in unserem Kanzleibrief Januar 2020 haben wir interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.
Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.
Viele Grüße
Ihr Team bei Schauer Häffner & Partner
Steuerzahlungstermine im Februar
| Fälligkeit | Zahlungsfrist bei Überweisung |
Lohn- /Kirchensteuer | 10.02. | 13.02 |
Umsatzsteuer | 10.02. | 13.02. |
Sonstige Termine
15.02. | Jahresmeldung 2019 zur Sozialversicherung (§ 10 DEÜV) |
16.02. | Lohnnachweis digital 2019 zur Unfallversicherung (§ 99 SGB IV) |
24.02. | Übermittlung Beitragsnachweise für Februar 2020 |
25.02. | Zusammenfassende Meldung Januar 2020 |
26.02. | Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Februar 2020 zzgl. restliche Beitragsschuld Januar 2020 |
Die Anwendung der 44-EUR-Freigrenze setzt einen Sachbezug voraus. Ab 2020 erfolgt eine gesetzliche Festlegung der Sachbezugsdefinition, insbesondere der Voraussetzungen für die Zuordnung zweckgebundener Sachleistungen und nachträglicher Kostenerstattungen zu den Sachbezügen.
Danach zählen – abweichend von der bisherigen Verwaltungsauffassung – zu den Einnahmen in Geld auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.
Ein Sachbezug liegt bei Gutscheinen und Geldkarten weiterhin vor, wenn diese ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Hierunter fallen Closed-Loop-Karten oder Controlled-Loop-Karten, die zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins oder einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen berechtigen.
Danach können nur Gutscheine und Geldkarten einen Sachbezug begründen, die zum Erwerb von Waren und Dienstleistungen berechtigen:
Die begünstigten Gutscheine und Geldkarten können sowohl vor Ort bzw. für dasselbe Angebot an Waren und Dienstleistungen auch im Internetshop eingesetzt werden.
Die Anwendung der 44-EUR-Freigrenze auf den Sachbezug "Gutscheine oder Geldkarte" ist ab 2020 außerdem nur noch zulässig, sofern diese dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
Als Geldleistung wird nunmehr die haufig praktizierte Erstattung von Barauslagen des Arbeitnehmer gesehen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber vorab einen selbstgefertigten Gutschein über diesen Sachbezug an den Arbeitnehmer überreicht hat.
Auch die Ausgabe von Amazongutscheinen ist kritisch zu sehen, da kein begrenztes Dienstleistungs- bzw. Warenangebot vorliegt, könnte die Finanzverwaltung von einer Geldleistung ausgehen.
Hinweis:
Geldkarten/Guthabenkreditkarten mit Barzahlungsfunktion
Ab 1.1.2020 liegt bei Geldkarten ebenfalls keine Sachleistung, sondern eine Geldleistung vor, wenn diese als Geldsurrogate im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Als Geldleistung zu behandeln sind daher insbesondere Geldkarten, die über eine Barauszahlungsfunktion oder über eine eigene IBAN verfügen, die für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet sowie als generelles Zahlungsmittel hinterlegt werden können.
BMF-Anwendungsschreiben abwarten
Im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die bei der praktischen Umsetzung der gesetzlichen Begriffsbestimmung "Sachbezug Gutschein oder Geldkarte" durch die Anknüpfung an die Regelungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes vorgezeichnet sind, ist davon auszugehen, dass das BMF ein Anwendungsschreiben zur gesetzlichen neugeregelten Abgrenzung von Geld- und Sachleistungen veröffentlichen wird. Bis dahin ist anzuraten, bzgl. der Umsetzung der Neuregelung in der Lohnsteuerpraxis Zurückhaltung zu üben.
Die EU-Verordnung 67/2014 sieht flächendeckend bis 01.07.2020 die Umsetzung von Melde- und Registrierungspflichten zur Erfassung internationaler Mitarbeitereinsätze vor.
Diese Melde- und Registrierungspflicht besteht zusätzlich zum sozialversicherungsrechtlichen Erfordernis der Beantragung einer A1-Bescheinigung bei Auslandstätigkeit.
Deutsche Unternehmen, die Arbeitnehmer in andere Mitgliedstaaten entsenden, müssen diese vor Aufnahme der Tätigkeit bei den zuständigen Behörden melden. Dabei gelten in jedem Land andere Vorschriften, Fristen und Registrierungswege.
Der Hintergrund dieser Melde- und Registrierungspflicht liegt in den Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen und der Einhaltung der gesetzlichen Arbeitschutzvorschriften und der Mindestlohnregelungen im jeweiligen Tätigkeitsland.
Bei fehlender Meldung einer Entsendung oder Dienstreise können hohe Bußgelder verhangen werden.
Überblick: Bußgelder für Verstoß gegen Meldepflichten bei Entsendungen
Niederlande startet mit der Online-Meldefrist zum 01.März 2020 für Entsendungen aus dem EU-Ausland. Gemeldet werden müssen alle Tätigkeiten, die am oder nach dem 01. März 2020 beginnen.
Fazit: Es muss bei jeder Dienstreise/Entsendung geprüft werden, ob der Auslandseinsatz im Zielland registriert werden muss.
Nach einer bundesgesetzlichen Regelung müssen elektronische Aufzeichnungssysteme (elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen) grundsätzlich ab dem 1.1.2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausgestattet sein. Da eine solche jedoch nicht rechtzeitig am Markt verfügbar war, hat die Finanzverwaltung eine sog. Nichtangriffsregelung beschlossen. Danach wird Unternehmern eine Übergangsfrist bis zum 30.9.2020 für die Umrüstung bzw. Anschaffung elektronischer Kassen mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung eingeräumt.
Eine Fristverlängerung gilt ebenfalls für die Mitteilung an das Finanzamt, dass Kassen mit derartigen zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen eingesetzt werden. Diese Meldung soll erst erfolgen müssen, wenn ein elektronisches Meldeverfahren verfügbar ist. Der Zeitpunkt hierfür wird noch gesondert bekannt gegeben.
Hinweis:
Wurde die Kasse nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft und kann sie aufgrund ihrer Bauart nicht mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nachgerüstet werden, darf sie bis zum 31.12.2022 weiterverwendet werden, sofern sie den bisherigen Anforderungen der Finanzverwaltung an elektronische Kassen entspricht.
Der Basiszinssatz nach § 247 BGB – z.B. als Bezugsgröße für die Berechnung von Verzugszinsen – wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli neu festgesetzt.
Dieser – weiterhin negative – Basiszinssatz bleibt ab 1. Januar 2020 unverändert auf -0,88 %.
Der Verzugszinssatz beträgt damit nur
Im Jahre 2019 hatten folgende (negative) Basiszinssätze Gültigkeit:
Ab 1. Januar 2019 -0,88 %
Ab 1. Juli 2019 -0,88 %
Quelle:
Deutsche Bundesbank – Pressemitteilung vom 2.1.2020
Der Bundestag hat das „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ beschlossen.
Die wesentlichen Regelungen:
Förderung energetischer Gebäudesanierung: Energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum sollen für die Zeit vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2029 durch einen Abzug von 20 % der Aufwendungen von der Steuerschuld gefördert werden. Diese wird verteilt auf 3 Jahre: je 7 % im ersten und zweiten Jahr und 6 % im dritten Jahr. Der Förderhöchstbetrag beträgt maximal 40.000 € je Objekt, sodass Sanierungsmaßnahmen in Höhe von 200.000 € je begünstigtem Objekt förderungsfähig sind.
