Kanzleibrief April 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch in diesem Jahr zeichnete das Handelsblatt die Topkanzleien 2020 im Bereich der Steuerberatung aus. SCHAUER HÄFFNER & Partner gehört zu den bestplazierten Kanzleien und wurde erneut  in die Liste „Beste Steuerberater 2020“ aufgenommen.

Das Marktforschungsinstitut Schad (S.W.I Finance) analysierte hierzu 4.189 Steuerberater, indem die Aspekte Basiswissen, spezifische Fachkompetenz und Beschäftigung von Fachberatern berücksichtigt wurden; davon erhielten 609 die Auszeichnung.

Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ausgabe vom 01.04.2020 oder auf der Homepage des Handelsblattes in der online Tabelle https://www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/studie-deutschlands-beste-steuerberater-und-wirtschaftspruefer-2020/25699504.html

Wir danken unserem gesamtem Team, welches uns tagtäglich unterstützt und ohne dessen Einsatz das Erreichen einer solcher Auszeichnung nicht möglich wäre.

Im Kanzleibrief wurde eine Auswahl interessanter Artikel für Sie zusammengestellt. Weitere Artikel finden Sie auf unserer Homepage im Downloadbereich.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

Viele Grüße

Ihr Team bei Schauer Häffner & Partner

Inhalte:

Steuerzahlungstermine im Mai


 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

11.05.

14.05.

Umsatzsteuer

11.05.

14.05.

Gewerbesteuer

15.05.

18.05.

Grundsteuer

15.05.

18.05.

 

Sonstige Termine

25.05.

Übermittlung Beitragsnachweise für Mai 2020

25.05.

Zusammenfassende Meldung April 2020

27.05.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Mai 2020 zzgl. restliche Beitragsschuld April 2020

31.05.

Nachweisfrist nach § 22 Abs. 3 UmwStG über die Zurechnung von Gesellschaftsanteilen
(die Nachweisfrist kann nicht verlängert werden)

Umsetzung des Klimaschutzprogramms


In letzter Minute wurden einige Maßnahmen im „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ geändert: Der Bundesrat hatte seine Zustimmung zu dem Vorhaben verweigert, da insbesondere die Verteilung der mit dem Gesetz verbundenen Steuerausfälle zwischen Bund und Ländern umstritten war. Inzwischen wurde eine Einigung erzielt und das Gesetz verabschiedet, sodass es zum 1.1.2020 in Kraft getreten ist.

Folgende wichtige Änderungen haben sich ergeben:

  • Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung wurde ergänzt: Nunmehr gelten auch die Kosten für einen staatlich anerkannten Energieberater als Aufwendungen für energetische Maßnahmen. Sie sind damit neben den ursprünglich vorgesehenen Fördermaßnahmen (Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen oder Geschossdecken, Erneuerung der Fenster oder Außentüren, Erneuerung bzw. Einbau einer Lüftungsanlage, Erneuerung einer Heizungsanlage, Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung sowie Optimierung bestehender Heizungsanlagen) ebenfalls förderfähig.
  • Die vom Bundestag beschlossene Erhöhung der Pendlerpauschale von 2021 bis 2023 auf 35 Cent für Fernpendler bleibt bestehen, ebenso die entsprechende Mobilitätsprämie für Geringverdiener. Zusätzlich wird sich in den Jahren 2024 bis Ende 2026 die Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um weitere drei Cent auf insgesamt 38 Cent pro Kilometer erhöhen, was sich auch auf die Bemessung der Mobilitätsprämie auswirkt.

Nicht mehr im Gesetz enthalten ist das ursprünglich vorgesehene besondere Hebesatzrecht für Kommunen bei der Grundsteuer für Windenergieanlagen. Die entsprechende Passage wurde gestrichen. In diesem Jahr wollen Bund und Länder mit einem neuen Gesetzgebungs-verfahren Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Akzeptanz der Windenergie zu erhöhen.

Abzug von Erstausbildungskosten


Dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können, verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aktuell entschieden.

Hintergrund: Nach dem Gesetz sind Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht als Werbungskosten abziehbar. Stattdessen mindern sie lediglich als Sonderausgaben bis zur Höhe von 6.000 € das zu versteuernde Einkommen in dem Jahr, in dem sie anfallen.

Dagegen können Aufwendungen für weitere Ausbildungen und für Erstausbildungen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, wie andere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig sein, soweit sie beruflich veranlasst sind.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Kläger der sechs Ausgangsverfahren begehrten jeweils die Anerkennung der Kosten für ihr Erststudium bzw. für ihre Pilotenausbildung als Werbungskosten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die einschlägige Vorschrift des Einkommensteuergesetzes verfassungsgemäß ist.

Entscheidung: Die Richter des BVerfG halten die Vorschrift für mit dem Grundgesetz vereinbar:

  • Zwar bewirkt die Norm u. a. eine Ungleichbehandlung von Erstausbildungskosten mit Aufwendungen für eine zweite oder weitere Ausbildung.
  • Die Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt, da es für die Zuordnung der Aufwendungen für eine Erstausbildung zu den Sonderausgaben einleuchtende Gründe gibt.
  • Nach Auffassung des Gesetzgebers gehört die Erstausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für die Lebensführung, weil sie Vorsorge für die persönliche Existenz bedeutet. Zudem dient sie dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben. Daher werden diese Aufwendungen ebenso wie Erziehungsaufwendungen und Aufwendungen für andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig den Kosten der Lebensführung zugeordnet.
  • Diese Wertung ist nach Auffassung der Verfassungsrichter nicht zu beanstanden. Die Erstausbildung vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern ist für die betreffende Person prägend. Sie weist damit eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf.
  • Auch bei einer stark auf einen bestimmten späteren Beruf ausgerichteten Erstausbildung wie der Ausbildung zum Berufspiloten liegt zumindest eine private Mitveranlassung vor.

Daher durfte der Gesetzgeber von gemischt veranlassten Aufwendungen ausgehen und diese systematisch den Sonderausgaben zuordnen.

Formwechsel und Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters


Ein persönlich haftender Gesellschafter tritt erst zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Formwechsels dem formwechselnden Rechtsträger bei. Der Grundsatz der Kontinuität der Mitgliedschaft steht insoweit nicht entgegen.

