende des darauffolgenden Kalenderjahres kündbar sein. Der Kläger und die Beklagte schlossen vor Ablauf der 5 Jahre eine Änderungsvereinbarung. Sie vereinbarten eine unbefristete Fortsetzung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende. Die Änderungsvereinbarung sollte direkt im Anschluss an die Mindestlaufzeit wirksam werden. Schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren kam es zu einem Zerwürfnis der Parteien. Die Beklagte berief den Kläger als Geschäftsführer ab und erklärte noch während der fest vereinbarten Mindestlaufzeit die ordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages.

Entscheidung

Die ordentliche Kündigung konnte auch schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit wirksam erklärt werden. Allerdings beendet eine solche Kündigung den Geschäftsführeranstellungsvertrag frühestens mit Ablauf des Zeitraums, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Wann in diesem Fall die Kündigungsfrist zu laufen beginnt – bereits mit Zugang der Kündigung oder erst mit Ablauf des Zeitraums, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist – hängt in erster Linie von den vertraglichen Vereinbarungen ab.

Soweit keine diesbezügliche Abrede vorliegt, beginnt die Kündigungsfrist bereits mit Zugang der Kündigungserklärung. Dies folgt aus dem Zweck der Kündigungsfrist, dem Vertragsteil, dem gekündigt wird, genügend Zeit zu lassen, sich einen anderen Vertragspartner zu suchen. Weder aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag noch aus der Änderungsvereinbarung ergeben sich hinreichenden Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen bzgl. des Beginns der Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist begann vorliegend daher mit Zugang der Kündigungserklärung zu laufen. Darüber hinaus reduziert sich die Kündigungsfrist mit Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren in Verbindung mit der Änderungsvereinbarung auf 6 Monate zum Monatsende.

Stellt ein Forschungspreisgeld steuerpflichtigen Arbeitslohn dar?


Ein Forschungspreisgeld, das ein Hochschulprofessor für bestimmte wissenschaftliche Leistungen in seinem Forschungsbereich erhält, ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen.

Hintergrund

Der Kläger erhielt aufgrund seiner Habilitation und den daraus resultierenden Vorträgen und erschienenen Fachbeiträgen einen Forschungspreis. Nach Ansicht des Klägers ist das erhaltenen Forschungsgeld nicht steuerbar. Im Einkommensteuerbescheid vom 24.7.2019 setzte das Finanzamt das Forschungsgeld als steuerpflichtigen Arbeitslohn an. Als Begründung führte es aus, dass zwischen dem Forschungsgeld und der vom Kläger betriebenen Beratertätigkeit ein offensichtlich untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, da die Habilitation und die Beratertätigkeit im selben Bereich stattfinden.

Den darauf eingelegten Einspruch des Klägers wies das Finanzamt ab. Zur Begründung führte es aus, dass Hochschullehrer berechtigt und verpflichtet sind, in ihren Fächern Forschungsarbeiten durchzuführen. Im Übrigen hat der Kläger durch die Habilitation eine weitere Qualifikation erlangt, welche zur Sicherung seiner künftigen Erwerbsgrundlage dient.

Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist die Klage unbegründet und wird abgewiesen. Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gehören alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Unbeachtlich ist, dass das Geld von dritter Seite zufließt. Auch verliehene Preise können nach Ansicht des Gerichts zu Erwerbseinnahmen führen. Privat veranlasste Preise sahen die Richter z. B. in Preisen für ein Lebenswerk.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Preisgeld in wirtschaftlichen Zusammenhang zu bringen. Wissenschaftliche Assistenten sind nach dem Hochschulgesetz verpflichtet, Dienstleistungen in Forschung und Lehre zu erbringen und zu publizieren. Auch der Grund, die Habilitation ist vor Eintritt in das Dienstverhältnis begonnen worden und nicht Voraussetzung für das Dienstverhältnis gewesen, ändert nach Auffassung der Richter nichts am Ergebnis, da zwischen Einnahme und Dienstverhältnis kein zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Ein zeitlicher Zusammenhang ergibt sich hier schon dadurch, dass die vom Kläger verfasste Habilitation für die Berufung förderlich war.

Zur Verfügung stellen einer VIP-Loge an Mitarbeiter: Arbeitslohn?


Eine VIP-Loge, die vom Arbeitgeber angemietet wird und auch Mitarbeitern zur Verfügung steht, kann lohnsteuerliche Folgen auslösen. Das gilt auch bei fehlender Bewirtung und eingeschränkten Werbemöglichkeiten.