Förderfähig sind Einzelmaßnahmen wie z. B. die Wärmedämmung von Wänden und Dächern, die Erneuerung der Fenster oder Außentüren sowie die Erneuerung beziehungsweise der Einbau einer Lüftungsanlage und die Optimierung bestehender Heizungsanlagen.
Anhebung der Pendlerpauschale und Mobilitätsprämie: Zur Entlastung der Pendler soll die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer um 5 auf 35 Cent angehoben werden. Alternativ dazu sollen geringverdienende Pendler, die innerhalb des Grundfreibetrags liegen, eine Mobilitätsprämie von 14 % dieser erhöhten Pauschale wählen können.
Diese Regelungen sind befristet für die Zeit vom 1.1.2021 bis zum 31.12.2026.
Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr: Der Umsatzsteuersatz für Fahrkarten im Fernverkehr soll ab 2020 von 19 % auf 7 % gesenkt werden. Diese Regelung gilt unbefristet.
Hinweis:
Parallel dazu hat der Bundestag das „Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsteuergesetzes“ beschlossen. Damit soll die Luftverkehrsteuer ab dem 1.4.2020 für innereuropäische Flüge um 5,53 € auf 13,03 € steigen. Für mittlere Distanzen bis 6.000 Kilometer ist eine Erhöhung um 9,58 € auf 33,01 € vorgesehen. Für Fernflüge sollen künftig 59,43 € fällig werden (17,25 € mehr als bisher).
Die Bundesregierung hat die Kaufprämie für Elektroautos (sog. Umweltbonus) erneut bis zum Jahr 2025 verlängert und den Förderbetrag erhöht.
Die Prämie wird weiterhin jeweils zur Hälfte von der Bundesregierung und von der Industrie finanziert.
Darüber hinaus sollen künftig auch junge gebrauchte Elektrofahrzeuge, die weder als Firmenwagen noch als Dienstwagen des Ersterwerbers eine staatliche Förderung erhalten haben, bei der Zweitveräußerung eine Umweltprämie erhalten.
Voraussetzung: Der ungeförderte Firmen- bzw. Dienstwagen muss zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs mindestens vier und maximal acht Monate erstmals zugelassen sein und eine maximale Laufleistung von 8.000 km aufweisen.
Hinweis:
Die geänderte Förderrichtlinie bedarf noch einer beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission und soll am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft und am 31.12.2025 außer Kraft treten.
Für die Förderung sind ab dem Jahr 2020 Bundesmittel in Höhe von rund 2 Milliarden € vorgesehen. Die Förderung erfolgt bis zur vollständigen Auszahlung der Mittel, längstens bis 2025.
Anträge sind ausschließlich online beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu stellen. Die Antragsbearbeitung erfolgt in der Reihenfolge des Eingangs der Anträge beim BAFA.
Auch für das Jahr 2020 wurden die Sachbezugswerte wieder angepasst. Anbei die anzuwendenden Sachbezugswerte:
Freie Verpflegung:
Für die freie Verpflegung gelten einheitlich in den alten und neuen Bundesländern ab 1.1.2020 folgende (erhöhte) Werte:
Verpflegung 1) | Volle Verpflegung € | Frühstück € | Mittagessen € | Abendessen € |
Beschäftigte | 258,00 60,20 8,60 | 54,00 12,60 1,80 | 102,00 23,80 3,40 | 102,00 23,80 3,40 |
1) Wird Verpflegung nicht nur dem Beschäftigten, sondern auch seinen nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen zur Verfügung gestellt, erhöhen sich die anzusetzenden Werte für Familienangehörige, - die das 18. Lebensjahr vollendet haben, um 100 % - die das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, um 80 % - die das 7., aber noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet haben, um 40 % - die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. um 30 % 2) Bei der Berechnung der Sachbezugswerte für kürzere Zeiträume als einen Monat ist für jeden Tag 1/30 des monatlichen Werts für freie Verpflegung zugrunde zu legen. Die Berechnungen sind jeweils auf zwei Dezimalstellen durchzuführen. Die Ermittlung des anzusetzenden Werts für einen Teil-Entgeltabrechnungszeitraum erfolgt durch Multiplikation der jeweiligen Tagesbeträge mit der Anzahl der Kalendertage. |
Freie Unterkunft:
Der Sachbezug wird unterschieden in „freie Unterkunft“ und „freie Wohnung“. Dabei gilt als Wohnung eine in sich geschlossene Einheit von Räumen, die zur Führung eines selbstständigen Haushalts geeignet sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich um eine Unterkunft, für die einheitlich in den alten und neuen Bundesländern folgende Werte gelten:
Unterkunft 1) | Beschäftigte € | Jugendliche und Auszubildende € |
Monatlich Wöchentlich Kalendertäglich 2) | 235,00 54,81 7,83 | 199,75 46,62 6,66 |
1) Der Wert vermindert sich um nachstehende Prozentsätze (ggf. kumuliert) a) Bei Aufnahme des Beschäftigten in den Haushalt des Arbeitgebers oder bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft um 15 % und b) für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende um 15 %, und c) bei der Belegung mit 2 Beschäftigten um 40 % d) für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende, für die die Voraussetzungen a) nicht vorliegen um 15 % |
Freie Wohnung:
Stellt der Arbeitgeber eine Wohnung zur Verfügung, ist diese im Grundsatz mit dem ortsüblichen Mietpreis unter Berücksichtigung der sich aus der Lage der Wohnung zum Betrieb ergebenden Beeinträchtigungen zu bewerten. Dabei sind gesetzliche oder vertragliche Mietpreisbindungen, z.B. im sozialen Wohnungsbau, zu beachten.
Ist im Einzelfall die Feststellung des ortsüblichen Mietpreises mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden, kann als Ausnahme die Wohnung mit 4,12 €/m2 monatlich, bei einfacher Ausstattung (ohne Sammelheizung oder ohne Bad/Dusche) mit 3,37 €/m2 monatlich bewertet werden.
Quelle:
Elfte Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 29.11.2019 (BGBl 2019 Teil I S. 1997)
Die Finanzverwaltung hat die (gegenüber 2019 erhöhten) Pauschbeträge für Sachentnahmen in bestimmten Branchen für das Jahr 2020 veröffentlicht. Danach gelten folgende Werte:
Gewerbezweig | Jahreswert für eine Person ohne Umsatzsteuer | ||
Ermäßigter Steuersatz | Voller Steuersatz | Insgesamt | |
€ | € | € | |
Bäckerei Fleischerei/Metzgerei Gaststätten aller Art Getränkeeinzelhandel Cafe und Konditorei Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Einzelhandel) Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Einzelhandel) | 1.218 891
105 1.179 590 1.140 275 | 406 865
302 642 79 681 236 | 1.624 1.756
407 1.821 669 1.821 511 |
Anmerkungen zur Tabelle:
Quelle:
BMF-Schreiben vom 2.12.2019 – IV A 4 – S 1547/19/10001-001) (DB 2019 S. 2774)
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Vorauszahlung oder Anzahlung berufen.
