Kanzleibrief Oktober 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

Anfang Oktober 2021 haben wir erfolgreich unser 2-tägiges Überwachungsaudit hinsichtlich der Einhaltung der nach DIN ISO 9001:2015 geforderten Qualitätsstandards absolviert. Aus diesem Grund möchten wir an dieser Stelle unseren Mitarbeitern danken, welche ständig daran arbeiten, unsere internen Prozesse einzuhalten und zu verbessern, um den Erfordernissen der ISO-Norm Rechnung zu tragen und Ihnen damit ein Höchstmaß an Qualität zu bieten.

 

Falls Sie Fragen zu den einzelnen Themen dieses Kanzleibriefs haben oder weitere Informationen benötigen, so stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

 

Viele Grüße

 

Ihr Team von Schauer Häffner & Partner

 

 

 

 

Inhalte:

Steuerzahlungstermine November


Steuerzahlungstermine im November

 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.11.

15.11.

Umsatzsteuer

10.11.

15.11.

Gewerbesteuer

15.11.

18.11.

Grundsteuer

15.11.

18.11.

Sonstige Termine

24.11.

Übermittlung Beitragsnachweise für November 2021

25.11.

Zusammenfassende Meldung Oktober 2021

26.11.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld November 2021 zzgl. restliche Beitragsschuld Oktober 2021

Steuererstattung bzw. -nachzahlung: Warum der Zinssatz von 6 % verfassungswidrig ist


Steuernachforderungen und -erstattungen werden mit 6 % pro Jahr verzinst. Das ist zu viel, entschied das Bundesverfassungsgericht – zumindest für Zeiträume ab 2014.

 

Hintergrund

Nach § 233a AO wird bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen ein Zinssatz von monatlich 0,5 % zugrunde gelegt. Der Zinslauf beginnt erst nach einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten.

Die Vollverzinsung betrifft sowohl Steuernachzahlungen als auch Steuererstattungen.

 

Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht sieht in der Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5 % nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird. Hintergrund hierfür ist das seit Jahren anhaltende niedrige Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt, das in diametralem Gegensatz zur 6-prozentigen Jahresverzinsung durch die Finanzverwaltung steht.

Diese Ungleichbehandlung sieht das Gericht für in die Jahre 2010 bis 2013 fallende Verzinsungszeiträume als noch als verfassungsgemäß an. Dies gilt jedoch nicht mehr für Verzinsungszeiträume ab 2014. Die Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO mit dem Grundgesetz umfasst dabei auch die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.

 

Weitergeltung der bisherigen gesetzlichen Regelung

Das Bundesverfassungsgericht differenziert insoweit, als es das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume für weiterhin anwendbar erklärt wird. Für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 und später fallen, kommt dagegen eine Weitergeltung des bisherigen Rechts dagegen nicht mehr in Betracht. Hier wird der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

 

Rechtsfolgen für die Besteuerungspraxis

Das Bundesverfassungsgericht hat sich nur zur Vollverzinsung nach § 233a AO geäußert, nicht jedoch zu Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge und Aussetzungszinsen. Da jedoch das Zinsniveau in allen Verzinsungsfällen einheitlich 0,5 % pro Monat beträgt, wird man die Entscheidungsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts auf alle Zinsarten anwenden können.

3 Fallgruppen sind zu unterscheiden:

  • Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2013 und früher fallen, sind von der Verfassungswidrigkeit nicht betroffen, d. h. hier ist der Zinssatz von 0,5 % pro Monat nicht zu beanstanden. Steuerpflichtige, die hier Einspruch eingelegt haben, müssen mit einer Zurückweisung ihres Einspruchs rechnen. Im Falle einer Aussetzung der Vollziehung wird der ausgesetzte Betrag gezahlt werden müssen.
  • Für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2014 bis einschließlich 2018 fallen, bleibt das aktuelle Recht weiterhin anwendbar. Dies bedeutet, dass auch in diesen Fällen eingelegte Einsprüche abgewiesen werden und ausgesetzte Beträge gezahlt werden müssen. Soweit die Zinsfestsetzung vorläufig erfolgt ist, wird die Finanzverwaltung die Vorläufigkeit aufheben.
  • Lediglich für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 und später fallen, muss der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 "nachbessern" und eine verfassungskonforme gesetzliche Neuregelung schaffen. Von dieser Neuregelung wird jedoch nur derjenige profitieren, der gegen den Zinsbescheid Einspruch eingelegt hat oder dessen Zinsbescheid vorläufig ergangen ist. Formell und materiell bestandskräftige Zinsbescheide ohne Vorläufigkeitsvermerk können aufgrund der anstehenden gesetzlichen Neuregelung nicht mehr geändert werden.

Dienstwagennutzung Wechsel der Bewertungsmethode / Besonderheiten in Corona-Zeiten


Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat sich zur Bewertung des geldwerten Vorteils bei der Überlassung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und zu einem möglichen Wechsel der Bewertungsmethode im Laufe des Jahres und nach Abschluss des Jahres geäußert.

 

Hintergrund

Die Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens für private Fahrten oder für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führt zu einem geldwerten Vorteil. Ohne Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist die Nutzungsmöglichkeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich mit 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte monatlich anzusetzen. Ob das Fahrzeug tatsächlich genutzt wurde, oder z.B. aufgrund von Homeoffice-Regelungen in der Corona-Krise zu Hause stehen blieb, ist hierfür unerheblich.

Alternativ kann eine Einzelbewertung der tatsächlichen durchgeführten Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises vorgenommen werden. Die Einzelbewertung ist u. a. dann möglich, wenn der Dienstwagen für maximal 180 Fahrten pro Jahr zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird.

 

Wesentlicher Inhalt des Schreibens:

  • Grundsätzlich gilt die Bewertungsregel, nach der 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte monatlich angesetzt werden, auch in denjenigen Monaten, in denen der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich nicht nutzt, um zur Arbeit zu fahren.
  • Ein Wechsel zur Einzelbewertung, bei der nur die tatsächlich erfolgten Fahrten berücksichtigt werden und diese mit 0,002 % des Listenpreises monatlich angesetzt werden, ist während des Jahres nicht möglich. Allerdings kann der Lohnsteuerabzug rückwirkend für das gesamte Jahr geändert werden, indem statt der 0,03 %-Methode die Einzelbewertung angewendet wird.
Quelle:

Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. 21.05.2021

Aktive Rechnungsabgrenzung auch in Fällen geringer Bedeutung


Die erforderlichen Voraussetzungen für die Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten sind Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Dies dient dazu, Ausgaben periodengerecht in dem Jahr auszuweisen, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind.

Nach bisheriger Rechtsauffassung ist es dem Steuerpflichtigen erlaubt, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten (BFH-Beschluss vom 18.3.2010, X R 20/09, DStRE 2010, S. 1036). Mit einem aktuellen Urteil hält der Bundesfinanzhof an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest:

„Aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lässt sich eine Einschränkung der Pflicht zur Bildung auf wesentliche Fälle entnehmen.“

Quelle:

Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. 21.05.2021

Bareinzahlungen auf ein betriebliches Konto: Mittelherkunft ist anzugeben


Verschweigt der Betriebsinhaber bezüglich einer Bareinzahlung auf ein betriebliches Konto die Identität der leistenden Person, darf das Finanzamt den entsprechenden Betrag als Betriebseinnahme behandeln.

 

Hintergrund

Die Klägerin betreibt u. a. eine Finanz- und Vermögensberatung. Im Februar 2017 zahlte sie einen Betrag von insgesamt 70.000 EUR in bar auf ihr betriebliches Konto in 2 Teilbeträgen ein. Auf Nachfrage des Finanzamts über die Herkunft der Mittel gab sie an, dass es sich um ein Darlehen eines im Ausland ansässigen zukünftigen Ehepartners handelte. Dieser besaß nach Angaben der Klägerin in seinem Heimatland absoluten Schutz seiner Identität und Privatsphäre, sodass sie aus Gründen des Identitätsschutzes keine weiteren Auskünfte erteilen kann.

