Kanzleibrief Mai 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Kanzleibrief Mai 2020 haben wir interessante Themen zu rechtlichen und steuerlichen Sachverhalten ausgewählt, um Sie hierüber zu informieren.

Bitte sprechen Sie uns an, falls Sie zu den einzelnen Themen Fragen haben oder weitere Informationen benötigen.

Viele Grüße

Ihr Team bei Schauer Häffner & Partner

Steuerzahlungstermine im Juni


 

Fälligkeit

Zahlungsfrist bei Überweisung

Lohn- /Kirchensteuer

10.06..

15.06.

Umsatzsteuer

10.06.

15.06.

Einkommensteuer

10.06.

15.06.

Körperschaftsteuer

10.06. 15.06.

 

Sonstige Termine

24.06.

Übermittlung Beitragsnachweise für Juni 2020

25.06.

Zusammenfassende Meldung Mai 2020

26.06.

Fälligkeit (voraussichtliche) Beitragsschuld Juni 2020 zzgl. restliche Beitragsschuld Mai 2020

„Corona“ – Aussetzung der Insolvenzantragspflicht


Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, ist nach der Insolvenzordnung (InsO) ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15a InsO).

Ziel des Ende März verkündeten sogenannten COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes (COV-InsAG) ist es, den betroffenen Unternehmen/Personen Zeit zu verschaffen, um Finanzierungs- und Sanierungsgespräche zu führen.

Die gesetzliche Insolvenzantragspflicht wird daher rückwirkend ab dem 01.03.2020 bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.

Weiterverkauf von Tickets: Warum ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt


Die Weiterveräußerung von Tickets für ein Champions League Finale ist steuerpflichtig. Die Tickets zählen nämlich zu den “anderen Wirtschaftsgütern”, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein können.

 

Hintergrund

A hatte über die offizielle UEFA-Webseite 2 Tickets für das Finale der UEFA Champions League 2015 für 330 EUR erworben. Später entschloss er sich zum Verkauf der Tickets. Der Veräußerungserlös abzüglich Gebühren betrug 2.907 EUR.

Das Finanzamt erfasste im Einkommensteuer-Bescheid 2015 den Gewinn aus dem Ticketverkauf als sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 2.577 EUR.

Das Finanzgericht gab der Klage des A statt. Seiner Ansicht nach handelte es sich bei den Eintrittskarten um Wertpapiere, deren Besteuerung abschließend in § 20 Abs. 2 EStG geregelt ist. Ein solcher Besteuerungstatbestand lag hier jedoch nicht vor.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht und entschied, dass die Tickets zwar Wertpapiere waren, aber keine Kapitalanlagen i. S. v. § 20 Abs. 2 EStG. A verwirklichte mit der Veräußerung daher ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab.

Bei den Tickets handelte es sich um ein kleines Inhaberpapier, sollte bereits mit der Vorlage das Recht auf den Stadionbesuch geltend gemacht werden können. Sollte das Ticket personalisiert sein, lag ein qualifiziertes Legitimationspapier vor. Damit waren die Tickets nach zivilrechtlicher Betrachtungsweise zwar ein Wertpapier. Sie erfüllten aber nicht die Merkmale einer Kapitalanlage. Sie sind insbesondere keine Kapitalforderungen, da sie in erster Linie auf die Ermöglichung des Stadionbesuchs gerichtet sind. Nicht unter den Begriff der Kapitalforderung fallen Ansprüche auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine Sachleistung gerichtete Forderungen oder – wie hier – Forderungen, die auf eine Werk- und Mietleistung gerichtet sind.

Die Ansicht, wonach die Besteuerung von Wertpapieren abschließend in § 20 EStG geregelt sei, teilte der Bundesfinanzhof nicht. Denn aus dem Gesetzeswortlaut und den Gesetzesmaterialien ergaben sich dafür keine Anhaltspunkte. Auch der Zweck des § 23 EStG, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, schließt die vom Wortlaut grundsätzlich erfassten Wertpapiere nicht aus.

Kaufpreisaufteilung für ein bebautes Grundstück


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zum Beitritt zu einem Revisionsverfahren aufgefordert, in dem es um die Frage geht, ob die vom BMF entwickelte Arbeitshilfe für die Aufteilung von Kaufpreisen für bebaute Grundstücke auf den Grund und Boden einerseits und auf das Gebäude andererseits in der Praxis zugrunde gelegt werden kann.

 

Hintergrund

Wird ein bebautes Grundstück erworben und zur Erzielung von Einkünften genutzt, z. B. durch Vermietung oder durch Verwendung für den Betrieb, darf nur das Gebäude abgeschrieben werden, nicht aber der Grund und Boden. Der Kaufpreis für das bebaute Grundstück muss daher auf das Gebäude und auf den Grund und Boden aufgeteilt werden; je höher der Gebäudeanteil ausfällt, desto vorteilhafter ist dies für den Steuerpflichtigen, da das Gebäude gewinnmindernd abgeschrieben werden kann. Das BMF hat eine sog. Arbeitshilfe in Gestalt einer Excel-Tabelle veröffentlicht, die eine Kaufpreisaufteilung ermöglichen soll und von den Finanzämtern angewendet wird.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, die im April 2017 eine 38 qm große Einzimmerwohnung (Baujahr 1973) in Berlin zum Kaufpreis von 110.000 € erwarb, die vermietet wurde. Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass der Wert des Bodens 20.000 € betragen sollte, sodass auf das Gebäude 90.000 € (ca. 81 %) entfielen. Die Klägerin berechnete die Abschreibung daher auf einer Bemessungsgrundlage von 81 % des Gesamtkaufpreises. Das Finanzamt errechnete dagegen mittels Arbeitshilfe des BMF einen Gebäudeanteil von nur ca. 30 % und minderte daher die Abschreibung.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun das BMF zum Beitritt zu dem Revisionsverfahren aufgefordert:

  • Der BFH will sich in dem Revisionsverfahren grundlegend mit der Frage beschäftigen, ob der Arbeitshilfe des BMF Bedeutung bei der Aufteilung eines Kaufpreises nach den realen Verkehrswerten zukommt.
  • Der Beitritt des BMF erfolgt, damit das BMF die Arbeitshilfe und deren Grundlagen erläutern und zur allgemeinen Problematik der Aufteilung von Kaufpreisen bei bebauten Grundstücken Stellung nehmen kann.