Der BFH entschied einen Streitfall wie folgt:
„Eine rückwirkend auf den Vertragsbeginn vereinbarte Verzinsung eines zunächst unverzinslich gewährten Darlehens ist (bilanz-)steuerrechtlich unbeachtlich, sofern diese Vereinbarung erst nach dem Bilanzstichtag getroffen wird.“
Dem Streitfall lagen nachträgliche vertragliche Vereinbarungen zwischen verschwägerten Personen vor, die rückwirkend eine Verzinsung festlegten.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG war damit die bilanzielle Darlehensverbindlichkeit in der Steuerbilanz des Jahres der Darlehensaufnahme gewinnerhöhend mit 5,5 % abzuzinsen.
Gegen die Höhe des Abzinsungssatzes hat der BFH für das Streitjahr 2010 keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Hinweis:
Die gewinnerhöhende Wirkung der Abzinsung kann durch Verzinsung vermieden werden, sie kann aber auch in anders gelagerten Fällen bewusst gestalterisch genutzt werden, um z.B. Verluste mit den Abzinsungserträgen zu verrechnen.
Quelle:
BFH-Urteil vom 22.05.2019 – X R 19/17 (NWB Eilnachrichten 44/2019 S. 3190)
Die durch die bisherige Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind weiter anzuwenden. Das gilt zumindest dann, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend war.
Hintergrund
X war Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH. In einem Rahmendarlehensvertrag war vereinbart, dass Auslagen und sonstige Einlagen des X bei der GmbH auf einem Darlehenskonto erfasst wurden. Seit 2009 liquidierte X die GmbH. Die letzte Bilanz zum 31.12.2011 wies nur noch das gezeichnete Kapital (25.000 EUR) und die verbliebene Verbindlichkeit gegenüber X (196.000 EUR) aus.
X machte für das Jahr 2012 aus der Auflösung der GmbH einen Verlust von 143.000 EUR geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 60 % der Anschaffungskosten von 25.000 EUR zuzüglich nachträglicher Anschaffungskosten von 214.000 EUR entsprechend dem Saldo des Darlehenskontos zum 31.12.2010. Das Finanzamt bestritt den Bestand der Forderung und berücksichtigte lediglich den Verlust des Stammkapitals (60 % von 25.000 EUR).
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Nach der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts zum 1.11.2008 waren verlorene Gesellschafterdarlehen nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah das anders und verwies auf sein Grundsatzurteil (BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15). Bis zu dieser Entscheidung hatte der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung vertreten, dass der Ausfall des Gesellschafters mit eigenkapitalersetzenden Darlehen zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung und somit zu einem steuerlich relevanten Verlust führt. Mit dem oben genannten Urteil änderte der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung, sodass infolge der Rechtsänderung ausgefallene Gesellschafterdarlehen grundsätzlich nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten führen. Da bis zur Veröffentlichung dieses Urteils niemand wissen konnte, wie der Bundesfinanzhof bei unverändert gebliebenem Wortlaut der anzuwendenden Norm (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) auf die Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts reagieren würde, bejahte der Bundesfinanzhof Vertrauensschutz in die bisherigen Grundsätze bis zur Entscheidungsveröffentlichung am 27.9.2017. An dieser Entscheidung bezüglich des Vertrauensschutzes hält der Bundesfinanzhof fest.
Mit der Feststellung des Jahresabschlusses bestätigen die Gesellschafter nicht nur die Richtigkeit der Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft, sondern sie bekräftigen zugleich rechtsverbindlich die im Jahresabschluss ausgewiesenen Rechtsverhältnisse im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und im Verhältnis der Gesellschafter untereinander und verzichten auf diesbezügliche Einreden und Einwendungen. Die Feststellung des Jahresabschlusses spricht dann zumindest indiziell für das Bestehen der Forderung des Gesellschafters dem Grunde und der Höhe nach.
Davon ausgehend durfte das Finanzgericht die festgestellte Bilanz der GmbH nicht als bloßen Eigenbeleg ansehen. Ihr kommt vielmehr Indizwirkung für den Bestand und die Höhe der streitigen Forderung des X zu. Aufgrund der Indizwirkung fiel X bei Auflösung der GmbH mit einem eigenkapitalersetzenden Darlehen in entsprechender Höhe aus. Bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts war das Darlehen mit 60 % anzusetzen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel (sog. Gehaltsumwandlung) entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht begünstigungsschädlich ist. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Arbeitslohn vielmehr für künftige Lohnzahlungszeiträume herabsetzen und diese Minderung durch verwendungsgebundene Zusatzleistungen steuerbegünstigt ausgleichen („Mehr Netto vom Brutto“). Entscheidend für die lohnsteuerliche Begünstigung ist, dass der Zuschuss verwendungs- bzw. zweckgebunden zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird.
Hintergrund
Für bestimmte Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden (z. B. Mahlzeitengestellung, Zuschüsse zu den Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Zuschüsse für die Internetnutzung) kann die Lohnsteuer mit einem niedrigen Pauschalsteuersatz berechnet werden. In bestimmten Fällen bleibt der Zuschuss sogar steuerfrei.
Sachverhalt
Der Kläger war Einzelunternehmer und einigte sich zum 1.7.2011 mit mehreren Arbeitnehmern auf eine Änderung der Arbeitsverträge: Das bisherige Gehalt wurde von 2.500 € um 250 € auf 2.250 € herabgesetzt. Für künftige Lohnerhöhungen, Abfindungsansprüche etc. sollte der bisherige Arbeitslohn von 2.500 € als sog. Schattenlohn und damit als Bemessungsgrundlage fortgeführt werden. Anschließend vereinbarte der Kläger mit seinen Arbeitnehmern einen Zuschuss für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie für die Internetnutzung. Diese Zuschüsse sollten nicht freiwillig gezahlt werden. Der Kläger pauschalierte die Lohnsteuer auf die Zuschüsse mit 15 % (Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) und 25 % (Internetnutzung). Ab dem 1.1.2014 wurde vereinbart, dass die Zuschüsse nicht mehr freiwillig gezahlt werden. Das Finanzamt erkannte die Pauschalierung der Lohnsteuer nicht an, weil es von einer schädlichen Gehaltsumwandlung ausging.
Entscheidung
Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Unschädlich ist auch, dass der bisherige Lohn als sog. Schattenlohn für weitere Lohnansprüche fortgeführt wurde. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt nicht vor.
Hinweis:
Der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Zuschuss nur dann lohnsteuerlich begünstigt ist, wenn er freiwillig gezahlt wird. Zugleich widerspricht der BFH der Finanzverwaltung, die in Gehaltsumwandlungen steuerlich schädliche Gestaltungen sieht, für die weder eine Lohnsteuerpauschalierung noch eine Steuerbefreiung gewährt wird.
Zu beachten ist, dass nicht jeder Zuschuss des Arbeitgebers lohnsteuerlich begünstigt ist. Vielmehr werden nur Zuschüsse für bestimmte Zwecke begünstigt, z. B. für arbeitstägliche Mahlzeiten oder zur Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter. Letztere sind unter bestimmten Voraussetzungen sogar bis zu einem Betrag von 500 € pro Jahr pro Mitarbeiter steuerfrei.
Wird eine bezahlte Freistellung vereinbart, fehlt es jedoch an einer deutlichen Regelung zu den Überstunden aus dem Arbeitszeitguthaben, sind diese nicht automatisch abgegolten. Vielmehr muss der Arbeitgeber die Überstunden aus dem Gleitzeitkonto des Arbeitnehmers vergüten.