 

Hintergrund

Die Parteien strebten die Umwandlung der A-GmbH in eine UG & Co. KG an. Alleingesellschafterin dieser A-GmbH war die B-GmbH, die auch Alleingesellschafterin einer UG war. Mit notarieller Urkunde vereinbarten die B-GmbH und die UG die formwechselnde Umwandlung der A-GmbH in eine KG. Die B-GmbH sollte der A-GmbH als Kommanditistin beitreten, die UG sollte Komplementärin, und damit persönlich haftende Gesellschafterin, jedoch ohne Kapitaleinlage, werden. Der Beitritt der UG sollte erst mit Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister stattfinden. Das Registergericht wies den Eintragungsantrag zurück, da der Formwechsel dem Grundsatz der Kontinuität der Gesellschafter widersprach. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Gesellschaften mit ihrer Beschwerde.

 

Entscheidung

Die Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Der Grundsatz der Kontinuität der Gesellschafter bringt ein grundlegendes Prinzip des Formwechsels zum Ausdruck. Ziel dieses Grundsatzes ist es, Auswirkungen auf den Mitgliederbestand durch eine Umwandlung zu vermeiden. Die Anteilsinhaber an einer formwechselnden Gesellschaft sollen daher im Zeitpunkt des Formwechsels Mitglieder des neuen Rechtsträgers werden.

Dieser Schutzzweck war im vorliegenden Fall jedoch nicht tangiert, da die Umwandlung nicht als Instrument zur Herbeiführung eines Gesellschafterwechsels missbraucht wurde. Insbesondere waren alle Gesellschaften mit dem Formwechsel und der Änderung des Gesellschafterbestands einverstanden. Es gab keinen Grund, weshalb sich die Beteiligten nicht darauf einigen könnten, einen Beitritt (hier der Komplementär-UG) im Moment des Wirksamwerdens des Formwechsels zu vollziehen. Hierfür bestünde sogar ein praktisches Bedürfnis. Denn bei einer typischen GmbH & Co KG ist eine Kapitalbeteiligung der Komplementärin nicht vorgesehen. Eine solche wäre aber Voraussetzung, damit eine GmbH, die Komplementärin werden soll, bereits vor Wirksamwerden des Formwechsels der umzuwandelnden Gesellschaft beitreten kann.

Zum Zeitpunkt des Formwechsels muss deshalb zumindest ein Komplementär und ein Kommanditist an der KG beteiligt sein.

Betriebliche Altersvorsorge: Arbeitgeber haftet nur bei fehlerhafter Auskunft


Der Arbeitgeber hat zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Erteilt er jedoch Auskünfte, ohne hierzu verpflichtet zu sein, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für Schäden, die der Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleidet.

 

Hintergrund

Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Diese schloss mit einer Pensionskasse einen Rahmenvertrag zur betrieblichen Altersversorgung ab.

Im April 2003 nahm der Kläger an einer Betriebsversammlung teil, auf der ein Fachberater der örtlichen Sparkasse die Arbeitnehmer der Beklagten über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge über die Pensionskasse informierte. Der Kläger schloss im September 2003 eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab. 2014 trat er in den Ruhestand. Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Für diesen musste der Kläger aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge von der Beklagten. Seiner Meinung nach hätte die Beklagte ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen. In diesem Fall hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt.

 

Entscheidung

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Nach Ansicht der Richter konnte offen bleiben, ob den Arbeitgeber nach erteilten richtigen Informationen über betriebliche Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung überhaupt weitere Hinweispflichten auf bis zum Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung erfolgende Gesetzesänderungen oder entsprechende Gesetzesvorhaben, die zulasten der Arbeitnehmer gehen, treffen. Jedenfalls setzt eine solche Verpflichtung voraus, dass der Arbeitnehmer konkret über diejenigen Sachverhalte informiert worden ist, die durch die geplante Gesetzesänderung zu seinen Lasten geändert wurden.

Dies traf im vorliegenden Verfahren nicht zu. Auf der Betriebsversammlung war der Kläger über Beitragspflichten zur Sozialversicherung nicht unterrichtet worden. Daher konnte auch dahingestellt bleiben, ob der Beklagten das Verhalten des Fachberaters der Sparkasse zuzurechnen ist.

Damit konnte der Kläger keinen Schadensersatz wegen einer Falschauskunft verlangen.

Wann entsteht bei einem "sale and lease back" die Steuer?


Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen kommt es für die Leistungsausführung und damit die Steuerentstehung auf die Beendigung der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse an. Bei einem sale-and-lease-back-Geschäft, dessen Leistung in einer zeitlich begrenzten Dauerleistung besteht, wird die Leistung erst mit der Beendigung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses erbracht.

 

Hintergrund

Die A-GbR erwarb im Jahr 2006 von der I-GmbH elektronische Systeme und verleaste diese für die Dauer von 48 Monate an I zurück. Für den Kauf gewährte I der A Darlehen. I zahlte lediglich die erste Monatsrate für Februar im März 2007 (23.500 EUR) und leistete keine weiteren Zahlungen. A kündigte den Leasingvertrag im Januar 2008.

A ging davon aus, dass sie umsatzsteuerpflichtige Leasingleistungen erbrachte. Sie rechnete im März 2007 gegenüber I die Leasinggebühren mit monatlich 23.500 EUR zzgl. Umsatzsteuer von 4.465 EUR für die volle Vertragslaufzeit ab. In der Umsatzsteuer-Erklärung 2007 erklärte sie die von I im März 2007 gezahlte Leasingrate. Das Finanzamt nahm demgegenüber eine steuerfreie Kreditgewährung an. Die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer (4.465 EUR monatlich) sah es als nicht gesetzlich geschuldet an, sodass die Rechnung einen unrichtigen Steuerausweis enthielt. Dementsprechend setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer auf 49.115 EUR fest (4.465 EUR x 11 Monate).

Das Finanzgericht gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil und wies die Revision des Finanzamts zurück. Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine zeitlich begrenzte Dauerleistung. Die Gesamtheit der Verträge (Kauf, Darlehen, Leasing) ergab, dass weder von einer Lieferung noch von einer Nutzungsüberlassung, sondern von der Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung auszugehen war. Diese Mitwirkungsleistung wurde nicht im Streitjahr 2007 und auch nicht in 2006, sondern erst in 2008 erbracht. Die Steuer war damit nicht in 2007 entstanden.

Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen – wie etwa Duldungs- oder Unterlassungsleistungen – kommt es für die Leistungsausführung und damit die Steuerentstehung auf die Beendigung der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse an. Da der Leasingvertrag auf 48 Monate abgeschlossen war, lag die für die Leistungsausführung maßgebliche Beendigung erst mit der Beendigung dieses Vertrags vor, somit erst mit der Kündigung zum Januar 2008 und folglich erst nach dem Jahr 2007. Maßgebend für die Steuerentstehung ist nicht der Zeitpunkt der prägenden Leistungshandlung, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses der Leistung insgesamt.