Hintergrund

Ein Unternehmen mietete in den Jahren 2012–2014 eine VIP-Loge mit 12 Sitzplätzen in einer Mehrzweckhalle an, in der u. a. Sportveranstaltungen und Konzerte stattfanden. Die Anmietung kostete 130.000 EUR pro Jahr, umfasste allerdings keine Bewirtungsleistungen. Werbe- und Sponsoringmaßnahmen waren dem Unternehmen zudem nur innerhalb der Loge gestattet. Im Logenumlauf wurden lediglich das Logo und der Schriftzug des Unternehmens dargestellt.

Das Unternehmen lud seine Geschäftspartner zu entsprechenden Events in die Loge ein. Auch Mitarbeiter des Unternehmens und die Mitglieder der Geschäftsleitung waren bei diesen Terminen anwesend.

Das Unternehmen teilte die Aufwendungen für die Loge in Anlehnung an die VIP-Logenerlasse des BMF in einen Anteil für Werbung (57 %) und einen Anteil für Geschenke (43 %) auf und führte für letzteren Anteil pauschale Einkommensteuer nach § 37b EStG ab. Den im Erlass vorgesehenen 30-prozentigen Anteil für Bewirtungskosten teilte es dabei im Verhältnis 4:3 auf die Positionen Werbung und Geschenke auf.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass ein geschätzter Anteil von 75 % auf Geschenke und nur 25 % auf Werbung entfiel, sodass es für den Geschenkeanteil pauschale Lohnsteuer nachforderte. Denn die Werbemöglichkeiten mit der Loge waren stark eingeschränkt.

Entscheidung

Die Klage des Unternehmens gegen den Aufteilungsmaßstab hatte nur teilweise Erfolg. Zwar reduzierte das Finanzgericht die Lohnsteuernachforderung des Finanzamts um 40.943 EUR, sah jedoch die angemeldeten Lohnsteuerbeträge des Unternehmens aber als zu niedrig an. Zunächst stellte das Gericht klar, dass das Unternehmen bei der Pauschalierung nach § 37b EStG nicht an die VIP-Logenerlasse gebunden ist, da Werbe- und Sponsoringmaßnahmen nur innerhalb der VIP-Loge gestattet waren.

Anschließend setzte das Finanzgericht die Gesamtaufwendungen der Loge ins Verhältnis der tatsächlichen Nutzung und klammerte Aufwandsteile aus, die nicht auf die Erbringung von Zuwendungen entfielen. Es ermittelte abstrakte Platzwerte, die es auf Leerplätze, Mitarbeiter mit und ohne betrieblich veranlasste Teilnahme und Kunden aufteilte. Von den ermittelten Aufwandsanteilen für Kunden zog das Finanzgericht einen 40-prozentigen Werbeaufwand ab und unterzog den restlichen (Brutto-)Betrag anschließend der Pauschalierung nach § 37b Abs. 1 EStG. Den errechneten Aufwandsanteil für Arbeitnehmer fasste es ungekürzt unter die Pauschalierung.

Unbefristet angestellter Leiharbeiter: Entfernungspauschale


Ein Leiharbeiter, der unbefristet angestellt ist, kann seine arbeitstäglichen Fahrten zum Betrieb des Entleihers nur im Wege der Entfernungspauschale abziehen. Allein die Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung an einen anderen Arbeitsort eröffnet keinen Abzug nach Reisekostengrundsätzen.

Hintergrund

Der Kläger war unbefristet bei einer Leiharbeitsfirma angestellt und hatte sich laut Arbeitsvertrag bereit erklärt, bei verschiedenen Kunden des Arbeitgebers – auch im Rahmen von wechselnden Projekten und Orten – eingesetzt zu werden. Zeitgleich mit dem Arbeitsvertrag schlossen die Arbeitsparteien eine Zusatzvereinbarung, die einen Einsatz bei einer bestimmten Konzerngesellschaft vorsah.

In seinen Einkommensteuererklärungen 2014–2017 rechnete der Leiharbeiter die Fahrten zu seinen Einsatzorten nach Reisekostengrundsätzen ab (0,30 EUR je gefahrenem Kilometer). Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Leiharbeiter beim Kunden eine erste Tätigkeitsstätte begründet hatte und ließ nur den Ansatz der Entfernungspauschale zu (0,30 EUR je Entfernungskilometer).

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Fahrten zur Arbeit zu Recht nur im Wege der Entfernungspauschale berücksichtigt worden waren. Der Leiharbeitnehmer hatte eine erste Tätigkeitsstätte im Betrieb des Entleihers begründet. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können nur im Wege der Entfernungspauschale abgezogen werden.