Das Finanzamt behandelte die Bareinzahlungen als unversteuerte Einkünfte und setzte deshalb bei der Einkommensteuerveranlagung sonstige Einkünfte i. H. v. 70.000 EUR an. Dagegen wehrte sich die Klägerin vor dem Finanzgericht.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht beanstandete den Ansatz des Betrags von 70.000 EUR als Einnahme nicht. Handelt es sich um einen im Ausland ansässigen Darlehensgeber, kann auf dessen Benennung nicht verzichtet werden. Insoweit trifft die Klägerin eine erhöhte Mitwirkungspflicht.

Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass ein Steuerpflichtiger bei der Einzahlung von Mitteln auf ein betriebliches Konto bei der Prüfung der Frage, ob steuerpflichtige Einnahmen oder nicht steuerpflichtige Vermögenszugänge (insbesondere Darlehen oder Einlagen) vorliegen, wegen der von ihm selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet sei.

Deshalb war davon auszugehen, dass es sich bei den unaufgeklärten Kapitalzuführungen um nicht versteuerte Betriebseinnahmen der Klägerin aus ihrem Einzelunternehmen handelte. Keine Rolle spielte, dass das Finanzamt den Betrag bei den sonstigen Einkünften erfasste, denn die Höhe des Gesamtbetrags änderte sich durch die Erfassung des Betrags als gewerbliche Einkünfte nicht.

Mindestlohn – Stufenweise Erhöhung ab 1. Januar 2022


Nach dem Beschluss der Mindestlohnkommission im Jahre 2020 erhöht sich der Mindestlohn im Jahr 2022 in 2 weiteren Stufen:

  • zum 01.01.2022   9,82 €
  • zum 01.07.2022 10,45 € jeweils brutto je Zeitstunde.

Ob Arbeitgeber den Mindestlohn einhalten, wird durch den Zoll kontrolliert. Wer unter Mindestlohn bezahlt oder die Arbeitszeiten nicht ordentlich dokumentiert, kann mit ggf. erheblichen Geldbußen bestraft werden.

Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes BGBI 2021 Teil I S. 986


1. Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)

Die neuen Vorschiften sind am 1. Juli 2021 in Kraft getreten.

 

1.1 Erwerbsvorgänge (§ 1 GrEStG)

Grundsätzlich setzt die Grunderwerbsteuer einen Rechtsträgerwechsel an einem inländischen Grundstück aufgrund eines Rechtsgeschäfts voraus (z.B. Kaufvertrag).

Ergänzend erfasst werden Rechtsvorgänge, die im wirtschaftlichen Ergebnis einem Grundstückserwerb gleichkommen. Diese Ergänzungstatbestände werden erheblich erweitert.

Von Bedeutung sind insbesondere die Fälle, in denen eine Personen- oder eine Kapitalgesellschaft Eigentümerin eines Grundstücks ist und dies auch bleibt, sich aber jeweils die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter an diesen grundstücksbesitzenden Gesellschaften verändern.

 

1.2 Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG)

Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft (OHG, KG, GmbH & Co. KG, PG und GbR) ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von 10 Jahren (bisher 5 Jahren) der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90% (bisher 95%) der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

Im wirtschaftlichen Ergebnis wird die Übertragung des gesamten Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft fingiert, mit der Folge, dass Grunderwerbsteuer für den Erwerb des ganzen Grundstücks erhoben wird.

 

1.3 Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 2b GrEStG)

Zur Missbrauchsverhinderung lösen unter gleichen Verhältnissen nach dem neuen § 1 Abs. 2b GrEStG Anteilseignerwechsel bei Kapitalgesellschaften Grunderwerbsteuer aus. Gehört zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von 10 Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar odermittelbar dergestalt, dass mindestens 90% der Anteile an der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

Im wirtschaftlichen Ergebnis wird die Übertragung des gesamten Grundstücks auf eine neue Kapitalgesellschaft fingiert, mit der Folge, dass Grunderwerbsteuer für den Erwerb des ganzen Grundstücks erhoben wird.

Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes bleibt ein Anteilserwerb von Todes wegen außer Ansatz.

 

1.4 Anteilsvereinigung/Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 GrEStG)

Grundsätzlich trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass derjenige, der alle Anteile einer grundstückbesitzenden Gesellschaft erwirbt, mittelbar eine dem Grundstückseigentümer vergleichbare Position innehat.

Auch für Gesellschaftsanteile wird daher analog die Beteiligungshöhe von bisher 95% auf 90% reduziert.

 

1.5 Wirtschaftliche Beteiligung (§ 1 Abs. 3a GrEStG)

Wirtschaftliche Beteiligung gilt als Synonym zu den Begriffen „Beteiligung am Kapital“ (bei Kapitalgesellschaften) und „Beteiligung am Vermögen“ (bei Personengesellschaften).

Die Besteuerung nach dieser Vorschrift ist nur dann zu prüfen, wenn sich diese nicht schon aus den vorstehenden Bestimmungen ergibt.

Auch bei dieser sogenannten wirtschaftlichen Beteiligung wird die Beteiligungsgrenze von bisher 95% auf 90% reduziert.

 

2. Übergang auf eine Gesamthand (§ 5 GrEStG)

Die Steuerbefreiungen beim Übergang eines Grundstücks auf eine Gesamthand sind insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb der folgenden 10 Jahre (bisher 5 Jahre) vermindert.

 

3. Übergang von einer Gesamthand (§ 6 GrEStG)

Die Steuerbefreiungen beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf einen Gesamthänder sind insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der Gesamthand innerhalb von 10 Jahren (bisher 5 Jahren) vor dem Grundstücksübergang erhöht hat.

Nach der zusätzlich eingeführten Vorbehaltenssperrfrist wird keine Steuerbefreiung gewährt, wenn der Erwerber innerhalb von 15 Jahren zuvor seinen Anteil am Vermögen einer Personengesellschaft grunderwerbsteuerfrei erworben hat.

 

4. Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum (§ 7 GrEStG)

Auch in diesen Fällen wird die bisherige Fünfjahresfrist auf 10 Jahre verlängert

 

5. Bemessungsgrundlage - Grundsatz (§ 8 GrEStG)

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung. Im Regelfall entspricht dies dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Grundstücksübergangs.

 

6. Steuerschuldner (§ 13 GrEStG)

Die bisherigen Vorschriften zum Steuerschuldner bei mindestens 95%-iger Beteiligung gelten jetzt schon bei mindestens 90%-iger Beteiligung.

Ergänzend ist geregelt, dass bei einer Änderung im Gesellschafterbestand einer Kapitalgesellschaft die Kapitalgesellschaft selbst Steuerschuldner ist.

 

7. Anwendungsbereich (§ 23 GrEStG)

7.1 § 23 Absatz 18 GrEStG (Personengesellschaft/Kapitalgesellschaft)

Die gesetzliche Neufassung, d.h. u.a. die Absenkung der Beteiligungsgrenze (von 95% auf 90%) und die Verlängerung der zeitlichen Frist (von 5 auf 10 Jahre) gilt grundsätzlich erstmals für Erwerbsvorgänge, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden.

Maßgeblicher Zeitpunkt ist das dingliche Rechtsgeschäft („Closing“) und nicht das Verfügungsgeschäft („Signing“).

 

7.2 Sonder- und Übergangsregelungen (§ 23 Abs. 19ff GrEStG)

Auf die sehr umfangreichen und komplexen Anwendungsbestimmungen kann im Rahmen dieser Abhandlung nicht eingegangen werden.

Studium neben Vollerwerbstätigkeit: Liegt noch eine einheitliche Erstausbildung vor?


Für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung ist der Gesamtplan des Kindes, sein Berufsziel erst durch eine weitere Ausbildung zu erreichen, nicht das allein maßgebliche Kriterium. Insbesondere bei einem Studium neben einer Vollerwerbstätigkeit ist darüber hinaus zu prüfen, ob die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund steht.