Die Annahme von Teilleistungen scheiterte bereits an der fehlenden wirtschaftlichen Teilbarkeit der von A erbrachten Mitwirkungsleistung. Dass monatliche Leasingraten vereinbart waren, war nicht entscheidend. Denn im Streitfall lag keine Nutzungsüberlassung, sondern eine Mitwirkungsleistung vor.

Ob die ausgestellte Rechnung als Dauerrechnung anzusehen war, konnte wegen des Ausbleibens weiterer Zahlungen dahinstehen.

Anschaffungskosten bei Anteilserwerb: Wie werden Verbindlichkeiten berücksichtigt?


Die Haftung für Verbindlichkeiten einer Personengesellschaft, die durch einen Erwerb ihrer Anteile ausgelöst wird, begründet allein keine Anschaffungskosten.

 

Hintergrund

Die Klägerin war eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die im Jahr 2002 von 2 Gesellschaftern gegründet worden war (Anteile jeweils 50 %). Die Gesellschafter hatten zuvor Grundbesitz geerbt, den sie in die Gesellschaft einbrachten. Im Jahr 2011 erwarb einer der Gesellschafter zusammen mit seiner Ehefrau den Anteil des anderen Gesellschafters zu Kaufpreisen von 515.000 EUR und 1.100.000 EUR. Die Gesellschaft machte in ihrer Feststellungserklärung für 2011 geltend, dass die Anschaffungskosten hinsichtlich des Anteils des verbliebenen Altgesellschafters neu berechnet und neben den Kaufpreisen auch die Übernahme von Schulden von rund 1.000.000 EUR berücksichtigt werden müssen. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass in die Anschaffungskosten nur die Kaufpreise und die Anschaffungsnebenkosten einfließen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass das Finanzamt die Anschaffungskosten zu Recht nicht um den Anteil an den Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöht hatte. Die Anschaffungskosten waren nur nach dem vertraglich vereinbarten Kaufpreis zuzüglich Anschaffungsnebenkosten zu bemessen. Allein die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch die Übernahme von Gesellschaftsanteilen stellte keine Übernahme von Verbindlichkeiten dar, die zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten führen konnte.

Eine Übernahme der Verbindlichkeiten resultierte auch nicht aus einer etwaigen durch Anteilsübertragung erfolgten Freistellung des ehemaligen Gesellschafters. Ohne entsprechende Vereinbarungen besteht zwischen Übertragendem und Erwerber für Altverbindlichkeiten kein Befreiungsanspruch des Übertragenden gegen den Erwerber. Eine ausdrückliche Vereinbarung zur Übernahme von Verbindlichkeiten wurde im vorliegenden Fall nicht getroffen. Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erwerber den vormaligen Gesellschafter von gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen freistellen wollten.

Keine sachgrundlose Beschäftigung bei lange zurückliegender Vorbeschäftigung


Bestand zwischen den Vertragsparteien schon vor über 8 Jahren ein Arbeitsverhältnis, ist eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nicht zulässig.

 

Hintergrund

Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Vom 1.9.2001 bis zum 20.6.2004 war er im Bundesamt für den Zivildienst beschäftigt. Mit Arbeitsvertrag vom 21.3.2013 stellte ihn die Beklagte erneut befristet vom 1.4.2013 bis zum 31.3.2015 als Sachbearbeiter ein. Dieser Einstellung ging eine Initiative der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit zur Inklusion schwerbehinderter Akademikerinnen und Akademiker voraus.

Der Kläger erhob Befristungskontrollklage. Er war der Ansicht, dass die Befristung im Jahr 2013 aufgrund seiner Vorbeschäftigung nicht sachlich gerechtfertigt war. Die Beklagte war dagegen der Ansicht, dass die Befristung ohne Sachgrund wirksam war, da das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses bei der erneuten Einstellung länger als 3 Jahre zurücklag. Auch war eine Dauerbeschäftigung von vornherein ausgeschlossen, weil der Kläger nicht über den erforderlichen Bildungsabschluss verfügte. Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht sowie dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht war jedoch anderer Ansicht und hob die Entscheidung auf.

Die Begründung der Richter: Der Wirksamkeit der sachgrundlosen Befristung stand die Vorbeschäftigung des Klägers entgegen. Zunächst handelte es sich bei den beiden befristeten Arbeitsverträgen jeweils um denselben Arbeitgeber. Nicht relevant war, dass der Kläger im Rahmen seiner Vorbeschäftigung im Zuständigkeitsbereich eines anderen Ministeriums tätig war.

Die frühere Auslegung der gesetzlichen Regelung, dass der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrags nichts entgegenstehe, wenn ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien mehr als 3 Jahre zurückliegt, wurde inzwischen aufgegeben. Ein Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber ist aber dann unzumutbar, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das könne z. B. dann der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei.

Im vorliegenden Fall lag die Vorbeschäftigung aber nicht "sehr lange" zurück.

Die Befristung war nach Ansicht des Gerichts auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte den Vertrag in Anbetracht der Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 2011 geschlossen hatte. Das Vertrauen der Beklagten war jedenfalls nicht schützenswert, da diese nicht auf den Fortbestand dieser Rechtsprechung vertrauen durfte, die von Anfang an auf erhebliche Kritik gestoßen war.

Doppelte Haushaltsführung: Was bedeutet "finanzielle Beteiligung"?


Auch die rückwirkende Beteiligung an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten reicht aus, um das Merkmal der "finanziellen Beteiligung" bei der doppelten Haushaltsführung zu bejahen. Das gilt auch bei einem doppelten Haushalt eines Ledigen.

 

Hintergrund

Der Kläger, ein lediger Arbeitnehmer, bewohnte in seinem Elternhaus zusammen mit seinem Bruder eine nicht abgeschlossene Obergeschosswohnung. Die Eltern, mit denen er keinen Mietvertrag geschlossen hatte, lebten im Erdgeschoss. Daneben unterhielt er am Arbeitsort eine gemietete Zweitwohnung. Der Kläger beteiligte sich zwar nicht an den laufenden Haus- und Nebenkosten, überwies jedoch im Dezember einen Betrag von 1.200 EUR als monatliche Kostenbeteiligung für Januar bis Dezember von je 100 EUR sowie einen Betrag von 550 EUR als Beteiligung an der Fenstererneuerung. Zudem wies er Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe am Ort des Haupthausstandes i. H. v. 1.410 EUR nach.

Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ab, weil eine erforderliche Beteiligung an den laufenden Haus- und Wohnungskosten nicht rückwirkend herbeigeführt werden konnte. Die Beteiligung an der Fenstererneuerung war im Übrigen nicht verpflichtend.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung die Erforderlichkeit einer laufenden Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung entnommen werden kann. Auch einmalige oder außergewöhnliche Kostenbeiträge sind deshalb anzurechnen. Auf den Zahlungszeitpunkt kam es nach Auffassung des Finanzgerichts ebenfalls nicht an. Im Ergebnis beteiligte sich der Kläger oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 % und damit erkennbar nicht unzureichend an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten.

Wo hat ein Feuerwehrmann seine erste Tätigkeitsstätte?


Bei Einzelweisung an unterschiedliche Einsatzstellen entfällt eine Einordnung als erste Tätigkeitsstätte selbst dann, wenn ausschließlich an einer Stelle der Dienst geleistet wird. Deshalb hat ein Feuerwehrmann, der nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet ist, seinen Dienst an verschiedenen Einsatzstellen zu leisten, keine "erste Tätigkeitsstätte".

 

Hintergrund

Der Kläger war als Feuerwehrmann angestellt und hatte seinen Dienst nach besonderer Einzelzuweisung alternativ an 4 verschiedenen Einsatzstellen zu verrichten. In einem Jahr war er ausschließlich in einer 15 km von seinem Wohnort entfernten Feuerwache eingesetzt.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die Fahrten von seiner Wohnung zu dieser Feuerwehrwache hin und zurück als Dienstreisen geltend. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass nur die Entfernungspauschale zu berücksichtigen ist, weil es sich nicht um Dienstreisen, sondern um Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte handelte.

 

Entscheidung

Das sah das Finanzgericht anders und gab dem Kläger Recht. Es entschied, dass die Feuerwache nicht als erste Tätigkeitsstätte anzusehen war. Die zugrundeliegende Vorschrift setzt voraus, dass der Betroffene

  • entweder einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist
  • oder dort dauerhaft mindestens je Arbeitswoche 2 volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt. Denn der Kläger war nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet, jeweils nach Einzelanweisung seinen Dienst an 4 verschiedenen Einsatzstellen zu leisten. Der Arbeitgeber konnte ihn von einem Tag auf den anderen an eine der anderen Einsatzstellen beordern. Eine dauerhafte Zuordnung zu einer der Einsatzstellen lag damit ebenso wenig vor, wie eine Einsatzstelle vorrangig vor den übrigen war. Dass der Kläger rückblickend tatsächlich nur in einer Feuerwache eingesetzt wurde, war irrelevant.

Im Ergebnis konnte der Kläger für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die tatsächlichen Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machen.

Kein Unfallversicherungsschutz im Homeoffice


Der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice ist nicht dem von Arbeitnehmern gleichgestellt. Deshalb hat eine arbeitende Mutter, die auf dem Weg von der Kita ins Homeoffice stürzt, keine Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung.

 

Hintergrund

Eine Mutter brachte ihr Kind von zu Hause aus in die Kindertagesstätte und kehrte dann nach Hause zurück, um ihre Arbeit im Homeoffice aufzunehmen. Dabei stürzte sie und verunglückte schwer. Die Krankenkasse kam für die Kosten auf, forderte sie jedoch vom zuständigen Unfallversicherungsträger zurück. Nach Ansicht der Krankenkasse handelte es sich beim Weg zur Kita um einen versicherten Wegeunfall. Dieser Argumentation folgten weder der Unfallversicherungsträger noch die von der Krankenkasse angerufenen Instanzgerichte.

 

Entscheidung

Das Bundessozialgericht bestätigte nun die Auffassung der Unfallversicherungsträger und der Instanzgerichte. Zur Begründung führten die Richter aus: Nur der Weg zwischen dem Ort des privaten Aufenthalts und der versicherten Tätigkeit ist versichert. Wenn aber der Ort des privaten Aufenthalts und der Ort der versicherten Tätigkeit – wie bei der Arbeit im Homeoffice - identisch sind, kann die Regelung nicht zugunsten der im Homeoffice arbeitenden Person angewendet werden.

Nach Auffassung des Bundessozialgerichts sind die aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammenden Regeln über den Versicherungsschutz für die Eltern auf dem Weg zur Arbeit von und zur Kindertagesstätte nicht auf das Homeoffice anwendbar.

Zwischenstopp an der Tankstelle auf dem Heimweg kostet den Unfallversicherungsschutz


Der direkte Weg zur Arbeit und zurück zur Wohnung ist durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Wird jedoch die Heimfahrt wegen eines leeren Tanks unterbrochen und passiert beim Tanken ein Unfall, entfällt der Versicherungsschutz.

 

Hintergrund

Den Arbeitsweg von 75 Kilometern (einfache Strecke) legte die Klägerin regelmäßig mit dem eigenen Auto zurück. Als sie sich auf den Heimweg machte, reichte die Tankfüllung jedoch maximal noch für 70 Kilometer. An der Tankstelle rutschte sie auf dem Weg zur Kasse aus und brach sich das rechte Sprunggelenk. Die Berufsgenossenschaft weigerte sich, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Das Sozialgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landessozialgericht die Berufung zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Auch das Bundessozialgericht sah in dem Sturz keinen Arbeitsunfall. Denn das Tanken stand nicht im Zusammenhang mit der Beschäftigung der Klägerin, auch nicht als Betriebsweg, weil die Arbeitszeit an jenem Tag bereits beendet war.

Die Frau erlitt auch keinen versicherten Wegeunfall. Zwar stand die Frau grundsätzlich unter Versicherungsschutz, weil das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges von dem Ort der Tätigkeit versichert ist. Diesen unmittelbaren Weg hat die Frau aber durch das Tanken und die damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten mehr als nur geringfügig unterbrochen. Als privatwirtschaftliche Verrichtungen standen diese Handlungen nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist das Tanken eine grundsätzlich unversicherte Tätigkeit.

Auch eine versicherte Vorbereitungshandlung lag nicht vor. Denn Vorbereitungshandlungen werden in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nur einbezogen, soweit sie einen besonders engen zeitlichen, sachlichen und örtlichen Bezug zur versicherten Tätigkeit aufweisen und dieser bei wertender Betrachtung so nahe stehen, dass ihre Einbeziehung gerechtfertigt erscheint. Dabei handelt es sich um eng zu handhabende Ausnahmen. Ein verbrauchsbedingtes Auftanken eines privaten Kraftfahrzeugs erfüllt die Voraussetzungen nicht, weil es hierbei darum geht, die Betriebsfähigkeit eines Fahrzeugs zu erhalten.