Eine erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der ein Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Das Werksgelände der Konzerngesellschaft war eine ortsfeste betriebliche Einrichtung eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, zu der auch eine "Zuordnung" bestand. Letztere ergab sich für das Finanzgericht u. a. aus dem Umstand, dass die Zusatzvereinbarung zeitgleich mit dem Arbeitsvertrag abgeschlossen worden war. Hieraus war zu folgern, dass arbeitsrechtlich von Anfang an vorgesehen war, den Leiharbeiter ausschließlich am Ort des Entleihers einzusetzen.

Die Zuordnung war auch "dauerhaft", da sie unbefristet war. Aus dem Arbeitsvertrag ergab sich, dass der Leiharbeiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stand. Auf eine eventuelle Befristung des Vertragsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Entleiher kam es nach Gerichtsmeinung daher nicht an. Die bloße Möglichkeit der Versetzung an einen anderen Arbeitsort führt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für sich genommen noch nicht zu einer lediglich befristeten Zuordnung.

Vorsteuerabzug ausnahmsweise auch ohne ordnungsgemäße Rechnung


Liegt keine ordnungsgemäße Rechnung vor, ist in der Regel der Vorsteuerabzug in Gefahr. Ausnahmsweise kann jedoch der Vorsteuerabzug auch ohne das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung gewährt werden, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind.

Hintergrund

Die Klägerin, eine in Asien tätige Rohstoffhändlerin, tätigte erstmals und einmalig im Jahr 2018 ein in Deutschland steuerbares Geschäft mit der Lieferantin B Ltd. und mit der Abnehmerin D über den Verkauf von Gas. Die Klägerin stellte der Abnehmerin D Umsatzsteuer von 896.933 EUR in Rechnung. Dagegen wies die Rechnung der B Ltd. an die Klägerin vom 12.12.2018 nur den Nettobetrag aus. Ein Umsatzsteuerausweis war nicht erfolgt, da beide Vertragsparteien irrtümlich zunächst von einem umsatzsteuerfreien Umsatzsteuerlager ausgegangen waren. Am 23.1.2019 erstellte die B Ltd. eine korrigierte Rechnung an die Klägerin mit erstmaligem Ausweis von Umsatzsteuer von 912.082 EUR.

Die Vorsteuer von 912.082 EUR machte die Klägerin erstmals in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2019 geltend und beantragte die Verrechnung mit der Umsatzsteuer für 2018 von 890.163 EUR. Das Finanzamt lehnte die beantragte Verrechnung ab. Da die im Ausland ansässige Klägerin für 2019 keine inländischen Umsätze erzielt hatte, konnte der Vorsteuerabzug für 2019 nicht im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend gemacht werden. Auch eine Erstattung im Vorsteuervergütungsverfahren kam nicht in Betracht, da nach Ansicht des Finanzamts keine Gegenseitigkeit gegeben war.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug bereits für das Jahr 2018 zustand. Die Klägerin ist für das Jahr 2018 im Regelbesteuerungsverfahren gem. § 18 Abs. 3 UStG zu veranlagen. Für den Veranlagungszeitraum 2019, in dem erstmals eine ordnungsgemäße Eingangsrechnung mit Umsatzsteuerausweis vorlag, wäre das besondere Vergütungsverfahren gem. § 18 Abs. 9 UStG anstatt der Regelbesteuerung anzuwenden gewesen. Jedoch wäre die Vorsteuervergütung ausgeschlossen, da die Klägerin in einem Staat ansässig ist, in dem die Gegenseitigkeit der Vorsteuervergütung nicht gegeben ist.

Das Vorsteuervergütungsverfahren gem. § 18 Abs. 9 UStG findet für 2018 keine Anwendung, da die Klägerin mit der Gaslieferung an D im September 2018 eine im Inland steuerbare Lieferung ausgeführt hat. Im Gegensatz zum besonderen Vergütungsverfahren ist das oben genannte Gegenseitigkeitserfordernis in dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Regelbesteuerungsverfahren gem. § 18 Abs. 3 UStG nicht anwendbar. Ein Unternehmer kann den Vorsteuerabzug grundsätzlich erst geltend machen, wenn er in Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist. Die ursprüngliche Rechnung der B Ltd. vom 12.12.2018 ohne gesondertem Umsatzsteuerausweis berechtigte danach die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug.

Vorliegend ist der Vorsteuerabzug aus der Lieferung der B Ltd. jedoch auch ohne ordnungsgemäße Rechnung möglich. Ausnahmsweise kann aufgrund des Grundprinzips der Neutralität der Mehrwertsteuer der Vorsteuerabzug ohne Erfüllung der formellen Anforderungen gewährt werden, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind. Diese waren hier gegeben, da die umsatzsteuerbelastete Eingangsleistung für die Erbringung einer steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsleistung verwendet worden ist. Insoweit ließ sich der Umfang der Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin bereits aufgrund der im Jahr 2018 vorliegenden Unterlagen ermitteln.