 

Hintergrund

Der Vater V erhielt Kindergeld für seinen Sohn M. M beendete im Juni 2013 seine Ausbildung zum Bankkaufmann und trat eine Vollerwerbsstelle an. Die Familienkasse hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung für Juli 2013 bis Januar 2014 auf und forderte das Kindergeld zurück. Im Februar 2014 begann M einen berufsbegleitenden Studiengang zum Bankfachwirt/Bankkolleg, der bis Juni 2016 andauerte. Die Zulassung zum Studium erfolgte bereits im Dezember 2013.

Im Dezember 2017 beantragte V rückwirkend Kindergeld für den Zeitraum ab der Beendigung der Ausbildung zum Bankkaufmann im Juli 2013 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres im Februar 2015. M hatte mit der Ausbildung zum Bankkaufmann sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht. Die Ausbildung zum Bankkaufmann und die folgenden Studiengänge (Bankfachwirt/Bankkolleg) waren aufeinander abgestimmt und stellten eine einheitliche Berufsausbildung dar.

Das Finanzgericht entschied, dass der Gesamtplan des Kindes, das Ende der Berufsausbildung erst durch den Abschluss "Bankfachwirt" zu erreichen, die Vollzeiterwerbstätigkeit überlagerte.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht der Auffassung des Finanzgerichts, dass der Gesamtplan des Kindes das maßgebliche Kriterium bei der Prüfung einer erstmaligen Berufsausbildung ist. Die Erstausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist enger auszulegen als die Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Für die Abgrenzung einer einheitliche Erstausbildung (mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit) von einer Erwerbstätigkeit (mit daneben berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) sind die bestehenden Rechtsprechungsgrundsätze fortzuentwickeln und zu präzisieren.

An einer einheitlichen Erstausbildung kann es fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine (auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete) Nebensache darstellen, ist anhand einer Gesamtwürdigung zu entscheiden.

Nichtzutreffend ist die Würdigung des Finanzgerichts, dass der berufsbegleitende Studiengang "Bankfachwirt" zusammen mit der Ausbildung zum Bankkaufmann noch eine einheitliche Erstausbildung darstellte. Der Gesamtplan des Kindes, die Ausbildung endgültig erst mit Abschluss des Bankbetriebswirts als beendet anzusehen, kann nicht das allein maßgebliche Kriterium für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung sein und alle anderen Kriterien überlagern. Eine einheitliche Erstausbildung kann daher durch das angestrebte Berufsziel des Kindes nicht begründet werden. Entscheidend sind die vom Bundesfinanzhof entwickelten Kriterien, ob die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund steht.

Mahlzeit vom Arbeitgeber: Kürzung der Verpflegungspauschalen auch ohne erste Tätigkeitsstätte?


Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung, werden die Verpflegungspauschalen gekürzt. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt.

 

Hintergrund

A war im Jahr 2014 mehrere Monate als Offizier auf Schiffen tätig. An Bord stellte ihm der Arbeitgeber unentgeltlich Mahlzeiten zur Verfügung. An "Hafentagen" nahm A die zur Verfügung gestellte Bordverpflegung teilweise nicht in Anspruch. An einzelnen Tagen (ca. 10 Tage) musste sich die Mannschaft im Hafen selbst versorgen.

Der Arbeitgeber behandelte den Sachbezug der Mahlzeitengestellung als steuerfrei.

A machte für die 169 Tage, in der er auf See tätig war, Verpflegungsmehraufwand von 24 EUR täglich geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab und verwies auf die Kürzungsregelung in § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG.

Das Finanzgericht gab der Klage nur zu einem geringen Teil statt. Es erkannte die Verpflegungspauschale nur für die 10 Tage an, an denen A sich im Hafen selbst versorgen musste. Das Finanzgericht war der Auffassung, dass auch bei Arbeitnehmern ohne erste Tätigkeitsstätte eine Kürzung der Verpflegungspauschalen vorzunehmen ist.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies genauso und wies die Revision des A zurück. Auch wenn der Arbeitnehmer nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügt, steht ihm für die Tage der Mahlzeitengestellung keine Verpflegungspauschale zu.

Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig, hat er zur Abgeltung seiner Mehraufwendungen Anspruch auf die nach Abwesenheitszeiten gestaffelte Verpflegungspauschale.

Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gilt dies entsprechend. Denn liegen die Voraussetzungen einer ersten Tätigkeitsstätte nicht vor und ist der Arbeitnehmer gleichwohl außerhalb seiner Wohnung beruflich tätig, befindet er sich ebenfalls auf Auswärtstätigkeit. Dementsprechend steht A dem Grunde nach die Verpflegungspauschale zu, auch wenn er als auf See tätiger Offizier keine erste Tätigkeitsstätte hatte und ein Schiff keine ortsfeste Einrichtung darstellt.

Die Verpflegungspauschale ist jedoch im Hinblick auf die vom Arbeitgeber des A zur Verfügung gestellten Mahlzeiten an Bord zu kürzen. Dies gilt auch für den Arbeitnehmer, der keine erste Tätigkeitsstätte hat, soweit ihm eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt wird.

Die Neuregelung des Reisekostenrechts ab 2014 bezweckt eine Vereinfachung gegenüber der früheren Rechtslage: Einerseits Verzicht auf die Besteuerung des geldwerten Vorteils bei Mahlzeitengestellung, andererseits gleichzeitige Kürzung des Werbungskostenabzugs. Dabei wird typisierend davon ausgegangen, dass dem Arbeitnehmer für seine Verpflegung keine Mehraufwendungen entstehen. Dementsprechend werden die Verpflegungspauschalen gekürzt. Mit der Neuregelung sollte der Werbungskostenabzug für Verpflegungsmehraufwendungen bei Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber für jede Form der auswärtigen beruflichen Tätigkeit entfallen.

Sammelstelle: Was bedeutet "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen?


Für ein "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen desselben Ortes muss der Arbeitnehmer nicht an seinen sämtlichen Arbeitstagen den vom Arbeitgeber festgelegten Ort aufsuchen. Jedoch reicht ein "typischerweise fahrtägliches" Aufsuchen des Sammelpunkts nicht aus.

 

Hintergrund

A ist bei einem Bauunternehmen als Baumaschinenführer angestellt. Er fuhr jeweils von seiner Wohnung aufgrund einer betriebsinternen Weisung zunächst zum Betriebssitz des Arbeitgebers (Sammelpunkt) und wurde von dort mit einem Sammelfahrzeug des Arbeitgebers an die jeweilige Baustelle gefahren. Dies betraf sowohl Fahrten mit täglicher Rückkehr als auch Fahrten zu Fernbaustellen, an denen A übernachtete. Die Einsätze auf den Fernbaustellen dauerten i. d. R. die gesamte Woche.

A machte die Kosten für die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Sammelpunkt mit 0,30 EUR je gefahrenem km geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen nur mit der Entfernungspauschale in Höhe 0,30 EUR je Entfernungs-km.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. A habe den von seinem Arbeitgeber bestimmten Ort "typischerweise arbeitstäglich" aufgesucht.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des vom Arbeitgeber bestimmten Orts oder Gebiets kein ausnahmsloses Aufsuchen an sämtlichen Arbeitstagen erfordert.

Ein Arbeitnehmer kann für die Fahrten zu dem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Ort lediglich die Entfernungspauschale in Anspruch nehmen, wenn er keine erste Tätigkeitsstätte hat und nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen (sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen) zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat (sog. Sammelpunkt).

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hatte A keine erste Tätigkeitsstätte, denn es fehlte an einer Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung durch den Arbeitgeber. Auch fehlte eine arbeitsrechtliche Festlegung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche 2 volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Denn A sollte am Betriebssitz bzw. Sammelpunkt nicht als Baumaschinenführer tätig werden.