 

Hinweise

Eine abschließende Entscheidung über diese Frage ist mit dem Beitrittsbeschluss noch nicht verbunden, sondern diese wird erst zum Abschluss des Revisionsverfahrens gefällt. Aus dem Beitrittsbeschluss des BFH ergibt sich auch noch keine Tendenz, ob der BFH die Arbeitshilfe steuerlich anerkennen wird.

Für Käufer bebauter Grundstücke gilt, dass eine Kaufpreisaufteilung durch das Finanzamt nicht akzeptiert, sondern Einspruch eingelegt werden sollte, damit die Entscheidung des BFH im aktuellen Revisionsverfahren abgewartet werden kann.

Die Entscheidung des BFH in dem Verfahren wird erhebliche praktische Bedeutung haben. Denn nach der Arbeitshilfe des BMF ergeben sich oft sehr hohe Bodenwerte, sodass nur ein kleiner Teil des Kaufpreises auf das Gebäude entfällt und damit abschreibbar ist; im Streitfall waren dies lediglich 30 %.

Das Problem der Anwendbarkeit der Arbeitshilfe stellt sich nicht, wenn Käufer und Verkäufer im Kaufvertrag eine Kaufpreisaufteilung vornehmen. Eine solche Aufteilung ist grundsätzlich vom Finanzamt zu akzeptieren. Allerdings gilt dies nach der Rechtsprechung nicht, wenn die Aufteilung nur zum Schein erfolgt oder gestaltungsmissbräuchlich ist oder wenn sie derart deutlich von den Verkehrswerten abweicht, dass sie wirtschaftlich nicht mehr haltbar ist. Gerade wenn die Bodenrichtwerte enorm gestiegen sind, wird eine vertragliche Kaufpreisaufteilung vom Finanzamt häufig nicht mehr anerkannt, weil der sich nach der vertraglichen Kaufpreisaufteilung ergebende Bodenwert deutlich niedriger ist als der Bodenrichtwert.

Auch ein Taxifahrzeug kann privat genutzt werden


Wird ein Taxi zu mehr als 50 % betrieblich genutzt, ist eine Privatnutzung nach der 1 %-Regelung zu erfassen. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass keine private Nutzung stattfindet, etwa weil ausreichend weitere Pkw für die Privatnutzung zur Verfügung stehen.

 

Hintergrund

Der Kläger war Betreiber eines Taxiunternehmens. Aus diesem Grunde hatte der Kläger einen ihm gehörenden Pkw in seinem Betriebsvermögen. Das Finanzamt setzte Umsätze für die private Pkw-Nutzung nach der sogenannten 1 %-Methode an. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass eine Versteuerung nach der 1 %-Methode in seinem Fall nicht gegeben war. Er hatte neben seinem betrieblichen Pkw noch 2 weitere Fahrzeuge, die sowohl ihm als auch seiner Lebensgefährtin gehörten und ausschließlich für den privaten Gebrauch genutzt wurden. Demgegenüber verwendete er den betrieblichen Pkw ausschließlich für betriebliche Zwecke. Darüber hinaus handelte es sich bei dem betrieblichen Pkw um einen Kleintransporter, der an die betrieblichen Anforderungen des Klägers angepasst wurde und somit als Großraumtaxi für 8 Personen fungierte und daher ohnehin für den Privatgebrauch des Klägers völlig überdimensioniert sei.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Für Fahrzeuge, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, ist für jeden Kalendermonat grundsätzlich 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, wenn eine private Nutzung stattgefunden hat. Grundsätzlich spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass betriebliche Fahrzeuge, die für private Zwecke allgemein zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden.

Insbesondere bei Taxen ist typischerweise eine private Nutzung möglich. Anderes gilt, wenn entweder das Fahrzeug typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet ist oder der Beweis des ersten Anscheins durch Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert wurde.

Das Finanzgericht ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall der Beweis des ersten Anscheins ausreichend widerlegt wurde. Zwar stellt ein Taxi grundsätzlich ein Fortbewegungsmittel dar, das durchaus auch für private Zwecke genutzt werden kann. Jedoch legte der Kläger und vor allem die Lebensgefährtin des Klägers glaubhaft und überzeugend die Nutzung der Pkw dar. Daraus ergab sich insbesondere, dass neben dem betrieblichen Pkw noch 3 weitere Pkw zur privaten Benutzung dauerhaft zur Verfügung standen. Darüber hinaus wurden die Urlaube entweder mit dem Wohnmobil oder per Flugreise durchgeführt.

Das Gericht kam deshalb zu dem Ergebnis, dass der Beweis des ersten Anscheins nachhaltig erschüttert wurde.

Unfall auf dem Heimweg: Krankheitskosten als Werbungskosten abziehbar


Erleidet ein Arbeitnehmer auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, gehören die damit zusammenhängenden Krankheitskosten zu den Werbungskosten. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale gilt insoweit nicht.

 

Hintergrund

Die Klägerin erlitt durch einen Verkehrsunfall auf dem Weg von ihrer Tätigkeitsstätte zu ihrer Wohnung erhebliche Verletzungen. Die dadurch verursachten Krankheitskosten machte sie, soweit sie nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wurden, als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskosten-Abzug ab, da die Aufwendungen mit der Entfernungspauschale abgegolten waren. Die Richter am Finanzgericht sahen das genauso und wiesen die Klage ab.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof dagegen hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage statt. Zwar sind grundsätzlich durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Das gilt für Unfallkosten aber nur, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für “die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte”, also um echte Wege- bzw. Fahrtkosten handelt.