Wer nicht in der Gesellschafterliste eingetragen ist, gilt gegenüber der Gesellschaft nicht als Gesellschafter


Geschäftsanteile einer Person, die nicht in der Gesellschafterliste eingetragen ist, können nicht eingezogen werden. Denn die Eintragung in der Gesellschafterliste einer GmbH begründet eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung des Eingetragenen.

 

Hintergrund

An einer GmbH waren 2 Gesellschafter beteiligt: der Kläger und die A-GmbH. Die Gesellschafterversammlung beschloss mit den Stimmen der A-GmbH, die Anteile des Klägers einzuziehen. Der Einziehungsbeschluss wurde in der Folgezeit in einem gerichtlichen Verfahren für nichtig erklärt. Zwischenzeitlich übertrug die A-GmbH ihre Geschäftsanteile auf die X-GmbH, allerdings ohne die gesellschaftsvertraglich vorausgesetzte Zustimmung des Klägers. In der Gesellschafterliste wurde seitdem die X-GmbH als alleinige Gesellschafterin der GmbH genannt.

Auch die X-GmbH strengte eine Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers an. Nach erfolgloser Aufforderung an den Geschäftsführer berief die X-GmbH selbst eine Gesellschafterversammlung ein und beschloss dort die Einziehung. Hiergegen wendete sich der Kläger und beantragte die Feststellung der Nichtigkeit dieses Beschlusses.

 

Entscheidung

Die Berufung der beklagten GmbH hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg. Die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers war unwirksam. Das Gericht stellte auf den Inhalt der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste ab. Da in der Gesellschafterliste nur die X-GmbH aufgeführt war, galt nur diese im Verhältnis zur GmbH als Gesellschafterin. Daraus folgte, dass die X-GmbH die Gesellschafterversammlung einberufen und Beschluss fassen konnte. Andererseits war eine Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers nicht möglich. Denn Geschäftsanteile einer Person, die ausweislich der Gesellschafterliste nicht Gesellschafterin ist, können nicht eingezogen werden.

Nur derjenige, der in die Gesellschafterliste eingetragen ist, gilt gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter. Nur wer in der Gesellschafterliste auftaucht, kann Gesellschafterrechte ausüben. Das Gleiche gilt umgekehrt: Wer nicht in der Gesellschafterliste eingetragen ist, gilt gegenüber der Gesellschaft nicht als Gesellschafter. Das gilt auch dann, wenn alle Beteiligten wissen, dass der Inhalt der Gesellschafterliste materiellrechtlich falsch ist. Wer nicht als Gesellschafter gilt, kann logischerweise auch nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Der Einziehungsbeschluss war daher nichtig.

Sanierung eines Abwasserkanals im Zusammenhang mit einem Neubau: Steuerliche Zuordnung der Kosten?


Wird ein Neubau errichtet und dabei eine vorhandene und funktionsfähige Kanalisation ersetzt, modernisiert oder instandgesetzt, handelt es sich bei den Aufwendungen um sofort abziehbare Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

 

Hintergrund

A errichtete nach dem Abriss eines Gebäudes auf dem Grundstück ein zur Vermietung vorgesehenes Zweifamilienhaus. Im Jahr 2014 trug A Aufwendungen i. H. v. 10.070 EUR für die Beseitigung eines durch Wurzeleinwuchs entstandenen Schadens in dem vorhandenen Abwasserkanal auf öffentlichem Grund, die Erneuerung des Kontrollschachts auf dem Grundstück sowie die Hauseinführung des Abwasserrohrs.

A machte diese Aufwendungen für 2014 vergeblich als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es handelte sich um Herstellungskosten, da ohne die Sanierung des Anschlusskanals die vorhandene Entwässerungsleitung für das neu errichtete Gebäude nicht hätte genutzt werden können.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht und gab der Klage statt. A erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, bei denen Erschließungsaufwendungen berücksichtigt werden können.

Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder Instandsetzung einer vorhandenen Kanalisation sind als Werbungskosten sofort abziehbar, da sie nicht zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen. Das gilt unabhängig davon, ob die Kosten für Anlagen auf privatem oder auf öffentlichem Grund entstanden sind.

Hiervon ausgehend sind die streitigen Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar. Denn auf dem Grundstück des A war bereits ein Abwasserkanal vorhanden, der das bisherige Gebäude mit dem öffentlichen Abwassernetz verbunden hatte. Die Aufwendungen für die Instandsetzung und teilweise Erneuerung dieses vorhandenen und zumindest noch teilweise funktionsfähigen Abwasserrohrsystems sind als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung abziehbar. Sie dienen lediglich der Erhaltung des Grundstücks. Sie stellen keine Herstellungskosten dar, da sie weder der Herstellung eines neuen, bisher nicht vorhandenen Abwasserrohrsystems noch der Wiedererstellung eines zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Rohrsystems dienten und auch nicht das Grundstück in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert haben.

Lediglich die Aufwendungen für die Verbindung des sanierten Abwasserkanals mit dem neuen Gebäude dienten der Herstellung des errichteten Zweifamilienhauses. Sie sind als Herstellungskosten im Rahmen der Abschreibung zu berücksichtigen.

Gewerbeverlust: Unternehmensidentität darf nicht unterbrochen werden


Bei einer Besitzpersonengesellschaft besteht die Unternehmensidentität so lange fort, wie sie mit der Betriebskapitalgesellschaft verflochten bleibt. Ein vortragsfähiger Gewerbeverlust geht jedoch mangels Unternehmensidentität unter, wenn die Tätigkeit nicht nur vorübergehend unterbrochen oder geändert wird.

 

Hintergrund

Die Geschäftstätigkeit der K-KG umfasste bis 30.6.2005 Produktion und Handel. Im Zuge einer Umstrukturierung wurde zum 1.7.2005 das Anlagevermögen der K-KG an die R-GmbH (Kommanditistin) verpachtet und das Umlaufvermögen an sie veräußert. Zum 30.6.2006 wurde der Betriebspachtvertrag wieder aufgehoben. Das Anlagevermögen wurde auf die R-GmbH übertragen. Das Betriebsgrundstück wurde an die R-GmbH vermietet.

Das Finanzamt stellte zunächst antragsgemäß auf den 31.12.2005 einen vortragsfähigen Gewerbeverlust der K-KG fest. Später vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust wegen Wegfalls der Unternehmensidentität aufgrund des Wechsels von der Produktion zur Betriebsverpachtung ab 1.7.2005 untergegangen war. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Die für den Verlustabzug geforderte Unternehmensidentität bedeutet, dass der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der im Jahr der Entstehung des Verlusts bestanden hat. Die Unternehmensidentität muss zwischen Anrechnungsjahr und Verlustentstehungsjahr ununterbrochen bestanden haben. Bei nicht nur vorübergehender Unterbrechung oder andersartiger Tätigkeit kann zwar eine einkommensteuerrechtlich unerhebliche Betriebsunterbrechung ("ruhender Gewerbebetrieb") vorliegen. Gewerbesteuerrechtlich entfällt jedoch die Unternehmensidentität.