Die zunächst fehlerhafte Rechnung ist zudem durch die berichtigten Rechnungen vom 23.1.2019 mit Rückwirkung geheilt worden. Somit war die Klägerin auch deshalb im Streitjahr 2018 zum Vorsteuerabzug berechtigt. Wird eine zunächst nicht den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG entsprechende ausgestellte Rechnung später nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt, ist das Recht auf Vorsteuerabzug aufgrund der berichtigten Rechnung für den Besteuerungszeitraum auszuüben, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde. Allerdings wäre nach den Kriterien der BFH-Rechtsprechung eine Rückwirkung der Rechnung nicht möglich, weil diese in hohem Maße fehlerhaft war (u. a. kein Umsatzsteuerausweis, mangelhafte Leistungsbeschreibung).

Der am 23.1.2019 berichtigten Rechnung kommt aber aufgrund der besonderen Konstellation des Streitfalls und abweichend von der Rechtsprechung des BFH eine Rückwirkung für den Besteuerungszeitraum 2018 zu. Schließlich ist es nicht sachgerecht, im Streitfall die Rückwirkung zu verneinen, da dies zu einem endgültigen Versagen des Vorsteuerabzugs führen würde. Vorliegend gingen die Vertragspartner zunächst von der Anwendung der Umsatzsteuerlager-Regelung des § 4 Abs. 4a UStG aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass B Ltd. die Rechnungen bereits im Januar 2019 berichtigt hat. Damit wurde die Korrektur zwar erst nach Ablauf des Besteuerungszeitraums vorgenommen, jedoch zu einem so frühen Zeitpunkt, dass bei Ablauf der Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung für 2018 feststand, dass und in welchem Umfang die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, den Vorsteuerabzug endgültig allein an dem formellen Kriterium scheitern zu lassen, dass die Rechnung erst im Januar 2019 vorgelegen hat.

Betrieb einer Seniorenresidenz und erweiterte Gewerbesteuerkürzung


Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen kann nicht beansprucht werden, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient. Dies gilt z. B. bei dem Betrieb einer Seniorenresidenz, der eng mit einem benachbarten Gastgewerbe derselben Gesellschafter verwoben ist.

Hintergrund

2 Brüder waren je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt, die eine Seniorenresidenz betrieb. Das Gebäude war auf einem Grundstück der Brüder errichtet worden, das unmittelbar neben einem Hotel- und Restaurantbetrieb lag, den die Brüder als Kommanditisten über eine GmbH & Co. KG (KG) führten.

Die KG betrieb das Café im Gebäude der Seniorenresidenz. Die GmbH hatte die Räumlichkeiten hierzu mit privatwirtschaftlichem "Kaufvertrag" an die KG "übertragen bzw. abgetreten" (nach dem Wortlaut des Vertrags).

Durch die KG wurden diverse Servicedienstleistungen an die Bewohner der Residenz erbracht, z. B. die Reinigung der Wohnungen, ein Wäscheservice, ein Hausmeisterdienst und Verpflegungsleistungen. Hierzu hatten die Bewohner – neben den mit der GmbH geschlossenen Mietverträgen – separate Dienstleistungsverträge mit der KG abgeschlossen.

Die GmbH beantragte in ihrer Gewerbesteuererklärung die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, da ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt werde. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die erweiterte Kürzung nicht anwendbar ist, da der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diente.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts hatte das Finanzamt die erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu Recht versagt. Zwar hatte die GmbH eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt, der Grundbesitz hatte jedoch dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter, also der Hotel-KG, gedient. Dies ergab sich aus dem Umstand, dass die Wohnungsvermietung durch die GmbH und die Erbringung der Serviceleistungen durch die KG untrennbar miteinander verbunden und zu einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit zusammengefasst waren. Miet- und Dienstleistungsverträge waren den Bewohnern der Seniorenresidenz gleichzeitig vorgelegt worden, der Abschluss erfolgte im Paket. Für eine untrennbare Verbindung sprach zudem, dass die Wohnungen der Seniorenresidenz zu mehr als dem Doppelten der ortsüblichen Miete vermietet worden waren, sodass hier Serviceelemente bereits eingepreist waren.

Der Grundbesitz diente nicht bereits deshalb dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter, weil die GmbH das Café an die KG überlassen hatte. Der betroffene Gebäudeteil war vielmehr der KG als wirtschaftliche Eigentümerin zuzurechnen. Für die Annahme eigenen Grundbesitzes ist nicht zwingend zivilrechtliches Eigentum erforderlich, sondern es genügt ein wirtschaftliches Eigentum. Dies gilt auch dann, wenn das Gebäude wesentlicher Bestandteil des fremden Grund und Bodens geworden ist.