Das Finanzgericht hatte ein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des Sammelpunkts allein aufgrund der Anzahl der dorthin unternommenen Fahrten im Verhältnis zu den Gesamtarbeitstagen des A bejaht. Der Bundesfinanzhof ist dagegen der Ansicht, dass durch den Zusatz "typischerweise arbeitstäglich" klargestellt werden sollte, dass die Regelung lediglich für die Berufsgruppen gilt, die im Normalfall arbeitstäglich, z. B. an einem vom Arbeitgeber festgelegten Ort ein Fahrzeug übernehmen oder im Rahmen der Sammelbeförderung abgeholt werden.

Nach dem Wortlaut "typischerweise" ist nicht maßgebend, dass der Arbeitnehmer den vom Arbeitgeber bestimmten Ort oder das Gebiet ausnahmslos aufzusuchen hat. Vielmehr erfordert das Gesetz nur, dass er den Ort nach der Anweisung "typischerweise arbeitstäglich" aufzusuchen hat.

Stand von vornherein fest, dass A nicht nur auf 1-tägigen Baustellen, sondern auch auf mehrtägigen Fernbaustellen eingesetzt wird, würde kein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des Betriebssitzes vorliegen. Denn dann hätte von vornherein festgestanden, dass A den Betriebssitz nur an den Fahrtagen aufsuchen sollte. Ein nur typischerweise fahrtägliches Aufsuchen ist nicht ausreichend.

Wurde A dagegen grundsätzlich nur tageweise auf lokalen Baustellen und nur ausnahmsweise auf Fernbaustellen eingesetzt, wäre der Tatbestand des typischerweise arbeitstäglichen Aufsuchens erfüllt. Denn ein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen setzt nur voraus, dass dies i. d. R. zu erfolgen hatte, ohne dass ein ausnahmsloses Aufsuchen erforderlich wäre.

Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses muss nun feststellen, ob A regelmäßig oder nur ausnahmsweise auch auf Fernbaustellen tätig war.

Kindergeld: Wann der schwerbehinderte erwachsene Bruder als Pflegekind gilt


Ein Pflegekindschaftsverhältnis bedarf der Feststellung eines "familienähnlichen Bands". Das gilt auch dann, wenn tatsächlich verwandtschaftliche Beziehungen gegeben sind und damit ein "familiäres Band" besteht.

 

Hintergrund

Die Klägerin war die Schwester eines im Jahr 2018 verstorbenen schwerbehinderten Mannes mit einem GdB von 100. In seinem Schwerbehindertenausweis waren u. a. die Merkzeichen "G" und "H" eingetragen. Darüber hinaus war vermerkt, dass die Notwendigkeit ständiger Begleitung bestand. Die Klägerin übernahm nach dem Tod der Mutter die Betreuung ihres Bruders und wurde auch zu seiner gesetzlichen Betreuerin bestellt.

Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kindergeld für ihren Bruder wurde von der Familienkasse abgelehnt.

Danach hatte das Finanzgericht die Familienkasse verurteilt, der Klägerin Kindergeld ab Juni 2017 zu bewilligen. Der Bundesfinanzhof hatte das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Rechtssache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang war nun zu klären, ob die Behinderung so schwer war, dass der Zustand des Bruders dem typischen Entwicklungsstand einer noch minderjährigen Person entsprach. Auch waren Feststellungen zu treffen, die auf eine Erziehungsfunktion der Klägerin und ein Autoritätsverhältnis zu ihr schließen ließen.

 

Entscheidung

Die Klage hatte im zweiten Rechtsgang Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass zwischen der Klägerin und ihrem schwerbehinderten Bruder, dessen geistiger Zustand dem typischen Entwicklungsstand einer noch minderjährigen Person entsprach, ein familienähnliches Band bestanden hat. Der Schwester stand daher Kindergeld für ihren Bruder als Pflegekind zu.

Der Bruder war in den Haushalt der Klägerin aufgenommen und dieser bildete den Mittelpunkt der gemeinsamen Lebensinteressen. Die Aufenthalte des Bruders in der Wohnung der Klägerin stellten keine bloßen Besuche dar, sondern waren von einer selbstverständlichen Regelmäßigkeit geprägt. Eine den Besuchscharakter überschreitende Dauer lag bei einem Aufenthalt von insgesamt mehr als 3 Monaten pro Jahr vor.

Der Umstand, dass es mittlerweile nicht mehr dem wissenschaftlichen Standard im Umgang mit behinderten erwachsenen Menschen entspricht, diese wie Kinder "zu erziehen", stand hier der Annahme eines "familienähnlichen Bands" nicht entgegen.

Sterbegeldzahlung an Erben: Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit?


Bei dem Sterbegeld, das nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gezahlt und nach den Dienstbezügen oder dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessen wird, handelt es sich um Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG liegen nicht vor.

 

Hintergrund

A war zusammen mit ihren beiden Geschwistern Erbin ihrer verstorbenen Mutter M. Diese hatte als Ruhestandsbeamtin eine Pension bezogen. Den Erben stand nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ein Sterbegeld in Höhe der doppelten Bruttobezüge des Sterbemonats der M zu. Auf Antrag der A wurde das Sterbegeld i. H. v. 6.000 EUR brutto (netto 5.300 EUR) auf das von A verwaltete Konto der M ausgezahlt.

Das Finanzamt ging davon aus, dass das Sterbegeld als sonstiger Bezug Arbeitslohn der A darstellte. Dementsprechend erhöhte es deren Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um den Bruttobetrag des Sterbegeldes. Zugleich gewährte es einen Freibetrag für Versorgungsbezüge (3.176 EUR) sowie den Werbungskosten-Pauschbetrag (102 EUR) und rechnete die einbehaltenen Abzugsbeträge an.

Das Finanzgericht entschied zugunsten der A, dass die Zahlung des Sterbegeldes nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei war, da es sich um wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligte Mittel handelte.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders. Seiner Ansicht nach orientiert sich das pauschale Sterbegeld nicht an einer typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers, sondern dient dazu, den Hinterbliebenen die Bestreitung der mit dem Tod des Beamten zusammenhängenden besonderen Aufwendungen zu erleichtern.

Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören auch Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. Die Vorschrift erweitert die persönliche Zurechnung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit auf Rechtsnachfolger eines Arbeitnehmers. Soweit ein Rechtsnachfolger Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis des Rechtsvorgängers bezieht, gilt der Rechtsnachfolger selbst als Arbeitnehmer. M bezog als Ruhestandsbeamtin Versorgungsbezüge. Die A hatte zusammen mit ihren Geschwistern als Abkömmlinge der M Anspruch auf Sterbegeld als Teil der Hinterbliebenenversorgung. Bei dem Sterbegeld handelt es sich somit um steuerbare, der A als Miterbin und damit Gesamtrechtsnachfolgerin der M zuzurechnende Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

Bei dem beamtenrechtlichen Sterbegeld handelt es sich um einen Versorgungsanspruch eigener Art, den beim Tod eines Beamten nicht dessen Erben als solche erwerben, sondern der originär zugunsten der als sterbegeldberechtigt bezeichneten Personen entsteht und daher auch nicht in den Nachlass fällt. Die Gutschrift auf dem Konto der verstorbenen M hat daher zu einem Zufluss allein bei A geführt. A hatte die Gutschrift auf dem Konto der Erbengemeinschaft selbst veranlasst. Sie hatte erklärt, dass die Zahlung im Einverständnis mit den Geschwistern allein an sie erfolgen solle. Als Testamentsvollstreckerin hatte A zudem die Befugnis, über das Konto zu verfügen.

Die Zahlung des pauschalen Sterbegelds ist nicht davon abhängig, dass den berechtigten Personen anlässlich des Todesfalls Kosten tatsächlich oder mindestens in Höhe des Sterbegeldes entstanden sind. Zudem orientiert sich das pauschale Sterbegeld an den Dienstbezügen bzw. am Ruhegehalt des Verstorbenen im Sterbemonat, nicht aber an der wegen des anlassbezogenen tatsächlichen Aufwands typisierend vermuteten Hilfsbedürftigkeit des Empfängers. Eine typisierend unterstellte Hilfsbedürftigkeit kann in Bezug auf den Anspruch auf pauschales Sterbegeld daher nicht angenommen werden.