Fraglich war, ob die Unternehmensidentität bei der K-KG im Erhebungszeitraum 2006 aufgrund der Aufhebung des Betriebspachtvertrags zum 30.6.2006 entfallen ist. Denn bei einer Besitzpersonengesellschaft besteht die Unternehmensidentität jedenfalls so lange fort, als sie mit der nämlichen Betriebskapitalgesellschaft sachlich und personell verflochten bleibt. Denn dann übt die Besitzpersonengesellschaft aufgrund ihrer Verflechtungen gegenüber dem nämlichen "Kunden" (Vertragspartner) ununterbrochen eine nutzungsüberlassende Tätigkeit aus, die sich nach ihrem Gesamtbild als die wirtschaftlich identische (originär) gewerbliche Tätigkeit darstellt.

Davon ausgehend ist die Unternehmensidentität im Erhebungszeitraum 2006 möglicherweise nicht entfallen. Das würde voraussetzen, dass durch den Übergang von der Produktion zur Verpachtung zwischen der K-KG (Besitzpersonengesellschaft) und der R-GmbH (Betriebskapitalgesellschaft) eine Betriebsaufspaltung begründet worden wäre. Diese müsste trotz der erneuten Änderung ihrer Tätigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestanden haben. Dazu fehlen allerdings ausreichende Tatsachen. Das Finanzgericht muss nun im zweiten Verfahrensgang aufklären, ob die K-KG mit der R-GmbH ab dem 1.7.2005 und über den 1.7.2006 hinaus personell verflochten war.

Kleinunternehmergrenze bestimmt sich nach dem Gesamtumsatz


Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung ist bei einem Händler, der der Differenzbesteuerung unterliegt, auf die Gesamteinnahmen abzustellen. Die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne) ist nicht maßgebend.

 

Hintergrund

X erzielte in den Jahren 2009 und 2010 der Differenzbesteuerung unterliegende Umsätze aus einem Gebrauchtwagenhandel. Der Gesamtumsatz betrug 27.358 EUR bzw. 25.115 EUR, die Handelsspanne lag bei 17.328 EUR bzw. 17.470 EUR. Bis 2009 war X umsatzsteuerlich Kleinunternehmer, weil die erzielten Margen die Vorjahresumsatzgrenze für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung von 17.500 EUR nicht überstiegen. Das entsprach der bis 2009 geltenden Verwaltungsregelung. Danach war in Fällen der Differenzbesteuerung für die Vorjahresumsatzgrenze auf die Handelsspanne abzustellen.

Ab 2010 änderte sich die Verwaltungspraxis. Nunmehr waren für die Vorjahresumsatzgrenze die vereinnahmten Entgelte (Gesamtumsatz) entscheidend. Dementsprechend versagte das Finanzamt für 2010 die Kleinunternehmerregelung, da der Gesamtumsatz des Vorjahres (2009) mit 27.358 EUR die Grenze von 17.500 EUR überstieg.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Der Bundesfinanzhof setzte das Revisionsverfahren aus und legte die Problematik dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor.

 

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass sich die Kleinunternehmergrenze nicht nach der Handelsspanne, sondern nach dem Gesamtumsatz bestimmt. Das ergibt sich seiner Auffassung nach aus dem Wortlaut des Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL. Dabei bezieht sich "besteuert" nicht auf den "Betrag", sondern auf "Lieferungen" oder "Leistungen".

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs an. Die Umsatzgrenze für die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung für einen der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufer bestimmt sich somit auf der Grundlage aller von dem Wiederverkäufer vereinnahmten oder zu vereinnahmenden Beträge ohne Umsatzsteuer. Damit war im Streitfall die Umsatzgrenze von 17.500 EUR überschritten. Dementsprechend war die Revision des Finanzamts begründet. Der Bundesfinanzhof hob daher das auf der Gegenmeinung beruhende Finanzgerichtsurteil auf.

Kleinunternehmer und Regelbesteuerung: Im Zweifel muss das Finanzamt fragen


Bestehen Zweifel daran, für welche Besteuerungsform sich ein Kleinunternehmer entschieden hat, muss das Finanzamt nachfragen. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige bei Abgabe der Jahressteuererklärung die Umsatzsteuer nach Allgemeinregeln berechnet hat.

 

Hintergrund

Im Gründungsjahr 2006 optierte der Kläger zur Regelbesteuerung und berechnete bis einschließlich 2016 die Umsatzsteuer nach der Regelbesteuerung. In den Jahren 2011 und 2012 erzielte er Bruttoumsätze oberhalb der Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR, ab 2013 unterhalb der Grenze von 17.500 EUR. Mit seiner am 25.10.2018 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2017 beantragte der Kläger erstmalig den Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft. In den Rechnungen 2017 wies der Kläger unter Hinweis auf § 19 UStG jedoch keine Umsatzsteuer aus.

Nach Auffassung des Finanzamts war jedoch der Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft für 2017 nicht möglich, da der Kläger innerhalb der letzten 5 Jahre von der Option Gebrauch gemacht hatte und deshalb insoweit gebunden war. Im Jahr 2016 erzielte er zwar nur Umsätze von 4.741 EUR, durch die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung mit Ausweis von Umsätzen und Vorsteuern war er jedoch wirksam zur Regelbesteuerung optiert. Hieran war er 5 Jahre gebunden, sodass er frühestens ab dem 1.1.2021 zur Kleinunternehmerschaft hätte wechseln können.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Zur Begründung führte es aus: Ein Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung erklären. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet dies den Unternehmer mindestens für 5 Kalenderjahre. Ein Verzicht auf die Kleinunternehmer-Besteuerung kann dem Finanzamt gegenüber auch konkludent erklärt werden – z. B. durch Abgabe einer für die Regelbesteuerung vorgesehenen Umsatzsteuererklärung, in der die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes berechnet und der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird.

Bei der Würdigung des konkludenten Verhaltens kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Finanzamt muss in Zweifelsfällen den Kleinunternehmer fragen, welche Besteuerungsform er anwenden will. Verbleiben Zweifel, kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden.