Für die gewerbesteuerliche Zurechnung des Grundbesitzes können auch Gebäudeteile eigenständige Wirtschaftsgüter sein. Grundbesitz kann auch im Falle der Bebauung auf fremden Grund und Boden und der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einem Gebäudeteil zwischen wirtschaftlichen Miteigentümern dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters des Grundstücksunternehmens dienen und die erweiterte Kürzung ausschließen.

Beendigung der Selbstnutzung eines Familienheims Objektbezogenheit


Die Revision zu einem FG-Urteil zur Steuerbefreiung für ein sog. Familienheim klärt einen weiteren, bisher strittigen Sachverhalt (vgl. 4/2021). 

Die Steuerbefreiung für ein sog. Familienheim fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutze, es sei denn, er sei aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert. 

Das Finanzgericht war der Meinung, ein zwingender Grund im Sinne des Gesetzes sei nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin unmöglich sei. 

Der BFH stellt klar, dass sich das Merkmal „aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert“ auf die Selbstnutzung des betroffenen Familienheims bezieht.

Unerheblich und nicht entscheidend ist dabei, ob der Erwerber an einem anderen Ort in der Lage ist, einen Haushalt selbständig zu führen. 

„1. Der Erwerber eines erbschaftssteuerrechtlich begünstigten Familienheims ist aus zwingenden Gründen an dessen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert, wenn die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aus objektiven Gründen unzumutbar ist. Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus.

2. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können zwingende Gründe darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich machen“.

Quelle:

BFH-Urteil vom 01.12.2021 – II R 18/20 (DStRK 2022 S. 207)

Steuerermäßigung nach 35 a EStG bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen


Nach der bisherigen Ansicht eines Finanzgerichts waren nach § 35 a EStG nur Aufwendungen begünstigt für die ambulante Pflege von Angehörigen im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, nicht für die ambulante Pflege von Angehörigen in deren eigenem (anderen) Haushalt. 

Dieser Ansicht widerspricht der BFH in einem aktuellen Urteil zu Gunsten der Steuerpflichtigen:

„1. Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne von § 35 a Abs. 2 S. 2 Hs. 1 EStG sind insbesondere Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (betreffend Körperpflege, Ernährung und Mobilität) sowie Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung (wie Einkaufen, Kochen und Reinigen der Wohnung).

2. Die Steuerermäßigung nach § 35 a Abs. 2 S. 2 Hs. 1 EStG kann auch von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen. Dies gilt auch dann, wenn die Pflege und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden. 

3. Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für ambulant erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen ist weder Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten noch in den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden hat.“

Quelle:

BFH-Urteil vom 12.04.2022 – VI R 2/20 (DStR 2022 S. 1416)

Altersvorsorge-Eigenheimbetrag: Zur Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals zur Darlehenstilgung


Wer das geförderte Altersvorsorgekapital zur Tilgung eines Darlehens verwendet, muss darauf achten, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Auszahlung des geförderten Kapitals und der Darlehenstilgung besteht.

Hintergrund

Die A beantragte bei der ZfA (Deutsche Rentenversicherung Bund – Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen) für in den Jahren 2015 bis 2017 beabsichtigte Sondertilgungen eines für die Anschaffung einer Wohnung aufgenommenen Darlehens aus ihrem zertifizierten Altersvorsorgevertrag insgesamt 10.350 EUR verwenden zu dürfen.

In dem Gestattungsbescheid wies die ZfA darauf hin, der Entnahmevorgang und die wohnungswirtschaftliche Verwendung müssten in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Dieser sei gewahrt, wenn die beabsichtigte Darlehnstilgung innerhalb von 12 Monaten nach der ersten Kapitalauszahlung vorgenommen werde. Wird der Zeitrahmen nicht eingehalten, kann eine schädliche Verwendung des entnommenen Kapitals vorliegen.

Die Anbieterin zahlte das Kapital aus dem Altersvorsorgevertrag am 9.7.2015 an die A aus. Diese leistete am 14.7.2015 für 2015, am 3.2.2016 für 2016 und am 12.6.2017 für 2017 jeweils eine Sondertilgung in Höhe von 3.450 EUR.

Im Jahr 2017 stellte die ZfA die teilweise Unwirksamkeit des Gestattungsbescheids rückwirkend zum Zeitpunkt seines Erlasses fest. Die Sondertilgung für 2017 sei nicht mehr im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Auszahlung des Kapitals erfolgt, sodass insoweit eine schädliche Verwendung vorliege. Die ZfA setzte aufgrund der schädlichen Verwendung einen Rückzahlungsbetrag fest (1.641,05 EUR).