Hintergrund
Die Klägerin wehrte sich vor Gericht gegen ihre fristlose Kündigung. In dem Kündigungsschutzprozess einigten sich die Parteien im November 2016 auf einen gerichtlichen Vergleich. Danach sollte das Arbeitsverhältnis Ende Januar 2017 durch ordentliche Arbeitgeberkündigung enden. Auch vereinbarten die Parteien, dass der Arbeitgeber die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt “unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung freistellt”. In diesem Zeitraum sollte auch der Resturlaub ausgeglichen werden. Eine allgemeine Abgeltungs- bzw. Ausgleichsklausel enthielt der Vergleich nicht.
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Klägerin vom Arbeitgeber die Abgeltung ihrer Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto. Dies lehnte der Arbeitgeber ab, da seiner Auffassung nach die Überstunden mit dem Vergleich durch die bezahlte Freistellung ausgeglichen worden waren.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht und entschied, dass die Klausel, mit der die Klägerin unwiderruflich von der Arbeitspflicht befreit war, nicht ausreichend regelte, dass damit Überstunden abgegolten waren.
Der Arbeitgeber musste bei Ende des Arbeitsverhältnisses die Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers in Geld abgelten, wenn das Positivsaldo auf dem Arbeitszeitkonto nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden konnte.
Damit für den Arbeitnehmer deutlich wird, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellen will, braucht es eine explizite Regelung. Daran fehlte es jedoch vorliegend. In dem gerichtlichen Vergleich wurde weder ausdrücklich noch konkludent hinreichend deutlich festgehalten, dass die Freistellung auch dem Abbau des Arbeitszeitkontos dienen und damit der Freizeitausgleichsanspruch aus dem Arbeitszeitkonto erfüllt werden sollte.
Ein Vermieter darf im Rahmen einer Mieterhöhung den Mietspiegel der Nachbarstadt anwenden, wenn die beiden Gemeinden vergleichbar sind. Einwohnerzahl und Infrastruktur spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Hintergrund
Die Vermieterin verlangte von der Mieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Das Anwesen lag in einer westlich an Nürnberg angrenzenden Stadt (Stein). Zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens nahm die Vermieterin Bezug auf den Mietspiegel einer Stadt, die wenige Kilometer nördlich lag und ebenfalls westlich an Nürnberg angrenzt (Fürth). Die Stadt Stein hatte etwa 15.000 Einwohner, in der Stadt Fürth lebten etwa 125.000 Menschen. Die Bevölkerungsdichte lag in Stein bei 768 Personen pro Quadratkilometer, in Fürth bei 1.960 Personen pro Quadratkilometer. Fürth verfügte über U- und S-Bahnanschluss und Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kinos und Theater, Stein dagegen nicht.
Die Mieterin war der Ansicht, dass der Mietspiegel der Stadt Fürth nicht herangezogen werden konnte, um eine Mieterhöhung in Stein zu begründen, weil beide Städte nicht vergleichbar waren.
Entscheidung
Die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. Die Vermieterin hatte ihr Mieterhöhungsverlangen nicht formell ordnungsgemäß begründet.
Grundsätzlich ist es zwar möglich, ein Mieterhöhungsverlangen mit dem Mietspiegel einer anderen Gemeinde zu begründen. Der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist aber nur dann ein taugliches Begründungsmittel, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.
Hierbei kommt es auf eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls sowie deren Gewichtung und Abwägung an. Wichtige Kriterien hierbei sind Einwohnerzahl, Infrastruktur und das jeweilige kulturelle Angebot.
Im vorliegenden Fall sprechen gegen eine Vergleichbarkeit der beiden Städte die sehr unterschiedliche Einwohnerzahl und die unterschiedliche Bevölkerungsdichte. Auch dass Stein nicht über einen U- und S-Bahnanschluss verfügt, spricht gegen eine Vergleichbarkeit.
Lag zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der für die Kündigung erforderliche Zahlungsverzug noch nicht vor, ist eine fristlose Kündigung verfrüht und damit unwirksam.
Hintergrund
Ein Mieter wurde bereits in der Vergangenheit von seiner Vermieterin wegen um einige Tage verspäteter Mietzahlung angemahnt. Die Miete in den Monaten Januar und Februar 2018 ging ebenfalls unpünktlich ein. Die Vermieterin kündigte deshalb das Mietverhältnis. Die fristlose Kündigung warf sie am 5.2.2018 gegen 15.40 Uhr in den Briefkasten des beklagten Mieters.
Entscheidung
Die fristlose Kündigung war unwirksam. Die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs setzt voraus, dass der Kündigungsgrund im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorliegt. Eine zu früh ausgesprochene Kündigung ist daher unwirksam.
Sie kann auch durch den späteren Eintritt von kündigungsrelevanten Umständen nicht nachträglich wirksam werden.
Im vorliegenden Fall lag jedoch am 5.2.2018 noch kein Verzug für die Mieten Januar und Februar 2018 und somit für 2 aufeinanderfolgende Termine vor. Die Miete war jeweils spätestens am 3. Werktag eines Monats im Voraus zu zahlen. Da der Samstag als Werktag insoweit nicht zählte, war der 3. Werktag der Montag (5.2.2018). An diesem Tag hätte die Miete für Februar 2018 noch fristgerecht gezahlt werden können. Verzug mit der Februarmiete trat daher erst am 6.2.2018 ein und damit nach Zugang der Kündigung.
Erfolgt die Wärmelieferung einer Wohnungseigentümergemeinschaft mittels Blockheizkraftwerk an die Wohnungseigentümer umsatzsteuerfrei? Die Frage ist umstritten. Der Europäische Gerichtshof soll nun für Klarheit sorgen.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft, bestehend aus einer GmbH, einer staatlichen Behörde und einer Gemeinde. Das Blockheizkraftwerk wurde von der Klägerin auf einem Grundstück errichtet, das 20 vermietete Wohnungen, eine staatliche Behörde und eine Einrichtung der Gemeinde umfasst. Den mit dem Blockheizkraftwerk erzeugten Strom lieferte die Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft umsatzsteuerpflichtig an ein Energieversorgungsunternehmen, die daneben erzeugte Wärme an die Wohnungs- bzw. Teileigentümer. Das Finanzamt berücksichtigte die Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerk nur zu 28 %. Dies entsprach nach seiner Berechnung dem Anteil der vorsteuerbelasteten Kosten, der auf die Stromerzeugung entfiel. Für den auf die Wärmeerzeugung entfallenden Anteil von 72 % verweigerte es den Vorsteuerabzug wegen insoweit steuerfreier Ausgangsleistungen.
Dagegen klagte die Gemeinschaft vor dem Finanzgericht.
Entscheidung
Das Finanzgericht setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vor, ob die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 13 UStG, die u. a. die Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an ihre Wohnungs- und Teileigentümer umfasst, mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Hierzu wird im Schrifttum z. B. die Auffassung vertreten, dass § 4 Nr. 13 UStG mit der MwStSystRL nicht vereinbar und deshalb nicht anwendbar ist. Andere bejahen dagegen die Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Unionsrecht.
Wieder andere sehen § 4 Nr. 13 UStG von der Protokollerklärung Nr. 7 zu Art. 13 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 gedeckt. Danach erklären der Rat und die Kommission, dass die Mitgliedstaaten die Bereitstellung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, zur Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie die Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen durch Wohnungseigentümergemeinschaften an die Wohnungseigentümer von der Mehrwertsteuer befreien können.