Davon ausgehend löste allein die Abgabe der Jahressteuererklärung 2016 mit Berechnung der Umsatzsteuer nach allgemeinen Regeln keine erneute 5-jährige Bindungsfrist für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung aus, wenn die Frist nach einer erstmaligen Option bereits abgelaufen war. Der Kläger hatte bereits erstmals im Gründungsjahr 2006 auf die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Die hierdurch ausgelöste 5-jährige Bindungswirkung war bereits Ende 2010 ausgelaufen. Ab da bestand für den Kläger jährlich die Möglichkeit des Widerrufs des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Einen Widerruf hat der Kläger jedoch erstmalig für das Streitjahr 2017 mit der Steuererklärung 2017 erklärt.

Dass der Kläger zwischenzeitlich wegen Überschreitung der Vorjahres-Umsatzgrenze von 17.500 EUR für 2012 und 2013 kein Kleinunternehmer mehr war, führte entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht dazu, dass nach erneutem Eintritt der Kleinunternehmervoraussetzungen aufgrund der Abgabe von Umsatzsteuer-Jahreserklärungen ein Neubeginn der 5-jährigen Bindungsfrist angenommen werden konnte.

Wegzugbesteuerung: Wille zur Rückkehr muss bereits bei Wegzug vorliegen


Die Wegzugsbesteuerung entfällt nur dann, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich zurückkehrt. Zusätzliche Voraussetzung: Bereits beim Wegzug muss der Wille des Steuerpflichtigen zur (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb eines Zeitraums von längstens 5 Jahren bestand haben.

 

Hintergrund

Der Kläger gab seinen inländischen Wohnsitz auf und zog zum 1.3.2014 nach Dubai. Er besaß Beteiligungen mit erheblichen stillen Reserven. Im Jahr 2016 begründete er wieder einen Wohnsitz in Deutschland. Seines Erachtens war deshalb nur eine vorübergehende Abwesenheit gegeben gewesen, sodass die Wegzugsbesteuerung nicht greift. Das Finanzamt wendete dagegen die Wegzugsbesteuerung an, da der Kläger bereits im Zeitpunkt des Wegzugs seinen unbedingten Rückkehrwillen gegenüber der Finanzverwaltung hätte anzeigen müssen. Das hatte er aber nicht getan.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und wies die Klage ab. Die Wegzugsbesteuerung war nicht aufgrund einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Klägers entfallen. Die Voraussetzungen hierfür waren nicht erfüllt. Zwar war der Kläger innerhalb von 5 Jahren nach seinem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig geworden. Jedoch ist neben der tatsächlichen Rückkehr in Form der (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht auch zu verlangen, dass bereits bei Wegzug der Wille des Steuerpflichtigen zur (Wieder-)Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb eines Zeitraums von längstens 5 Jahren bestand. Einen solchen Rückkehrwillen hatte der Kläger zum Zeitpunkt des Wegzugs jedoch nicht geltend gemacht.

Eingabefehler nach intensiver Prüfung: Finanzamt kann sich nicht auf eine offenbare Unrichtigkeit berufen


Prüfen mehrere Mitarbeiter des Finanzamts einen Steuerfall inhaltlich und unterläuft bei der Bearbeitung ein Eingabefehler, kann der Steuerbescheid nicht geändert werden. Denn es fehlt an dem "mechanischen Versehen" als Voraussetzung für eine offenbare Unrichtigkeit.

 

Hintergrund

X erzielte bei der Veräußerung eines GmbH-Anteils einen Veräußerungsgewinn von 132.900 EUR. Dieser unterlag nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 %, d. h. in Höhe von 79.740 EUR der Besteuerung. X erklärte diesen Betrag ordnungsgemäß unter der Kennziffer 45.28 in der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung.

Im Veranlagungsverfahren wurde unter Kennziffer 45.83 (Beschreibungstext: "personell ermittelter steuerfreier Veräußerungsgewinn") der Wert "79.740 EUR" eingetragen. Richtig wäre hier der Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG mit dem Wert "0 EUR" einzutragen gewesen. Es konnte nicht geklärt werden, durch welchen Sachbearbeiter beim Finanzamt die unrichtige Eintragung bei der Kennziffer 45.83 vorgenommen wurde.

Durch den Falscheintrag wurde von dem zutreffend erklärten Veräußerungsgewinn von 79.740 EUR ein "steuerfrei bleibender Veräußerungsgewinn" in gleicher Höhe abgezogen. Die Folge: Die Einkünfte aus der Veräußerung wurden mit 0 EUR berücksichtigt.

In einem Prüfhinweis wurde die vollumfängliche Prüfung des Falls – u. a. die Einkünfte aus der Anteilsveräußerung – angeordnet und auf die Prüfung bestimmter Prüfpunkte (u. a. Teileinkünfteverfahren) durch den Sachgebietsleiter hingewiesen. Keine der 3 mit dem Fall befassten Stellen bemerkte den Falscheintrag.

Nachdem bei einer Außenprüfung der Fehler entdeckt worden war, erließ das Finanzamt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit einen geänderten Bescheid. Diesem wurde der erklärte Veräußerungsgewinn von 79.740 EUR zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab, es ging von einem mechanischen Versehen aus.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nicht vorlagen. Offenbare Unrichtigkeiten sind mechanische Versehen (z. B. Schreibfehler, Rechenfehler, Eingabefehler, Übertragungsfehler). Dagegen schließen Fehler in der Rechtsanwendung (fehlerhafte Willensbildung, Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen) die offenbare Unrichtigkeit aus. Die entsprechende Korrekturvorschrift ist daher nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht. Eine Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit ist somit ausgeschlossen, wenn das Finanzamt aufgrund eines Prüfhinweises den Fall überprüft hat, es im Rahmen dieser Überprüfung zu einer neuen Willensbildung der zuständigen Beamten gekommen ist und daher die Möglichkeit eines Rechtsirrtums nicht auszuschließen ist.

Von diesen Grundsätzen ausgehend lagen im vorliegenden Fall die Berichtigungsvoraussetzungen wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nicht vor. An dem Fall waren mehrere Bearbeiter tätig und die Kennziffer 45.83 hätte von jedem dieser Bearbeiter ausgefüllt werden können. Fest stand nur, dass die Veranlagung als "Intensiv-Prüfungsfall" von 2 Bearbeitern inhaltlich geprüft wurde.

Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits die ursprüngliche Eintragung des unzutreffenden Werts bei Kennziffer 45.83 auf unzutreffenden rechtlichen Erwägungen beruhte und nicht lediglich mechanisch erfolgte. Es kam daher nicht mehr darauf an, ob die weitere Überprüfung des Steuerfalls sich auf eine bloße Plausibilitätskontrolle beschränkte oder eine "echte" Inhaltsprüfung darstellte.