Das Finanzgericht verneinte eine schädliche Verwendung und gab der Klage statt. Entgegen der Ansicht der ZfA erfordere die wohnungswirtschaftliche Verwendung durch Darlehenstilgung keine Unmittelbarkeit.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass auch in der Tilgungsvariante des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG die Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals für wohnungswirtschaftliche Zwecke eine unmittelbare sein muss.

Für die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheids wegen schädlicher Verwendung geförderten Altersvorsorgevermögens ist der Bescheid über die Feststellung der (teilweisen) Unwirksamkeit des Gestattungsbescheids unerheblich. Diesem kommt keine inhaltliche Bindungswirkung für den Rückforderungsbescheid zu.

Der Gesetzeswortlaut lässt sowohl die Auslegung zu, dass sich das Adjektiv "unmittelbar" (als "vor die Klammer gezogen") auf alle 3 Tatbestandsvarianten (Anschaffung, Herstellung, Tilgung) gleichermaßen beziehen soll, als auch eine Auslegung, dass das Unmittelbarkeitserfordernis nur für die ersten beiden Varianten (eventuell auch nur für die erste Variante) gelten soll. Auch eine systematische Auslegung unter Heranziehung anderer Regelungen innerhalb des § 92a EStG oder innerhalb des EStG führt nicht zu eindeutigen Ergebnissen.

Jedoch verlangt der Sinn und Zweck der Förderunschädlichkeit der Verwendung von Altersvorsorgekapital für bestimmte Darlehenstilgungen, dass nicht nur in Anschaffungs- und Herstellungsfällen, sondern auch im Fall der Tilgung von Anschaffungs- oder Herstellungsdarlehen das geförderte Kapital "unmittelbar" für den jeweils begünstigten wohnungswirtschaftlichen Zweck verwendet wird.

Durch die Ablösung von Darlehen soll ein Beitrag zum "mietfreien Wohnen im Alter" geleistet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, das allein als Rechtfertigung für die förderunschädliche vorzeitige Verwendung des zur Erlangung laufender Altersbezüge gebundenen Kapitals dienen kann, muss sichergestellt sein, dass das entnehmbare geförderte Altersvorsorgekapital nicht zweckentfremdet verwendet wird. Mitnahmeeffekte sind auszuschließen. Im Zusammenhang mit der Verwendung von gefördertem Kapital zur Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung wird dies durch das im Wortlaut des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verankerte Unmittelbarkeitserfordernis eindeutig sichergestellt. Das Unmittelbarkeitserfordernis muss gleichermaßen für die Tilgungsvariante gelten, da andernfalls eine zweckwidrige Verwendung, insbesondere durch die zwischenzeitliche Möglichkeit der Begleichung allgemeiner Lebenshaltungskosten, möglich wäre.

Die Finanzverwaltung legt das Unmittelbarkeitserfordernis dahin aus, dass Verwendungen begünstigt sind, die innerhalb von 6 Monaten vor der Antragstellung bei der ZfA und bis zu 12 Monate nach der Auszahlung des Altersvorsorgekapitals vorgenommen werden. Damit lag die im Juni 2017 vorgenommene Sondertilgung jedenfalls außerhalb einer im Juli 2015 beginnenden Zwölf-Monats-Frist.

Tätigkeit als Diplom-Finanzwirtin mit gleichzeitigem Jurastudium: Anspruch auf Kindergeld?


Bezüglich der Abgrenzung einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung bleibt der Bundesfinanzhof bei seiner Linie: Das Berufsziel des Kindes ist nur im Rahmen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten zu würdigen. Für die Frage, ob die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund steht, kommt dem Berufsziel keine weitere Bedeutung zu.

Hintergrund

A ist die Mutter der volljährigen Tochter T. Diese begann nach dem Abitur im September 2017 eine 3-jährige Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin (duales Studium), die sie im August 2020 erfolgreich abschloss. Anschließend nahm sie eine Tätigkeit in der Finanzverwaltung auf, zunächst in Vollzeit (40 Wochenstunden) und ab Dezember 2020 in Teilzeit (28 Wochenstunden). Im Oktober 2020 begann sie ein Studium der Rechtswissenschaften.

Die Familienkasse zahlte an A Kindergeld bis einschließlich August 2020. Die weitere Zahlung ab September 2020 lehnte die Familienkasse mit der Begründung ab, T habe mit dem Abschluss als Diplom-Finanzwirtin bereits eine erste Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen und gehe neben dem Zweitstudium der Rechtwissenschaften einer schädlichen Erwerbstätigkeit nach. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein Kindergeldanspruch bei einer weiteren Ausbildung und mehr als 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit nicht besteht.