Die Abgeltungswirkung erstreckt sich damit nur auf die fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen (z. B. Reparaturkosten). Andere Aufwendungen, insbesondere Krankheitskosten, werden von der Abgeltungswirkung dagegen nicht erfasst. Sie sind neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar. Der Bundesfinanzhof teilt insoweit die Verwaltungsauffassung, nach der Unfallkosten zusätzlich zur Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar sind.

Nach dem Sinn und Zweck der Entfernungspauschale sollen damit berufliche Mobilitätskosten begünstigt werden. Das folgt aus der wegstreckenbezogenen Bemessung der Pauschale, die insbesondere aus verkehrspolitischen Gründen eingeführt wurde. Krankheitskosten stellen jedoch keine beruflichen Mobilitätskosten dar. Es handelt sich nicht um Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Das gilt auch dann, wenn die körperliche Beeinträchtigung auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten ist. Denn Aufwendungen zur Beseitigung oder Linderung von Körperschäden sind weder fahrzeug- noch wegstreckenbezogen.

Umzugskosten: Höhere Pauschalen seit 1.3.2020


Ist der Umzug beruflich veranlasst, kann der Arbeitgeber Umzugskosten steuerfrei ersetzen. Zum 1.3.2020 erhöhen sich die Pauschalen.

 

Hintergrund

Bei einem beruflich veranlassten Umzug kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Umzugskosten in Höhe des Betrags steuerfrei ersetzen, der nach dem Bundesumzugskostenrecht als höchstmögliche Umzugskostenvergütung gezahlt werden könnte.

Für sonstige Umzugsauslagen wird dabei eine Pauschvergütung gewährt.

Höhere Umzugskostenpauschale zum 1.3.2020

Es gelten folgende Pauschalen für sonstige Umzugsauslagen:

  • für Verheiratete bei Beendigung des Umzugs 1.639 EUR
  • für Ledige bei Beendigung des Umzugs 820 EUR.

Der Pauschbetrag erhöht sich jeweils für Kinder und andere Personen, die zur häuslichen Gemeinschaft gehören. Zu den “anderen” Personen in diesem Sinne gehören u. a. Verwandte, Verschwägerte und Hausangestellte, nicht aber der Ehegatte. Diese Pauschale beträgt für jede weitere Person 361 EUR.

Arbeitgeber darf nicht das Erlernen eines neuen Berufs anordnen


Ein Feuerwehrbeamter, der die Qualifikation eines Rettungsassistenten besitzt, kann nicht vom Dienstherrn dazu verpflichtet werden, sich zum Notfallsanitäter ausbilden zu lassen. Eine solche dienstliche Weisung ist rechtswidrig.

 

Hintergrund

Ein Feuerwehrbeamter sollte aufgrund einer dienstlichen Weisung eine Ausbildung zum Notfallsanitäter beginnen. Dieser besaß jedoch bereits die Qualifikation zum Rettungsassistenten. Die Weisung erfolgte, da es nur noch für eine begrenzte Zeit die Möglichkeit gab, sich als Rettungsassistent zum Notfallsanitäter weiter zu qualifizieren. Der Feuerwehrbeamte wollte die Ausbildung zum Notfallsanitäter jedoch nicht absolvieren und beantragte gegen die dienstliche Weisung Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag zurückgewiesen hatte, reichte der Feuerwehrmann Beschwerde ein.

 

Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht gab dem Feuerwehrmann Recht und hob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Vorläufiger Rechtsschutz war zu gewähren, da die dienstliche Weisung nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig war.

Ein entsprechendes Weisungsrecht könne sich zwar auf eine Anordnung erstrecken, an einer Fortbildungsmaßnahme teilzunehmen. Die Fortbildungspflicht bezieht sich aber auf den ausgeübten Beruf. Es darf nicht angeordnet werden, einen neuen Beruf zu erlernen. Dies betrifft die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit und bedarf daher einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage. Eine solche gab es im vorliegenden Fall nicht.

Nach Ansicht des Gerichts stellte die Ausbildung eines Rettungsassistenten zu einem Notfallsanitäter die Erlernung eines neuen Berufs dar und durfte damit nicht durch dienstliche Weisung angeordnet werden.

An- und Abfahrt zum Kunden im Außendienst ist Arbeitszeit


Die Zeiten der An- und Abfahrt zum Kunden gehören bei einem Außendienstmitarbeiter zur Arbeitszeit. Eine Betriebsvereinbarung kann eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag nicht einschränken.

 

Hintergrund

Die Betriebsvereinbarung regelte, dass die Anfahrtszeit zum ersten Kunden sowie die Abfahrtszeit vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit zählten, es sei denn, dass An- und Abreise länger als 20 Minuten dauern. In diesem Fall zählte die 20 Minuten übersteigende Fahrtzeit zur Arbeitszeit. Der Arbeitgeber stellte dementsprechend die Fahrzeiten des Arbeitnehmers von der Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden nach Hause – bis zu einer Dauer von 20 Minuten – nicht als Zeiten geleisteter Arbeit in das Arbeitskonto ein. Der Arbeitnehmer erhielt dafür auch keine Vergütung.

Der Kläger, der als Servicetechniker im Außendienst angestellt war, verlangte daraufhin, dass seinem Arbeitszeitkonto Fahrtzeiten im Umfang von 68 Stunden und 40 Minuten gutgeschrieben werden, hilfsweise eine Zahlung von 1.219,58 EUR brutto plus Zinsen. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf die Regelung in der Betriebsvereinbarung, die einen Anspruch auf Vergütung ausschloss. Der Arbeitgeber ist aber an die Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen gebunden. Diese fanden auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

 

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Kläger vom Arbeitgeber die Vergütung der umstrittenen Fahrtzeiten verlangen kann, soweit die vertraglich geschuldete regelmäßige Arbeitszeit überschritten wurde. Mit den Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück erfüllte er seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Ein daraus resultierender Vergütungsanspruch wurde durch die Regelung in der Betriebsvereinbarung nicht ausgeschlossen.

Regelungen in einer Betriebsvereinbarung, welche die vergütungspflichtigen Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters verkürzen, sind unwirksam, wenn diese laut dem einschlägigen Tarifvertrag uneingeschränkt der entgeltpflichtigen Arbeitszeit zuzurechnen und mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten sind. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag waren sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbrachte, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten.