Bei dem Sterbegeld handelt es sich um einen Versorgungsbezug, sodass A ein Versorgungsfreibetrag zusteht. Unerheblich ist dabei, dass es sich um einen einmaligen Bezug handelt.

Schenkung und anschließender Verkauf eines Grundstücks: Gestaltungs-missbrauch?


Wird ein Grundstück unentgeltlich auf die Kinder übertragen und verkaufen diese das Grundstück sofort weiter, liegt grundsätzlich kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor. Die Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns richtet sich bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen.

 

Hintergrund

A erwarb im Jahr 2011 ein Grundstück. Im Jahr 2012 schenkte sie es ihren beiden volljährigen Kindern jeweils zur Hälfte. Am selben Tag verkauften die Kinder das Grundstück zu einem höheren Preis an Z. Die Verkaufsverhandlungen hatte allein A geführt.

A ging davon aus, dass sie keinen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt hatte. Das Finanzamt sah dagegen in der Schenkung an die Kinder einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und rechnete deshalb den Veräußerungsgewinn der A zu.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass das Veräußerungsgeschäft bei A zu erfassen ist. Die nicht angemessene Gestaltung führte zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders und kam zu dem Ergebnis, dass § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift ist, die § 42 AO vorgeht.

A hat das im Jahr 2011 angeschaffte Grundstück nicht veräußert, sondern 2012 durch Schenkung unentgeltlich auf die Kinder übertragen. Die unentgeltliche Übertragung ist keine Veräußerung i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Da A somit das Grundstück nicht veräußert hat, ist bei ihr auch kein Veräußerungsgewinn entstanden.

§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG regelt die Entstehung des Veräußerungsgewinns bei vorangegangenem unentgeltlichen Erwerb. Es handelt sich um eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift i. S. v. § 42 Abs. 1 Satz 2 AO. Vom Rechtsvorgänger verwirklichte Besteuerungsmerkmale werden dem unentgeltlichen Rechtsnachfolger persönlich zugerechnet. Damit wird das private Veräußerungsgeschäft bei demjenigen besteuert, der die Veräußerung vorgenommen und den Veräußerungserlös tatsächlich erhalten hat. Die Vorschrift dient der Verhinderung von Missbräuchen. Es soll verhindert werden, dass ein Wirtschaftsgut durch unentgeltliche Übertragung (mangels Veräußerung) aus der Steuerverhaftung ausscheidet und beim Rechtsnachfolger (mangels Anschaffung) nicht steuerverstrickt wird. Durch die unentgeltliche Übertragung auf einen Dritten könnte ohne die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft umgangen werden.

Im vorliegenden Fall ist mit der unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks und der anschließenden Veräußerung der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Damit ist die Anwendung von § 42 AO ausgeschlossen.

Das Finanzgericht hat keine Umstände festgestellt, aufgrund derer die Veräußerung ausnahmsweise nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden könnte. Insbesondere liegt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs kein Gestaltungsmissbrauch vor. Denn die vertraglichen Regelungen enthalten keine unangemessenen Vereinbarungen. Die Kinder konnten über das geschenkte Grundstück frei verfügen. Sie waren insbesondere nicht vertraglich gebunden, an Erwerber zu veräußern, mit denen ausschließlich die A zuvor Verkaufsverhandlungen geführt hatte. Sie waren auch nicht verpflichtet, den Veräußerungserlös an A abzuführen.

Auch dass der Veräußerungsgewinn bei den Kindern niedriger besteuert wird als bei A, führt nicht zur Annahme eines Missbrauchs. Denn es ist nicht verwehrt, die rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergibt. Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht für sich allein eine Gestaltung nicht unangemessen.

Vorbehalts(folge-) Nießbrauch am Surrogat


Ein Finanzgericht musste sich mit einem in der Praxis sicher nicht seltenen Fall beschäftigen. Vereinfacht stellte sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Eltern schenkten Grundstück an Kinder unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs – das Grundstück wird von den Kindern mit Zustimmung der Eltern veräußert, der Nießbrauch wird aufgehoben – die Kinder erwerben aus dem Verkaufserlös neue Grundstücke und bestellen vereinbarungsgemäß wieder den Nießbrauch an diesen zugunsten der Eltern.

 

Entschieden wurde der Rechtsstreit wie folgt:

„Die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze zum Vorbehaltsnießbrauch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung finden auch dann (weiter) Anwendung, wenn ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastetes bebautes Grundstück mit Zustimmung des Nießbrauchers veräußert, aus dem Veräußerungserlös vereinbarungsgemäß neue bebaute Grundstücke erworben werden und an diesen wiederum ein Nießbrauch bestellt wird.

 

Der Nießbraucher ist in diesem Fall zum WK-Abzug der Gebäude-AfA bezüglich der neu erworbenen Objekte gem. § 7 Abs. 4 EStG berechtigt.“

Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen, weil die Frage, ob in solchen Sachverhalten von einem Tausch der (vorbehalts-) nießbrauchbelasteten Grundstücke auszugehen ist, grundsätzliche

Bedeutung hat.

Quelle:

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2020 – 13 K 452/18, Revision eingelegt, Az. BFH: IX R 1/21 (EFG 2021 S. 1449)

Ist die Mitverpachtung von Betriebsvorrichtungen steuerpflichtig?


Ist nur die eigenständige Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen steuerpflichtig oder auch die Vermietung als Nebenleistung im Rahmen einer steuerfreien Gebäudeverpachtung? Diese Frage hat der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

 

Hintergrund

X verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 Stallgebäude zur Putenaufzucht mit für diesen Zweck dauerhaft eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Zugrunde lag ein einheitliches Entgelt, das nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war.

X ging davon aus, dass die Verpachtung insgesamt umsatzsteuerfrei ist. Das Finanzamt vertrat dagegen der Ansicht, dass das Pachtentgelt aufzuteilen ist. 20 % entfielen auf die Vorrichtungen und ist insoweit umsatzsteuerpflichtig.

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass es sich bei der Verpachtung der Vorrichtungen lediglich um eine Nebenleistung zu der Verpachtung des Gebäudes handelte. Die Verpachtung ist auch insoweit steuerfrei, als sie auf die Überlassung der Vorrichtungen entfällt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof legt die Frage der Steuerpflicht der Mitverpachtung der Betriebsvorrichtungen dem Europäischen Gerichtshof vor.

Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL ist die "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" steuerbefreit. Hiervon ist die "Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen" ausgenommen.

Im Streitfall liegt eine insgesamt steuerfreie Verpachtung vor. Als Gebäude wird der Stall von der Steuerfreiheit erfasst. Für die Betriebsvorrichtungen gilt dies ebenfalls, da die Pacht einer Immobilie mit Betriebsvorrichtungen eine einheitliche Leistung mit der Verpachtung der Immobilie als Hauptleistung darstellt.

Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL schließt die "Vermietung" von auf Dauer eingebauten Betriebsvorrichtungen von der Steuerbefreiung aus. Selbst wenn die Regelung nur den Fall der Vermietung, nicht auch den der Verpachtung erfassen sollte, ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten zu weiteren Ausnahmen von der Befreiung ermächtigt werden. Das nationale Recht ordnet die Steuerpflicht der Verpachtung von Betriebsvorrichtungen durch § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG an. Es stellt sich dann die Frage, ob der auf der Grundlage von Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL angeordneten Steuerpflicht der Charakter eines Aufteilungsgebots zukommt oder ob diese Steuerpflicht gegenüber der Einheitlichkeit der Leistung nachrangig ist.

Für die Auslegung von Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL gibt es 2 Möglichkeiten: Vorrang der Einheitlichkeit der Leistung oder Gebot der Aufspaltung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil.

Zum einen könnte ein Vorrang gegenüber Art 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL bestehen. Die Folge des Vorrangs der Einheitlichkeit wäre, dass sich die Anwendung von Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL auf die Fälle beschränkt, in denen die Überlassung der Vorrichtungen eigenständig und damit ohne Zusammenhang mit einer weitergehenden Gebäude- oder Grundstücksüberlassung erfolgt.