T war im Streitzeitraum grundsätzlich kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, da sie im September 2020 eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen konnte und sich ab Oktober 2020 (Beginn des Jurastudiums) in einer Ausbildung befand.

Zu den Grundsätzen, nach denen eine einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, verweist der Bundesfinanzhof auf die von ihm entwickelten Kriterien. Danach stellte das Jurastudium in Streitfall keinen Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern eine Zweitausbildung dar.

Die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin (duales Studium) und das Jurastudium standen zwar in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang. Gleichwohl scheidet die kindergeldrechtliche Berücksichtigung aus, da das Jurastudium gegenüber der anschließend aufgenommenen Erwerbstätigkeit nicht im Vordergrund stand, sondern in den Hintergrund trat.

Für die im Vordergrund stehende Berufsausübung sprechen 2 Kriterien: Zum einen die Bindung der T in einem langfristigen Beschäftigungsverhältnis an die Finanzverwaltung und zum anderen, dass T ihre durch den Abschluss als Diplom-Finanzwirtin erlangte Qualifikation nutzte, um in dem erlernten Beruf zu arbeiten.

Demgegenüber sind die von T vorgetragenen Umstände, sie sei zeitlich in gleichem Umfang sowohl im Beruf als auch im Studium beschäftigt gewesen und sie habe aufgrund des (coronabedingten) Onlinestudiums unabhängig von der vorgegebenen Arbeitszeit studieren können, nicht geeignet, für eine Nachrangigkeit der Berufstätigkeit zu sprechen. Aus diesen beiden Kriterien ergibt sich allenfalls ein Gleichgewicht zwischen Berufstätigkeit und Ausbildung, aber kein Kriterium für eine im Vordergrund stehende Ausbildung.

Hiervon ausgehend stellt bei einer Gesamtbetrachtung das Jurastudium keinen Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern eine Zweitausbildung dar. Denn (mindestens) 2 Kriterien sprechen für eine im Vordergrund stehende Berufstätigkeit, während (höchstens) 2 Kriterien für ein Gleichgewicht zwischen Berufstätigkeit und Ausbildung sprechen und kein Kriterium für eine im Vordergrund stehende Ausbildung spricht. Wegen der die 20-Stunden-Grenze wöchentlicher Arbeitszeit überschreitenden Berufstätigkeit der T ist somit die Kindergeldberechtigung ausgeschlossen.

GmbH-Gesellschafterliste: Einreichung durch den Gesellschafter möglich?


Nur Geschäftsführer oder ein Notar sind befugt, bei Änderungen im Gesellschafterbestand einer GmbH eine neue Gesellschafterliste einzureichen. Ein Gesellschafter ist dazu nicht befugt. Das gilt selbst dann, wenn eine einstweilige Verfügung die GmbH zur Einreichung einer neuen Liste verpflichtet.

Hintergrund

Bei einer GmbH hatte ein Gesellschafter gegen die GmbH eine einstweilige Verfügung auf Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste erwirkt. Der Gesellschafter wartete jedoch nicht ab, bis die Geschäftsführung eine geänderte Gesellschafterliste einreichte. Stattdessen übersandte er selbst eine geänderte Gesellschafterliste an das Handelsregister.

Das Handelsregister wies die Liste zurück. Es begründete die Zurückweisung damit, dass ein GmbH-Gesellschafter in seiner Eigenschaft als solcher nicht zur Einreichung von Gesellschafterlisten befugt sei. Dagegen wandte sich der Gesellschafter mit seiner Beschwerde.

Entscheidung

Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Kammergericht Berlin bestätigte die Auffassung des Handelsregisters, dass nur die Geschäftsführer einer GmbH und Notare zur Einreichung geänderter Gesellschafterlisten befugt sind. Ein Gesellschafter hat keine Befugnis hierzu. Das gilt selbst dann, wenn er eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, nach der die GmbH bzw. ihre Geschäftsführung eine neue Gesellschafterliste einreichen muss.

Die Gesellschafter der GmbH haben keine eigene Einreichungsbefugnis. Das gilt auch dann, wenn sie eine einstweilige Verfügung auf Hinterlegung einer neuen Gesellschafterliste erwirkt haben. Solche einstweiligen Verfügungen kommen bei Gesellschafterstreitigkeiten immer wieder vor, weil Gesellschafter häufig nur im Wege einstweiligen Rechtsschutzes ihre Position sichern können. Selbst wenn sie eine einstweilige Verfügung erreichen, dürfen sie die Gesellschafterliste aber nicht selbst einreichen. Dies ist nach wie vor alleinige Befugnis der Geschäftsführung.