Dazu gehörten nach Ansicht des Gerichts bei Außendienstmitarbeitern die gesamte für An- und Abfahrten zum Kunden aufgewendete Fahrtzeit. Da der Tarifvertrag keine Öffnungsklausel zugunsten abweichender Betriebsvereinbarungen enthielt, war die Regelung wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre unwirksam. Arbeitsentgelte, die durch Tarifvertrag geregelt sind, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

Schenkung des biologischen Vaters: Welche Steuerklasse gilt?


Schenkt der leibliche Vater, der nicht auch der rechtliche Vater ist, seinem Kind einen größeren Geldbetrag, gilt im Rahmen der Schenkungsteuer die Steuerklasse III. Der Schutz von Ehe und Familie gebietet nicht die Anwendung der Steuerklasse I.

 

Hintergrund

Der Kläger ist der leibliche, aber nicht der rechtliche Vater seiner Tochter T. Zum Zeitpunkt der Geburt war deren Mutter mit einem anderen Mann verheiratet. Die rechtliche Vaterschaft des Ehemanns der Mutter wurde nicht angefochten. Im Jahr 2016 schenkte der Kläger der T 30.000 EUR. Die anfallende Schenkungsteuer wollte er übernehmen. Das Finanzamt besteuerte den Erwerb nach der Steuerklasse III.

Das Finanzgericht gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führten die Richter aus: Für die Steuerklasseneinteilung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend. Die biologische Abstammung allein führt nicht zur rechtlichen Vaterschaft. Das begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist. Die Steuerklasse I gilt jedoch nicht im Verhältnis zum biologischen Vater. Die besondere Regelung für die Minderjährigen-Adoption spricht gegen die Berücksichtigung der biologischen Abstammung. Denn der Gesetzgeber beachtet damit nicht die biologische Abstammung, sondern die – durch die Adoption erloschene – rechtliche Abstammung. Zudem bezieht das Gesetz ausdrücklich Stiefkinder in die Steuerklasse I ein. Eine solche ausdrückliche Regelung fehlt jedoch für das Verhältnis eines Kindes zu seinem biologischen Vater.

Die Einordnung von Kindern in die Steuerklasse I dient dem Schutz von Ehe und Familie. Kleine und mittlere Vermögen sollen dadurch möglichst ungeschmälert in der Generationenfolge erhalten bleiben. Es ist daher sachgerecht, den erbschaftsteuerrechtlichen Kindsbegriff im Sinne des Abstammungsrechts zu beschränken. Denn nur die bürgerlich-rechtliche Abstammung begründet Unterhaltspflichten sowie das gesetzliche Erbrecht und den Anspruch auf den Pflichtteil. Diese finanziellen Verpflichtungen, die zur Bildung und Weitergabe von Familienvermögen beitragen, bestehen im Rahmen der biologischen Vaterschaft nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bildet auch der leibliche, aber nicht rechtliche Vater eines Kindes mit diesem eine in den Schutzbereich des Grundgesetzes fallende Familie, wenn eine auf der Übernahme von Verantwortung für das Kind beruhende soziale Beziehung besteht. Das Bundesverfassungsgericht hat für diesen Fall jedoch lediglich ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters abgeleitet. Weitergehende Rechte oder Pflichten, die denen des rechtlichen Vaters entsprechen und eine Privilegierung des Erwerbs vom leiblichen Vater rechtfertigen könnten, wurden ihm nicht auferlegt.

Verspätete Anzeige von Schenkungen: Ab wann werden Hinterziehungszinsen fällig?


Wird eine Schenkung verspätet angezeigt, liegt eine Hinterziehung der Schenkungsteuer durch Unterlassen vor. Der Lauf der Hinterziehungszinsen beginnt hier zu dem Zeitpunkt, zu dem das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte.

 

Hintergrund

Die Klägerin A reichte im Jahr 2010 eine Selbstanzeige beim Finanzamt ein. Mit dieser erklärte sie 2 empfangene Schenkungen v. 19.12.2007 und v. 17.7.2008 nach. Im Jahr 2013 erließ das Finanzamt entsprechende Schenkungsteuerbescheide und setzte Hinterziehungszinsen wegen hinterzogener Schenkungsteuer fest. Beginn des Zinslaufs war zunächst 6 Monate nach dem Stichtag der Schenkungen. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Im Klageverfahren ermittelte das Finanzamt anhand eines internen Controlling-Berichts eine Bearbeitungsdauer von Schenkungsteuer-Festsetzungen im Jahr 2008 von durchschnittlich 7,1 Monaten. Daraufhin änderte das Finanzamt den Beginn des Zinslaufs auf 11 Monate nach dem jeweiligen Stichtag. Dabei ging es von der Anzeigefrist von 3 Monaten sowie einer auf 8 Monate aufgerundeten Bearbeitungszeit aus. Das Finanzgericht entschied, dass noch die Frist zur Abgabe der Steuererklärung hinzugerechnet werden muss, sodass der Zinslauf einen weiteren Monat später beginnt.

 

Entscheidung

Mit Eintritt der Verkürzung, also mit der Tatvollendung beginnt der Lauf der Hinterziehungszinsen. Bei einer Steuer, die wie die Schenkungsteuer nicht kontinuierlich abschnittsbezogen nach Veranlagungszeiträumen, sondern anlassbezogen festgesetzt wird, kann nicht festgestellt werden, wann die Bearbeitung der Steuererklärungen und Steuerfestsetzungen im Wesentlichen abgeschlossen ist. Für den Eintritt der Steuerverkürzung ist daher bei der Schenkungsteuer als stichtagsbezogener Steuer der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer im konkreten Einzelfall festgesetzt hätte. Dabei kann der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs unter Berücksichtigung der beim zuständigen Finanzamt durchschnittlichen Bearbeitungszeit für Schenkungsteuer-Erklärungen bestimmt werden.