Weiterhin gibt es die Auffassung, dass bei einer Leistung einer Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer kein steuerbarer Umsatz vorliegt und § 4 Nr. 13 UStG deshalb nur deklaratorischen Charakter hat.
Betreibt ein gemeinnütziger Verein zusätzlich zu einer Behindertenwerkstatt ein Bistro, das der Öffentlichkeit zugänglich ist, unterliegen dessen Umsätze nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Das gilt auch dann, wenn in dem Bistro Menschen mit Behinderung arbeiten.
Hintergrund
Der gemeinnützige Verein zur Förderung des Wohlfahrtwesens verfolgte mildtätige Zwecke durch den Betrieb einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen. Diese hatte zum Ziel, Arbeitsplätze außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarkts zu bieten. Außerdem betrieb der Verein ein Bistro, das nicht Betriebsteil der Behindertenwerkstatt, sondern öffentlich zugänglich war.
Der Verein unterwarf die Umsätze aus dem Bistrobetrieb dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, da es sich seiner Meinung nach um einen begünstigten Zweckbetrieb handelte. Das Finanzamt wandte dagegen den Regelsteuersatz an. Es lag ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof lehnte die Auffassung des Vereins ab.
Leistungen von Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, sind ermäßigt zu besteuern. Das gilt jedoch nicht für Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Davon gilt eine Rückausnahme, wenn es sich um einen Zweckbetrieb handelt. Voraussetzung ist, dass der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer Zweckbetriebe die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht.
Die Voraussetzungen der Rückausnahme waren vorliegend nicht erfüllt. Zwar lag ein Zweckbetrieb vor. Der Verein erzielte jedoch in erster Linie zusätzliche Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Diese Einnahmen waren für den Satzungszweck nicht unerlässlich. Unerheblich war, ob geringe oder keine Gewinne erzielt wurden oder ob die Einnahmen dem Verein verblieben.
Der Verkauf von Gastronomieleistungen diente zwar der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke des Vereins. Diese Zwecke wurden jedoch nicht “mit diesen Leistungen”... “selbst verwirklicht”. Denn die Leistungen dienten in erster Linie den Zwecken der Besucher des Bistros.
Das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters ist normalerweise nicht auf eine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter ausgerichtet, die Nutzung ist vielmehr je nach Markterfordernissen zeitlich begrenzt. Eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der Entgelte scheidet damit aus.
Hintergrund
Die R-GmbH organisierte als Reiseveranstalter Pauschalreisen. Dazu schloss sie mit Hoteliers Verträge ab, durch die ihr Hotelleistungen bezüglich ganzer Hotels oder bestimmte Hotelzimmer bzw. Hotelzimmerkontingente für vereinbarte Zeiträume zur Verfügung gestellt wurden. R bezog die an die Hoteliers gezahlten Entgelte nicht in die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung ein. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass ein Teil des Entgelts auf die “Anmietung” von Hotelzimmern entfiel. Die in den Hotelkosten enthaltenen Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter müssten deshalb bei der Hinzurechnung berücksichtigt werden. Die Entgelte an die Hoteliers teilte das Finanzamt in hinzuzurechnende Mietanteile für Hotelzimmer einerseits und für bewegliche Wirtschaftsgüter (Swimmingpools usw.) andererseits sowie in nicht hinzuzurechnende sonstige Kosten auf. Die Nebenkosten rechnete es anteilig den Mieten für die unbeweglichen und beweglichen Wirtschaftsgüter hinzu.
Das Finanzgericht bestätigte zwar grundsätzlich die vom Finanzamt angewandte Aufteilung der Hotelkosten. Allerdings rechnete es reine Betriebskosten (Wasser, Strom, Heizung) und eigenständig zu beurteilende Nebenleistungen (Verpflegung, Beförderung, Unterhaltungsveranstaltungen, Zimmerreinigung) nicht hinzu.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah das anders und entschied, dass die Entgelte für die Hotelzimmer und die damit verbundenen Wirtschaftsgüter nicht unter die Hinzurechnung fallen. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb mit dem gesetzlichen Anteil hinzuzurechnen. Das bedeutet, dass die Wirtschaftsgüter, wenn sie im Eigentum des Nutzers stehen würden, dessen Anlagevermögen als sog. fiktives Anlagevermögen zuzurechnen wären.
Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Unternehmers stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts, die subjektiv vom Willen des Unternehmers abhängt und sich an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss. Bei dem Wirtschaftsgut muss es sich der Art nach um Anlagevermögen handeln.
Die Prüfung muss sich am Geschäftsgegenstand des Unternehmens und den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen orientieren. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit wirtschaftlich sinnvoll nur ausgeübt werden kann, wenn das Eigentum langfristig erworben wird. Ein Gegenstand kann zwar auch dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird. Das setzt dann aber voraus, dass der Gegenstand ständig für den Gebrauch benötigt und deshalb vorgehalten wird. Deshalb reicht eine kurzfristige anlass- oder auftragsbezogene Anmietung für die Annahme von Anlagevermögen nicht aus.
Davon ausgehend waren vorliegend die Hotelzimmer, Sportanlagen, Swimmingpools usw. nicht dem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen. Denn das zeitlich begrenzte fiktive Eigentum an den Zimmern und Einrichtungen diente nicht der dauerhaften Herstellung neuer Produkte. Vielmehr floss es in das Produkt “Pauschalreise” ein und verbrauchte sich mit deren Durchführung.
Das Geschäft des Reiseveranstalters erforderte nicht den langfristigen Erwerb des Eigentums. Vielmehr versuchte der Reiseveranstalter, die Hotelzimmer und Einrichtungen möglichst nur in dem Umfang zu erwerben, in dem er einen Absatzmarkt für sein Produkt “Pauschalreise” sah. Der Reiseveranstalter orientierte sich dabei am geschätzten Bedarf seiner Kunden. Für den Veranstalter wäre ein langfristiger Erwerb des Eigentums wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Insoweit stellte sich auch der wiederholte kurzfristige Erwerb ähnlicher Wirtschaftsgüter nicht als Surrogat einer Entscheidung zur langfristigen Nutzung dar.
Beteiligt der Vater seine minderjährigen Kinder an seiner Zahnarztpraxis in Form einer stillen Beteiligung, kann es mit der steuerlichen Anerkennung schwierig werden. Das gilt insbesondere dann, wenn kein Zufluss von Mitteln in das Praxisvermögen stattfindet und Steuersparmotive sowie die Versorgung der Kinder im Vordergrund stehen.
Hintergrund
Der Kläger schloss mit jedem seiner minderjährigen Kinder einen notariellen Vertrag. Damit räumte er jedem Kind eine typische stille Beteiligung an seiner Zahnarztpraxis in Höhe von 50.000 EUR ein. Die 3 Einlagen stellte er seinen Kindern “schenkweise” zur Verfügung. Geldflüsse mit tatsächlichen Zahlungen von Geldern in das Betriebsvermögen erfolgten nicht. Jede der Schenkungsvereinbarungen verwies auf eine Anlage mit dem Gesellschaftsvertrag über eine stille Beteiligung.