Wertsteigerungen bei Mietkaution stehen Mieter zu


Bei einer guten Anlage der Mietkaution können bei langjährigen Mietverhältnissen sehr hohe Renditen entstehen. Diese stehen dann den Mietern zu. Eine gegenteilige Bestimmung im Mietvertrag ist unwirksam.

Hintergrund

Die Tochter verlangte nach dem Tod ihrer Eltern von der früheren Vermieterin der Eltern die Kursgewinne heraus, die diese mit der in Aktien angelegten Mietkaution während der Mietzeit ihrer Eltern erzielt hatte.

Die Eltern der Klägerin hatten im Jahr 1960 von der beklagten Wohnungsgesellschaft eine Wohnung angemietet und hierbei eine Kaution in Höhe von 800 D-Mark hinterlegt. Nach den Bestimmungen des Mietvertrages war die Vermieterin berechtigt, die Mietkaution in Aktien anzulegen. Im Mietvertrag wurde vereinbart, dass die Vermieterin bei Beendigung des Mietverhältnisses nach ihrer Wahl die Kaution in Form der angelegten Aktien herausgeben oder den Nominalbetrag von 800 D-Mark auszahlen darf.

Im Jahr 2005 bezogen die Eltern eine andere Wohnung der gleichen Wohnungsgesellschaft. Die hinterlegte Kaution von 800 D-Mark wurde in einem Kautionsbetrag von 409 EUR umgerechnet und auf den neuen Mietvertrag übertragen. Die Wohnungsgesellschaft ließ den Kautionsbetrag - wie schon zuvor - von einem Treuhänder verwalten, der die Kaution weiterhin in Aktien anlegte. In der Folgezeit zahlte der Treuhänder die mit der Aktienanlage erzielten Dividenden in Höhe von fast 6.000 Euro bis zum Jahre 2017 an die Mieter aus.

Nach dem Tod der Eltern und Beendigung des Mietverhältnisses im Jahr 2018 forderte die Tochter als Alleinerbin von der Wohnungsgesellschaft die Übertragung des Aktiendepots auf sich. Die beklagte Wohnungsgesellschaft verweigerte sich diesem Wunsch und verwies auf die Klausel des Mietvertrages, wonach sie nach ihrer Wahl statt des Aktiendepots den Nominalbetrag der Mietkaution in Höhe von 409 Euro bei Beendigung des Mietverhältnisses auszahlen kann.

Entscheidung

Die Klage der Tochter hatte Erfolg. Die Argumentation der Beklagten ließ das Amtsgericht nicht gelten. Denn dem Mieter stehen im Falle einer Anlage der Mietkaution gleich in welcher Form grundsätzlich die Erträge zu. § 551 Abs. 4 BGB bestimmt ausdrücklich, dass eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam ist. Damit ist nach Auffassung des Amtsgerichts die im ursprünglichen Mietvertrag von 1960 vorgesehene Vereinbarung eines Wahlrechts der Vermieterin unwirksam.

Das Gegenargument der Beklagten, dass § 551 BGB zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages im Jahre 1960 noch nicht existent gewesen war, überzeugte das Amtsgericht nicht. Nach Auffassung der Richter war die Vereinbarung über die Möglichkeit der Anlage einer Mietkaution in Aktien im Jahr 1960 wahrscheinlich ohnehin rechtlich unzulässig. Nach der bis zum Jahr 2001 geltenden gesetzlichen Regelung war die Anlage einer Mietkaution auf einem üblichen Sparbuch zwingend gewesen. Dies hatte sich erst durch die Mietrechtsreform im Jahr 2001 geändert. Entscheidend für die jetzige Beurteilung der Rechtslage ist, dass die Vorschrift des § 551 BGB im Rahmen der Mietrechtsreform im Jahr 2001 in Kraft getreten und damit im Jahr 2005 bei Abschluss des 2. Mietvertrages über die neubezogene Wohnung der Eltern der Klägerin maßgeblich gewesen ist.

Dass diese gesetzliche Regelung für den neuen, im Jahr 2005 abgeschlossenen Mietvertrag gilt, war der Beklagten auch bewusst gewesen. Dies zeigt sich u. a. daran, dass der Treuhänder, der die Mietkaution verwaltet habe, im Auftrag der Beklagten entsprechend der neuen Gesetzeslage die mit der Aktienanlage erzielten Dividenden und sonstigen Erträge in der Folgezeit an die Eltern der Klägerin ausgezahlt hat. Im Jahr 2005 war also nach dem Willen beider Mietvertragsparteien auch die Kaution in den neuen Mietvertrag überführt und damit der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gesetzeslage unterstellt worden.