Auf die tatsächliche Dauer der Festsetzung der hinterzogenen Schenkungsteuer kann bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nicht abgestellt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Festsetzung durch steuerstrafrechtliche Untersuchungen oder andere hinterziehungsbedingte Umstände verzögert.

Hiervon ausgehend hat das Finanzamt im Anschluss an die Entscheidung des Finanzgerichts den Beginn des Zinslaufs bei beiden Schenkungen jedenfalls nicht auf ein zu frühes Datum festgelegt.

Hohe Rohrwärmeverluste: Kein Grund, von der vereinbarten Heizkostenverteilung abzuweichen


Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft eine Heizkostenverteilung nach Grundkosten und Verbrauch beschlossen, muss dieser Verteilungsmaßstab in der Jahresabrechnung auch angewendet werden. Das gilt auch dann, wenn infolge von Rohrwärmeverlusten nur ein geringer Teil der Wärmemenge von den elektronischen Heizkostenverteilern erfasst wird.

 

Hintergrund

In einer Wohnungseigentumsanlage gilt für die Heizkosten laut Teilungserklärung und konkretisiert durch Beschluss ein Verteilungsmaßstab von 30 % Grundkosten und 70 % Verbrauchskosten. Die Heizkörper sind mit elektronischen Heizkostenverteilern ausgestattet. Die im Keller der Häuser verlaufenden Leitungen sind freiliegend und überwiegend gedämmt. Die Verteilleitungen innerhalb der Wohnungen liegen unter Putz. Sie sind schlecht oder gar nicht gedämmt. Aufgrund dieser baulichen Gegebenheiten werden nur etwa 20 % der Verbrauchswärmeanteile von den Heizkostenverteilern erfasst.

In einer Eigentümerversammlung genehmigten die Wohnungseigentümer mit Mehrheitsbeschluss die Hausgeldabrechnungen für das Jahr 2014. In diesen sind die Heizkosten zu 30 % nach Grundkosten und zu 70 % nach Verbrauch verteilt.

Die Klägerin hat diesen Genehmigungsbeschluss angefochten, da die Verteilung der Heizkosten wegen der geringen Erfassungsrate nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche.

 

Entscheidung

Vor dem Bundesgerichtshof scheiterte die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage. Sie konnte keine vom geltenden Verteilungsmaßstab abweichende Verteilung der Heizkosten in der Jahresabrechnung verlangen.

Der geltende Verteilungsmaßstab 30/70 bewegt sich innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens. Auf dieser Grundlage sind deshalb die Heizkosten in den Jahresabrechnungen umzulegen. Eine Änderung des von der Wohnungseigentümergemeinschaft gewählten, der Heizkostenverordnung entsprechenden Kostenverteilungsschlüssels kann nicht inzident mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung erfolgen.

Der Wärmeverbrauch der einzelnen Wohnungen musste auch nicht auf andere Weise bestimmt werden. Die gesetzliche Regelung, nach der der erfasste Wärmeverbrauch der Nutzer in den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann, wenn die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, war weder direkt noch analog anwendbar, wenn die überwiegend ungedämmten Leitungen wie hier nicht freiliegen, sondern unter Putz verlaufen.

Die geringe Erfassungsrate der abgegebenen Wärme ist auch kein anderer zwingender Grund für eine abweichende Verteilung.

Keine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft für Dienstleister


Verletzt ein von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragter Dienstleister schuldhaft seine Pflichten, haftet die Gemeinschaft gegenüber einzelnen Eigentümern trotzdem nicht auf Schadensersatz.

 

Hintergrund

Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte ein Unternehmen damit, die verkehrssicherheitsrelevanten und baumpflegerischen Schnittmaßnahmen am Baumbestand auf dem gemeinschaftlichen Grundstück durchzuführen. Bei der jährlichen Baumkontrolle im Januar 2016 bestätigte der Dienstleister den verkehrssicheren Zustand der Bäume. Im Mai 2016 fiel von einem Baum ein großer Ast herunter. Hierdurch wurde das Fahrzeug einer Wohnungseigentümerin beschädigt. Diese forderte von der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz in Höhe von 6.650 EUR.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht für den Schaden aufkommen musste. Insbesondere bestand kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Gemeinschaft.

Die Verkehrssicherungspflicht konnte auf einen Dritten delegiert werden. Voraussetzung hierfür war eine klare Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren sicherstellte. Dann verengt sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich allein Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Diese erstreckt sich darauf, ob der Dritte die übernommenen Sicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat.

Hier gab es zwischen der Gemeinschaft und dem beauftragten Unternehmen eine solche klare Absprache. Die Gemeinschaft musste demnach nur überwachen, ob der Dienstleister seinem Auftrag nachkam. Ein Verstoß gegen diese Überwachungspflicht war nicht festzustellen.

Das Verschulden des Dienstleisters konnte der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zugerechnet werden. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oblag den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat, nicht jedoch der Gemeinschaft. Der Verband war nicht Entscheidungsträger im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung, sondern lediglich ein Mittel, um die Verwaltung nach außen durchzusetzen. Für Schäden, die Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet regelmäßig nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Verletzt der Auftragnehmer schuldhaft die Verkehrssicherungspflicht, begründet dies deshalb keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen den Verband.

Streitpunkt Balkonsanierung: Verwalter muss sich um Mängel kümmern


Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft muss nicht nur Hinweisen auf Mängel und Schäden am Gemeinschaftseigentum nachgehen. Er muss den Eigentümern auch Handlungsoptionen aufzeigen.

 

Hintergrund

Bereits im Jahr 2000 wiesen Wohnungseigentümer die Verwalterin auf Schäden an den Balkonen hin. Diese beauftragte daraufhin ein Sachverständigenbüro mit der Erstellung eines Gutachtens zum Zustand der Balkone und zu einer eventuellen Sanierung.

In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2001 wurde protokolliert, dass eine einfache Betonsanierung mit Epoxidharz ausreicht. Bis 2009 war das Thema Balkonsanierung nicht mehr Gegenstand von Eigentümerversammlungen.