Das zuständige Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) genehmigte die 3 Verträge. Jeder stille Gesellschafter sollte mit 10 % am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sein, höchstens aber mit 15 % der Einlage. An einem Verlust sollte der jeweilige stille Gesellschafter ebenfalls mit 10 %, höchstens aber mit seiner Einlage, beteiligt sein.
Die an die stillen Beteiligten ausgezahlten Gewinne machte der Kläger als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt verweigerte jedoch den Abzug der Aufwendungen, da seiner Ansicht nach keine betriebliche Veranlassung vorlag.
Entscheidung
Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage ab.
Eine stille Beteiligung hat für einen Betrieb den Vorteil, dass ihm mit der Einlage zusätzliche Wirtschaftsgüter zur Verfügung gestellt werden. Vorliegend erhielt die Praxis des Klägers jedoch nur rein formal eine Einlage. Tatsächlich waren ihr keine zusätzlichen Mittel zugeflossen. Anschaffungen von Anlagegütern tätigte der Kläger ebenfalls nicht. Auch das Motiv, seine Kinder an die Tätigkeit als Zahnarzt heranzuführen und eventuell als Betriebsnachfolger aufzubauen, hatte als Indiz für eine betriebliche Veranlassung nur geringe Bedeutung. Denn die Kinder waren bei Abschluss der notariellen Verträge 13 Jahre, 11 Jahre und 8 Jahre alt.
Eine Mitarbeit in der Praxis war aufgrund des Alters und der beruflichen Ausbildung unmöglich und bei der ärztlichen Tätigkeit zudem verboten. Die Gesellschaftsverträge sehen auch keine tatsächliche Mitarbeit vor. Die Kontrollrechte konnten die Kinder bis zur Volljährigkeit nicht ausüben. Deshalb stand die private Motivation des Klägers im Vordergrund, Steuern zu sparen und den Kindern einen Vorteil zukommen zu lassen. Der Betriebsausgabenabzug war deshalb zu Recht versagt worden.
Wurde die Berufsausbildung beendet und damit das Berufsziel erreicht, besteht grundsätzlich kein Anspruch mehr auf Kindergeld. Schließt die Berufsausbildung mit einer Prüfung ab, ist das Berufsziel erst mit dem Bestehen der Prüfung, spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erreicht.
Hintergrund
Die Tochter der Klägerin war ab März 2015 an der Hochschule im Masterstudiengang eingeschrieben. Nachdem sie die letzte Teilprüfung des Masterstudiengangs absolviert hatte, wurde sie am 6.10.2016 mündlich und schriftlich über das Bestehen der Prüfung unterrichtet. Am 25.11.2016 holte sie ihre Zeugnisunterlagen ab.
Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab 1.11.2016 auf und forderte das für den Zeitraum November 2016 bis Februar 2017 gezahlte Kindergeld zurück.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Tochter der Klägerin befand sich von November 2016 bis Februar 2017 in einer länger als 4 Monate dauernden Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten. Die Berufsausbildung endet u. a., wenn ein Kind sein Berufsziel erreicht hat und sich keiner Ausbildungsmaßnahme mehr unterzieht. Ein Universitätsstudium ist regelmäßig erst in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem eine Prüfungsentscheidung ergeht. Die letzte Prüfungsleistung der Tochter fand am 28.9.2016 statt, das Ergebnis wurde ihr im Anschluss an die mündliche Prüfungsleistung bekannt gegeben.
Durch die mündliche Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endete das Hochschulstudium, da das Kind sich ab diesem Zeitpunkt um die Aufnahme eines seiner akademischen Ausbildung entsprechenden Berufs bemühen kann. Das gilt auch dann, wenn das Kind wie hier sein Prüfungsergebnis schriftlich noch nicht nachweisen kann.
Bei der Prüfung, ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist ein Unterhaltsbeitrag bei der anzustellenden Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Dieser mindert zudem die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen.
Hintergrund
Der Sohn der Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G schwerbehindert. Nachdem eine Anfrage der Familienkasse bei der Agentur für Arbeit ergeben hatte, dass der Sohn die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung nach § 76 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab dem 1.7.2015 auf. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Kindergeldantrag für den Monat Januar 2016.
Die Klägerin machte geltend, dass der Sohn aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage war, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem waren die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung gegeben. Denn der Sohn absolvierte zunächst eine Ausbildung und wurde anschließend zum 13.6.2015 in ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis übernommen. Nach § 76 Abs. 2 Satz 4 SGB IX war im ersten Jahr der Beschäftigung nach Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis kraft Gesetzes eine Mehrfachanrechnung (2 Pflichtarbeitsplätze) gegeben.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass der Klägerin für Januar 2016 kein Kindergeld zustand.
Ob ein behindertes Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wird anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen geprüft. Das sind einerseits die dem Kind zur Verfügung stehenden eigenen finanziellen Mittel, andererseits sein existenzieller Lebensbedarf.
Die Frage, ob das behinderte Kind überhaupt außerstande ist sich selbst zu unterhalten, ist grundsätzlich nach dem Monatsprinzip zu prüfen. Ein etwaiger Unterhaltsbeitrag ist bei der Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. Er mindert die beim Kind als Bezüge anzusetzenden Sozialleistungen. Dass die Klägerin die objektive Feststellungslast für einen über den Behinderten-Pauschbetrag hinausgehenden individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf ihres Sohnes trug, konnte die von der Klägerin erstrebte Pauschalierung nicht rechtfertigen.
Wurde die 6-Monatsfrist des § 66 Abs. 3 EStG im Festsetzungsverfahren nicht berücksichtigt und wurde das Kindergeld bestandskräftig festgesetzt, darf die Familienkasse die Auszahlung nicht mit Hinweis auf die 6-Monatsfrist verweigern.
Hintergrund
Das Kind wurde am 9.6.2016 geboren und lebt im gemeinsamen Haushalt der Eltern. Mit Antrag vom 10.6.2017, per Fax eingegangen bei der Familienkasse am 31.12.2018, beantragte der Kläger die Festsetzung von Kindergeld. Mit Bescheid vom 15.1.2019 setzte die Familienkasse Kindergeld für das Kind ab Juni 2016 fest. Das Kindergeld werde aber lediglich für den Zeitraum Juni 2018 bis Januar 2019 ausgezahlt. Denn aufgrund der gesetzlichen Änderung des § 66 Abs. 3 EStG konnten Anträge, die nach dem 31.12.2017 eingingen, rückwirkend nur noch zu einer Nachzahlung für die letzten 6 Kalendermonate führen.
Der Kläger argumentierte, dass § 66 Abs. 3 EStG nicht dem Erhebungsverfahren, sondern dem Festsetzungsverfahren zuzuordnen war. Da es die Familienkasse versäumt hatte, § 66 Abs. 3 EStG im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen, konnte sie die Auszahlung des wirksam und bestandskräftig festgesetzten Kindergeldanspruchs nicht verweigern.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied im Sinne des Klägers. Nach Ansicht der Richter war die Regelung in § 66 Abs. 3 EStG dem Festsetzungsverfahren zuzuordnen. Sie wirkte rechtsbeendend und nicht lediglich rechtsbegrenzend. Dementsprechend bildete sie keine Grundlage dafür, einem Kindergeldberechtigten die Zahlung bestandskräftig festgesetzter Kindergeldansprüche zu verweigern, wenn § 66 Abs. 3 EStG nicht bereits im Festsetzungsverfahren berücksichtigt worden ist.