Gegen die Einbeziehung der Überlassung von Betriebsvorrichtungen in die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung unter dem Gesichtspunkt der unselbstständigen Nebenleistung könnte sprechen, dass die Verpachtung von Vorrichtungen im Widerspruch zum "passiven Charakter" der Vermietung des Grundstücks steht. Denn die Überlassung von Maschinen und Vorrichtungen erfordert (aktive) geschäftlicher Tätigkeiten (Aufsicht, Unterhaltung). Die Vermietung des Grundstücks könnte daher keine ausschlaggebende Dienstleistung darstellen. Dementsprechend könnte Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL dahingehend auszulegen sein, dass die Überlassung der Vorrichtungen und Maschinen nicht passiv erfolgt, sondern durch die Aufrechterhaltung des betriebsbereiten Zustands geprägt ist, woraus sich die Steuerpflicht auch für den Fall der einheitlichen Leistung erklären könnte.

Ist der Betrieb von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften umsatzsteuerfrei?


Betreibt eine GmbH für Länder und Kommunen eine Flüchtlingsunterkunft, kann dies von der Umsatzsteuer befreit sein. Das gilt auch für den Betrieb einer kommunalen Obdachlosenunterkunft.

 

Hintergrund

Die X-GmbH bewirtschaftete im Jahr 2014 eine Vielzahl von Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge, Aussiedler und Obdachlose. Dabei handelte es sich sowohl um Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge in kommunaler Trägerschaft als auch um Erstaufnahmeeinrichtungen verschiedener Bundesländer sowie um eine städtische Obdachlosenunterkunft. Die GmbH verantwortete die Ausstattung, Reinigung und personelle Besetzung der Unterkünfte sowie die soziale Betreuung der untergebrachten Personen. Die GmbH wurde aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem jeweiligen Träger der Unterkunft (Bundesländer, Städte und Landkreise) tätig. Für ihre Leistungen erhielt sie Zahlungen, die sich nach der Zahl der betreuten Personen oder nach einem Pauschalbetrag bemaßen. Die GmbH wies in ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer aus.

Das Finanzamt behandelte die Umsätze als umsatzsteuerpflichtig. Die dagegen gerichtete Klage der GmbH hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Dieses entschied, dass die GmbH eine einheitliche, komplexe sonstige Leistung eigener Art erbringt, die weder nach nationalem noch nach Unionsrecht steuerbefreit ist.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah dies anders und bejahte die Steuerbefreiung nach Unionsrecht. Denn - entgegen der Auffassung des Finanzgerichts - fehlt es nicht an der Anerkennung der GmbH als Einrichtung mit sozialem Charakter i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.

Die Befreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG greift nicht, da die GmbH keine Grundstücke an die Träger der Unterkünfte überlässt und auch gegenüber den dort untergebrachten Personen keine steuerfreien Vermietungsleistungen erbringt. Die von der GmbH erbrachten Leistungen sind auch nicht nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG steuerbefreit. Denn sie sind nicht mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbunden. Ebenso wenig sind die von der GmbH erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 18 UStG befreit. Denn die GmbH ist weder ein amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege noch einem solchen Verband als Mitglied angeschlossen.

Die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL knüpft an leistungs- und an personenbezogene Voraussetzungen an: Es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handeln, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen erbracht werden, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind.

Der Betrieb von Flüchtlingsunterkünften ist eine derartige Dienstleistung. Das von der GmbH erbrachte Leistungsbündel stellt eine einheitliche Leistung in Gestalt des Betriebs der jeweiligen Unterkunft dar. Gegen die Steuerbefreiung spricht nicht, dass allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen nicht zu den eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen zählen. Denn die Betreiberleistungen der GmbH gehen über allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen hinaus. Sie umfassen auch die Ausstattung und Reinigung der Räumlichkeiten, die soziale Unterstützung der Flüchtlinge sowie die personelle Besetzung der Unterkünfte.

Die Aufstellung der Regeln, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann, obliegt dem innerstaatlichen Recht. Zu den maßgeblichen Gesichtspunkten gehören: das Bestehen spezifischer Vorschriften der sozialen Sicherheit, das Gemeinwohlinteresse, ähnliche Anerkennung für andere Steuerpflichtige und die Übernahme der Kosten durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit, insbesondere, wenn die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche Beziehungen zu diesen Einrichtungen unterhalten.

Die Anerkennung der GmbH folgt zum einen aus den spezifischen für sie geltenden Vorschriften (Flüchtlingsaufnahmegesetze) und zum anderen aufgrund der Kostentragung durch die öffentliche Hand (Kommunen und Länder). Ferner dient die GmbH dem Gemeinwohlinteresse. Denn aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgen Sozialstandards im Asylverfahren, zu denen auch eine angemessene Unterkunft gehört. Die danach bestehende Anerkennung der GmbH im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte wirkt auch für die gleichartigen Leistungen der GmbH beim Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung und der Obdachlosenunterkunft.

Nicht erteilte Datenschutzauskünfte: Arbeitgeber muss Schadensersatz leisten


Ein Auskunftsverlangen eines Arbeitnehmers sollte der Arbeitgeber sorgfältig erfüllen. Reagiert er ein halbes Jahr lang nicht und übersendet er dann nur Arbeitszeitnachweise, steht dem Arbeitnehmer wegen der unvollständigen Auskunft ein Schadensersatzanspruch zu.

 

Hintergrund

Eine bei einem ambulanten Pflegedienst beschäftigte Hauswirtschafterin erhielt am 30.1.2020 ihre Kündigung zum 29.2.2020. Sie machte noch am Tag des Kündigungszugangs unter Fristsetzung bis zum 13.2.2020 einen "Auskunftsanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Hinblick auf sämtliche bei Ihnen gespeicherten Daten, insbesondere die Daten der Arbeitszeiterfassung" geltend. Einen Tag später erhob sie zudem Kündigungsschutzklage. Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses im August 2020 beanspruchte sie wegen bis dahin immer noch nicht erteilter Auskunft auch die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadensersatzanspruchs auf der Grundlage von Art. 15 DSGVO.

Nachdem der Arbeitgeber ein halbes Jahr lang auf das Auskunftsverlangen gar nicht reagiert hatte, übersandte er der Arbeitnehmerin im August 2020 ihre Arbeitszeitnachweise.

 

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht erkannte in dem Verhalten des Arbeitgebers einen Verstoß gegen die DSGVO und entschied, dass der Klägerin Schadensersatz zustand. Es begründetet den Schadensersatzanspruch damit, dass sich der DSGVO nicht entnehmen lässt, dass der Anspruch einen qualifizierten Verstoß gegen die DSGVO voraussetzt. Für die Annahme einer Erheblichkeitsschwelle oder die Ausnahme von Bagatellfällen gibt es keinen Anhaltspunkt. Der Schadensbegriff muss weit und auf eine Weise ausgelegt werden, die den Zielen der DSGVO in vollem Umfang entspricht.

In jedem Arbeitsverhältnis verarbeitet der Arbeitgeber zwangsläufig personenbezogene Daten seiner Mitarbeitenden. Jeder Arbeitgeber erhebt, speichert und verwendet mindestens die Kontaktdaten, die Bankdaten zwecks Überweisung des Entgelts sowie die Anwesenheits- und Fehlzeitendaten seiner Mitarbeitenden. In welchem Umfang und in welchen Kategorien eine solche Verwendung erfolgt, ist Arbeitnehmenden nicht ohne Weiteres ersichtlich. Ebenso könnten Arbeitnehmende nicht von sich aus erkennen, ob Daten auch Dritten zur Verfügung gestellt und für welche Dauer – ggf. auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – diese Daten gespeichert bleiben.