Zwischen 2001 und 2010 ließ die Verwalterin jeweils aufgrund von Meldungen von Schäden an einzelnen Balkonen Sanierungsarbeiten durchführen. Im Jahr 2004 informierte ein Eigentümer die Verwalterin darüber, dass von mehreren Balkonen Betonbrocken heruntergefallen waren. Im Februar 2011 wurde die Verwalterin abberufen.

Die Wohnungseigentümer verlangen nun von der ehemaligen Verwalterin Schadensersatz. Sie sind der Ansicht, dass die Verwalterin schon im Jahr 2001 hätte erkennen und darüber informieren müssen, dass eine Gesamtsanierung der Balkone erforderlich war. Die nun anstehende Gesamtsanierung war deutlich teurer als sie 2001 gewesen wäre.

Amts- und Landgericht wiesen die Klage ab. Ihrem Urteil nach verstieß die Verwalterin nicht gegen Pflichten aus dem Verwaltervertrag. Es war in erster Linie Sache der Eigentümer, über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden. Einen von den Wohnungseigentümern als Zeugen benannten Mitarbeiter des Sachverständigenbüros, der 2001 das Gutachten verfasste und nähere Angaben zu seinerzeit ausgesprochenen Empfehlungen hätte machen können, haben Amts- und Landgericht nicht vernommen.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück. Er entschied, dass der als Zeugen benannte Mitarbeiter des Sachverständigenbüros angehört werden muss.

Sollte sich herausstellen, dass das Sachverständigenbüro seinerzeit eine umfassende Balkonsanierung empfohlen hatte, kann der Verwalterin ein Verstoß gegen ihre Verwalterpflichten vorzuwerfen sein. Denn sie hätte in diesem Fall den Wohnungseigentümern weder das Gutachten selbst noch die Sanierungsempfehlung mitgeteilt.

Sollte die Verwalterin die Wohnungseigentümer nicht über die im Lauf der Jahre bei ihr eingegangenen Meldungen zu Schäden an den Balkonen informiert haben, kann auch darin ein Pflichtverstoß bestehen.

Möglicherweise hätte die Verwalterin aber auch aus Umfang und Häufigkeit der Schäden darauf schließen müssen, dass eine tiefergehende Ursache für die Schäden vorlag. Dann hätte sie die Eigentümer informieren und eine Beschlussfassung über eine nähere Untersuchung der Schadensursache vorbereiten müssen.

Wohneigentum: Wen darf der Verwalter vor Gericht vertreten?


Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann beschließen, dass der Verwalter sie vor Gericht vertreten darf. Dabei darf jedoch die Möglichkeit für einzelne Eigentümer, sich selbst zu vertreten und im Prozess abweichend von der Mehrheit zu handeln, nicht ausgeschlossen werden.

 

Hintergrund

Ein Verwalter erhob Anfechtungsklage gegen seine vorzeitige Abberufung. Im Zuge dieses Prozesses schlug das Amtsgericht den Abschluss eines Vergleichs vor. Nachdem der abberufene Verwalter sich mit dem Vorschlag einverstanden erklärt hatte, berief der neue Verwalter eine Eigentümerversammlung ein. In dieser diskutierten die Wohnungseigentümer über den Vergleichsvorschlag und beschlossen schließlich mit Stimmenmehrheit, den Vorschlag anzunehmen.

Einige Eigentümer erhoben gegen den Beschluss Anfechtungsklage und teilten dem Amtsgericht mit, sich nunmehr selbst zu vertreten und mit einem Vergleich nicht einverstanden zu sein. Trotzdem stellte das Amtsgericht fest, dass ein Vergleich zustande gekommen war.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz hatten, über die Annahme des Vergleichsvorschlags zu entscheiden und dem Verwalter eine entsprechende Weisung zu erteilen.

Zunächst ist der Verwalter berechtigt, die beklagten Wohnungseigentümer in einem gegen sie gerichteten Beschlussmängelverfahren umfassend zu vertreten. Der Verwalter darf auch einen Rechtsanwalt beauftragen. Die Vertretungsmacht des Verwalters erstreckt sich ebenfalls auf den Abschluss eines Prozessvergleichs.

Die Vertretungsbefugnis des Verwalters nimmt den Wohnungseigentümern jedoch nicht ihre Entscheidungsbefugnis. Deshalb können die Eigentümer dem Verwalter Weisungen für die Prozessführung erteilen, auch für den Abschluss eines Prozessvergleichs. Eine verbindliche Weisung erfordert einen Mehrheitsbeschluss im Rahmen einer Eigentümerversammlung unter Einhaltung der entsprechenden Förmlichkeiten. Wenn der Verwalter einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer beauftragt hat, kann nur er dem Rechtsanwalt verbindliche Weisungen für die Prozessführung erteilen, solange er zur Vertretung der Wohnungseigentümer befugt ist. Einzelne Eigentümer können dem vom Verwalter beauftragten Anwalt hingegen keine Weisungen erteilen.

Von der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nicht umfasst ist hingegen ein Beschluss, der es den beklagten Wohnungseigentümern untersagt, in dem Prozess für sich selbst aufzutreten und von dem Mehrheitsbeschluss abweichende Prozesshandlungen vorzunehmen. Ein solcher Beschluss würde die prozessualen Rechte der Wohnungseigentümer unangemessen einschränken und wäre nichtig. Beklagte Wohnungseigentümer müssen sich also nicht durch den Verwalter vertreten lassen.

Um die zunächst bestehende Vertretungsmacht des Verwalters zu beenden, reicht es aber nicht aus, wenn ein Wohnungseigentümer erklärt, nicht vom Verwalter vertreten werden zu wollen. Die Vertretungsmacht des Verwalters endet vielmehr erst, wenn die Selbstvertretung des Eigentümers oder die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt dem Gericht angezeigt worden ist.

Hat ein Wohnungseigentümer schon vor einer Beschlussfassung über das prozessuale Vorgehen des Verwalters als Vertreter der Wohnungseigentümer seine Selbstvertretung gegenüber dem Gericht angezeigt, kann der Verwalter diesen Wohnungseigentümer nicht wirksam vertreten.