Bonuszahlungen der Krankenkasse: Auswirkungen auf den Sonderausgabenabzug


Eine Bonuszahlung der Krankenkasse, die als Beitragsrückerstattung anzusehen ist, mindert den als Vorsorgeaufwendungen abzugsfähigen Betrag. Das gilt auch dann, wenn sie bei der Einreichung von Rechnungen zwecks Erstattung in voller Höhe auf den Erstattungsbetrag angerechnet wird.

 

Hintergrund

Der Kläger setzte einen als "Bonus" bezeichneten Betrag der privaten Krankenversicherung als die Vorsorgeaufwendungen mindernder Betrag an. Im Rahmen der Leistungsabrechnung "Selbstbehalte" wurde dieser in der gleichen Höhe gegengerechnet. Das Finanzamt minderte den Sonderausgabenabzug für geleistete Krankenversicherungsbeiträge um die von der Krankenkasse gezahlten pauschalen Bonusbeträge von monatlich 30 EUR. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und entschied, dass die von der Versicherung geleistete Bonuszahlung zu Recht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen des Klägers verrechnet wurde. Die durch die Krankenversicherung vorgenommene spätere Verrechnung war von der Bonusauszahlung unabhängig zu beurteilen.

Nur solche Ausgaben dürfen als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Bei den i. d. R. jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben steht häufig die endgültige Belastung im Zahlungsjahr noch nicht fest, weil dem Steuerpflichtigen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ein Teil der Versicherungsbeiträge zurückerstattet werden kann. In diesen Fällen sind die erstatteten Beträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, sodass nur der Saldo zum Abzug als Sonderausgaben verbleibt.

Die Bonuszahlung im vorliegenden Fall stand nach Auffassung des Finanzgerichts in unmittelbarem Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes. Denn durch die Bonusgewährung änderte sich die Beitragslast der Steuerpflichtigen und insoweit war er nicht durch Aufwendungen für den Basiskrankenversicherungsschutz endgültig wirtschaftlich belastet. Aufgrund des gewählten Tarifs erhielt der Kläger einen garantierten monatlichen Bonus von 30 EUR, der den steuerlichen Aufwand der Steuerpflichtigen mindert.

Kindergeld: Was gilt bei einem auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelten Arbeitnehmer?


Die Kindergeldberechtigung eines Anspruchstellers, der auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, muss monatsbezogen beurteilt werden.

 

Hintergrund

Die Klägerin verlangte die Festsetzung des vollen Kindergeldes für die Zeiträume Januar 2014, August 2014, November 2014 bis Oktober 2015, April 2016 bis Mai 2016 sowie Oktober 2016. Für diese Zeiträume hatte die Familienkasse kein Kindergeld festgesetzt, weil der als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelten Klägerin keine inländischen Einkünfte zugeflossen waren. Die Klägerin war dagegen der Ansicht, dass ihr das Kindergeld auch für die o. g. Monate zustand.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht. Ihr stand für die oben angegebenen Monate das Kindergeld zu. Die Klägerin wurde ausweislich der Bescheinigung des Finanzamts in den Kalenderjahren 2014, 2015 und 2016 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig veranlagt.

Die Kindergeldberechtigung war dabei monatsbezogen zu beurteilen. Bei einer gewerblichen Tätigkeit des Kindergeldberechtigten kommt es auf den Kalendermonat an, in dem die inländische Tätigkeit ausgeübt wurde und nicht auf den Zuflusszeitpunkt der hieraus resultierenden Betriebseinnahmen. Auf den Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitsentgelts kommt es nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu den gewerblichen Einkünften nicht an. Dies gilt nach Auffassung des Finanzgerichts auch für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Vor- und Nacherbschaft: Wie oft kann der persönliche Freibetrag angesetzt werden?


Erhält ein Erbe von demselben Vorerben mehrere Nacherbschaften, liegt insoweit nur ein Erwerb und nicht mehrere erbschaftsteuerliche Erwerbe vor. Deshalb kann der persönliche Freibetrag insgesamt nur einmal steuermindernd abgezogen werden.

 

Hintergrund

Die Kläger waren testamentarische Miterben zu je 1/5 nach der verstorbenen Erblasserin. Die Erbmasse bestand aus Eigenvermögen der Erblasserin und dem Vermögen aus 2 Vorerbschaften. Die Erblasserin war von ihren Eltern jeweils als Vorerbin eingesetzt. Die Nacherbfolge sollte eintreten, wenn die Vorerbin ohne Hinterlassung von eigenen leiblichen Abkömmlingen verstirbt, was auch tatsächlich eintrat. Zu Nacherben wurden die gesetzlichen Erben berufen – dies sind die Kläger.

Ausgehend von der eingereichten Erbschaftsteuererklärung setzte das Finanzamt mit Erbschaftsteuerbescheiden jeweils Erbschaftsteuer gegen die Kläger fest. Dabei berücksichtigte es jeweils einen persönlichen Freibetrag i. H. v. insgesamt 400.000 EUR. Später wurden die Bescheide geändert. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens forderten die Kläger, dass jedem parallel mehrere persönliche Freibeträge zu gewähren sind. Dies lehnte das Finanzamt ab.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führten die Richter aus: Die Nacherbfolge wird wie 2 Erbfälle behandelt. Zunächst unterliegt der Vorerbe wie ein Vollerbe der Erbschaftsteuerpflicht. Anschließend hat der Nacherbe seinen Vermögenserwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern.

Der Nacherbe kann jedoch für die Bestimmung der auf ihn anwendbaren Steuerklasse und des Freibetrags sein verwandtschaftliches Verhältnis zum Erblasser wählen. Erbt der Nacherbe – wie im vorliegenden Fall – auch das eigene Vermögen des Vorerben, ist der Abzug eines Freibetrags über den Freibetrag hinaus, der sich nach dem Erbschaftsteuergesetz aus dem Verhältnis zum Erben ergibt, nicht zulässig. Auch in diesem Fall liegen erbschaftsteuerrechtlich nicht ein Erwerb vom ursprünglichen Erblasser und ein weiterer Erwerb vom Vorerben vor, sondern nur ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben. Das Finanzgericht kam bei Übertragung der genannten Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Finanzamt zu Recht die Berücksichtigung eines über den Betrag von 400.000 EUR hinausgehenden persönlichen Freibetrags bei der jeweiligen Steuerfestsetzung abgelehnt hat.

Auch wenn der Nacherbe eine oder mehrere Nacherbschaften erhält, solange er diese – wie im Streitfall – von demselben Vorerben bekommen hat – können stets nur ein Erwerb und nicht mehrere erbschaftsteuerliche Erwerbe vorliegen. Somit kann insgesamt nur ein persönlicher Freibetrag in Anspruch genommen werden.