Der Arbeitgeber im vorliegenden Fall hatte im August 2020 lediglich Arbeitszeitnachweise übersandt, aber keine Informationen über weitere personenbezogene Daten der Arbeitnehmerin. Eine Kontrolle über diese Daten hatte die Arbeitnehmerin jedoch nicht, solange der Arbeitgeber seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt. Der Beschäftigten fehlt dabei nicht nur die Kenntnis, welche Kategorien von Daten der Arbeitgeber formalisiert oder nicht formalisiert verarbeitet. Sie kann ebenso nicht beurteilen, wie lange solche Daten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter gespeichert bleiben und an welche Dritte der Arbeitgeber solche Daten ggf. weiterreicht.

Die Schwere des immateriellen Schadens, also das Gewicht der Beeinträchtigung, das die Arbeitnehmerin – subjektiv – wegen der bestehenden Unsicherheit und des Kontrollverlustes empfinden mag, war für die Begründung der Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO und damit für die Frage des "Ob" eines entstandenen Schadens nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht bezifferte den Schaden auf 1.000 EUR.

Umbau eines Wohnhauses: Warum der Architekt kein dauerhaftes Zutrittsrecht hat


Eine Klausel, wonach ein Architekt unbegrenzten Zugang zu einem umgebauten Wohnhaus hat, ist nicht zulässig. Er kann sich also nicht das dauerhafte Recht zusichern lassen, dass er das Haus nach Fertigstellung der Baumaßnahme betreten darf, um z. B. Fotos zu machen.

 

Hintergrund

Ein Architekt hatte im Jahr 2013 den Umbau eines Wohnhauses geplant und begleitet. Der Architektenvertrag enthält folgende Klausel: "Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen."

Im Jahr 2018 erbat der Architekt vom Bauherrn die Erlaubnis, das Haus zu betreten, um Fotografien anzufertigen. Der Bauherr lehnte dies ab.

 

Entscheidung

Die Klage des Architekten hatte letztlich keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Bauherr dem Architekten keinen Zutritt zum Haus gewähren muss.

Aus der Klausel im Architektenvertrag ließ sich ein Anspruch auf Zutritt nicht herleiten, denn diese benachteiligt den Bauherrn unangemessen und ist deshalb unwirksam.

Zwar kann ein Architekt ein berechtigtes Interesse haben, ein fertiggestelltes Bauwerk zum Fotografieren zu betreten; dies auch mehrfach, etwa um bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen fotografieren zu können und auch längere Zeit nach der Fertigstellung der Baumaßnahme. Die hier verwendete Klausel enthält jedoch keinerlei Einschränkung, weder in zeitlicher Hinsicht noch hinsichtlich der Anzahl der Betretungstermine. Auch räumt sie dem Bauherrn nicht die Möglichkeit ein, das Betreten des Hauses gänzlich abzulehnen, sondern gibt diesem lediglich das Recht, sich mit dem Architekten über das Betreten abzustimmen. Eine solch uneingeschränkte Berechtigung stellt einseitig die Interessen des Architekten in den Vordergrund und lässt die Privatsphäre des Bauherrn außer Acht. Dies beeinträchtigt den Bauherrn entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

Keine Gewerbesteuer auf sog. Rendering-Leistungen von Architekten


Zum freiberuflichen Tätigkeitsspektrum eines Architekten gehört nicht nur die gestalterische, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken. Aber auch das Visualisieren von Architekturprojekten zählt als eigenständige gestalterische Planungsleistung mittlerweile dazu.

 

Hintergrund

Eine aus 2 Architekten bestehende GbR betrieb ein sog. Rendering-Büro zur Visualisierung von Architekturprojekten. Die hieraus erzielten Einkünfte erklärten die Gesellschafter als solche aus freiberuflicher Tätigkeit. Dagegen stufte das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung die Tätigkeit als gewerblich ein und erließ entsprechende Feststellungsbescheide. Hiergegen wehren sich die Gesellschafter mit ihrer Klage.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass Visualisierungsleistungen als eigenständige gestalterische Planungsleistungen anzusehen sind, wenn der Architekt regelmäßig im Entwurfsstadium mit in die Projektentwicklung eingebunden ist. Das beinhaltet insbesondere Detailplanungen hinsichtlich Fassadenmaterial, Fenster, Treppen, Farbgebung und Formfindung. Dabei muss es nicht nur um die Ausführung einer fremden Planung gehen und nicht nur von anderen erdachte Entwürfe übernommen und dargestellt werden. Auch eigene gestalterische Elemente im Architekturbereich können mit einfließen. Dies war hier der Fall. Beide Gesellschafter waren Architekten und wurden im Hinblick auf ihre Visualisierungstätigkeiten bereits frühzeitig in die Planungen der von den Bauherren beauftragten Architekten miteinbezogen und waren dadurch auch im gestalterischen Teil tätig. Damit lagen nach Ansicht des Finanzgerichts freiberufliche Tätigkeiten vor, keine gewerblichen.

Betriebsprüfung: Anforderung von Unterlagen muss bestimmt und verhältnismäßig sein


Fordert das Finanzamt einen Steuerpflichtigen zu Beginn einer Außenprüfung auf, einen Datenträger "nach GDPdU" zur Verfügung zu stellen, ohne dies näher zu spezifizieren, ist dies rechtswidrig.

 

Hintergrund

Die Rechtsanwalts-Partnerschaftsgesellschaft P ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt erließ für den Zeitraum 2012 bis 2014 gegenüber P eine Prüfungsanordnung. Zusammen mit der Prüfungsanordnung bat der Prüfer zu Beginn der Betriebsprüfung um "die Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU" (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen nach dem BMF-Schreiben v. 16.7.2001, BStBl 2001 I S. 415).

Das Finanzgericht entschied, dass der Verweis auf die GDPdU für die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Verwertung und Speicherung von Daten in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht ausreicht und gab der Klage der P statt.

 

Entscheidung

Das Finanzamt hatte mit seiner Revision keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Aufforderung des Finanzamts bereits mangels hinreichender Begrenzung des Umfangs des beabsichtigten Zugriffs auf die Daten der P rechtswidrig war. Selbst wenn man der Aufforderung den Inhalt beimessen würde, dass das Finanzamt mittels des Datenträgers nur auf gem. § 147 Abs. 1 AO aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Unterlagen und Daten der P zugreifen will, ist die Aufforderung unverhältnismäßig und rechtswidrig. Denn sie enthält keine Beschränkung, dass der überlassene Datenträger vom Prüfer nur in den Geschäftsräumen der P oder in den Diensträumen des Finanzamts ausgewertet werden darf.

Die Aufforderung des Finanzamts, Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger für eine Außenprüfung zur Verfügung zu stellen, ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt. Wie der Regelungsgehalt zu verstehen ist, bestimmt sich danach, wie der Adressat den Inhalt des Verwaltungsakts nach dessen objektivem Sinngehalt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte.

Die Aufforderung zur Überlassung des Datenträgers musste von der P dahin verstanden werden, dass das Finanzamt mittels des Datenträgers unbegrenzt auf alle elektronisch gespeicherten Unterlagen zugreifen wollte. Damit überschreitet die Aufforderung die Prüfungsbefugnis des Finanzamts nach § 147 Abs. 6 AO und ist demnach rechtswidrig. Denn der Umfang der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 AO und damit zugleich der Umfang der Zugriffsbefugnis des Finanzamts nach § 147 Abs. 6 AO ist auf Unterlagen begrenzt, die zum Verständnis und zur Überprüfung der steuergesetzlichen Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind. Eine hinreichende Begrenzung der Aufforderung ergibt sich nicht aus dem Verweis auf die GDPdU. Daraus lässt sich nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, dass das Finanzamt nur die Überlassung derjenigen Datenbestände verlangt hat, für die ihm eine Zugriffsbefugnis zusteht.