Im vorliegenden Fall war der Eigentümerbeschluss über die Annahme des Vergleichs von der Beschlusskompetenz über die Erteilung von Weisungen an den Verwalter gedeckt und daher nicht nichtig. Da die Eigentümer, die mit dem Vergleich nicht einverstanden waren, dem Gericht aber mitgeteilt hatten, sich selbst zu vertreten, hält es der Bundesgerichtshof für zweifelhaft, ob das Amtsgericht das Zustandekommen des Vergleichs feststellen durfte. Indes ließ der Bundesgerichtshof diesen Punkt offen, weil das Landgericht die Revisionszulassung auf die Frage beschränkt hatte, ob für den Weisungsbeschluss Beschlusskompetenz bestand.

Leistungen eines Laborarztes


Die Leistungen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, die er an ein Laborzentrum erbringt, das wiederum Laborleistungen an Ärzte und Kliniken erbringt, sind umsatzsteuerfrei. Für die Umsatzsteuerfreiheit ist das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht erforderlich.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik und erbrachte im Zeitraum 2009 bis 2012 Leistungen an ein medizinisches Versorgungszentrum, das wiederum Laborleistungen an Ärzte, Gesundheitsämter, Reha-Kliniken und Krankenhäuser erbrachte. Der Kläger nahm Befunderhebungen mit dem Ziel konkreter laborärztlicher Diagnosen vor und erbrachte ärztliche Hilfestellungen bei transfusionsmedizinischen Maßnahmen. Der Kläger ging von einer Umsatzsteuerfreiheit seiner Einnahmen aus, während das Finanzamt die Umsatzsteuerfreiheit mit der Begründung verneinte, dass die Umsatzsteuerfreiheit ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten voraussetze, welches bei ihm als Laborarzt fehle.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt, nachdem er zuvor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen hatte:

  • Die Leistungen des Klägers sind als ärztliche Heilbehandlungen umsatzsteuerfrei. Zu den Heilbehandlungen gehören auch medizinische Analysen, da sie die Beobachtung und Untersuchung des Patienten ermöglichen, bevor überhaupt eine Diagnose, Behandlung oder Heilung des Patienten erforderlich wird.
  • Das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Arzt und dem Patienten ist für die Umsatzsteuerfreiheit nicht erforderlich. Dies gilt nicht nur für einen praktischen Arzt, sondern auch für einen Laborarzt.
  • Eine Nichtgewährung der Umsatzsteuerfreiheit wäre mit dem Zweck des Gesetzes nicht vereinbar. Denn die Umsatzsteuerfreiheit soll die Kosten von Heilbehandlungen senken und damit vor allem die Krankenkassen entlasten.

 

Hinweise

Zuvor hatte bereits der EuGH die Umsatzsteuerfreiheit bejaht. Dem folgt nun der BFH.

Damit hält der BFH nicht mehr an seiner Meinung fest, dass medizinische Analysen, die außerhalb der Praxisräume des anordnenden praktischen Arztes durchgeführt werden, nur nach der Regelung für Heilbehandlungen durch Krankenhäuser umsatzsteuerfrei sein können. Diese frühere Rechtsprechung hatte den Nachteil, dass die Umsatzsteuerfreiheit nur dann zu bejahen war, wenn das Labor bestimmte Voraussetzungen des Sozialgesetzbuchs erfüllt. Nach dem aktuellen Urteil kommt es darauf nicht mehr an. Unbeachtlich ist nunmehr auch der Ort der Heilbehandlung; die Heilbehandlung muss also nicht in den in den Praxisräumen des Arztes oder in der Wohnung des Patienten erbracht werden.

Kurzzeitige Vermietung vor der Veräußerung einer mehrjährig eigengenutzten Wohnung


Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung verkauft, bleibt dies auch dann steuerfrei, wenn sie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet wird. Das gilt zumindest dann, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung zusammenhängend im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag, im Vorjahr durchgehend sowie im 2. Jahr vor der Veräußerung zumindest einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

 

Hintergrund

Der Kläger erwarb im Jahr 2006 eine Eigentumswohnung für 87.000 EUR, die er bis April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Anschließend vermietete er die Wohnung von Mai bis Dezember 2014. Im Dezember 2014 veräußerte er sie für 130.000 EUR.

Das Finanzamt ermittelte aus der Veräußerung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt, da kein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vorlag. Denn der Kläger nutzte die Wohnung im Jahr der Veräußerung (2014) bis einschließlich April und in den beiden vorangegangenen Jahren durchgängig zu eigenen Wohnzwecken. Die Vermietung ab Mai 2014 war unschädlich.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dem Urteil des Finanzgerichts an und wies die Revision des Finanzamts zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Private Veräußerungsgewinne aus Grundstücksgeschäften, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt, sind steuerlich zu erfassen. Ausgenommen davon sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden oder die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung muss jedoch nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben. Es genügt vielmehr ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über 3 Kalenderjahre erstreckt. Dabei muss die Wohnnutzung die 3 Jahre nicht voll ausfüllen.

Das bedeutet: Ausreichend für die Anwendung der Ausnahmevorschrift ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und 2 Tagen. Dabei muss sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken. Im 2. Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr braucht die Wohnnutzung dagegen nur jeweils einen Tag zu umfassen. Eine “Zwischenvermietung” vor der Veräußerung ist unschädlich, wenn die Wohnung – zusammenhängend – im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag, im Vorjahr durchgehend und im 2. Jahr vor der Veräußerung zumindest einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Der Kläger hat seine Eigentumswohnung zwar innerhalb der 10-Jahresfrist angeschafft und wieder veräußert. Das Veräußerungsgeschäft ist jedoch nicht steuerbar: Der Kläger hat die Wohnung in 2012 (ganzjährig) und 2013 (ganzjährig) sowie in 2014 (Januar bis April) durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Die Nutzung erstreckt sich somit über 3 Kalenderjahre. Die “Zwischenvermietung” von Mai 2014 bis Dezember 2014 ist für die Anwendung der Ausnahmevorschrift unschädlich.