Im vorliegenden Fall wendete die Familienkasse die Regelung des § 66 Abs. 3 EStG erst im Auszahlungsverfahren an und nicht bereits im Festsetzungsverfahren. Deshalb war die Verweigerung der Auszahlung des Kindergeldes nicht rechtmäßig.
Steuerfrei bleibt u.a. der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland gelegenen Grundstück durch den überlebenden Ehegatten, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim).
Diese Steuerbefreiung fällt jedoch mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt.
Dieser Nachversteuerungstatbestand greift nach einer aktuellen Entscheidung auch im nachfolgenden Fall:
„Die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt.
Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt.“
Für den Wegfall der Steuerbefreiung kommt es nach dem höchstrichterlichen Urteil nicht darauf an, ob der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner die Immobilie entgeltlich oder unentgeltlich überträgt.
Die in der Praxis häufig gewichtige Steuerbefreiung geht selbst dann verloren, wenn sich der überlebende Ehegatte/Lebenspartner bei der Grundstücksübertragung die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorbehält.
Quelle:
BFH-Urteil vom 11.7.2019 – II R 38/16 (DStR 2019 S. 2520)
Zum begünstigungsfähigen Vermögen i.S. des § 13b ErbStG gehört z.B. inländisches Betriebsvermögen oder Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften.
Solches Vermögen bleibt grundsätzlich zu 85 % steuerfrei (Verschonungsabschlag). Diese Vergünstigung entfällt jedoch gänzlich, wenn das Verwaltungsvermögen 90 % oder mehr des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt (sog. 90 %-Test).
In einem Aussetzungsverfahren hat das Gericht ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung geäußert.
Hintergrund ist u.a. die Berechnungsmethode, nach der vereinfacht die Summe von Forderungen und Bankguthaben (brutto – ohne Berücksichtigung von Schulden!) als Verwaltungsvermögen dem Netto-Unternehmenswert gegenüber gestellt wird.
Gegebenenfalls hohe Verbindlichkeiten schlagen sich demnach nur im Unternehmenswert nieder, bleiben aber ansonsten unberücksichtigt. Begründet wird dies lediglich damit, dass betriebliches Vermögen oder das Vermögen einer Gesellschaft, welches zu mind. 90 % aus Verwaltungsvermögen besteht, nicht schutzwürdig ist.
Hinweis:
Entsprechende Bescheide sollten mit Hinweis auf dieses Urteil offengehalten werden.
Quelle:
FG Münster, Beschluss vom 3.6.2019 – 3 V 3697/18 Erb (NWB Steuerrecht 48/2019 S. 3474)
Bei mehreren Schenkungen innerhalb von 10 Jahren kann die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 2 ErbStG nur einmal berücksichtigt werden. Das gilt auch dann, wenn sich der Abzugsbetrag bei der ersten Schenkung gar nicht ausgewirkt hat.
Hintergrund
Mit einer ersten Zuwendung hatte der Kläger begünstigtes Betriebsvermögen erhalten. Im Rahmen der darauffolgenden Schenkungsteuerfestsetzung war Schenkungsteuer gegenüber dem Kläger festgesetzt worden. Der Abzugsbetrag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG war dabei nicht zum Ansatz gekommen. Denn er hatte sich wegen des Werts des nicht unter § 13b Abs. 4 ErbStG fallenden Teils des übertragenen Betriebsvermögens auf 0 EUR verringert.
Mit einer weiteren Zuwendung trat Frau X von ihrem Kapitalanteil an der Y KG einen Anteil an den Kläger ab. Darüber hinaus trat Frau X einen Anteil von ihrem Guthaben auf den bei der Y KG für sie geführten Fest- sowie Gesellschafterkonto an den Kläger ab.
Das Finanzamt erließ daraufhin einen weiteren Schenkungsteuerbescheid. Die Steuerfestsetzung erfolgte erklärungsgemäß, jedoch berücksichtigte das Finanzamt den Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG nicht. Seiner Ansicht nach war der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG bereits bei der ersten Zuwendung berücksichtigt worden und konnte deshalb im Streitfall nicht mehr angewendet werden. Der Verbrauch des Abzugsbetrages trat unabhängig davon ein, in welcher Höhe sich dieser tatsächlich auswirkte.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Zweck der gesetzlichen Regelung besteht darin, den Finanzbehörden eine Wertermittlung und aufwendige Überwachung von Klein- und Kleinstfällen unterhalb des Grenzwerts zu ersparen. Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber zum einen durch den “gleitenden Abzugsbetrag” gezielt nur kleine Betriebe steuerlich fördern. Zum anderen wollte der Gesetzgeber verhindern, dass im Wege der Aufspaltung einer größeren Zuwendung in mehrere Zuwendungen ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil entsteht.
Zwar fehlt eine ausdrückliche Regelung, ob der Steuerpflichtige einen Anspruch darauf hat, dass sich bei mehreren Erwerben von derselben Person, die innerhalb von 10 Jahren erfolgen, der Abzugsbetrag bei einem der Erwerbe bei der Steuerfestsetzung auswirken muss. Aufgrund dieser Rechtsgrundsätze kam das Finanzgericht jedoch zu dem Ergebnis, dass der Bescheid rechtmäßig war, weil das Finanzamt den Abzugsbetrag gem. § 13a Abs. 2 ErbStG bei der Steuerfestsetzung zu Recht nicht berücksichtigte. Darüber hinaus stand der Berücksichtigung des Abzugsbetrags der Sinn und Zweck der Regelung des § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStG entgegen, wonach der Abzugsbetrag innerhalb von 10 Jahren für begünstigtes Vermögen von derselben Person anfallenden Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden kann.
Der Bundesrat hat Anfang November 2019 die Reform der Grundsteuer beschlossen. Damit kann das Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung sowie Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts in Kraft treten: Ab 2025 erheben die Bundesländer die Grundsteuer dann nach den neuen Regeln (s. hierzu den letzten Beitrag unserer Mandanten-Information 5/2019).
Hinweis:
Was dies nun konkret bedeutet, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, da die künftigen Hebesätze der Gemeinden eine große Rolle bei der Bemessung der Grundsteuer spielen werden.
Einen Überbau durch Bauteile, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück hinüberragen, muss ein Grundstückseigentümer grundsätzlich dulden. Das gilt jedoch nicht für Änderungen an seinem Gebäude, die durch die Wärmedämmung notwendig werden.
Hintergrund
Kläger und Beklagter waren Eigentümer zweier Reihenhäuser. Diese waren versetzt angeordnet, sodass jeweils ein Teil der Wand zum Nachbargrundstück frei lag.
Der Kläger ließ an seinem Haus eine außenseitige Fassadendämmung anbringen. An der freiliegenden Wand zum Nachbargrundstück wollte der Kläger ebenfalls eine Dämmung anbringen lassen. Diese würde die Grenze zum Nachbargrundstück um 11 Zentimeter überschreiten. Zudem müssten auf dem Grundstück des Beklagten ein an die Hauswand angepasster Holzunterstand mit Mülltonnenverkleidung, die an der Fassade des Nachbarhauses befindlichen Öffnungen für die Entlüftung des Öltanks und für die Abluft der Küche sowie ein Stromkabel verlegt und der Dachbereich des Nachbarhauses geöffnet werden. Der Beklagte war mit diesen Maßnahmen nicht einverstanden.