Die Aufforderung zur Datenträgerüberlassung ist zudem unverhältnismäßig. Denn das Finanzamt beabsichtigte mittels der Datenüberlassung, auch außerhalb der Geschäftsräume der P und der Dienststelle - etwa auf den Dienstlaptops der Außenprüfer - auf die Daten der P zuzugreifen und diese auszuwerten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es jedoch, die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der geschützten Daten von Berufsgeheimnisträgern zu berücksichtigen und zu verhindern, dass die Daten außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Finanzverwaltung in fremde Hände geraten können. Auch die Vorgaben der nunmehr geltenden GoBD genügen insoweit nicht, da sie nicht dazu verpflichten, die Daten nicht ohne Zustimmung des Steuerpflichtigen außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen und des Finanzamts auszuwerten.

Wenn das Finanzamt eine Zuständigkeitsvereinbarung aufhebt


Hebt das Finanzamt eine Zuständigkeitsvereinbarung auf, bedarf es dafür keiner Zustimmung des Steuerpflichtigen.

 

Hintergrund

A ist Arbeitgeber mit seiner Betriebsstätte im Bezirk des Finanzamts A. Bis 2001 war seine Ehefrau E bei diesem Finanzamt A beschäftigt. Deswegen hatten das Finanzamt A und das Finanzamt B auf Anregung der Eheleute im Jahr 1994 eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO abgeschlossen, nach der das Finanzamt B für die Personen- und Betriebssteuern der Eheleute und damit auch für die Lohnsteuer zuständig war.

Nachdem die E ihr Angestelltenverhältnis beim Finanzamt A beendet und der mit dem Besteuerungsverfahren betraute Amtsträger gewechselt hatte, teilte das Finanzamt B den Eheleuten im Jahr 2013 mit, dass der Grund für die Zuständigkeitsvereinbarung entfallen und § 27 AO nicht mehr anwendbar war. Demgemäß teilte das Finanzamt A dem A u. a. für Zwecke der Lohnsteuer-Anmeldung eine auf das Finanzamt A lautende Steuernummer zu.

Die Eheleute waren mit dem Zuständigkeitswechsel nicht einverstanden. In den Jahren 2014 und 2015 forderte das Finanzamt A den A mehrfach auf, die Lohnsteuer-Anmeldungen dem Finanzamt A in elektronischer Form zu übermitteln. Trotzdem gab A die Lohnsteuer-Anmeldungen weiterhin ausschließlich beim Finanzamt B ab, und zwar für die Zeiträume Februar bis Juni 2015 nicht elektronisch, sondern auf von A erstellten Formularen. Das Finanzamt B leitete die eingereichten Unterlagen an das Finanzamt A weiter. Dieses schätzte auf dieser Grundlage die Lohnsteuer für die Anmeldezeiträume Februar bis Juni 2015 und setzte Verspätungszuschläge fest.

Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab und entschied, dass die Zuständigkeitsvereinbarung durch die Erklärungen der beiden Finanzämter mit Wirkung ab Juli 2014 entfallen war. Die in Papierform und nicht elektronisch eingereichten Lohnsteuer-Anmeldungen waren nicht gültig. Das Finanzamt B durfte daher die Verspätungszuschläge festsetzen.

 

Entscheidung

Die Revision des A hatte keinen Erfolg, denn der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil.

Anders als der Abschluss einer Zuständigkeitsvereinbarung ist für die Aufhebung die Zustimmung des Steuerpflichtigen nicht erforderlich. Das in § 27 AO für den Abschluss verankerte Zustimmungserfordernis wurde eingefügt, um den Steuerpflichtigen vor willkürlichen Vereinbarungen zu schützen und um dem Grundsatz des gesetzlichen Richters zu genügen. Denn die Zuständigkeit des Finanzgerichts knüpft an die Zuständigkeit der Finanzbehörde an. Durch die Aufhebung einer bestehenden Zuständigkeitsvereinbarung wird jedoch keine neue Zuständigkeit geschaffen. Es erfolgt lediglich die Rückkehr zur gesetzlich vorgesehenen örtlichen Zuständigkeit.

Mit der Beendigung der Beschäftigung der E beim Finanzamt A und dem Wechsel des mit dem Besteuerungsverfahren des A betrauten Amtsträgers sind die Gründe für den Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung entfallen. A konnte daher nicht darauf vertrauen, dass die Vereinbarung Bestand haben würde.

A hat die Lohnsteuer-Anmeldungen Februar bis Juni 2015 nicht in der gebotenen elektronischen Form beim Finanzamt A eingereicht. Er ist damit seiner Anmeldungs-Verpflichtung nicht nachgekommen, sodass das Finanzamt zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen berechtigt war. Die Nichtabgabe der Lohnsteuer-Anmeldungen ist nicht entschuldbar. Denn das Finanzamt A hatte den A auf die Pflicht zur Abgabe nunmehr beim Finanzamt A hingewiesen. A war auch in der Lage, die Anmeldungen elektronisch einzureichen.

Elektronische Klageerhebung: Was muss in der Rechtsbehelfsbelehrung stehen?


Weist die Rechtsbehelfsbelehrung auf die Vorschrift zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten gem. § 52a FGO hin, genügt dies. Denn dadurch kann sich der Rechtsuchende bezüglich der Wahl dieser Übermittlungsform nähere Informationen verschaffen.

 

Hintergrund

Die Familienkasse erließ einen Bescheid über die Aufhebung von Kindergeld und forderte zu viel ausgezahlte Kindergeld vom Kläger zurück. Den Einspruch des Klägers wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 26.8.2019 zurück. In der Rechtsbehelfsbelehrung wies die Familienkasse u. a. darauf hin, dass gegen die Entscheidung Klage beim Finanzgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument eingereicht werden kann. Die Voraussetzung zur elektronischen Einreichung der Klage seien in § 52a FGO geregelt. Weiterhin verwies die Rechtsbehelfsbelehrung auf die Internetseite des Finanzgerichts.

Am 28.11.2019 erhob der Kläger per Telefax Klage und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags führte der Kläger aus, dass er dem Finanzgericht am 26.9.2019 eine einfache E-Mail an die in dessen Internetseite genannte DE-Mail-Adresse mit einer als Anhang beigefügten Klageschrift übermittelt hatte. Ein Eingang seiner E-Mail nebst Anhang konnte jedoch nicht festgestellt werden. Der Kläger hält seine Klage nicht für verfristet, weil die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung fehlerhaft war. Denn der Rechtssuchende wurde über die Klageerhebung per E-Mail nur unvollständig belehrt.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht verwarf sie als unzulässig, weil sie außerhalb der Monatsfrist und damit verspätet eingereicht worden war. Die 1-monatige Klagefrist beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt wurde. Ist Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, ist die Einlegung des Rechtsbehelfs grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zulässig.

Im vorliegenden Fall war die Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig. Zum einen war der Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung von Rechtsbehelfen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht erforderlich. Zum anderen wies die Rechtsbehelfsbelehrung an mehreren Stellen unmissverständlich auf die Möglichkeit einer elektronischen Klageerhebung hin. Weitere Erläuterungen zu den Modalitäten einer elektronischen Klageerhebung waren nicht erforderlich. Vielmehr genügte der Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Vorschrift zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten gem. § 52a FGO, um den Rechtsuchenden in die Lage zu versetzen, sich bei der Wahl dieser Übermittlungsform nähere Informationen zu verschaffen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kam auch deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht glaubhaft machen konnte, dass ihn kein Verschulden an der Fristversäumnis traf.

Einlegung eines Einspruchs bei Ehegatten


Ein nicht rechtskräftiges Urteil eines Finanzgerichts weist auf die Risiken eines fehlerhaften Einspruchs hin:

„Bei Ehegatten ist zu beachten, dass diese selbständige Steuersubjekte bleiben und daher jeder für sich einspruchsberechtigt ist. Demzufolge gilt der Einspruch des einen Ehegatten nicht ohne Weiteres auch für den anderen Ehegatten. Das gilt insbesondere dann, wenn den Ehegatten ein Steuerbescheid in je einer Ausfertigung unter ihrem jeweiligen Namen bekannt gegeben worden sind.“

Quelle:

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.12.2019 – 2 K 1418/17, Revision eingelegt, Az. BFH: II R 37/20 (DStRE 2021 S. 1076)