Anschaffungskosten bei Hingabe einer Darlehensforderung gegen eine typisch stille Beteiligung


Bei der Einlage einer Darlehensforderung in eine stille Gesellschaft richten sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts nach dem gemeinen Wert des eingelegten Wirtschaftsguts. Dieser bemisst sich nicht nach den künftig zu erwartenden Entwicklungen, sondern nach dem Wert im Zeitpunkt der Einlage, der bei einer Veräußerung an Dritte berücksichtigt worden wäre.

 

Hintergrund

Die A-KG schrieb zum 31.12.1993 ihre Forderungen gegen die in Schwierigkeiten geratene B-GmbH in vollem Umfang ab. Zuvor waren diese Forderungen in Darlehen umgewandelt worden. Wegen fortbestehenden Sanierungsbedarfs vereinbarte die A-KG mit der B-GmbH im Jahr 1995 den Verzicht auf 45 % des Darlehenskapitals. 30 % sollten zurückbezahlt und 25 % sollten in eine stille Beteiligung umgewandelt werden.

Die Einlage der A-KG sollte durch Einbringung der ihr gegen die B-GmbH zustehenden abgeschriebenen Darlehensforderung von nominal 1.438 Mio. DM geleistet werden. Dementsprechend wies die A-KG zum 31.12.1995 eine stille Beteiligung an der B-GmbH i. H. v. 1 DM aus.

Das Finanzamt ging davon aus, dass durch die Umwandlung der Forderung in eine stille Beteiligung ein neues Wirtschaftsgut entstanden war. Die Höhe der Anschaffungskosten richteten sich deshalb nach dem Teilwert der Darlehensforderung im Zeitpunkt der Umwandlung und nicht nach dem Buchwert der ursprünglichen Forderung (Realisationsprinzip bei Tausch).

Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Für die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung war der Wert der hingegebenen Forderung entscheidend. Das Finanzgericht muss im zweiten Gang die Teilwertabschreibung der Darlehensforderung überprüfen bzw. feststellen, ob die Forderung zum Zeitpunkt ihrer Hingabe (1995) mit 1 DM, dem Nennwert (1.438 Mio. DM) oder mit einem Zwischenwert zu bewerten war.

Da die Beteiligten im vorliegenden Fall ein Projekt verfolgten, in das beide Beteiligte eingebunden waren, bestätigte der Bundesfinanzhof die Würdigung des Finanzgerichts, dass eine stille Gesellschaft und kein partiarisches Darlehen vereinbart wurde.

Ausgehend von einer typisch stillen Gesellschaft ist für die Beteiligung der A-KG zum 31.12.1995 ein Aktivposten anzusetzen, der mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist. Für die Bewertung dieser Anschaffungskosten ist der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (hier: Darlehensforderung als Einlage) im Zeitpunkt der Einlage maßgebend. Die Forderung wurde durch einen tauschähnlichen Vorgang für die stille Beteiligung hingegeben. Der Vorgang ist vergleichbar mit einer Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.

Bei einem Tausch bemessen sich die Anschaffungskosten des erlangten Wirtschaftsguts – hier der Beteiligung – nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Bei dieser Bewertung stützte sich das Finanzgericht fehlerhaft auf die erwartete wirtschaftliche Entwicklung der B-GmbH ab 1995. Ausgehend davon gelangte das Finanzgericht zum Ansatz mit dem Nennwert (1.438 Mio. DM). Richtigerweise bemisst sich jedoch der gemeine Wert nicht nach den künftig zu erwartenden Entwicklungen, sondern nach dem Wert im Zeitpunkt der Einlage, der bei einer Veräußerung an Dritte berücksichtigt worden wäre. Andernfalls käme es zu einer unzulässigen Rückbeziehung künftiger Verhältnisse auf den Zeitpunkt der Einlage.

Gewerbesteuerliche Kürzung: Steht Ablösungszahlung des Mieters entgegen?


Trotz einer Ersatzzahlung des Mieters für die vorzeitige Vertragsbeendigung kann die gewerbesteuerliche erweiterte Kürzung gewährt werden. Dieser steht nur eine Betriebsvorrichtung eines ausgeübten Betriebs entgegen.

 

Hintergrund

Das Finanzamt versagte einer GmbH & Co. KG die sog. erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung. Es war der Ansicht, dass diese wegen einer in den Betriebseinnahmen enthaltenen Zahlung des Mieters für eine einvernehmliche Aufhebung des Mietvertrages noch vor dem Einzug des Mieters in weitere bisher von ihm nicht genutzte Räume ausgeschlossen war. Auch die vorgesehene Mitvermietung einer Restaurantausstattung als Betriebsvorrichtung schloss nach Meinung des Finanzamts eine Kürzung aus.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Zur Begründung führten die Richter aus: Erträge aus bzw. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung mietvertraglicher Leistungsstörungsrechte standen der erweiterten Kürzung nicht entgegen. Die gesetzliche Umschreibung “Verwaltung und Nutzung eigenen Grundvermögens” war weit auszulegen. Eine engere Auslegung wie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung lehnte das Finanzgericht ab. Eine Fruchtziehung lag deshalb auch bei einer Ablösungszahlung als eine Art von Schadensersatz für eine unterbleibende Vermietung vor. Denn der Abschluss eines Kausalgeschäfts ist aus Vermietersicht der erste Schritt zur Vermietung. Die Beendigung dieser rechtlichen Basis unter Leistung einer Ausgleichszahlung ist folglich bereits der Nutzung von Vermögen i. S. e. Fruchtziehung zuzuordnen.

Darüber hinaus setzen Betriebsvorrichtungen begrifflich voraus, dass die betreffenden Anlagen in einer besonderen Beziehung zum gegenwärtig im Gebäude ausgeübten Betrieb stehen. Eine kürzungsschädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen lag deshalb nicht vor, solange in dem vermieteten Gebäude noch kein Betrieb des Mieters unterhalten wurde oder die Anlagen noch nicht eingebaut waren. Bis zu einer tatsächlichen Nutzung lagen noch keine Vorrichtungen vor, die zu einer Betriebsanlage gehörten.