Der Kläger verlangte vom Beklagten, ihm zu erlauben, dessen Grundstück zu betreten, um die Wärmedämmung an der zum Nachbargrundstück gelegenen Wand anzubringen und die hierzu erforderlichen Arbeiten am Dachanschluss auf eigene Kosten auszuführen.
Entscheidung
Vor dem Bundesgerichtshof scheiterte der Kläger mit seiner Duldungsklage. Der beklagte Nachbar musste keine baulichen Veränderungen an den auf seinem Grundstück vorhandenen Gebäuden dulden.
Der Eigentümer eines Grundstücks muss nur einen Überbau durch Bauteile dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück hinüberragen. Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Wärmedämmung notwendig werden, muss er hingegen nicht dulden.
Soweit das einschlägige Gesetz eine Duldungspflicht im Hinblick auf die mit der Wärmedämmung zusammenhängenden notwendigen Änderungen von Bauteilen anordnet, bezieht sich dies nur auf Änderungen von Bauteilen der einseitigen Grenzwand, an der die Wärmedämmung angebracht werden soll. Eingriffe in bereits vorhandene Gebäudeteile auf dem durch den Überbau betroffenen Grundstück sind hiervon hingegen nicht umfasst.
Nach diesen Maßstäben kam ein Anspruch des Klägers auf das Anbringen der Wärmedämmung nicht in Betracht. Der Beklagte hätte nicht nur die auf sein Grundstück übergreifenden Bauteile zu dulden, sondern müsste auch Veränderungen an Bauteilen seines Gebäudes zulassen. Eine Duldungspflicht bezüglich derartiger Eingriffe in das Eigentum bestand nicht.
Ist eine Krebserkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung nicht behandlungsbedürftig und ist der Gesundheitszustand stabil, darf nicht eine Versorgungsehe vermutet werden. Das gilt auch dann, wenn der Ehepartner 9 Monate nach der Eheschließung an der Krebserkrankung stirbt.
Hintergrund
Die Klägerin und der Versicherte lernten sich im Jahr 1997 kennen, zogen 4 Jahre später zusammen und heirateten Anfang April 2015. Beim Standesamt reichten sie bereits im Juni 2014 ausgestellte Geburtsurkunden ein. 9 Monate nach der Hochzeit verstarb der Versicherte. Todesursache war u.a. ein metastasierendes Prostatakarzinom mit Lungenmetastasen. 6 Jahre vor Eheschließung wurde bei dem Versicherten bereits ein Prostatakarzinom diagnostiziert, das jedoch zunächst erfolgreich behandelt wurde.
Die beklagte Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung der großen Witwenrente ab. Sie ging von einer schweren lebensbedrohlichen Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung aus und sah deshalb die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe (Ehedauer unter einem Jahr) als nicht widerlegt an.
Entscheidung
Die Klage hatte vor dem Landessozialgericht Erfolg. Nach Auffassung der Richter kam zwar dem Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Heirat eine gewichtige Bedeutung zu. Den Arztberichten ließ sich jedoch nicht entnehmen, dass er damals an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt. Zum Zeitpunkt der Heirat gab es keine Anhaltspunkte für das Fortschreiten der Erkrankung. Eine Behandlungsbedürftigkeit ergab sich ebenfalls nicht. Daher war aus Sicht des Gerichts der von der Klägerin vorgetragene lange gehegte Hochzeitswunsch als leitendes Motiv glaubhaft dargelegt und ausreichend.
Kraftfahrer dürfen nur 8 Stunden täglich arbeiten. EU-rechtliche Vorgaben haben insoweit keinen Vorrang vor dem Arbeitszeitgesetz.
Hintergrund
Der Arbeitgeber betrieb eine Fleischmehlfabrik. Die bei ihm beschäftigten Kraftfahrer holten nicht zum Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte z.B. bei Schlachthöfen ab und transportierten sie zur Fabrik. Nachdem zahlreiche Überschreitungen der maximal zulässigen Arbeitszeiten der Kraftfahrer festgestellt worden waren, wurde gegen den Arbeitgeber ein Bußgeldverfahren geführt.
Der Arbeitgeber wollte gerichtlich feststellen lassen, dass die Arbeitszeiten seiner Kraftfahrer wegen des Vorrangs europäischer Regelungen nicht unter die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes fallen.
Entscheidung
Das Oberverwaltungsgericht folgte nicht der Auffassung des Arbeitgebers und entschied stattdessen, dass die tägliche Höchstarbeitszeit auch im vorliegenden Fall für die Kraftfahrer gilt. Die Anwendung des Arbeitszeitgesetzes auf die Kraftfahrer wird nicht durch einen allgemeinen Vorrang der europäischen Vorgaben für die Lenk- und Ruhezeiten ausgeschlossen. Auch eine im europäischen Recht den Mitgliedsstaaten eröffnete Möglichkeit zur Abweichung von Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten der Kraftfahrer, die tierische Abfälle beförderten, befreit nicht von der Einhaltung der nationalen Arbeitszeitregelungen.
Die unionsrechtlichen Mindestanforderungen an die Höchstarbeitszeit des Fahrpersonals, die im deutschen Arbeitszeitgesetz umgesetzt seien, werden durch unmittelbar anwendbare europäische Normen über Lenk- und Ruhezeiten von Kraftfahrern lediglich ergänzt.
Damit lag auch im vorliegenden Fall die tägliche Höchstarbeitszeit der Arbeitnehmer nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz bei grundsätzlich 8 Stunden täglich.
Wer auf dem Weg zur oder von der Arbeit einen Unfall hat, kann Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen. Doch gilt das auch, wenn der direkte Weg wegen eines Staus verlassen wird?
Hintergrund
Der Kläger erlitt mit seinem Motorrad einen Unfall, als ihm ein abbiegendes Auto die Vorfahrt nahm. Er zog sich dabei Verletzungen des rechten und linken Fußes sowie des rechten Handgelenkes zu. Im Unfallzeitpunkt war der Kläger 1,4 km vom direkten und üblichen Weg nach Hause abgewichen. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte deshalb die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Denn der Kläger befand sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem direkten Weg von seiner Arbeitsstätte. Zwar war an dem Unfalltag auf dem direkten Weg ein Stau, der vom Kläger gewählte Weg nach Hause war verkehrsbedingt jedoch nicht nachzuvollziehen.
Entscheidung
Das Sozialgericht schloss sich der Einschätzung der beklagten Berufsgenossenschaft an. Ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehender Wegeunfall liegt nicht vor, wenn nicht der direkte Weg, sondern ein 8-mal längerer Weg nach Hause gewählt wird.
Zwar ging der Kläger grundsätzlich einer versicherten Tätigkeit nach, als er sich nach dem Ende seiner Arbeitszeit auf den Weg nach Hause machte. Jedoch legte der Kläger zum Unfallzeitpunkt keinen durch die Wegeunfallversicherung geschützten Weg mehr zurück. Es lag kein unmittelbarer Weg vor. Denn der von dem Kläger gewählte Weg betrug beim Abweichen von dem direkten Weg nur noch ca. 550 m bis zu seinem Zuhause. Bis zur Unfallstelle fuhr der Kläger aber noch 1,4 km weiter. Damit wählte er einen längeren Weg, für den es keinen Grund gab. Dieser fiel deshalb nicht unter den Schutz der Wegeunfallversicherung.